Epilepsie und Reisen

Epilepsie - Hilfe zur Selbsthilfe
Verfügbare Informationen zu "Epilepsie und Reisen"

  • Qualität des Beitrags: 0 Sterne
  • Beteiligte Poster: Josy
  • Forum: Epilepsie - Hilfe zur Selbsthilfe
  • aus dem Unterforum: Allgemeines Infos
  • Antworten: 1
  • Forum gestartet am: Dienstag 23.01.2007
  • Sprache: deutsch
  • Link zum Originaltopic: Epilepsie und Reisen
  • Letzte Antwort: vor 17 Jahren, 30 Tagen, 17 Stunden, 26 Minuten
  • Alle Beiträge und Antworten zu "Epilepsie und Reisen"

    Re: Epilepsie und Reisen

    Josy - 26.03.2007, 21:34

    Epilepsie und Reisen
    Reisen sind nicht nur mit Spaß, Unterhaltung und Ablenkung verbunden, sie sind meist auch strapaziös, verlangen vom Reisenden Kraft und die Fähigkeit, mit ungewöhnlichen Belastungssituationen und Stress fertig zu werden. Hat man sich zu einer Reise entschlossen, können sich je nach Art der Erkrankung und auch nach Art der Reise unterschiedliche Fragen stellen. Die meisten Fragen, die im Zusammenhang mit Reisen und Epilepsie gestellt werden und die wir hier kurz beantworten wollen, betreffen das Thema Fern- und Flugreisen.


    Gibt es medizinische Bedenken gegen Reisen im Allgemeinen bzw. speziell gegen diese Reise? Wirkt sich Reisen auf die Grunderkrankung Epilepsie aus? Kann der bei einer solchen Reise auftretende Stress zu einer erhöhten Anfallsbereitschaft führen?

    Reisen an sich wirkt sich nicht auf die Grunderkrankung Epilepsie aus. Bei Menschen mit Epilepsie, die sich fit fühlen und seit Jahren keine oder nur wenige Anfälle hatten, gibt es praktisch keine Reiseeinschänkungen. Doch sollten auch sie besonders während der Reise ihre individuellen Anfallsauslöser meiden.

    Je häufiger bei einem Menschen Anfälle auftreten und je problematischer diese sind (Selbst- oder Fremdgefährdung!), desto wichtiger ist es, eine Reise genau zu planen und für eine Begleitperson zu sorgen (s. u.). Sie sollten auch mit ihrem behandelnden Arzt besprechen, ob eine Reise zur Zeit möglich ist und was in ihrem Fall bei der Planung zu beachten ist.
    *

    Kann ich alleine reisen oder sollte eine Begleitperson dabei sein?

    Bei Menschen, die nur selten Anfälle erleiden und solchen, bei denen die Anfälle nur sehr kurz andauern oder die während der Anfälle bei Bewusstsein sind (einfache fokale Anfälle) gibt es keinen Grund, ärztlicherseits auf eine Begleitperson zu dringen.

    Ist dagegen eine Begleitperson nötig, sollte sie mit dem Anfallsverlauf und eventueller Erste-Hilfe-Maßnahmen vertraut gemacht werden. Sie sollte im Fall eines Anfalls genau wissen, wann es nötig wird, ein Notfallmedikament zu verabreichen, wo es sich befindet und wie man dies gibt. Begleitpersonen von epilepsiekranken Menschen, die einen Behindertenausweis mit dem Merkmal B (d.h. Notwendigkeit ständiger Begleitung) besitzen, können in öffentlichen Verkehrsmittel z.T. kostenlos reisen. Besonders bei Flugreisen und Reisen ins Ausland sollte man sich jedoch vorher genau erkundigen, ob etwa die jeweilige Fluggesellschaft solche Vergünstigungen gewährt.

    Epilepsiekranke, alleinstehende Menschen, für die es schwierig ist, eine Begleitperson zu finden, können auf bestimmte Freizeitangebote speziell für Menschen mit Epilepsie zurückgreifen. Organisatoren und Veranstalter dieser Gruppen- und Familienreisen haben sich auf den Umgang mit epilepsiekranken Menschen spezialisiert (entsprechende Adressen im Infoblatt 030 des IZE, Bielefeld). Bei professionellen Anbietern von Behindertenreisen kann man nicht davon ausgehen, dass die Veranstalter mit speziellen Problemen epilepsiekranker Menschen umgehen können!


    Ist das Fliegen an sich ein anfallsbegünstigender Faktor?

    Das Fliegen an sich ist kein anfallsbegünstigender Faktor. Der Luftdruck in den Kabinen wird während des Fluges ausgeglichen. Es kommt also nicht zu nennenswerten Luftdruckveränderungen, die anfallsbegünstigend sein könnten. Allerdings kann psychischer Stress (Flugangst) bei bestimmten Menschen sehr wohl zur Anfallsauslösung beitragen.

    Bei Langstreckenflügen, bei denen mehrere Zeitzonen überquert werden, kommt es in der Regel zu einem Schlafdefizit und zu einer Verschiebung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Auch dies kann bei entsprechend veranlagten Menschen zur Ausfallsauslösung beitragen. Wichtig ist es, bei solchen Flügen auf jeden Fall die Medikamenteneinnahme im selben Rhythmus beizubehalten. Weitere Hinweise hierzu s.u.

    Achtung: Es gibt Fluggesellschaften, die von kranken oder behinderten Patienten ein ärztliches Attest über ihre Flugfähigkeit verlangen. Bei besonders großem Risiko fordern diese Gesellschaften eine Begleitperson mit pflegerischer Ausbildung. Flugreisende mit Epilepsie sollten dies rechtzeitig vorher abklären.

    Wie passe ich die Medikamenteneinnahme einer erfolgten Zeitumstellung an, ohne dass der Medikamentenspiegel im Blut zu stark absinkt?

    Am Besten ist es, die Medikamente nicht nach Ortszeit, sondern weiterhin nach MEZ einzunehmen! Wenn sich der Termin dadurch in die Nacht verschieben würde, sollte er bei längerdauernden Reisen in kleinen Schritten auf den Abend oder Morgen verlegt werden – Gleiches gilt für die Wiederanpassung zu Hause.
    *
    Ist die ärztliche Versorgung im Notfall im Reiseland bzw. während der Reise so, dass ich unbesorgt fahren kann?

    Grundsätzlich gilt, dass der ärztliche Standard in Europa, Nordamerika, Australien, Südafrika und Japan ähnlich ist. Hier bestehen also keine Bedenken hinsichtlich einer ärztlichen Notversorgung. In Afrika, Mittel- und Südamerika sowie dem übrigen Asien gibt es große Unterschiede hinsichtlich Hygiene und ärztlicher Versorgung. Personen, die häufiger ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen, sollten sich vorher genaue Informationen über ihren Urlaubsort einholen. Bei Reisen innerhalb der EG sollte rechtzeitig vor Reisebeginn der in der EG gültige Krankenschein (E 112) bei der jeweiligen Krankenkasse angefordert werden.

    Während der Reise selbst stehen v.a. in Europa an Flughäfen und größeren Bahnhöfen Notambulanzen und andere betreuende Einrichtungen (z.B. Bahnhofsmission) zur Verfügung. In Zügen gibt es teilweise Behindertenabteile.

    Es ist auf jeden Fall sinnvoll, während der Reise einen Notfallausweis oder ein SOS-Amulett sichtbar bei sich zu tragen. Der entsprechende Text sollte mehrsprachig (z.B. Englisch/Französisch/Spanisch) sein. Solche Notfallausweise sind z.B. über den Landesverband Nordrhein-Westfalen (Tel.: 0221 - 36 05 767) erhältlich.

    Muss ich Notfallmedikamente und einen Notvorrat an meinen üblichen Medikamenten mitnehmen oder kann ich sie vor Ort bekommen?

    Auch wenn seit Jahren keine Anfälle mehr aufgetreten sind oder diese nur noch sporadisch vorkommen, sollte man auf jeden Fall evt. erforderliche Notfallmedikamente und einen ausreichenden Vorrat an den jeweils benötigten Antiepileptika bei sich haben. Achtung: Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie die Medikamente während der Reise irgendwo in einem Koffer verstaut haben, der im Notfall nicht erreichbar ist. Notfallmedikamente und die während der Fahrt benötigten Medikamente gehören ins Handgepäck! Der Vorrat sollte auf verschiedene Gepäckstücke verteilt werden, da man bei einem möglichen Gepäckdiebstahl dann nicht ganz ohne Medikamente dasteht.

    Besonders für Reisen in tropische Länder sind Antiepileptika in Tablettenform denen in Saftform - vor allem aus Haltbarkeitsgesichtspunkten - vorzuziehen. Eine Umstellung der Medikation erst unmittelbar vor oder während einer Reise aus diesem Grund ist jedoch nicht empfehlenswert. Selbst wenn der Wirkstoff beibehalten wird, können Umstellungsschwierigkeiten auftreten.

    Um Antiepileptika im Reiseland nachzukaufen, ist es wichtig, den jeweiligen Wirkstoffnamen zu kennen. Die Handelsnamen können im Ausland anders lauten. (Beispiel: Handelsname in Deutschland Ergenyl® - Wirkstoffname Natriumvalproat. Tipp: Sie finden den Wirkstoffnamen in der Regel vorne auf der Packung und oben auf dem Beipackzettel). Da der Wirkstoffgehalt des ausländischen Medikaments anders als in Ihrem gewohnten Präparat sein kann, ist es sinnvoll, sich die verordnete Dosis der Substanz im Milligramm (mg) zu notieren.

    Was passiert, wenn ich im Reiseland akut erkranke (Durchfall, Erbrechen, Fieber etc.) – hat dies Einfluss auf meine Grunderkrankung? Was tue ich, wenn sich die Epilepsie im Reiseland akut verschlechtert?

    Durchfall und Erbrechen können dazu führen, dass nicht genügend Wirksubstanz des Antiepileptikums in den Körper aufgenommen wird und der Wirkstoffspiegel im Blut absinkt. Dadurch kann die Anfallsbereitschaft ansteigen. In einen solchen Fall ist es jedoch falsch, ohne Rücksprache mit einem Arzt die Dosis nach Gutdünken zu erhöhen, da man ohne Blutuntersuchung nie genau sagen kann, wieviel der Substanz nun in den Körper aufgenommen wurde (Gefahr der Überdosierung!). Darüber hinaus kann es bei Durchfall, Erbrechen und auch bei Fieber zu einem erheblichen Flüssigkeitsverlust kommen, wodurch das Blutvolumen absinkt, sodass weniger Flüssigkeit vorhanden ist, in der sich das Medikament verteilen kann.

    Generell ist es wichtig, einer solchen akuten Erkrankung möglichst vorzubeugen (Hygiene! Keine fremden Nahrungsmittel roh und ungewaschen verzehren!). Ist es doch zu einer akuten Reiseerkrankung gekommen, sollte diese vordringlich durch Flüssigkeitsersatz, Fiebersenkung und - sofern angebracht – Antibiotikagabe behandelt werden. Bei einer schweren Erkrankung frühzeitig einen Arzt zurate ziehen, der sich auch mit der Grunderkrankung Epilepsie auskennt! Gleiches gilt für eine akute Verschlechterung der Epilepsie.

    Es ist sinnvoll, die Namen und Adressen von Epileptologen am Urlaubsort oder nächst größerer Stadt bei der Liga gegen Epilepsie (Tel.: 0521 - 12 41 92, Fax: 0521 - 12 41 72) in Bielefeld zu erfragen.

    Muss ich mich vor einer bestimmten Reise impfen lassen und hat diese Impfungen eventuell Auswirkungen auf meine Grunderkrankung?

    Ob und welche Impfungen für eine Reise in ein bestimmtes Gebiet vorgeschieben oder wünschenswert sind, erfahren Sie z.B. beim Deutschen Grünen Kreuz in 35037 Marburg/Lahn. Epileptische Anfälle in der Vorgeschichte sind kein Grund, Impfungen prinzipiell abzulehnen. Während einer Therapie mit ACTH und Corticosteroiden darf jedoch aufgrund der mit der Behandlung verbundenen Unterdrückung des Immunsystems auf keinen Fall geimpft werde. Auch während einer Therapieumstellung bzw. bei starker Krankheitsaktivität sollte nicht geimpft werden. Einige Ärzte sind darüber hinaus mit parenteralen Impfungen (Spritze) gegen Typhus, Paratyphus, Gelbfieber und Cholera bei Menschen mit Epilepsie vorsichtig, da hier die Komplikationsrate etwas erhöht scheint. Dies gilt allerdings nicht für die orale Typhus-Impfung (Schluckimpfung). Die für Reisen in viele tropische Gebiete nötige Malaria-Prophylaxe mit einem Chemotherapeutikum kann bei Epilepsiekranken zum Problem werden. Das am häufigsten verwendete Mittel ist Resochin® (Chloroquin). Es hat den Nachteil, dass es das Auftreten von epileptischen Anfällen fördern kann. Dies gilt auch für das Ersatzmedikament Mefloquin® (Lariam). Es gibt jedoch noch andere Substanzen, die man zum Schutz vor einer Malaria-Erkrankung verwendet. Da jedoch die Krankheitserreger in den verschiedenen Reiseländern zunehmend resistent gegenüber diesen Substanzen sind, kann es problematisch sein, eine passende Substanz zu finden, die nicht gleichzeitig anfallsfördernd wirkt.

    Dr. med. Lotte Habermann-Horstmeier, Saarbrücken

    http://www.epilepsiebayern.de/info/txt_reisen.html



    Mit folgendem Code, können Sie den Beitrag ganz bequem auf ihrer Homepage verlinken



    Weitere Beiträge aus dem Forum Epilepsie - Hilfe zur Selbsthilfe

    Hallo javascript:emoticon(':)') - gepostet von Melanie am Sonntag 12.08.2007
    Fragen nach Operation - gepostet von Josy am Mittwoch 02.05.2007
    Tolle Seite! Bitte ansehen! - gepostet von wuschelnora am Montag 05.03.2007



    Ähnliche Beiträge wie "Epilepsie und Reisen"

    Epilepsie und Führerschein (Richtlinien) - wuschelnora (Dienstag 23.01.2007)
    Allgemeine Seiten über Epilepsie - Infoseiten - - wuschelnora (Donnerstag 25.01.2007)
    gehört eigentlich in die kategorie reisen... - simda (Montag 04.12.2006)
    Tänzerin auf Reisen - Schandris (Donnerstag 22.06.2006)
    Urlaub mit Y Reisen - Tim (Freitag 18.01.2008)
    JAM-Reisen als Sponsor - sven (Sonntag 17.09.2006)
    Meine Reisen - Hubert (Sonntag 25.06.2006)
    Shadow auf Reisen - Daniel Jackson (Sonntag 15.07.2007)
    Epilepsie - usch3000 (Mittwoch 17.01.2007)
    Jonathan Swift: Gullivers Reisen - Ciriel (Donnerstag 10.08.2006)