Defibrillieren mit Wechselstrom

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    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    Bushrescue - 16.04.2007, 21:08

    Defibrillieren mit Wechselstrom
    Meine Antwort im Thread Stuttgart: FW-Mann erleidet Stromschlag bei Löscharbeiten
    hat mir eine frage aufgeworfen.

    Wenn ich Ein Kammerflimmern mit Gleichstrom defibrilliere wird er Asystol.
    Wenn jetzt der Patient Asystol ist und ich würde ihn mit Wechselstrom "defibrillieren", bekommt er dann wieder Kammerflimmern?

    :lole:



    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    atomic - 16.04.2007, 21:16


    Hm, ich hätt jetzt gesagt, Gleichstrom wäre monophasisch und Wechselstrom biphasisch (zumindest wenn man nur eine Periode nimmt).



    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    Reanimator - 16.04.2007, 21:17


    @Bushresue
    Probier's aus!
    Wie? Sei dir überlassen...



    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    Bushrescue - 17.04.2007, 00:21


    Leute, jetzt nicht wunder, mir war langweilig!!! :D

    Also, ein bissl zur Geschichte der Defis:

    1898 gelang es Prevost und Battelli erfolgreich ein Tier zu defibrillieren.
    1933 haben Hooker, Kouwenhoven und Langworthy das Verfahren weiterentwickelt und es wurde das erste Mal mit Wechselstrom erfolgreich ein Hund defibrilliert.
    1947 wurde das erste Mal ein Mensch durch Claude Beck erfolgreich defibrilliert. Nach mehrmaliger Schockabgabe von 60 Hertz-Wechselstrom mit einer Spannung von 110 Volt und einer Stromstärke von 1,5 Ampère wurde ein 14jähriger Knabe, welcher während einer Trichterbrust- Operation ein Kammerflimmern entwickelte, erfolgreich intern defibrilliert. Kouwenhoven konnte dann in den fünfziger Jahren, immer noch mit Wechselstrom, Hunde transkutan defibrillieren. Allerdings gelang dies, wieder vom Westen unbemerkt, 1946 schon Gurvich in der Sowjetunion und sogar noch mit Gleichstrom.
    1956 konnte Zoll den ersten Menschen transkutan mit einem selbst entwickelten Defibrillator mit einer Stromstärke von 15 Ampère defibrillieren.
    1957 gelang Friesinger die transkutane Defibrillation eines 42jährigen Patienten. Der Patient erlitt in der Notfallstation einen Herzkreislauf-Stillstand und wurde durch Beatmung und extrathorakale Herzmassage reanimiert. Friesinger, der einige Male bei den Tierversuchen von Kouwenhoven dabei war, erinnerte sich an den Defibrillator-Prototypen im Labor. Nachdem ihm der Portier das Labor von Kouwenhoven im 11. Stock aufgeschlossen hatte, wurde das große Gerät in die Notfallstation gebracht und der Patient erfolgreich defibrilliert. Dieser lebte dann noch 18 Jahre weiter.
    1961 werden dann auch im Westen die ersten Defibrillatoren mit Gleichstrom entwickelt. Dies ermöglicht Ende der sechziger Jahre den Bau von Geräten mit Batterie und damit die Defibrillation außerhalb des Krankenhauses. Nebst der technischen Weiterentwicklung der Geräte hinsichtlich Wellenform des abgegebenen Stromes bis hin zu den heutigen biphasischen Defibrillatoren und hinsichtlich der Technologie und Beschaffenheit der Elektroden, um Verbrennungsverletzungen zu minimieren, sind die letzten Jahre vor allem geprägt durch den steigenden Stellenwert der Defibrillation im Ablauf der Reanimation. Gemäß den heute gültigen internationalen Richtlinien ist die frühzeitige transkutane Defibrillation die einzige Maßnahme beim Kammerflimmern, welche einen bewiesenen therapeutischen Nutzen hat.

    So und jetzt zum Thema :wink:

    Der unterschied zwischen Monophasisch und Biphasisch

    Also beim biphasischen ist es so, das der Defi erst einmal die Impedanz (den Widerstand) misst und dann die abgebende Stromstärke anpasst. Das bedeutet zum Beispiel bei einem Hohen Patientenwiderstand (Adipositas) der Defi eine wesentlich höhere Stromspitze abgibt (er verringert vorher den internen Widerstand des Defi) um eine ausreichende Depolarisation am Herzmuskel zu erreichen (es kommen wohl nur um die 4% der abgegebenen Leistung am Muskel an). Genauso umgekehrt, ist der Patient recht dürr/exikiert, dann wird der interne Widerstand des Defis erhöht um unnötige Stromspitzen beim Schock zu vermeiden, da diese das Herz noch zusätzlich schädigen können und außerdem, es spart Energie.

    Beim Monophasischen gerät läuft das ganze so ab, anlegen, laden, schießen. Das Problem hierbei, die Stromspitze ist immer gleich, egal wie der Patientenwiderstand ist. Das bedeutet dabei dass der Herzmuskel evtl. durch die Defibrillation zusätzlich geschädigt wird.

    Wikipedia hat folgendes geschrieben: Die biphasische Defibrillation kommt mit deutlich geringeren Energien aus, da der Patient vorher mit einer sog. Impedanzmessung „durchgemessen“ wird und so bei „niederohmigen“ Patienten auf einen hohen Strom verzichtet werden kann. Nur bei „hochohmigen“ Patienten (z. B.: adipöse oder dehydrierte Patienten) muss der Strom erhöht werden um die erforderliche Energie an den Herzmuskel zu bringen.
    Warum die Biphase wesentlich besser wirkt als die Monophase wird immer noch untersucht, man geht allerdings davon aus, dass der Herzmuskel eine gewisse elektrische Energie speichern kann, was in der Folge wieder zu einer Refibrillation (erneutem Flimmern) führen kann. Durch den negativen Anteil in der Biphase wird diese Energie „abgezogen“ und eine geordnete Kammererregung ist wieder möglich.

    So und zu guter letzt, müsste es jetzt klar sein, wieso unsere Defis Gleichstrom und kein Wechselstrom haben. :lol:

    @atomic: war garnicht so einfach zu erklären, dabei klingt das so voll simple, hoffe Du bist jetzt schlauer, ich bin's :wink:

    Korrigiert mich wenn ich mich geirrt hab, bin mir bei manchen Punkten nicht mehr ganz so sicher gewesen, aber so müsste es eigentlich stimmen.



    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    atomic - 17.04.2007, 15:55


    Ok, Wechselstrom ist übertrieben. Es ist ja einmal z.B. +1000V und kurz danach z.B. -300V. Wechselstrom halt, weil die Polaritätgeändert wird. Richtiger sinds natürlich zwei Phasen Gleichstrom (eine positiv, eine negativ). Das der Biphasische vorher misst wusst ich auch nich (das er was misst wusst ich, die Impendanz steht ja immer im Display, aber was er damit macht konnt mir noch keiner sagen als ich gefragt hab. Aber das eigentlich Bi-e am biphasischen Defi ist im Prinzip ja der zweite Schock mit ner negativen Energie, das messen könnte ja technisch gesehen auch ein Monophasischer (der dann halt nur mit der positiven Energie arbeitet).
    Die Position der (Klebe-) Paddles (Sternum/Apex oder andersrum) ist nur für die Schnellableitung 'wichtig', wenn es falschrum ist, ist halt das EKG-Bild falschrum. Ist also sowohl beim Mono- als auch beim Biphasichen gleich egal oder nicht egal (das Zitat von vielen Kollegen: 'Das ist ein Biphasischer, da ists egal wie rum mans klebt.' würde also richtiger heisen 'Beim Defibrillieren ists egal, wierum mans klebt).

    (Quelle corpuls und mein RD-Buch).

    Artet ja fast zu ner Fortbildung aus ;).



    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    Bushrescue - 17.04.2007, 17:02


    Also, meines wissens, wäre die Impedanzmessung mit Monophasischen Geräten zwar möglich und im klinischen bereich ist Monophasisch wohl auch fast nicht zu schlagen gewesen, nur haben die führenden Defi-Hersteller eine neue Impulsform bei der Defibrillation entwickelt, die Rechteckige Impulsform. Diese hat zur Folge, das Impulsform und Impulsdauer konstant bleiben. Was sehr Myocardschonend ist und Postreanimation weniger Hautirritationen hervorruft.

    Meine Elektrotechnischen Kenntnisse neigen sich bei mir gerade zu neige, aber wir haben ja ein paar Spezialisten hier im Forum, die wenn Sie antworten es bestimmt wissen. Aber vorsichtshalber, werde ich mal ne Mail an Corpuls verfassen.

    Die Impedanzmessung bei Corpuls defibrilliert bei einem normalen Patient mit 42% der Stromstärke bei gleicher Joule-Zahl, um noch genug Reserven zu haben um einen Adipösen Patienten defibrillieren zu können.

    Um das Kleben/Anlegen der Paddels ist die Positionierung bei Biphasischen Geräten („Strom geht Hin und zurück“) fast egal, im Gegensatz zu Monophasischen Geräten (Strom fließt nur in eine Richtung).

    Bei einem Biphasischen Impuls ist es bei einer Defibrillation oder Kardioversion fast egal, welche Elektrode an welcher Stelle, solange die Elektrodenpositionierung stimmt, aufgeklebt sind, da der erste Stromimpuls so kurz ist (wenige ms), dass man von einer nahezu gleichzeitigen Erregenung des Myocards sprechen kann. Der entgegengesetzte Impuls dient dazu, endgültig alle Myocardzellen zu depolarisieren.

    Bei monophasischen Geräten sollte man zur Defibrillation die Paddles richtig geklebt haben, da zum einen der Impuls länger dauert (aber auch im ms-Bereich) und es keine erneute Depolarisation des Myocards gibt. Sehr wichtig ist allerdings die Elektroden Position bei Geräten, die auch zur transkutanen Schrittmachertherapie benutzt werden. Hier muss der Stromfluss korrekt zwischen Elektroden gerichtet sein!!!


    So ich glaub jetzt bin ich platt, das artet echt in ne Fortbildung aus, voll erschreckend, in was so ein kleine "These" ausarten kann :wink:



    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    atomic - 17.04.2007, 17:14


    Also ich würd sagen das es egal ist, ob der Strom von a nach b, oder von b nach a fliesst. Wenn du an ne Batterie fasst zuckst du ja auch nicht je nach Polarität. Ne Lampe leuchtet auch egal wie rum + und - dran sind. Entscheidend ist der Betrag der Energie und nicht die Polarität.

    Zitat: Strom geht Hin und zurück schon, aber "zurück" nur mit ~1/3 der hin-Energie.

    Auf die Ursprüngliche frage ham wir übrigens noch keine Antwort ;).



    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    Bushrescue - 17.04.2007, 17:29


    atomic hat folgendes geschrieben: schon, aber "zurück" nur mit ~1/3 der hin-Energie.

    Auf die Ursprüngliche frage ham wir übrigens noch keine Antwort ;).

    Das sollte in Anführungszeichen stehen, da der Rückwertige "Strom" nur um ein vielfaches geringer ist und nur zur depolarisation des Myocards dient. Aber ohne garantie, bin mir dabei auch nicht mehr so sicher.

    Hmmm, also 1947 wurde erfolgreich mit Wechselstrom defibrilliert, aber der hatte Kammerlflimmern.
    Und wenn man lang genug Asystol war, ist halt das Problem, das keine Körpereigene Impulse gebildet werden, wie beim Kammerflimmern. Ich weis zwar das es Myocardschädigend ist eine Asystolie zu defibrillieren, aber wenn dadurch der Sinusknoten wieder anspringen würde. Ich finde dazu auch keine Versuche beim googlen.

    Weis jemand dadrüber mehr?



    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    atomic - 17.04.2007, 17:45


    Ja, das hab ich auch so verstanden das es zur Depolarisation dient. Damit sagen wollte ich, das es deshalb beim Biphasischen nicht egaler ist als beim Monophasischen wierum der Strom bei der defibrillation fliesst, da der initiale Strom ja der selbe ist. Beim Biphasischen kommt nur der, ich nenn ihn mal Depolarisationsschock (der ja wie wir uns einig sind geringer ist), hinzu.



    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    Bushrescue - 19.04.2007, 14:54


    Theoretisch ist es egal, da unser Herz ja "Gap Junction" besitzt. Und wir das Herz an jeder Stelle erregen können, um es mal grob zu formulieren. Ich brauch also nicht die Fließrichtung von Sternum zu Apex, um das Herz bei Kammerflimmern zu depolarisieren, sonder kann genauso die Fließrichtung umkehren. Was das jetzt im Endeffekt für Folgen hat, durch veränderte Impulsrichtung im Herz, kann ich nicht sagen. Aber solange sämtliche Zellen im Herz depolarisiert werden und daraufhin ein eigener Impuls in Gang kommt, ist schon mal gut.

    Bei monophasisch, ist halt einfach die Gefahr das keine Impedanzmessung durchgeführt wird und bei jedem Patient die selbe Stromstärke abgegeben wird, also hohe Stromspitzen. Und das kann bei dürren Patienten schon zu Schädigung des Herzmuskels führen. Hab aber mal gegoogelt und keine Monophasischen Defis mit Impedanzmessung gefunden, woran das jetzt liegt, keine Ahnung.

    Aber Bisher ist der Rechteckige Impuls wohl das Maß aller Dinge und stellt damit auch Monophasische Geräte in den Schatten.



    Re: Defibrillieren mit Wechselstrom

    atomic - 19.04.2007, 18:51


    Würd sagen die veränderte Stromrichtung hat keine Auswirkungen, da ja meiner Meinung nach wie gesagt der Betrag des Stoms und nicht dessen Richtung entscheident ist. Wenn die Klebeelektroden auf Brust und Rücken geklebt werden ist der Vorteil auch 'nur' der, das der Strom einen kürzeren und gleichmässigeres Weg durch den Körper zurücklegen muss und das 'mehr Herz' den Schock abbekommt und nicht, das das Herz im 90° Winkel statt im sagen wir 30° Winkel durchflossen wird. Wär auch ein Argument dafür, das die Richtung völlig egal ist.
    Hab mir noch n Argument überlegt, und zwar ist das Herz ja (mal so grob betrachtet) ne hohle Kugel. Das sich die nun zusammenziehen kann müssen die Zellen die sich zusammenziehen ja in einem Ring (mal 2D gesehen) angeordnet sein. Entsprechend ist bei jeder Zelle in ner anderen Richtung aussen, das heist es wird sowieso jede von ner anderen Richtung geschockt.
    Vielleicht ... Ist aber auch alles ganz anders ...

    Hängt das bei Wechselstom flimmern, bei Gleichstrom asystol dait zusammen, das während des Kontakts beim Gleichstrom eine Dauerkontraktion und beim Wechselstrom viele schnelle Kontraktionen entstehen?



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