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Hosseini, Khaled - Tausend strahlende Sonnen




Hosseini, Khaled - Tausend strahlende Sonnen

Beitragvon Karthause » 04.09.2007, 18:02

"Tausend strahlende Sonnen" von Khaled Hosseini

Gebundene Ausgabe: 381 Seiten
Verlag: Bloomsbury
ISBN-10: 3827006716
22,00 EUR

Kurzbeschreibung www.amazon.de
In seinem neuen Roman erzählt Khaled Hosseini wieder eine zutiefst bewegende Geschichte aus seinem Heimatland: vom Leid und der Ohnmacht, aber auch vom außergewöhnlichen Mut zweier afghanischer Frauen. :Die unehelich geborene Mariam wird mit fünfzehn ins ferne Kabul geschickt, wo sie mit dem dreißig Jahre älteren Witwer Rashid verheiratet wird. Zwanzig Jahre später erlebt Leila, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, ein ähnliches Schicksal. Auch ihr bleibt keine Wahl: Nachdem ihre Familie bei einem Bombenangriff getötet wurde und sie erfährt, dass auch ihr Jugendfreund Tarik, den sie seit gemeinsamen Kindertagen liebt, angeblich ums Leben gekommen ist, wird sie Rashids Zweitfrau. In dem bis dahin kinderlos gebliebenen Haushalt bringt Leila nacheinander eine Tochter und einen Sohn zur Welt. Während der Taliban-Herrschaft machen Bombardierungen, Hunger und physische Gewalt das Leben der Familie zur Qual. Die Not lässt die an sich so unterschiedlichen Frauen zu engen Freundinnen werden und ihre Stärke schließlich ins Übermenschliche wachsen. Khaled Hosseini gelingt es wie beim Drachenläufer auf unvergleichliche Weise, seine Figuren so lebendig und authentisch werden zu lassen, dass der Leser sie lange nicht vergisst.

Über den Autor
Khaled Hosseini wurde 1965 in Kabul als Sohn eines Diplomaten geboren. Seine Familie erhielt 1980 in den Vereinigten Staaten politisches Asyl. Er lebt heute als Arzt und Autor in Kalifornien. Sein Roman Drachenläufer erschien in 40 Sprachen und hat eine Weltauflage von 7 Millionen Exemplaren.

Meine Meinung
Mit großen Erwartungen begann ich diesen neuen Roman von Khaled Hosseini und gleich vorweg, ich wurde nicht enttäuscht.

Mariam wurde im Jahr 1959 unehelich in Herat geboren. Mit ihrer Mutter, Nana, lebte abgeschieden und die für das Mädchen viel zu seltenen Besuche des geliebten Vaters, er besuchte sie jeden Donnerstag, waren die Höhepunkte in Mariams Leben. Als sie 15 war, nahm sich die Mutter das Leben. Mariam suchte Zuflucht bei ihrem Vater und dessen Familie. Kurzzeitig nahm er seine uneheliche Tochter auf, wollte seine Familie aber nicht ständig mit dem Zeugnis seiner Schande konfrontieren und verheiratete sie mit dem dreißig Jahre älteren Kabuler Schuhmacher Raschid.

Die Ehe verlief von Beginn an nicht glücklich. Als nach mehreren Fehlgeburten klar wurde, dass Mariam ihrem Mann keinen Sohn schenken konnte, wurde ihr Leben zur Hölle.

Fast zwanzig Jahre später nahm Raschid die verwaiste, junge Laila ins Haus und heiratete auch sie. Laila stammte aus einer Familie, in der Bildung, auch für Mädchen als sehr wichtig angesehen war. Für sie tat sich im Hause Raschids eine ganz andere Welt auf als sie bisher kannte. Ganz langsam, bedingt durch die gemeinsamen zu ertragenden Qualen des Alltags, kamen die so unterschiedlichen Frauen sich näher. Im täglichen Kampf ums Überleben entwickelte sich schließlich eine tiefe Freundschaft.

Die gesamte Handlung wurde fest mit den historischen Ereignissen in Afghanistan verknüpft. Diese wurden aber von Khaled Hosseini nicht als Rahmenhandlung abgetan. Er ließ uns die Auswirkungen des politischen Geschehens auf die Bevölkerung und die Protagonisten spüren. So der Leser Zeuge des Einmarsches sowjetischer Truppen in das Land, aber auch als Afghanistan zur Islamischen Republik Afghanistan wurde, zeigte er die Folgen, die vor allem die Frauen betrafen, ungeschönt auf.

Khaled Hosseini beschrieb eindrucksvoll den schwierigen Alltag, der von den Frauen zu meistern war. Es wurde sehr deutlich gemacht, wie das tägliche Leben für alle immer problematischer wurde. Das Ganze fand seinen dramatischen Höhepunkt mit der Schreckensherrschaft der Taliban. Öffentliche Hinrichtungen waren an der Tagesordnung, Frauen wurden von Sittenwächtern geprügelt, wenn sie sich ohne männliche Begleitung in der Öffentlichkeit bewegten oder nicht den Bekleidungsvorschriften entsprechend gekleidet waren.

Die Handlung wurde begleitet von Kampf, Gewalt und Blutvergießen. Trotzdem zeichnete Hosseinis Roman kein düsteres Bild seines Landes, ganz zum Schluss schloss sich der Kreis des Geschehens und ein Funke Hoffnung für eine friedliche und freie Zukunft wurde sichtbar.

Dem Autor gelang es wunderbar, mir das Leben in Afghanistan nahe zu bringen. Ich konnte mich problemlos in die Protagonisten hinein versetzen und deren Gedanken und Gefühle nachvollziehen, obwohl diese einen mir recht fremden Kulturkreis entstammen. „Tausend strahlende Sonnen“ ist ein atmosphärisch dichter und in einer wunderbaren Sprache geschriebener Roman mit hervorragend ausgearbeiteten Charakteren. Auch die Übersetzung hat dem Buch nichts von seiner Tiefe genommen.

Ich fühlte mich von diesem Roman eingefangen und begab mich auf die Reise in ein fernes Land zu Personen, die mir beim Lesen ans Herz wuchsen, mit denen ich litt und die kleinen Freuden teilte. Es war eine Lesereise auf der ich auch gefühlsmäßig stark gefordert wurde, oft musste ich tief durch atmen, an anderen Stellen war ich nur noch fassungslos, dann wieder konnte ich schmunzeln. Ich habe dieses Buch sehr gern gelesen, es war für mich ein Leseerlebnis, das sich mir nicht allzu oft bietet und immer noch in mir nachklingt.

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

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Danke Krümel, dass du mich im Blog auf diese Neuerscheinung aufmerksam gemacht hast.
Viele Grüße
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von Anzeige » 04.09.2007, 18:02

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Beitragvon tom » 04.09.2007, 21:52

Danke für die Rezi!
Der liebe Hosseini wird immer "unausweichlicher" und so liegt nun erst mal seit vorgstern der "Drachenläufer" auf meinem SUB...
tom
 

Beitragvon Karthause » 05.09.2007, 06:51

@tom
Selten hat mich ein Buch so angesprochen und berührt. Dracheläufer hat mir ja schon ausgesprochen gut gefallen, aber dieses war noch einen Tick besser. Vielleicht lag es daran, dass eine der Protagonistinnen im gleichen Jahr wie ich geboren wurde und sich Vergleiche so förmlich aufdrängten. Aber auch die Schilderungen der Auswirkungen der politischen Ereignisse im Handlungsablauf kamen weitaus deutlicher rüber.

Ich wünsche die viel Spaß beim "Drachenläufer".
Viele Grüße
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Beitragvon wolves » 05.09.2007, 07:17

Vielen Dank für deine Rezi :D
Das Land Afghanistan kenne ich nur von den schrecklichen Fernsehberichten. Ich weiß so rein gar nichts von den Menschen die dort leben. Es scheint mir, dass Khaled Hosseini einem das Land und seine Leute näher bringt. Und das interessiert mich sehr.
Liebe Grüße
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Beitragvon Krümel » 05.09.2007, 08:53

Das freut mich aber sehr :hurra:

Ich habe das Buch gleich mal auf meine Wunschliste gesetzt :D
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Beitragvon wolves » 05.09.2007, 10:01

Und ich heute gekauft :mrgreen:
Liebe Grüße
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Beitragvon Krümel » 07.09.2007, 08:30

Gaaanz vergessen :oops: Aber jetzt stehst du auch im Blog :D
BildLiebe Grüße,
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Beitragvon Krümel » 05.11.2007, 10:06

Gestern ist Herr Scheck ganz schön über dieses Buch hergefallen :?

Er meinte: Herr Hosseini würde seit Jahrzehnten in Amerika leben, hätte das Geschehen nur aus der Ferne und am Rande miterlebt, und würde mit seinen Büchern nur PROPAGANDA betreiben. Es landete im Müll.

Was sagst du zu diesem Vorwurf Karthause?

Meine momentane Lektüre: "Der Buchhändler aus Kabul" ist mir auch ein wenig zu einseitig, also so ganz glücklich bin ich mit dem Buch auch nicht. Näheres später in meiner Rezi.
Zuletzt geändert von Krümel am 05.11.2007, 12:24, insgesamt 1-mal geändert.
BildLiebe Grüße,
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Beitragvon Salome » 05.11.2007, 12:20

Ich bin zwar nicht Karthause :mrgreen:, aber ich habe das Buch auch gelesen und kann die Kritik durchaus nachvollziehen. Mir ist ähnliches durch den Kopf gegangen.
WIKI sagt,
dass Hosseinis Vater im Dienst des afghanischen Außenministeriums stand, seine Mutter Persisch und Geschichte unterrichtete. Von 1970 bis 1973 lebte die Familie in Teheran (Iran). 1976, drei Jahre vor der sowjetischen Invasion, zog sie nach Paris (Frankreich), wo der Vater einen Posten in der afghanischen Botschaft bekam. Ursprünglich sollte die Familie nach vier Jahren nach Kabul zurückkehren. Die veränderte politische Lage im Heimatland Afghanistan veranlasste sie jedoch, in den USA politisches Asyl zu beantragen, welches den Hosseinis 1980 gewährt wurde. Die Familie ließ sich in San José (Kalifornien) nieder. Dort lebte sie einige Zeit von staatlicher Unterstützung, weil sie ihren Besitz in Afghanistan verloren hatte.

Bei dieser Bio liegen einfach einige Zweifel sofort parat. Hosseini selbst hat scheinbar wenig von Afghanistan erlebt, aber die Taliban werden als grässliche Dämonen dargestellt. Nicht das ich irgendwelche Sympathien für die Taliban hege, aber die Darstellung war schon sehr einseitig.
Trotzdem, der Roman ist toll geschrieben. Ein spannender Plot, der mir schlaflose Nächte beschert hat. Daher habe ich beschlossen, den Roman völlig unpolitisch als eben "nur" einen Roman zu betrachten, nicht als politisches Aufklärungsbuch.
Salome
 

Beitragvon Krümel » 05.11.2007, 12:23

Danke Salome :D
BildLiebe Grüße,
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Beitragvon Karthause » 05.11.2007, 13:55

Also, Herr Scheck ist mir so ziemlich egal, ich mag ihn nicht, deshalb sehe ich auch seine Sendung nicht. Wenn er der Meinung ist, dieser Roman ersetzt in irgendeiner Weise ein Sachbuch oder ist gar eine Biografie irrt er entsetzlich. Es ist ein Roman, der spannend geschrieben ist, nicht mehr und nicht weniger. Mit der Realität hat dieser Roman sicher ebenso viel zu tun wie die Fernsehserien CSI mit praktizierter Gerichtsmedizin oder Rosamunde Pilcher mit dem realen Leben. Die Charaktere sind lebensnah, es hätte also alles so sein können.

Sicher ist dieser Roman nicht unpolemisch, wer will kann auch Propaganda darin sehen, das kann ich aber auch bei "Der Untertan" von H. Mann "Anna Karenina" von L. Tolstoi und, und, und. "Drachenläufer" passt gut zu der zur Zeit vorherrschenden Meinung. Diese Chance hat Hosseini sicher bewusst genutzt. Aber in welche Ecke stellt Scheck dann Böll? :grübel2:
Viele Grüße
Karthause

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Beitragvon Krümel » 05.11.2007, 15:48

Ui :shock:
Deine Reaktion spricht Bände :wink: :mrgreen:
Ich werde mir dann im Januar ein eigenes Bild machen :idea:
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon Karthause » 05.11.2007, 16:09

Nee, Krümel, ich mag nur seine Art absolut nicht. Die Reaktion ist eher contra Scheck als pro Hosseini. Ich verstehe nicht ganz, mit welchen Erwartungen er an ein Buch geht. Ist er vielleicht auch etwas spät dran mit seiner Erkenntnis? "Drachenläufer" ist ja alles andere als eine Neuerscheinung.

Vielleicht sollte ich mir zukünftig seine Sendungen doch ansehen, zur Abschreckung. :wink:
Viele Grüße
Karthause

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Beitragvon Wirbelwind » 06.11.2007, 01:08

Ich habe beide Khaled Hosseini Bücher gelesen und war total begeistert. Diese Begeisterung verschleiert aber nicht die Sichtweise beide Bücher als das zu betrachten was sie nun mal sind - Romane.
Wenn ich mich über die derzeitige Situation des Landes informieren will kaufe ich mir (wenn überhaupt) ein Sachbuch.
Auf die Beurteilung in Druckfrisch von Scheck gebe ich keinen Pfifferling sprich ich schaue die Sendung nicht mehr. Was ich am Anfang noch für grotesk witzig empfand, stieß mich ziemlich schnell ab. Allein schon dieses Laufband regt mich auf und seine überhebliche Art auch. Und wenn ich da an seine Empfehlungen in Buchhandlungen denke :roll:
Wie schön, dass jeder die Wahl hat das Fernsehgerät auszuschalten. :wink:
Liebe Grüsse
Wirbelwind

lese gerade:
Andrew Taylor, Der Schlaf der Toten
Ein Buch ist ein Sprengsatz, um die Phantasie freizusetzen. (Alan Bennett in "Die souveräne Leserin")
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Beitragvon Krümel » 06.11.2007, 10:40

Ich muss jetzt zugeben, dass mich zu sehr subjektive Empfindungen gerade bei solchen brisanten Themen, oder einseitige Darstellung, stören! Also auch, wenn sich ein Roman zu weit von der Realität entfernt, und auf Empfindungsdrüsen drückt :wink: , sprich Taschentuch-Alarm auslöst, das mag ich nicht. (Wie jetzt beim "Buchhändler")

Da bin ich dann doch zu sehr in der Realität verbunden, und empfinde Märchenwelten oder einseitig dargestellten Sichtweisen als unwirklich :roll:

Aber wie gesagt von Hosseini habe ich noch nichts gelesen, momentan bin ich nur enttäuscht vom "Buchhändler" :wink:
BildLiebe Grüße,
Krümel



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