friedrich nietzsche

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    Re: friedrich nietzsche

    counterfactual - 09.04.2007, 18:59

    friedrich nietzsche
    friedrich wilhelm nietzsche (* 15. oktober 1844 in röcken bei lützen; † 25. august 1900 in weimar) war ein deutscher freier philosoph und klassischer philologe.

    hier mal ein auszug aus eins seiner werke "über das rathos der wahrheit"

    Ist der Ruhm wirklich nur der köstlichste Bissen unserer Eigenliebe?— Er ist doch an die seltensten Menschen, als Begierde, angeknüpft und wiederum an die seltensten Momente derselben. Dies sind die Momente der plötzlichen Erleuchtungen, in denen der Mensch seinen Arm befehlend, wie zu einer Weltschöpfung, ausstreckt, Licht aus sich schöpfend und um sich ausströmend. Da durchdrang ihn die beglückende Gewissheit, dass das, was ihn so in's Fernste hinaus hob und entrücke, also die Höhe dieser einen Empfindung, keiner Nachwelt vorenthalten bleiben dürfe; in der ewigen Nothwendigkeit dieser seltensten Erleuchtungen für alle Kommenden erkennt der Mensch die Nothwendigkeit seines Ruhms; die Menschheit, in alle Zukunft hinein, braucht ihn, und wie jener Moment der Erleuchtung der Auszug und der Inbegriff seines eigensten Wesens ist, so glaubt er als der Mensch dieses Momentes unsterblich zu sein, während er alles Andere, als Schlacke, Fäulniss, Eitelkeit, Thierheit, oder als Pleonasmus von sich wirft und der Vergänglichkeit preisgiebt.

    [KSA I, 756]

    Jedes Verschwinden und Untergehen sehen wir mit Unzufriedenheit, oft mit der Verwunderung als ob wor darin etwas im Grunde Unmögliches erlebten. Ein hoher Baum bricht zu unserem Missvergnügen zusammen und ein einstürzender Berg quält uns. Jede Sylvesternacht lässt uns das Mysterium des Widerspruches von Sein und Werden empfinden. Dass aber ein Augenblick höchster Welt-Vollendung gleichsam ohne Nachwelt und Erben, wie ein flüchtiger Lichtschein verschwände, beleidigt am allerstärken den sittlichen Menschen. Sein Imperativ vielmehr lautet: das, was einmal da war, um den Begriff "Mensch" schöner fortzupflanzen, das muss auch ewig vorhanden sein. Dass die grossen Momente eine Kette bilden, dass sie, als Höhenzug, die Menschheit durch Jahrtausende hin verbinden, dass für mich das Grösste einer vergangnen Zeit auch gross ist und dass der ahnende Glaube der Ruhmbegierde sich erfülle, das ist der Grundgedanke der Kultur.

    An der Forderung dass das Grosse ewig sein soll, eintzündet sich der furchtbare Kampf der Kultur; denn alles Andere, was noch lebt, ruft Nein! Das Gewöhnte, das Kleine, das Gemeine, alle Winkel der Welt erfüllend, als schwere Erdenluft, die zu athmen wir Alle verdammt sind, um das Grosse qualmend, wirft sich hemmend, dämpfend erstickend trübend täuschend in den Weg, den das Grosse zur Unsterblichkeit zu gehen hat. Der Weg fürht durch menschliche Gehirne! Durch die Gehirne erbärmlicher kurzlebender Wesen, als welche, engen Bedürfnissen überliefert, immer wieder zu denselben Nöthen auftauchen und mit Mühe eine geringe Zeit das Verderben con sich abwehren. Sie wollen leben, etwas leben—um jeden Preis. Wer möchte unter ihnen jenen schwierigen Fackelwettlauf vermuthen, durch den das Grosse allein weiterlebt? Und doch erwachen immer wieder Einige, die sich, im Hinblick auf jenes Grosse, so beseligt fühlen, als ob das Menschenleben eine herrliche Sache sei und als ob es als schönste Frucht dieses bitteren Gewächses gelten müsse, zu wissen dass einmal einer stolz und stoisch durch dieses Dasein[KSA I, 757] gegangen ist, ein anderer mit Tiefsinn, ein dritter mit Erbarmen, alle aber eine Lehre hinterlassend, dass der das Dasein am schönsten lebt, der es nicht achtet. Wenn der gemeine Mensch diese Spanne Sein so trübsinnig ernst nimmt, wussten jene, auf ihrer Reise zur Unsterblichkeit, es zu einem olympischen Lachen oder mindestens zu einem erhabenen Hohne zu bringen; oft stiegen sie mit Ironie in ihr Grab—denn was war an ihnen zu begraben?

    Die verwegensten Ritter unter diesen Ruhmsüchtigen, die daran glauben ihr Wappen an einem Sternbild hängend zu finden, muss man bei den Philosophen suchen. Ihr Wirken weist sie nicht auf ein "Publikum," auf die Erregung der Massen und den zujauchzenden Beifall der Zeitgenossen hin; einsam die Strasse zu ziehn gehört zu ihrem Wesen. Ihre Begabung ist die seltenste und in einem gewissen Betracht unnatürlichste in der Natur, dazu selbst gegen die gleichartigen Begabungen ausschliessend und feindselig. Die Mauer ihrer Selbstgenugsamkeit muss von Diamant sein, wenn sie nicht zerstört und zerbrochen werden soll, denn alles ist gegen sie in Bewegung, Mensch und Natur. Ihre Reise zur Unsterblichkeit ist beschwerlicher und behinderter als jede andere, und doch kann Niemand sicherer glauben als gerade der Philosoph, auf ihr zum Ziele zu kommen, weil er gar nicht weiss, wo er stehen soll, wenn nicht auf den weit ausgebreiteten Fittigen aller Zeiten; denn die Missachtung des Gegenwärtigen und Augenblicklichen liegt in der Art des philosophischen Betrachtens. Er hat die Wahrheit; mag das Rad der Zeit rollen, wohin es will, nie wird es der Wahrheit entfliehen können.

    Es ist wichtig von solchen Menschen zu erfahren, dass sie einmal gelebt haben. Nie würde man sich, als müssige Möglichkeit, den Stolz des weisen Heraklit, der unser Beispeil sein mag, imaginiren könnrn. An sich scheint ja jedes Streben nach Erkenntniss, seinem Wesen nach, unbefriedigt und unbefriedigend; deshalb wird Niemand, wenn er nicht durch die Historie belehrt[KSA I, 758] ist, an eine so königliche Selbstachtung, an eine so unbegränzte Überzeugtheit, der einzige beglückte Freier der Wahrheit zu sein, glauben mögen. Solche Menschen leben in ihrem eignen Sonnensystem; darin muss man sie aufsuchen. Auch ein Pythagoras, ein Empedokles behandelten sich selbst mit einer übermenschlichen Schätzung, ja mit fast religiöoser Scheu, aber das Band des Mitleidens, an die grosse Überzeugung von der Seelenwanderung und der Einheit alles Lebendigen geknüpft, führte sie wieder zu den anderen Menschen, zu deren Rettung, hin. Von dem Gefühl der Einsamkeit abeer, das den Einsiedler des ephesischen Artemis-Tempels durchdrang, kann man nur in der wildesten Gebirgsöde erstarrend etwas ahnen. Kein übermächtiges Gefühl mitleidiger Erregungen, kein Begehren, helfen und retten zu wollen, strömt von ihm aus: er ist wie ein Gestirn ohne Atmosphäre. Sein Auge, lodernd nach innen gerichtet, blickt erstorben und eisig, wie zum Scheine nur, nach aussen. Rings um ihn unmittelbar an die Feste seines Stolzes schlagen die Wellen des Wahns und der Verkehrtheit; mit Ekel wendet er sich davon ab. Aber auch die Menschen mit fühlenden Brüsten weichen einer solchen tragischen Larve aus; in einem abgelegnen Heiligthum, unter Götterbildern, neben kalter grossartiger Architektur mag so ein Wesen begreiflicher erscheinen. Unter Menschen war Heraklit, als Mensch, unglaublich; und wenn er wohl gesehen wurde, wie er auf das Spiel lärmender Kinder Acht gab, so hat er dabei jedenfalls bedacht, was nie ein Sterblicher bei solcher Gelegenheit bedacht hat—das Spiel des grossen Weltenkindes Zeus und den ewigen Scherz einer Weltzertrümmerung und einer Weltentstehung. Er brauchte die Menschen nicht, auch nicht für seine Erkenntniss; an allem, was man etwa von ihnen erfragen konnte und was die anderen Weisen vor ihm zu erfragen bemüht waren, lag ihm nichts. "Mich selbst suchte und erforschte ich" sagte er mit einem Worte, durch das man das Erfüller und Vollender jenes delphischen Satzes "erkenne dich selbst" sei, und Niemand sonst.

    [KSA I, 759]

    Was er aber aus diesen Orakel heraushörte, das hielt er für unsterbliche und ewig deutenswerthe Weisheit, in dem Sinne, in dem die prophetischen Reden der Sibylle unsterblich seien. Es ist genug für die fernste Menschheit: mag sie es nur wie Orakelsprüche sich deuten lassen, wie er, wie der delphische Gott selbst, "weder sagt, noch verbirgt." Ob es gleich von ihm "ohne Lachen, ohne Putz und Salbenduft," vielmehr wie mit "schäumendem Munde" verkündet wird, es muss zu den tausenden Jahren der Zukunft dringen. Denn die Welt braucht ewig die Wahrheit, also braucht sie ewig Heraklit, obschon er ihrer nicht bedarf. Was geht ihn sein Ruhm an! "Der Ruhm bei immer forfliessenden Sterblichen!", wie er höhnisch ausruft. Das ist etwas für Sänger und Dichter, auch für die, die, vor ihm als "weise" Männer bekannt geworden sind—diese mögen den köstlichen Bissen ihrer Eigenliebe hinunterschlucken, für ihn ist diese Speise zu gemein. Sein Ruhm geht die Menschen etwas an, nicht ihn; seine Eigenliebe ist die Liebe zur Wahrheit—und eben diese Wahrheit sagt ihm, dass ihn die Unsterblichkeit der Menschheit brauche, nicht er die Unsterblichkeit des Menschen Heraklit.

    Die Wahrheit! Schwärmerischer Wahn eines Gottes! Was geht die Menschen die Wahrheit an!

    Und was war die Heraklitische "Wahrheit"!

    Und wo ist sie hin? Ein verflogener Traum, weggewischt aus den Mienen der Menscheit, mit anderen Träumen!— Sie war die Erste nicht!

    Vielleicht würde ein gefühlloser Dämon von alledem, was wir mit stolzer Metapher "Weltgeschichte" und "Wahrheit" und "Ruhm" nennen, nichts zu sagen wissen, als diese Worte:

    "In irgend einem abgelegnen Winkel des in zahllosen Sonnensystemen flimmernd ausgegossenen Weltalls gab es einmal ein Gestirn, auf dem kluge Thiere das Erkennen erfanden. Es war die hochmüthigste und verlogenste Minute der Weltgeschichte, aber doch nur eine Minute. Nach wenigen Athemzügen der Natur erstarrte das Gestirn, und die klugen Thiere mußten[KSA I, 760] sterben. Es war auch an der Zeit: denn ob sie schon viel erkannt zu haben, sich brüsteten, waren sie doch zuletzt, zu grosser Verdrossenheit, dahinter gekommen, dass sie alles falsch erkannt hatten. Sie starben und fluchten im Sterben der Wahrheit. Das war die Art dieser verzweifelten Thiere, die das Erkennen erfunden hatten."

    Dies würde das Loos des Menschen sein, wenn er eben nur ein erkennendes Thier wäre; die Wahrheit würde ihn zur Verzweiflung und zur Vernichtung treiben, die Wahrheit, ewig zur Unwahrheit verdammt zu sein. Dem Menschen geziemt aber allein der Glaube an die erreichbare Wahrheit, an die zutrauensvoll sich nahende Illusion. Lebt er nicht eigentlich durch ein fortwährendes Getäuschtwerden? Verschweigt ihm die Natur nicht das Allermeiste, ja gerade das Allernächste z.B. seinen eignen Leib, von dem er nur ein gauklerisches "Bewusstsein" hat? In dieses Bewusstsein ist er eingeschlossen, und die Natur warf den Schlüssel weg. O der verhängnissvollen Neubegier des Philosophen, der durch eine Spalte einmal aus dem Bewusstheits-Zimmer hinaus und hinab zu sehen verlangt: vielleicht ahnt er dann, wie auf dem Gierigen, dem Unersättlichen, dem Erkelhaften, dem Erbarmungslosen, dem Mörderischen der Mensch ruht, in der Gleichgültigkeit seines Nichtswissens und gleichsam auf dem Rücken eines Tigers in Träumen hängend.

    "Lasst ihn hängen," ruft die Kunst. "Weckt ihn auf" ruft der Philosoph, im Pathos der Wahrheit. Doch er selbst versinkt, während er den Schlafenden zu rütteln glaubt, in einen noch tieferen magischen Schlummer—vielleicht träumt er dann von den "Ideen" oder von der Unsterblichkeit. Die Kunst ist mächtiger als die Erkenntniss, denn sie will das Leben, und jene erreicht als letztes Ziel nur—die Vernichtung.—



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