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Bryson, Bill - Eine kurze Geschichte von fast allem




Bryson, Bill - Eine kurze Geschichte von fast allem

Beitragvon Katia » 05.06.2007, 21:09

[center]Bill Bryson: Eine kurze Geschichte von fast allem (A short history of almost everything)[/center]

"Eine kurze Geschichte von fast allem" - ein irreführender Titel, denn wir haben es hier weder mit einem dünnen Buch zu tun, noch erfahren wir "fast alles". Enttäuscht wird der Leser nach der Lektüre trotzdem wohl kaum sein. Bryson, hauptamtlich als humoristischer Reiseschriftsteller tätig, führt seine Leser in viele Gebiete der Naturwissenschaften ein, insbesondere die Geschichte der Welt, des Lebens und die Geschichte der Entdeckung dieser Dinge.

Für mich etwas Neues: Ein populärwissenschaftliches Buch von einem Autor, der keinerlei naturwissenschaftliche Vorbildung mitbringt, dafür aber eine gute Portion Humor und eine Menge kindlicher Neugierde - der sich so immer auf eine Stufe mit seinem Leser stellt und nie oberlehrerhaft oder überheblich wird.
Sein Wissen hat er erworben aus unzähligen populärwissenschaftlichen Büchern und aus vielen Begegnungen mit Wissenschaftlern, Museumsleitern und anderen Spezialisten in der ganzen Welt, von denen er im Buch erzählt. "Echte" wissenschaftliche Werke, insbesondere moderne, scheinen ihm eher suspekt zu sein, genüsslich zitiert er manche, um zu erklären wie "unverständlich" sie sind; hier ist etwas kindliches Beleidigtsein zu spüren, dass er bei allem Interesse nicht alles verstehen kann.
Er hat ein untrügliches Talent skurrile Typen unter den Wissenschaftlern herauszusuchen, verkannte Genies und persönliche Zwiste in akademischen Kreisen. Dies ist immer interessant und sehr oft amüsant zu lesen, wenn auch vielleicht der wissenschaftlichen Zunft gegenüber nicht ganz fair.
Bryson erzählt, dass wir das Blei im Benzin und FCKW demselben Forscher verdanken, der Leser lernt einen Geologen mit experimentellem Geschmack kennen (er wollte jedes Tier der Erde einmal essen) und erfährt auch die eher traurige Geschichte der Rosalind Franklin, die maßgeblich zur Entdeckung der Struktur der DNA betrug. Überhaupt hat Bryson seine besten Momente, wenn er weniger die Geschichte der Welt schreibt, als mehr die Wissenschaftsgeschichte.
Seine Themenwahl ist breit gestreut, und deckt oft viele Aspekte ab: Da gibt es ein Kapitel über das Wasser ("Die elementare Verbindung"), indem er nicht nur über die chemischen Eigenschaften von Wasser schreibt, wo und wie es auf unserer Erde vorkommt, sondern auch über die Geschichte des Tiefseetauchens, über die Meerestiere, unseren Missbrauch der Meere durch Überfischung und Verklappung von radioaktivem Abfall und ganz nebenbei klärt er die Frage, warum die Ozeane nicht immer salziger werden.

Ein Wälzer von über 600 Seiten als Zweitlektüre in einer guten Woche gelesen - allein das spricht schon eine klare Sprache, wie gut mir das Buch gefallen hat und wie angenehm und leichtfüssig es sich liest. Dabei vermittelt Bryson eine Menge Wissen, um uns und unsere Welt ("den einzigen Planeten, den Sie je kennen lernen werden") und was mir besonders gut gefallen hat: dass wir trotz all unsere Wissenschaft und Forschung noch so wenig wissen und es noch so viel zu erforschen und entdenken gibt. Für uns Laien ist die Lektüre von Brysons Buch sicher ein guter Anfang!

:stern: :stern: :stern: :stern:

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Katia
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Beitragvon Karthause » 06.06.2007, 07:24

Katia, danke für deine schöne Rezi. Ich werde dieses Buch wohl im September lesen und bin nun schon sehr gespannt, was mich erwartet.
Viele Grüße
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Beitragvon wolves » 06.06.2007, 07:35

Auch von mir vielen Dank für die schöne Rezi. Wann ich mit der Lektüre beginne weiß ich noch nicht, aber ich freue mich um so mehr darauf :D
Liebe Grüße
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Re: Bryson, Bill - Eine kurze Geschichte von fast allem

Beitragvon marilu » 06.06.2007, 07:45

Katia hat geschrieben:Ein populärwissenschaftliches Buch von einem Autor, der keinerlei naturwissenschaftliche Vorbildung mitbringt, dafür aber eine gute Portion Humor und eine Menge kindlicher Neugierde - der sich so immer auf eine Stufe mit seinem Leser stellt und nie oberlehrerhaft oder überheblich wird.


Darin ist er gut, ne?
Ich kenne bisher nur einige seiner Reiseberichte, die ich (teilweise) echt zum Wegschmeißen (vor Lachen) finde! Um die "kurze Geschichte..." schleiche ich noch immer herum.
Ich warte noch die nächsten Rezensionen ab und dann wird es sicher im Regal landen. Ich kenn' mich doch! :lol:

Danke für die vielen Beispiele aus dem Buch - ich bin schon neugierig...
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Beitragvon wolves » 22.04.2009, 09:33

Ich mag die Reiseliteratur von Bryson sehr gerne, aber ich muss gestehen, ich war schon ein wenig skeptisch ob ihm ein gut verständliches Buch über solche komplexen Themen gelingen würde und das alles ohne jegliche Vorbildung, nur aus persönlichem Interesse heraus.

Nach über der Hälfte des Buch und sehr informativen, angenehmen und unterhaltsamen Lesestunden darf ich mit Fug und Recht schon schreiben: Er kann! Es ist unglaublich wie er mir Themen, die mir vorher ein Buch mit Brief und Siegel waren, zumindest halbwegs verständlich rüberbringen kann. Und das ganze auf typischer Bryson Art, nämlich unterhaltsam.

Das Buch bietet dem naturwissenschaftlichen Laien eine Fülle von interessanten Informationen. Katia hat da ja schon ein paar Beispiele gebracht.
Wenn das in dem Tempo so weitergeht (und davon gehe ich mehr als verstärkt aus), dann wird es für mich eines meiner persönlichen Lesehighlights 2009 werden. :D
Liebe Grüße
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Beitragvon Susannah » 22.04.2009, 10:08

Dieses Buch steht seit Jahren auf meiner Wunschliste. Da es dort aber in so guter Gesellschaft ist, ist es bisher nie auf Platz 1 vorgerutscht. Vielleicht sollte ich das endlich mal ändern...
Nichts ist schöner und nichts erfordert mehr Charakter als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!
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Beitragvon Susannah » 22.04.2009, 10:25

Susannah hat geschrieben:Dieses Buch steht seit Jahren auf meiner Wunschliste. Da es dort aber in so guter Gesellschaft ist, ist es bisher nie auf Platz 1 vorgerutscht. Vielleicht sollte ich das endlich mal ändern...

... erledigt. :mrgreen:
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Beitragvon wolves » 22.04.2009, 11:50

Susannah hat geschrieben:
Susannah hat geschrieben:Dieses Buch steht seit Jahren auf meiner Wunschliste. Da es dort aber in so guter Gesellschaft ist, ist es bisher nie auf Platz 1 vorgerutscht. Vielleicht sollte ich das endlich mal ändern...

... erledigt. :mrgreen:
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Beitragvon wolves » 11.05.2009, 08:33

Nun habe ich das Buch beendet und kann noch ergänzend schreiben, dass mir auch der Rest ausgesprochen gut gefallen hatte.
Von mir ganz klare :stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Katia hat geschrieben:Er hat ein untrügliches Talent skurrile Typen unter den Wissenschaftlern herauszusuchen, verkannte Genies und persönliche Zwiste in akademischen Kreisen. Dies ist immer interessant und sehr oft amüsant zu lesen, wenn auch vielleicht der wissenschaftlichen Zunft gegenüber nicht ganz fair.
Fair ist es wirklich nicht immer, aber ich gebe dir Recht es ist einfach amüsant zu lesen. Ich denke auch so ein "Kunstgriff" von ihm, um einem als Leser nochmal "wachzurütteln" und entsprechend konzentriert zu werden, damit das nächste "Wissenhäppchen" besser aufgenommen werden kann. So erging es mir jedenfalls beim lesen.
Liebe Grüße
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Beitragvon Katia » 11.05.2009, 19:46

Fein, wolves, dass Dir das Buch so gefallen hat! Ich glaub', ich muss es auch mal wieder lesen, es eignet sich sicher gut für einen Reread. Mal schauen, ob's die BSB oder die UB auch auf Englisch hat.

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