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Re: ISRAEL - IRAN - das ATOM - die BOMBE
M.M.Hanel - 02.07.2008, 22:08ISRAEL - IRAN - das ATOM - die BOMBE
Freitag 27, 04. Juli 2008
Mohssen Massarrat
Bombardiert Israel iranische Atomanlagen ...
Dokument der Woche
... dann in der sicheren Annahme, dass die USA nicht zögern werden, ebenfalls in den
Krieg zu ziehen
Israel hat am Wochenende bestätigt, dass die eigene Luftwaffe jüngst bei Manövern im Mittelmeer
Bombenabwürfe auf iranische Atomanlagen geprobt hat. Gleichzeitig meldeten sich israelische
Militärs zu Wort, die einen baldigen Militärschlag gegen Teheran nicht ausschließen.
Aus diesem Grund dokumentieren wir die aktualisierte Version eines Kapitels aus dem neuen Buch
des Osnabrücker Sozial- und Regionalwissenschaftlers Mohssen Massarrat Kapitalismus –
Machtungleichheit – Nachhaltigkeit. (VSA-Verlag, Hamburg), das sich mit den Beziehungen zwischen
den USA und Israel beschäftigt.
Kein Zweifel – die Eliten beider Staaten sitzen im stürmischen Ozean unserer Welt im gleichen
Boot. Während der US-Vorwahlen beteuerten nicht nur John McCain und Hillary Clinton vor der
versammelten Lobby des American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) ihre Ergebenheit – in
erstaunlich unterwürfiger Form tat das auch Barack Obama. Die Thesen der Politologen John
Mearsheimer und Stephen Walt über den Einfluss der Israel-Lobby auf die US-Außenpolitik
bewahrheiten sich offenkundig auf ganzer Linie. Umgekehrt gilt, dass amerikanische Regierungen die
israelische Politik auch ohne amerikanische Lobby maßgeblich bestimmen.
Wie nie zuvor ist in den letzten Jahren aus dieser Verflechtung eine Art Schicksalsgemeinschaft
geworden. Im Libanon-Krieg 2006 formulierte Condoleezza Rice die Bedingungen für einen
israelischen Waffenstillstand, als wäre sie auch Außenministerin von Israel: »Wenn die Hisbollah
entwaffnet, die Waffenlieferungen unterbunden sind und eine internationale Stabilisierungstruppe im
Südlibanon stationiert ist, dann wird Israel einer Waffenruhe zustimmen.«
Prekäre Pioniergesellschaften
Doch standen US-Präsidenten nicht immer so bedingungslos hinter Israel. Während des Suez-
Krieges 1956 zwischen Frankreich, Großbritannien und Israel auf der einen und Ägypten auf der
anderen Seite setzte Präsident Eisenhower die Regierung in Tel Aviv massiv unter Druck, den
Waffengang zu beenden.
Israel baute sein Atomprogramm zunächst mit Unterstützung Frankreichs auf, während sich die
Begeisterung eines John F. Kennedy für ein Israel mit Atombomben in Grenzen hielt. Gleichwohl
erklärte mit Kennedy erstmals ein US-Präsident die Sicherheit Israels zu einem unmittelbaren
Anliegen der USA und sprach von »special relationship« wie bei Großbritannien.
In den achtziger Jahren entwickelte sich das Verhältnis von »special« zu »strategic relationship«
weiter. Es ist offensichtlich: Israels Beziehung zu den USA wurde in dem Maße intensiviert, wie sich
immer klarer herausstellte, dass der Mittlere Osten eine unersetzbare Säule der US-Hegemonie war
und bleiben würde. Fortan wurde Israel zu einem genauso unersetzbaren Verbündeten und zum
strategischen Brückenkopf der Vereinigten Staaten für den Mittleren Osten und die gesamte
arabische Welt.
Doch erst im Januar 2001, mit der Regierungsübernahme der Neokonservativen in Washington,
wurde immer klarer erkennbar, wie stark – neben den gemeinsamen Sicherheitsinteressen – Israel
und die USA auch durch tiefe kulturelle Verwandtschaften und Parallelen bei ihrer Entstehung
miteinander verbunden waren: In der israelischen Vorgeschichte und in der zionistischen
Programmatik spiegeln sich, wie der Friedensforscher Gerd Krell meint, »einige zentrale Aspekte
des amerikanischen Selbstverständnisses wider. Beide Gesellschaften sind vordergründig säkular, aber in
beiden spielt die Religion eine zentrale Rolle. Der Bezug zum Heiligen Land ist nicht nur für viele
Israelis, sondern auch für viele US-Amerikaner von hoher Symbolik. Beide Länder sind aus zunächst
durchaus prekären Pioniergesellschaften hervorgegangen, die sich in schwierigen
Unabhängigkeitskriegen als Staaten etablierten. Beide Gesellschaften sind hochgradig, wenn auch
hierarchisiert multikulturell.«
Hinzu kommt, dass beide Staaten durch die Vertreibung anderer Völker – indianische
Ureinwohner in den USA und Palästinenser in Palästina – gegründet wurden, und die jeweiligen
Regierungen ihre innenpolitische Legitimität vorzugsweise der äußeren Bedrohung und den
geltenden Feindbildern zu verdanken hatten.
Für Amerika war es ursprünglich die Bedrohung durch die indianischen Ureinwohner, dann durch
den Kommunismus während des Kalten Krieges, schließlich durch den Islam und den
internationalen Terrorismus. Und für Israel waren zunächst die Araber und die Fatah, nach der
islamischen Revolution von 1979 der Iran und seine Revolutionsgarden, schließlich islamische
Fundamentalisten wie die Hamas und die Hisbollah sowie der internationale Terrorismus die
Hauptquellen dauerhafter Gefährdung. Uri Avnery brachte es vor kurzem auf den Punkt, als er
schrieb: »Israel ist ein kleines Amerika – und die USA sind ein großes Israel«.
Auch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dank der Selbstpropaganda und dem
Gerede vom »Kampf der Kulturen« die Bedrohungsängste in beiden Staaten inzwischen nahezu
pathologische Züge annehmen. Der israelische Psychologe Dan Bar-On verweist in diesem
Zusammenhang auf das »grundlegende Opfergefühl der jüdischen Bevölkerung« in Israel, um das
Verhaltensmuster Israels zu deuten: »Die Opfer haben gegenüber den Tätern einen entscheidenden
Vorteil: Sie müssen keine Verantwortung für ihre eigenen Taten übernehmen, da diese nur die
Reaktion auf die bösen Taten anderer sind.« Der britische Philosoph Oren Ben-Dor behauptet
sogar, dass »der israelische Staat ... eine Opfermentalität unter israelischen Juden pflegt«, um das
Kernproblem Israels zu verbergen. Dies bestehe darin, so Ben-Dor, dass »Israel mit Hilfe von
Terror geschaffen worden« und immer noch mit einem moralisch durch nichts zu rechtfertigenden
Makel »ethnischer Säuberung« behaftet sei.
Für Israels Verhaltensmuster spielt auch das Schuldgefühl, das andere Völker angesichts des
Holocausts empfinden, eine wichtige Rolle. Viele Amerikaner fühlen sich gerade deshalb moralisch
verpflichtet, Israels Existenz zu schützen, was dazu führt, jegliche Kritik der israelischen Kriegs- und
Besatzungspolitik als »antisemitisch« zu diskreditieren. Doch wird diese Politik selbst von jüdischen
Intellektuellen inzwischen immer offener als neue Quelle des Antisemitismus kritisiert. »Wenn Israel
die Bevölkerung in den besetzten Gebieten ausraubt und demütigt«, schreibt Tony Judt, der
Direktor des Remarque-Instituts an der New Yorker Universität, »zugleich aber jedem Kritiker mit
lauter Stimme ›Antisemit‹ entgegengeschleudert wird, heißt das in Wirklichkeit: Was im Libanon, in
der Westbank und in Gaza geschieht, das sind keine israelischen, sondern jüdische Akte. Und wenn
Du das nicht magst, dann nur, weil Dir Juden unsympathisch sind. In vielen Teilen der Welt läuft
diese Position Gefahr, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung zu werden.«
40 mal ein Veto eingelegt
Außer diesen einmaligen historischen, kulturellen und politischen Gemeinsamkeiten, die sich nicht
zufällig auch in den gemeinsamen neuen Feinden (Islam und Terrorismus) widerspiegeln, verbindet
die USA mit Israel im Mittleren und Nahen Osten ein dem Wesen nach unfriedliches Politikmuster:
die USA verfolgen eine Politik, die die Region destabilisiert, da ansonsten die Grundlage ihrer
Hegemonie entfiele. Und Israel hat Angst vor dem Frieden, da es sich dazu auf einen Prozess
einlassen müsste, an dessen Ende die Rückgabe der besetzten Gebiete stehen würde. Letztlich auch
eine kulturelle wie mentale Umorientierung hin zur Koexistenz mit seinen arabisch-islamischen
Nachbarn.
Die USA sind aus hegemonialpolitischen Interessen auf einen total verlässlichen regionalen
Verbündeten angewiesen – und Israel ist davon überzeugt, dass allein die USA die notwendige
Gewähr für seine Existenz gegen die äußeren Bedrohungen liefern können. Damit erweist es sich als
der natürliche Verbündete der USA in dieser Region – und das unabhängig von jedwedem
Regierungswechsel, während alle anderen US-Verbündeten in der gleichen Region wie Ägypten oder
Saudi-Arabien nicht zuletzt wegen der US-Hegemonial- und Israel-Politik bestens dafür prädestiniert
sind, nach einem Regimewechsel – wie es im Iran 1979 der Fall war – von Verbündeten zu Feinden
der USA zu werden. Auf dieser Basis wurde Israel zum unverzichtbaren Brückenkopf.
Dies erklärt, warum Israel bei der Wirtschafts- und Militärhilfe seit den siebziger Jahren an der
Spitze der US-Auslandshilfe liegt und nahezu alle Rüstungsgüter erhält, die es wünscht. Dies erklärt
auch, weshalb die USA seit Gründung der Vereinten Nationen im Sicherheitsrat bisher 40 mal ihr
Veto eingelegt haben, um Israels Verurteilung wegen der Verletzung internationaler Normen oder
völkerrechtlich verbindlicher UN-Resolutionen zu verhindern. Die Geschichte zeigt freilich auch, dass
diese Schicksalsgemeinschaft zu einer der größten
Gefahren für den Weltfrieden geworden ist und am wenigsten für die Sicherheit Israels bürgt. Es
wäre in dessen Interesse, sich dem Kulturkreis zuzuwenden, aus dem es seine Existenz historisch
ableitet: den jüdischen Wurzeln mitten im alten Orient, der Geburtsstätte der drei großen
Weltreligionen. Es wäre im Interesse des Weltfriedens, dass auch die USA ihre Beziehungen zu den
Staaten im Mittleren Osten normalisieren, will sagen, sowohl die Feindseligkeit gegen Iran wie die
Dominanz gegenüber unterwürfigen arabischen Staaten beenden. Vielleicht gelingt Barack Obama
ein erster Schritt in diese Richtung.
Zwischentitel von der Redaktion
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