False Freedom-Die schrecken der Freiheit

Kokoro No Senshi
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    Re: False Freedom-Die schrecken der Freiheit

    <3LittleSweetChii<3 - 09.03.2007, 19:12

    False Freedom-Die schrecken der Freiheit
    Ist zwar auf keinen Manga bezogen, aber ich würde gerne eure Kommentare und Verbesserungsvorschläge hören


    Prolog

    Die Prophezeiung



    In unserer Welt, gibt es Dinge, die besser unentdeckt bleiben und es gibt Dinge, die müssen entdeckt werden um uns zu schützen. So hoffet, dass jemand dieses Zeugnis des Schreckens liest, um die Erde nicht durch ihr eigenes Wissen in den Untergang zu stürzen.

    Vor langer Zeit, als die Menschen noch Sklaven der Natur waren, existierte eine mächtige und zugleich schreckliche Welt. Sie wart in ihrer Blütezeit und kurz davor die gesamte Welt zu erobern, als sie, ganz plötzlich und für eures gleichen absurde Art, plötzlich verschwand. Als Augenzeuge beobachtete ich das langsame Verblassen dieses riesigen Reiches. Nur ich weis, was es mit diesem Untergang auf sich hat und so muss ich, sobald ich diese Zeilen geschrieben habe, mein Dasein auslöschen um euch, die Kinder dieses Planeten zu beschützen und zu wahren. Denn sprecht ihr die Erkenntnis aus, so wird es auferstehen, das Reich des Turmes. Und mit ihm euer Untergang.

    1 Kapitel

    Die Entführung

    Glücklich sah Masuhru auf das kleine, quicklebendige Bündel, das in seinen Armen lag, hinunter. Sein Kind, sein Fleisch und Blut! Er konnte sich gar nicht satt sehen an dem Beweis seines Glückes. Wie sehr er sich wünschte seine Nisomri jetzt an seiner Seite zu haben. Die Geburt war lang und anstrengend gewesen und sie wäre fast dabei gestorben, wenn Ilona, die Dorfheilerin nicht durch ihr Wissen und ihre Ausdauer geholfen hätte. Doch noch immer war Nisomries Zustand kritisch und so hatte Ilona beschlossen, sie mit sich zu holen. Viel Hoffnung gäbe es aber nicht, hatte diese mit Tränen in den Augen bei der Abreise zu Masuhru gesagt. Die wahrscheinlich letzten Worte seiner Frau hallten in seinem Kopf wieder. Schmerzerfüllt, leise, schwach und gebrechlich:" Er hat so einen wunderbaren Vater, unser kleiner Sohn. Deshalb sollst auch du ihm seinem Namen geben, ich weis nicht, ob ich zurückkomme… ob ich zurückkomme… zurückkomme…!". Seine dunklen Augen füllten sich mit Tränen. Nach allem, was sie erlebt und durchgestanden hatten, konnte sie jetzt doch nicht sterben! Doch er wusste er musste stark bleiben, seine Tränen hinunterschlucken, wie er es schon so oft getan hatte.
    Für seinen kleinen Sohn, für Nisomri. Er hatte ein schwieriges und trauriges Leben hinter sich und so war dieses beinahe so perfekte Glück für ihn wie ein schmerzlinderndes und heilendes Elixier, das seine Wunden auf wundersame Weise schloss, sie allerdings nicht ganz zu verschwinden lassen vermag. „Ich will die Bitte deiner Mutter erfüllen und dir deinen Namen geben.“ Flüsterte er dem Kind zu. „Du sollst Chosim heißen! Mein kleiner Befreier !“ Als ob der Kleine dies verschtanden hätte, lachte er zustimmend.

    Einige Tage später klopfte jemand an die Tür der kleinen, schäbigen Hütte. Masuhru fror arg, als er die Tür öffnete. Es war später Herbst und so langsam wurde es richtig kalt. Da die Familie sehr arm war, konnte sie sich kaum Feuerholz leisten und das einzige Zimmer, das richtig warm gehalten wurde, war das des kleinen Chosim. Als Masuhru zitternd in der Tür stand, betrachtete er die Person, die da vor ihm stand. Es war ein alter, zerlumpter Mann, wahrscheinlich ein Bettler, mit schief stehenden Zähnen und einem ungepflegtem, langen Bart. Der Bettler verneigte sich tief und sein langer Bart fiel auf den Boden und wurde dabei noch schmutziger. „ Mein lieber Herr“, sagte er etwas lispelnd. „ Ich bin lange auf der Suche nach einer Unterkunft für die Nacht. Es ist kalt und noch eine Nacht unter freiem Himmel überlebe ich nicht. So lasst mich bitte ein und ich werde ihnen ewig dankbar sein.“ Die kalte, raue Stimme ließ Masuhru noch heftiger erzittern als sowieso schon. Doch wenn er den Bettler (oder wer dieser Mann auch immer war) abwies würde dieser wahrscheinlich erfrieren. So ließ er ihn schließlich ein…und besiegelte, ohne es zu wissen, damit das Schicksal seiner Familie… und das einer ganzen Welt.

    Am Abend aßen die beiden zusammen und gingen danach früh zu Bett. Zumindest einer, denn als Masuhru sich schlafen gelegt hatte schlich sich der Bettler aus dem Zimmer und eilte durch die Hütte. Wie ein Schatten schlich er ohne ein Geräusch zu verursachen, von Wand zu Wand. Als er sein Ziel erreicht hatte, stand er vor dem Bett des kleinen Chosim. Mit begierigen Augen sah er den schlafenden Kleinen an. Seit Tagen irrte er durch Kälte und Wind. Er war von wilden Tieren angegriffen und von Dieben ausgeraubt und verletzt worden. Nun stand er endlich vor seinem Ziel, dem Ende seiner Mission! Er würde gefeiert werden, er würde der Stolz seines gesamten Sektors sein! Bei diesen Gedanken wurde sein Blick glänzend und von Erwartung und Sehnsucht geradezu fieberhaft, ja sogar verrückt! Er griff in die Tasche seines zerlumpten und von den vielen Strapazen beschädigten Mantels und holte eine silberne Kette mit einem winzigen Anhänger heraus. Er war aus einer Art Elfenbeinholz geschnitzt und stellte einen prachtvollen verzierten Turm dar. Viele zarte Linien zogen sich an dem sonst spiegelglatten Holz entlang und bildeten verschlungene Ornamente und wunderbare Zeichen. Doch dies war nicht das sonderlichste an diesem Anhänger. Er leuchtete von innen heraus in einem sich ständig verändernden blau und wenn man dem ständigen Lichtwechsel zusah, glaubte man ein pochendes Herz vor sich zu haben. Der Bettler umschloss das Amulett mit beiden Händen und murmelte unverständliche Wörter. Nun schloss er die Augen und presste mit aller Kraft den winzigen Turm gegen den Arm des kleinen Chosim. Das Baby wachte zuerst nur von dem Druck auf seinem Arm auf, aber dann riss es plötzlich die Augen vor Schmerz weit auf und schrie markerschütternd.

    Diese Schmerzensschreie weckten Masuruh aus seinem ohnehin schon unruhigen Schlaf. Müde und verschlafen nahm er gar nicht war, welche Schmerzen sein Sohn erlitt. Erst ein heller Lichtblitz ließ ihn zur Besinnung kommen.
    In der Zeit, in der Masuruh noch mit der Müdigkeit kämpfte, war ein anderer, weit gefährlicherer Kampf gegen den Schmerz und den Schrecken in vollem Gange. Der Bettler drückte, das zu brennen scheinende Amulett immer fester an den Arm Chosims. Es schien als ob das es sich in das feine Fleisch des Kleinen einbrennen würde. An der Stelle an dem das Amulett die Blutader erreicht haben müsste, aber strahlte es hell auf. Es pulsierte schneller, wurde abwechselnd rot und schwarz. Es schien sich mit Blut voll zu saugen und dann quoll, erst langsam, dann immer schneller der Leben erhaltende Saft des kleinen Körper aus den feinen Linien des Pantakels. Als die dünnen Ritzen überquellen zu drohten, fing das Amulett plötzlich zu vibrieren an. Ein greller Lichtblitz zuckte kurz auf und riss das Blut mit sich in die Höhe. Langsam glitten die Blutspuren zusammen, bildeten dünne und breite Linien und formten so einen aus Ornamenten und unbekannten Schriften bestehenden Ring. Und in der Mitte prangte groß und gut erkennbar ein Turm! Langsam sank der Ring hinunter. „Dein Zeichen wirst du hinterlassen, dein Recht auf diesen Körper nehmen und deinen Willen in ihn sähen.“, hörte man die Stimme des Bettlers und mit jedem Wort floss ein, aus Blut bestehendes Ornament pulsierend nieder. Elegant, fast majestätisch wirkte die Bewegungen des Licht und Blutgerinns als sich der Ring um den Arm des Babys immer enger zog und dabei immer heftiger zu schwingen und leuchten begann. Plötzlich durchbrach ein unnatürliches knacken und knirschen dieses Geschehen, durchbrach sogar die lautesten Töne. Der Bettler, bemerkte es nicht, aber es wurde immer lauter, immer eindringlicher. Plötzlich krachte es, Splitter und Staub wurden durch die Luft gewirbelt.
    Masuhru kam blutend und stolpernd durch die zersprengte Tür.
    Doch was er da sah ließ ihn all seinen Schmerz vergessen. Sein Sohn verkrümmt und bewusstlos, der Bettler, der heidnische, gar teuflische Schwure und Spruche murmelte, das zu brennen scheinende Amulett über dem Allen, der Ring der seinen Sohn zu erdrücken versuchte… Zwischen all der Angst und Überraschung nahm er jetzt ein anderes Gefühl war. Es brach wie eine Welle über ihn herein, drohte ihn zu ersticken. Der Bettler starrte ihn nun mit Rotglühenden Augen an. Masuhru hatte nur noch ein Ziel, nicht sich selbst zu retten sondern Chosim. Er wusste dies würde das letzte sein was er tat. Mit einem letzten Schrei der Verzweiflung stürzte sich Masuhru auf den alten Mann. Ein greller Blitz, Schreie, ein Moment des Kampfes, der eine Ewigkeit dauerte. Dann kamen die Stille, und die Dunkelheit… für immer.

    Nisomri atmete tief ein. Zug für Zug strömte die herbe Herbstluft wie ein Lebenselixier in ihren geschwächten Körper. Drei Tage und Nächte unter Schmerzen in einer heißen, engen Hütte geheilt zu werden hinterließen nun mal ihre Spuren. Sie fühlte sich so frei und losgebunden von allem Leid. So glücklich war sie, dass sie springend und tanzend ihren Weg ging und gar nicht merkte, dass sie an dem Fuß des Hügels angelangt war. Plötzlich fühlte sie sich unruhig und beängstigt. Sie versuchte sich zu beruhigen und zwang sich normal zu gehen und nicht so schnell sie konnte zu rennen, wie ihr Gefühl es ihr befahl. Sie sah in den fast wolkenlosen Himmel, nur ein paar Schleierwolken, die wie Nebel am Himmel umherwaberten waren zu sehen. Das beständige Verformen der Wolken beruhigte sie, das lag wohl daran, dass sie die luftigen Höhen schon immer gemocht hatte. Und genau das war ihr vor Jahren zum Verhängnis geworden. Plötzlich tauchten Bilder in ihr auf und ihre Haut kräuselte sich vor Ekel und Schuldgefühlen. Schreiende Menschen, ihre Freundin, die um ihr Leben bettelte… Rasch verdrängte sie ihre Gefühle und versuchte sich wieder auf die Wolken zu konzentrieren. So wunderschön, diese Wolkenformen, ein Wechselspiel aus weiß, blau und… schwarz? Das war Rauch, dicke Rauchwolken quollen am Himmel auf! Panisch sah sie den Hügel hinauf und tatsächlich: der Rauch kam von der höchsten Stelle des Hügels, genau dort wo… „Oh Gott“, dachte sie panisch. „ Lass es nicht war sein, lass es nicht mein Haus sein!“ Jetzt rannte sie, schneller und immer schneller. Sie stürzte, raffte sich wieder auf und lief weiter. Als sie aber oben angekommen war wünschte sie sich nie hierher gekommen zu sein. Alles lag in Trümmern. Das Haus war zusammengestürzt, verkohlt und glühte an manchen Stellen sogar noch. Verloren fiel nun auch Nisomri in sich zusammen. Sie saß nur da, konnte sich nicht rühren, sogar weinen, so hatte sie das Gefühl, hatte sie verlernt. Doch ihr Gesicht war Tränennass, sie zitterte am ganzen Körpern. Verzweifelt warf sie sich zu Boden und schrie ihren Schmerz hinaus, so laut sie konnte, als ob sie damit ihre Gefühle mit hinausschreien könnte. Aber plötzlich sah sie einen bleichen Arm aus den Trümmern ragen…den Arm ihres Mannes. Sie wusste, dass ihr Mann nicht mehr zu retten war, ihr war von kleinauf angebracht worden nie an Hoffnungen festzuhalten, die vollkommen absurd waren, dies führe nur zur Verzweiflung, hatte man ihr Tag für Tag eingetrichtert. Aber ihr ging es nicht um Hoffnung, sie konnte nicht ändern, dass ihr Mann tot war, aber sie wollte ihn noch ein Mal sehen, ein letztes Mal. So kroch sie hinüber zu dem Arm. Eine weile betrachtete sie ihn nur. So weis, bleich und tot wie er da lag konnte man nicht meinen, dass er sich einmal aus eigener Muskelkraft bewegt hatte. Schließlich nahm Nisomri all ihren Mut und ihre Kraft zusammen und machte sich daran die verkohlten Balken die ihren geliebten Masuhru begruben, beiseite zu schieben. Nach einer anstrengenden Stunde lag ihr Mann frei. Sein weiches Gesicht und seine dunklen Augen die einmal einen wunderbaren Eindruck von Geborgenheit, Liebe und Wärmen ausgestrahlt hatten wirkten jetzt trüb und leer, ähnlich eines toten Sees. Warme Tränen liefen über das Gesicht von Nisomri. Energisch wischte sie sie weg. Wie dumm von ihr! Er war tot und dagegen konnten Tränen auch nichts ausrichten. Aber Gefühle kann man nicht verbergen und das wusste sie genauso. So gab sie sich schließlich ihrer Trauer hin. Sie legte ihren Kopf so wie früher auf den jetzt erstarrten Körper. Als sie so abgeschottet langsam Abschied von ihrem Mann zu nehmen begann, spürte sie feine Ritzen auf seiner Brust. Sie wischte ihre Tränen beiseite und sah sich die merkwürdigen Verletzungen auf dem Körper von Masuruh genauer an. Doch das waren keine Verletzungen! Es waren Buchstaben! Dies war eine Nachricht des Schreckens, vom Leiden selbst verfasst.
    WIR HABEN IHN AN SEINEN PLATZ GEBRACHT UND DU SOLLTEST IHM FOLGEN… WENN DU LEBEN WILLST
    Wie geblendet, von den Zweifeln und der Reue die in ihrem Herzen brannte, schloss sie ihre Augen. Diese Bilder! Schreiende Menschen, Tote, die letzten Blicke ihrer Freundin, ein dunkler Wald, die Angst… Plötzlich aber brannte ein anderes Gefühl in ihrem Herzen, keine Reue, keine Zweifel. Es war ein brennendes Gefühl, dass ihr denken wieder entfachte…es war Rache! Noch nie hatte sie so etwas gespürt und vielleicht deshalb erschien dieses Gefühl nun so stark in ihrem Herzen, dass es darin kein Platz mehr fand. Und nun waren die Augen hinter den Tränen gefüllt mit Hass und Rachsucht. Dann schrie sie mit einer Stimme, die nicht die ihre war in den blutroten Sonnenuntergang bis hinunter ins Dorf:“ Ich werde kommen, oh ja! Aber nicht um euch wieder beizutreten! Nein, ich werde ihn mir zurückholen und euch vernichten! Hört ihr mich? Ihr werdet nicht mehr lange sein, ich kenne den Weg!“ Dann rannte sie in die werdende Nacht hinein.



    Re: False Freedom-Die schrecken der Freiheit

    <3LittleSweetChii<3 - 10.03.2007, 19:33

    Kapitel 2 und 3
    2 Kapitel

    Der Beschützte
    Ein leiser Gong ertönte leise über die weite Fläche der Gebetskuppel. Die einzige Person, die diesen Klang vernehmen konnte erhob sich aus einer tiefen Verneigung, dass schwarze Haar fiel in langen Strähnen wie ein Kranz um sein Gesicht. Die dunkelhäutige Person wischte sich mit einer fließenden Handbewegung diese auf die Seite, so dass zwei braune, melancholische Augen zum Vorschein kamen. Auf einmal ließ ein lauter, disharmonischer Ruf die Person zusammenschrecken.
    „Chosim. Chosim! Wo bist du? Wir haben Küchendienst und das Essen muss vorbereitet werden. Chosim!“
    Ein hübsches, schneeblondes Mädchen kam die Treppe hoch gelaufen. Es dauerte eine Weile, bis ihre bissigen, stechend grünen Augen endlich ihr Ziel entdeckt hatten. Sobald sie gemerkt hatte, das Chosim auf ihre rufe reagierte hatte machte sie abrupt kehrt. „He, warte Lishka, ich komm ja schon!“ Er holte Lishka schnell ein und sie gingen zusammen die Treppen hinunter zur untersten Küche des riesigen Turmes in dem sie lebten. Lishka, so stürmisch wie sie war, jagte panisch die Treppe runter. „Wir kommen zu spät! Und wieso? Weil mein Freund hier fast den ganzen Tag über auf der Gebetskuppel sitzt und seinen Hintern nicht hochbekommt!“ Chosim schwieg. Er kannte Lishka gut genug, um zu wissen, dass jedes Wort jetzt einen Streit verursachen könnte. Und er hasste es sich mit jemandem zu streiten, besonders, wenn dieser jemand Lishka hieß.
    In der großen Küche angekommen machten sie sich daran das Essen für die untere Etage zu kochen. So war es Regel in der Gemeinschaft des Turmes. Jeder musste dazu beitragen, dass es keine Mängel in dem strengen System gab. Als Köche erschienen sie als letztes zum Essen und nachdem sie fertig gegessen hatten, befanden sich alle anderen schon im Ganiem, dem großen Versammlungsraum der unteren Etage. Schnell folgten sie den anderen und suchten nervös ihre Plätze. Heute war ich großer Tag! Heute wurden sie 17 und damit waren sie, nach den Regeln des Turms, erwachsene Mitglieder des Ordens und durften endlich an den Opfergebeten teilnehmen. Was das bedeutete wusste zwar niemand, aber alle hatten erzählt bekommen, dass man dafür mutig, treu und standhaft sein musste. Und genau das wollten sie natürlich beweisen. Sie sahen erwartungsvoll auf das hohe Podest, dass über einem reißenden Fluss erbaut worden war. Dieses Wasser war allen Mitgliedern des Turmes heilig, denn es reflektierte den heiligen Berg und den Himmel, der für sie das wichtigste in ihrem Leben war. Auf dieses Podest schritten nun langsam zehn Personen, jeweils fünf Männer und fünf Frauen, die in grau- weise Umhänge gewandet waren. Langsam bildeten sie einen Halbkreis und fingen an einen monotonen Singsang anzustimmen. Plötzlich begann der Fluss unter ihnen sich zu beiden Seiten hin zu teilen und es begann sich ein Sog zu bilden, der schnell zu einem richtigen Strudel wurde. Aber nicht unterhalb sondern über der Wasseroberfläche! Wie ein Turm ragte er über den Köpfen der Männer und Frauen empor. Aufgeregt sah die Menge zum Schlot dieses Soges hinauf, als eine Wand bestehend aus silbernen Ornamenten heraufstieg. An der Spitze des Strudels, als man meinte die Wand fiele gleich wieder in den tiefen Schlot, glitt sie beiseite und eine junge, wunderschöne Frau kam zum Vorschein. Ihr Haar war schneeweiß, ihre Augen grau und kalt und doch schien von dieser Frau etwas auszugehen… etwas magisches, das alle Anwehsenden dazu zwang sich einzig ihrem Willen zu unterwerfen. Samire, die edle Führerin!
    Die Kleinsten in den Reihen zitterten ehrfurchtsvoll. Diese Frau war die Stimme der Monsin, der großen Göttin des Berges. Wie sie nun vor den Reihen der jungen Gläubigen stand, schien etwas Magisches in der Luft zu liegen, etwas das alle Anwesenden der Welt entrücken zu schien. Plötzlich unterbrach die hauchzarte Stimme Samires diesen mystischen Augenblick. „ Wir in der Gemeinschaft des Turmes sind heute im Ganiem zusammen gekommen. Wir die Kinder der Monsin, die edelsten aller Lebewesen, die dem Ruf der Lupa gefolgt sind um nun unserem Schwur die Treue zu halten. Ausgesandt um der Menschheit den Glauben an ihr Leben wieder zu geben.
    Heute wird die Größte unter den Großen ihr Urteil fällen und unsere Kinder, das Erbe und die Zukunft unseres Glaubens, nun endgültig und vollwertig in die Gemeinschaft aufnehmen, damit sie ihr Opfer bringen können. So rufe nun deine Wahl in die Welt hinaus, ehrwürdige Lupa!“
    Plötzlich gab es einen riesigen Donnerschlag und ein greller, blendender Blitz zuckte auf. Dieses unnatürlich grelle Licht blendete alle Anwehsenden und als sich die Augen wieder an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten sahen Chosim und Lishka sich auf einmal über der Menge auf das Podest zuschweben. Sie konnten nicht glauben, was sie sahen. Sie hielten sich oberhalb der edlen Herrscherin auf! Eine Sünde, die normalerweise mit dem Tod geahndet wurde! Als sie landeten bemerkten sie, dass sie nicht alleine waren Normandus und Solina kamen ebenfalls zum Podest hinaufgeschwebt. Lishkas Salwa* hing nun wieder schlaff hinunter, die dünnen Reisigmatten schnitten sich ein wenig in ihre ungeschützten Füße.
    Sie blickte auf und erschrak. Vor ihr standen Samire. Wie sie es geschafft hatte von der Plattform so schnell nach oben zu gelangen, blieb Lishka allerdings ein Rätsel. Samire allerdings beachtete sie nicht und ging direkt auf Chosim zu. Sie war normalerweise kleiner als dieser, doch in diesem Moment schien sie für Chosim ins unendliche zu wachsen. Sie erschien ihm, wie ein weit entferntes und doch sichtbar schönes, mystisches Unheil. Auf einmal bemerkte er eine Berührung an seinem Oberarm. Samire hatte ihn fest gepackt und zog nun etwas gleißend silbernes, so hell, wie das Licht des Mitternachts-Mondes aus der Seitentasche ihres Saris*. Das grelle Licht ließ nach und nun konnte man erkennen, was sie da in der Hand hielt… einen Kaliska-Dolch! Nichts, was der Menschheit bekannt war, war so scharf wie das geheimnisvolle Kaliska-Metall. Langsam führte Samire den Dolch zu Chosims Arm. Er schloss die Augen, hörte, wie der Dolch den Stoff seines Gewandes zerfetzte…In Erwartung starker Schmerzen bis er die Zähne zusammen… aber er spürte nichts! Langsam öffnete er wieder die Augen. Samire hatten in einem Zug den Ärmel seines Gewandes abgetrennt ohne dabei die Haut darunter auch nur zu ritzen! Nun konnte man das blutrote Brandmal an seinem Arm sehen. Unnatürlich ragte es wie ein Eindringling aus dem Quartet der Jugendlichen heraus, die nun ebenfalls alle ihre Male entblößten… alle, bis auf Lishka. Sie wusste warum. Denn nun riss Samire den Arm des Jugendlichen hoch. Rot leuchtend brannte sich das Zeichen in das Bewusstsein jedes Mitgliedes des Turms. Wie in zwei Hälften geteilt wirkte das Zeichen, so unvollendet. Denn inmitten des filigranen Turmes verlor sich das Zeichen in schwachen roten Linien.
    Nun ergriff Samire wieder das Wort:“ Dies hier ist ein Zeichen! Ein Zeichen, dass uns zur Akzeptanz und Glauben an unseren Gott und Herrscher unter den schrecklichsten Schmerzen eingebrannt wurde. Aber jeder, der dieses Zeichen mit Würde trägt, hat diese Schmerzen auch mit Würde, ja sogar mit Freude ertragen. Und nun ist dieses Zeichen unvollständig! Normalerweise wäre dieser Verrat an unserem Glauben Grund genug, um ihn aus unseren Reichen zu vert0ßen. Aber wollte er dieses Zeichen unvollständig haben? Nein. Er ist hierfür nicht verantwortlich. Wir dürfen nicht zu hart über ihn urteilen.
    Und ich will, dass diejenigen, die es trotz meiner Worte tun, wissen sollen, dass Chosim unter meinem alleinigen Schutz steht! Wer auch immer die Hand gegen ihn erhebt wird meinen Zorn auf sich lenken. Merkt euch das! Und nun geht.“
    Sie faltete ihre Hände und verneigte sich leicht, um die anderen zu verabschieden.
    Sie taten es Samire gleich und gingen die Treppe an der Seite des Podestes hinunter, allen voran Chosim. Sein Herz klopfte und sein Gesicht war heiß.
    Er stand unter dem Schutz der Anführerin des Turmes, der Verfechterin seiner Religion!

    Am Abend saßen Chosim und Lishka alleine auf der Terrasse vor Chosims Unterkunft.
    Chosim war wie so oft in sein Studium über die Vergangenheit des Turmes vertieft.
    „ Glaubst du wirklich, “ fragte Lishka auf einmal, “dass du sie irgendwann finden wirst?“
    „HMM, was? “ fragte Chosim zerstreut.
    „Deine Eltern… glaubst du wirklich, dass du sie irgendwann in diesen Büchern finden wirst? Ich meine du bist jetzt 17 geworden… und du hast fast jeden tag nach ihnen gesucht, seit du lesen konntest…“
    Chosim lächelte schwach.
    „Wenn ich’s nicht tue, kann ich nicht schlafen. Dann träume ich wieder von ihnen.“
    Dann versank er wieder in seinen Todes- und Leistungslisten.



    Re: False Freedom-Die schrecken der Freiheit

    <3LittleSweetChii<3 - 10.03.2007, 19:34

    Kapitel3
    Kapitel 3

    Die bittere Wahrheit

    2 Wochen waren vergangen seit Samire Chosim unter ihren Schutz gestellt hatte, aber noch immer sahen ihn die anderen mit Respekt und einer gewissen Distanz an.
    Niemand wollte Samire provozieren, denn alle kannten die grausamen Strafen, die demjenigen zu Teil wurden, der die Gesetze des Turms brach.
    Chosim aber machte das nichts aus. Er war daran gewöhnt, dass die anderen Abstand zu ihm hielten. Er wusste nicht warum, aber die anderen sahen ihn als einen Störenfried im System. So war es schon immer gewesen, aber jetzt wollte niemand auch nur ein Wort mit ihm wechseln. Es mag Eifersucht aber auch Furcht gewesen sein, dass hätte er noch verstanden, aber er wusste, dass die anderen ihn nur als eine Last für Samire ansahen. Er konnte sie sogar zum Teil verstehen. Wäre nicht er sondern jemand anderes auserwählt worden, würde er auch skeptisch und eifersüchtig reagieren.
    Die Priester und Lehrer liebten Chosim: Er war gläubig, realitätsnah, folgsam und wenn jemand Zweifel am System hatte löschte Chosim diese mit seiner unerschütterlichen Art, seiner Logik und offensichtlichen Begründungen aus.
    „ Du wirst es weit bringen“, pflegten die Priester immer zu sagen.“ Irgendwann wirst du einer von uns werden!“ Doch trotz dieser Worte fühlte sich Chosim immer merkwürdig leer, wenn er jemanden wieder zurückgebracht hatte. Als ob er einen Fehler begangen hätte. Seiner Meinung nach war das eine Sünde und so verbrachte er Stunden auf der Gebetskuppel, vertieft in seine Sündgebete, unahnnahbar für jeden. Er wusste nicht mehr was recht und unrecht war. Das einzige, woran er sich festhalten konnte war Sie! Er liebte sie so sehr, aber er wollte und konnte es ihr nicht sagen. Es würde eine andere für ihn ausgewählt werden, jemand die ihn als seine Ehefrau würdig zu vertreten wissen würde. Genau davor hatte er Angst. Chosim wusste, egal wie wichtig er werden würde, sie war für ihn ein Tabu.
    Deswegen versuchte er sie endgültig zu vergessen. Vergessen… ja vergessen, das war der Weg den man wählen musste, um das System zu akzeptieren. Also löschte er seine Erinnerungen Tag für Tag bei den Gebetsmeditationen, um wieder fröhlich aufwachen zu können, um sich wieder auf den Nächsten Tag freuen zu könne… Er hatte seine Gefühle aber sowieso nie jemandem gezeigt, war verschlossen und redete nicht viel.


    Als Lishka aufwachte war es noch dunkel und alle anderen schliefen noch. Sie konnte sich nicht erklären wieso, aber heute Nacht hatte sie eine merkwürdige Unruhe erfasst. Schließlich stand sie so leise wie sie nur konnte auf und stieg die unzähligen Treppen zu der Gebetskuppel hinauf. Es war kühl und windig dort oben, obwohl es doch Hochsommer war. Lishkas Gewand schlug gegen ihre Beine und erzeugte raschelnde Geräusche. Sie kniete langsam nieder und sah zum Himmel. Der Mond stand genau entgegengesetzt zu dem heiligen Berg. Lishka war das nur Recht. Sie hasste den Berg. Er machte ihr Leben zur Hölle! Aber der Mond war anders. Er gab ihr Kraft und beruhigte sie. „ Was für eine Ironie. Ausgerechnet heute“ dachte sie und betrachtete den Vollmond, „ am Tag vor meiner großen Prüfung, bietest du ihm die Stirn… Was willst du mir damit sagen? Soll ich aufstehen und kämpfen? Soll ich fliehen und das alles hier vergessen? Willst du, dass ich ihm, genau wie du, die Stirn biete? Oder willst du einfach nur… bei mir sein und mir Mut machen? Was willst du mir sagen? Was?“
    Langsam schloss Lishka ihre Augen. Und selbst unten im Tal hörte man ihre leise, klare Stimme singen. Vom Wind getragen und vom Mond begleitet, so wunderschön, dass die Verstoßenen die unten im Tal lebten, meinten einen Engel sein Lied singen zu hören.
    Doch plötzlich stoppte der Engelsgesang und die drückende Stille legte sich wieder über die Szene. Lishka hatte die Augen aufgeschlagen und die Ohren gespitzt. Hatte sie nicht das Rascheln eines Umhangs gehört? Und da, war da nicht eine Bewegung gewesen? Die Muskeln gespannt und zum Angriff bereit stand sie wie eine Katze geduckt im Schatten einer der riesigen Pfeiler. Lishka zählte die Sekunden während sie mit ihren scharfen Augen die Umgebung absuchte: 45, 46, 47… Da!!! Da war eindeutig eine leichte Bewegung an dem Altar zu sehen! Langsam und darauf bedacht keinen Lärm zu machen, schlich Lishka von Pfeiler zu Pfeiler. Da war tatsächlich jemand… eine Frau! Klein und alt wie sie wirkte konnte sie nicht gefährlich sein.
    So trat Lishka aus den Schatten der Pfeiler heraus. Mit erhobenen Kopf und angriffslustigem Blick gab sie der alten Frau zu verstehen: „ Komm ja nicht näher. Ich bin gefährlich“. Schließlich blieb Lishka stehen und fragte auf einem sehr veraltetem Dialekt, den aber jeder aus dem Turm einer älteren Personen gegenüber benutzen musste: „ Wer bist du? Gib dich zu erkennen! Aus welcher Sektion stammst du? Sprich!“
    „ Ach, weist du“ sprach die alte Frau mit einer ächzenden, Luftschnappenden Stimme, „ jemandem der dem Berg den Rücken kehrt, obwohl er in der Meditation vertieft ist, dem muss ich meine Sektion nicht verraten.“
    Erschrocken darüber, dass die Frau sie die ganze Zeit beobachtet hatte und gleichzeitig Zornig darüber wie diese Person mit ihr sprach rief sie aus: „ Sprich oder ich greife dich an. Ich kenne keine Scham im Kampf, nicht einmal gegenüber einer alten Frau!“ Die Frau lies ein hustendes Lachen hören, ehe sie, anscheinend höchst amüsiert, eine Antwort gab. „ So sei es. Ich bin Nisomri, Tochter des Farsi und Ehefrau des Masuruh. Und wer bist du?“
    Lishka blieb die Luft weg. Masuhru, Nisomri… das… das waren doch die Namen von Chosims Eltern!!!
    „ Ich bin Lishka, die Tochter des Rufus. Sagt Nisomri, ist dir der Name Chosim bekannt?“
    Auf einmal wurde das Gesicht der Frau sehr Ernst: „ Ich wusste, dass du ihn kennst! Nur jemand wie du, der die Götter verachtet kann seiner würdig sein! Ja ich kenne ihn. Sogar sehr gut. Ich… bin Chosims Mutter!“


    Chosim dachte er würde träumen. Vor einer Minute noch hatte er auf seinem Bett gesessen und in den Rituallisten nach seinen Eltern gesucht und jetzt zog ihn Lishka an der Hand die Treppen hinauf und sagte sie hätte seine Mutter gefunden!
    „ Komm! Sie wartet oben auf dich! Schnell bevor uns jemand sieht! Sie ist auf der Gebetskuppel!“
    „ Was machst du mitten in der Nacht dort oben?“
    „ Ist doch jetzt egal!“
    Lishka übersprang die letzten Stufen einfach und Chosim, den sie immer noch festhielt, fiel der Länge nach auf die Stufen.
    Er stand fluchend wieder auf. Plötzlich hörte er eine zitternde, alte Stimme.
    „ Was ist das denn für eine Ausdrucksweise? Wenn du damals bei mir geblieben wärst, hättest du so etwas bestimmt nicht gelernt!“
    Chosim hob den Kopf und blickte in ein Wettergegerbtes Gesicht. Diese dunklen, grauen Augen beruhigten Chosim ungemein. Sie hatten etwas Warmes.
    Das Lächeln, das um ihre schmalen Lippen spielte war kaum auszumachen und trotzdem bildeten sich tiefe Grübchen an ihren Wangen.
    „ Ich wusste, dass ich dich wieder finden werde. Du siehst genauso aus wie er. Aber er kann dich leider nicht mehr sehen. So schade! Es hätte ihn bestimmt gefallen, dass du wie er aussiehst. Bestimmt!“
    „Entschuldige, aber wem ähnle ich?“
    „ Deinem Vater natürlich! Er war so ein schöner Mann. Und jetzt, jetzt liegt er mit einer zerschlitzten Brust unter der Erde.“
    „ Er ist tot?!“
    „Ja, umgebracht von denen, die du deine „weisen Lehrer“ nennst!“
    „Wie meinst du das?“
    Die alte Frau stöhnte und ließ sich auf einer Marmorbank nieder.
    „Setz dich.“, forderte sie ihren Sohn auf.
    Chosim gehorchte und setzte sich vor Nisomri auf den Boden. Lishka tat es ihm gleich und Nisomri fing an zu erzählen:
    „Ich bin, wie du, hier aufgewachsen und habe ein relativ glückliches Leben geführt. Ich hab diesen Felsbrocken da angebetet, hab den Priestern jedes einzelne Wort geglaubt, dass sie selbst als Kind eingetrichtert bekommen haben und so weiter.
    Ich habe an den Berg geglaubt, bis zu diesem einen Tag!“
    Sie hielt an und schloss die Augen für einen Augenblick.
    „Ich war gerade rechtzeitig 17 geworden um an der berühmten Zeremonie teilzunehmen. Ich war total glücklich und freute mich so sehr auf die Opferzeremonie. Meiner Freundin Helena ging es genauso. Aber vor allem freuten wir uns auf unsere Männer, die für uns ausgesucht wurden. Eines Tages aber wurden ich und Helena auf eine neue Etage beordert. Wir seien jetzt erwachsen, da müsse man auch unter Erwachsenen leben. Das war für uns natürlich ein weiterer Grund zur Freude. Aber als wir dann Küchendienst hatten trafen wir auf unsere neuen Mitbewohner. Unter ihnen war ein dunkelblonder, blauäugiger, gut aussehender junger Mann. Und wie der Zufall wollte verliebten sich Helena und dieser Mann sofort ineinander, als sie sich das erste Mal sahen. Sein Name war Rufus.“
    „Aber“, schrie Lishka auf einmal auf. „ Das ist doch der Name meines Vaters!“
    „ So ist es. Aber nun lass mich weitererzählen. Sie verliebten sich sofort ineinander. Aber für Helena war längst jemand Anderes ausgewählt worden. Am Anfang versuchte Helena noch ihre Gefühle zu ignorieren. Aber ihr wisst ja wie das ist.“
    Nisomri seufzte leise. „ Sie konnte Rufus nicht vergessen. Sie trafen sich heimlich miteinander. Dann kam der Tag an dem Helena, die anderen Mädchen und ich verheiratet wurden. Mit Männern, die wir nie zuvor gesehen hatten! Helena wurde mit einem hässlichen, eingebildeten Ignoranten verheiratet. Doch sie lächelte still in sich hinein. Denn sie wusste sie und Rufus würden sich trotzdem heimlich treffen.
    Ich hingegen hatte das größte Glück, dass eine Frau, die im Turm lebt nur haben kann, Ich wurde mit meinem Masuruh verheiratet. Wir hatten uns schon lange ineinander verliebt, uns aber nicht getraut uns heimlich zu treffen, so wie Helena und Rufus.
    Es vergingen einige glückliche Monate, die ich mit meiner Freundin und meinem geliebtem Mann zusammen verbrachte. Doch dann wurde Helena schwanger und wusste nicht von wem. Sie wünschte sich so sehr, dass das Kind von Rufus sein würde!
    Helena fiel in eine tiefe Depression. Das fiel ihrem Mann natürlich auch auf. Er kannte sie nur mit einem süffisanten Lächeln im Gesicht. Er schöpfte Verdacht und verfolgte seine Frau auf Schritt und Tritt. Eines Nachts entdeckte er sie dann auch, als sie sich mit Rufus traf. Er wurde rasend vor Wut. Es entfachte ein Streit zwischen den beiden Männern, der für den Ehemann von Helena tödlich endete. Das blieb natürlich nicht unentdeckt. Sie wurden aber nicht von Samir bestraft, was jeden wunderte.
    Helena galt jetzt als Witwe, durfte sich aber nicht mehr mit Rufus treffen. Er wurde auf eine andere Etage gebracht. Helena bekam ihr Kind. 2 tage vor unserer ersten Opferzeremonie. Sie war so stolz und froh.“
    Masuruh hielt gedankenverloren inne und betrachtete Lishka, als hätte sie ihre alte Freundin wieder gefunden. Dann setzte sie mit belegter Stimme an:“ Aber Samire hatte ihr und Rufus nie wirklich vergeben. Ich erinnere mich noch genau an den Tag.“
    Tränen standen in Masuruhs Augen, als sie sie langsam schloss liefen ihr stumm einige Tränen die Wangen hinunter.“ Am Tag nach der Geburt“, fuhr sie mit zitternder Stimme fort, „ kamen sie Spätabends in unser Quartier. Es waren tatsächlich Sicherheits-Priester. Sie… sie kamen zu fünft und zerrten Helena aus ihrem Bett, dass Kind, dass in ihrem Arm lag fiel auf den Boden! Diese Schweinepriester wären fast drauf getreten! Sie hat geschrieen und geweint, wollte unbedingt bei dir bleiben, Lishka. Als sie schließlich weggeführt wurde rief sie m-m- mir zu mir sollte mich um dich KÜMM -kümmern. Ich konnte ihr Versprechen nicht einhalten!“ Masuhru sank zusammen und krallte sich an Lishkas Salwa fest.“ Es tut mir Leid!“ Sie sah sie nur mit mitleidigem, traurigem Blick an. Das was diese Frau durchgemacht hatte war schlimmer, als eine Jugend ohne Mutter.
    Chosim wartete einige Minuten damit seine Mutter sich fassen konnte, dann fragte er leise: „ Was geschah dann?“
    Masuruh fuhr mit zitternder, aber gefasster Stimme fort:“ Als ich zu der Opferzeremonie gehen wollte kamen sie wieder und sagten sie müssen das Kind mitnehmen. Anfangs wehrte ich mich, doch sie drohten Lishka umzubringen, wenn ich sie ihnen nicht freiwillig übergeben wollte. Also ließ ich sie mit Lishka gehen und begab mich zusammen mit deinem Vater zur Opferzeremonie. Die Sonne schien und es war unerträglich heiß in diesen Salwas gewesen. Dann zeigten sie die Opfergaben.
    MENSCHEN! Kleine Kinder, die nicht den Erwartungen der Lehrer entsprachen, Erwachsene, die dieses Gefängnis nicht mehr ertragen konnten, alte Menschen, die dem Turm nicht mehr dienen konnten und zwischen ihnen stand Helena. Sie hatte die Augen geschlossen, wirkte ganz entspannt. Sie wirkte nicht wie jemand der den Tod erwartet. Jeder der „ Opfergaben“ durfte ihre letzten Reden halten. Die Kinder lachten glücklich und sagten, dass sie jetzt zu ihrer Lupa gehen würden und sie den Lehrern danken, dass sie dass dürfen. Mir drehte sich vor Ekel und Hilflosigkeit diesen Kindern nicht helfen zu können der Magen um. Die Erwachsenen verweigerten sich oder wenn sie kriminell waren versuchten sie den Priestern zu schmeicheln und die Alten meinten es wäre an der Zeit für sie den Jungen platz machten. Dann kam Helena. Sie lächelte, und während sie lächelte weinte sie, verrückt nicht war? Dann sagte sie etwas, das mein Leben verändert hat. Sie sagte:“ Dieser Berg kann Lawinen auslösen, aber er kann niemanden daraus befreien! Ich habe meinen Geliebten und mein Kind verloren. Alles was ich habe, aber ich bin glücklich! Und wisst ihr wieso?! WEIL ICH FREI STERBEN WERDE!“ Dann hatte sie sich losgerissen und war in den Fluss gesprungen. Ich keuchte auf. Ich wollte zu ihr laufen, sie retten… ich meine es war doch nur Wasser, nur ein Strudel! Doch Nisomri hat mich zurückgehalten. Er hat mich an der Schulter gepackt und mich mit einem Blick angesehen, den ich nie vergessen werde. Diese leichte Berührung und der Ausdruck in seinen Augen brachten mich aus meinem jähen Wahn. Sie war tot! Die Mutter eines kleinen Mädchen… meine Freundin… dieser glückliche Mensch… war tot! Schon seltsam, wie das Leben verlaufen kann. Von der eigenen „Familie“ verraten und ermordet. Ich erinnere mich von diesem Zeitpunkt nicht mehr an vieles. Ich weis nur noch, dass mich eine große Leere erfasst hatte. Eine Gefühls- und Gleichgültigkeit, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte. Ich erinnere mich erst zu dem Zeitpunkt klar, als dein Vater und ich aus einem Wald kamen und wussten, dass wir sie abgehängt hatten. Dem Anschein nach sind wir aus dem Turm geflohen. Ich habe Nisomri nie gefragt, was passiert war. Wir hatten jetzt unser Leben. Das alte wollten wir vollends aus unserem Gedächtnis löschen. Wir siedelten uns auf einem kleinem Hügel in der nähe von einem traumhaftem Dorf an. Es war die schönste Zeit unseres Lebens. Die Leute aus dem Dorf waren nette, zwanglose Menschen, die uns mit offenen Armen empfangen haben. Unser Glück ist dann perfekt geworden, als ich mit dir schwanger wurde. Aber dann, “ flüsterte Masuruh und ihr Gesicht, dass vorher etwas hellere Züge angenommen hatte verdunkelten sich wieder.“ Dann wurde ich zu dieser Heilerin gebracht, weil deine Geburt sehr schwer gewesen war. Gott, wenn ich dort gewesen wäre, dann hätten sie ihn vielleicht verschont! Weist du, als ich zurückkahm fand ich nur noch den Leichnam deines Vaters in seinem Bauch eine Nachricht eingeritzt. Unser Haus war zerstört und dich hatten sie entführt!“ Plötzlich sprang Masuruh auf und fing an zu schreien:“ Sie haben mir alles genommen, was ich hatte. Meine Freunde, meine Familie, meine Existenz! Aber eins haben sie mir all die Jahre nicht nehmen können, nämlich den Hass auf diese verdammten Bastarde!“
    Chosim starrte mit weit aufgerissenen Augen auf seine Mutter. Lishka kam langsam auf ihn zu und wollte ihre Hand tröstend auf Chosims Schulter legen, doch er stieß sie weg und stammelte vor sich hin:“ Nein… sie kann nicht… ich meine sie würden nie so etwas… das kann einfach… einfach nicht wahr sein!“ Masuhru aber ging zu ihrem Sohn und schob den Ärmel seines Gewandes hoch. „ Siehst du das?! „ fragte sie Chosim.“ Dein Zeichen ist unvollendet, das habe ich mir gedacht. Dein Vater muss diesen Bastard von Priester bei der Zeremonie gestört haben.“ Ihre Finger schlossen sich mit jedem Wort fester um den Arm ihres Sohnes.“ Verdammt! Willst du es denn nicht verstehen! Dein Vater hat gegen ihn gekämpft! Er wusste, dass er keine Chance haben würde, er wusste, dass er sterben würde! Aber er hat sein Leben geopfert, damit du ein Zeichen für deines haben würdest! Damit du wissen solltest, was das alles hier in wirklich i…“ Weiter kam sie nicht, denn Chosim schrie sie an:“ Genug! Es ist genug! Sei still du törichtes Weib! Du kannst nicht meine Mutter sein! Meine Mutter würde nie auch nur ein Wort gegen den Turm sagen. ER ist gleichsam meine Familie! Er ist unfehlbar! ER hätte so etwas nie getan! DU KANNST NICHT MEINE MUTTER SEIN!!!“ Dann wandte er sich mit wutverzerrtem Gesicht um und rannte in die Dunkelheit.

    Chosim rannte und rannte. Erst, als der Schmerz in seinem Brustkorb so stark wurde, dass er anhalten musste lehnte er sich gegen eine Wand und versuchte seine Atmung zu beruhigen. Ohne es zu merken war er in den letzten der 60 Stockwerke gerannt. Er spürte seine Beine nicht mehr, die Dunkelheit raubte ihm jede Sicht und ließ ihn allenfalls die graue Wand vor ihm erahnen. Er hatte das Gefühl in einem wirren Alptraum gefangen zu sein und einzig das gleichmäßige Stechen in seiner Brust und das Geräusch seines eigenen Keuchens brachten Chosim von dieser doch so ersehnten Hoffnung ab. In Chosim war eine Welt zusammengebrochen. Seine Eltern waren Verräter, elende Verbrecher! Aber hatten sie den nicht so gehandelt, weil der Turm ihnen alles genommen und ihr Leben mit Leid gefüllt hatte? Das schien Chosim völlig unmöglich. Dieser Ort, diese Gemeinschaft hatten ihm so viel gegeben.
    Auf einmal bemerkte Chosim, dass er weinte. Verwirrt und beschämt wischte er sich die Tränen von den Wangen. Wann hatte er wohl das letzte Mahl geweint. Er konnte nicht älter als 8 gewesen sein, denn damals hatte er noch im Kinderstock gelebt.
    Er war ein ungläubiger, streitsüchtiger kleiner Ketzer gewesen, zumindest haben die Lehrer und Priester das früher so gesehen. Und einmal hatte er den Bogen überspannt. Es war im Naturunterricht gewesen.
    Der Lehrer sprach gerade über die Macht, die der Berg über alles Leben auf der Welt habe. Er behauptete, dass Monsin, der Berg, jedes beliebige Lebewesen zerstören oder töten konnte, dass je erschaffen wurde. Plötzlich hatte der kleine Chosim ohne vorher aufzustehen und sich anzumelden gefragt: „ Kann der „mächtige Monsin“ sie denn auch wieder beleben?“
    Das Gesicht des Lehrers hatte sich langsam verändert, zuerst in einer gewissen Verwunderung und dann in unverholene Ärgernis. Ihm stand das zuwider - sein dieser Frage ins Gesicht geschrieben. Trotzdem antwortete er im erstaunlich gefasster und ruhiger Stimme: „Nein, dass kann er nicht. Denn das Leben kommt aus der Erde. Er beherrscht und lenkt es nur.“
    „ Wieso nicht?“
    „Kannst du einen Menschen töten?“
    „ Ich denke schon.“
    „Und kannst du ihn wieder beleben?“
    „Nein, Herr, leider nicht.“
    „ Na siehst du! Wenn ein Türmler ein direkter Nachfahre des Herrschers der Erde…
    Aber sie sagten doch, dass ein Türmler nur ein Bruchteil von der wahren Macht des Monsin kennen!“ Die Stimme des kleinen Chosims war zunehmend spitzer, ironischer und angriffslustiger geworden. Der Lehrer antwortete sichtlich über die Fragen genervt sehr knapp und unwirsch: „ Wenn du unsere erhobene Lebensstellung bezweifelst wirst du unweigerlich ins Verderbe…“
    „ Aber Herr sie widersprechen sich mit ihren Aussagen!“
    Der Lehrer hatte den kleinen Jungen dann aufgefordert aufzustehen, hatte ihn an der Hand und zu einem höheren Stockwerk geführt. Chosim erinnerte sich noch an das eiskalte Gesicht des Lehres, als dieser Chosim einfach so und ohne jede Gnade, als das kleine Kind, das er noch war in das „Ha-Gaddam“, dem Folterkellern des Turmes brachte. Als er das Kind in eine Zelle gesperrt hatte murmelte er im weggehen: „ Dir werden wir die lästigen Fragen austreiben!“
    Die nächsten Tage waren wie die Hölle für das arme Kind gewesen. Ihm wurden Benimmregeln eingeprügelt, man schlug ihm zum Vergnügen und er bekam nur etwas von den sowieso kargen Mahlzeiten, wenn er ein 100-seitiges Kapitel des heiligen Verses auswendig kannte.

    Chosim fühlte sich so elend, als würde er immer noch in diesem Loch stecken. Seine Gedanken überschlugen sich, längst vergessene Qualen zogen an ihm vorbei. Weggeschlossene und zerstört geglaubte Momente zogen an ihm vorbei und eine Welle der Erinnerung brach über ihn hinweg. Dann erinnerte sich wieder an die Erzählung der Mutter und die letzten Worte Helenas: „ Dieser Berg kann Lawinen auslösen, aber niemanden daraus befreien.“ Chosim schlug die Hände vor die Augen und seine Finger krallten sich in die weiche Haut seines feinen Gesichtes. Er spürte warmes Blut über seine Stirn und Finger laufen, roch den süßlichen Duft. Aber seine Nägel gruben sich tiefer und tiefer in die dunkle Haut. Er wollt sich nicht erinnern! Er DURFTE sich nicht erinnern! Er sah sich selbst als kleinen Jungen, blutend und von Fieberschüben gequält. Wie sehr er gelitten hatte. Chosim zwang sich zurück in die Realität.
    Die mittlerweile blutgetränkten Hände lösten sich aus ihrer Starre und halfen ihm auf die Beine. Jetzt wusste er es wieder. Wieso er sich geschworen hatte nie mehr zu weinen, wieso er sich geschworen hatte ein treuer Diener des Turmes zu werden. Er hatte es sich hinter Eisengittern im Fieberwahn geschworen. Chosim fing an zu schwanken und klammerte sich an ein Geländer hinter ihm fest. Ein unnatürlicher Schrei entfuhr seiner Kehle und hallte Furcht einflößend durch das Tal. Plötzlich begann Chosims Geist sich zu wandeln. Wenn Samire zuließ, dass ein kleines Kind so misshandelt wurde, was würde sie dann mit einem Erwachsenem, der durchaus eine Gefahr darstellte, tun?! Er wandte seinen Kopf nach oben und sah in den von Sternen übersäten Nachthimmel. In seinen dunklen Augen spiegelte sich das tröstende Bild des Mondes wieder. Nun wusste Chosim, was er zu tun hatte, welchen Weg er zu gehen hatte. Und er würde den richtigen gehen! Tränen mischten sich mit dem Blut auf Wange und Händen. Und als Chosim die Hände vom Geländer nahm und ging blieben zwei blutige Abdrücke zurück. Sie sollten bis zum Fall des Turmes wie Mahnmale rot im Licht des Mondes scheinen, denn weder menschliche noch natürliche Kräfte vermochten sie jemals zu entfernen.



    Re: False Freedom-Die schrecken der Freiheit

    <3LittleSweetChii<3 - 10.03.2007, 20:41

    Kapitel 4
    Kapitel 4:

    Chosim erwachte mit einem pochenden Schmerz an der Schläfe. Stöhnend richtete er sich auf und rieb sich den Kopf. Er war die ganze Nacht bis zum Tagesanbruch auf der Suche nach seiner Mutter gewesen, jedoch ohne Erfolg. Auch Lishka, die ihm vielleicht hätte helfen können, war wie vom Erdboden verschluckt geblieben. Schließlich war er erschöpft zu Bett gegangen, um einige Stunden bis zum Gebet zu schlafen. Richtigen Schlaf fand er jedoch nicht, denn sobald er die Augen schloss und sein Körper zur Ruhe kam, erwachte sein Geist: All die Zweifel, all die absurd scheinenden Gedanken und Sorgen. Gefangen in einem nebulösen Zustand zwischen Wachen und Schlaf konnte er nicht mehr wahrnehmen, was wirklich und was Traum war. Schließlich riss er sich aus diesem Abgrund und so stand er nun mitten in seinem Zimmer und wusste nicht mehr, was er tun sollte. Mehr schleppend als gehend begab er sich also ins Badezimmer, um sich zu waschen. Als Schützling Samires hatte er bestimmte Privilegien, wozu auch ein eigener Wohnbereich zählte.
    Erst als er in den Spiegel sah bemerkte er, dass sein Gesicht und seine Hände immer noch blutverkrustet waren. Er starrte sich erst eine Weile im Spiegel an und wusste nicht, wie ihm geschah. Dann hörte er die Glocke! In einer viertel Stunde würde das Morgengebet beginnen. Panisch füllte er seine Wasserschale und wusch sich hektisch das Blut ab. Es schien regelrecht an der Haut zu kleben! Nach längerem schrubben und schmerzhaftem ziehen war sein Gesicht zwar frei von Blut aber auch wund und rot gescheuert und zu allem Übel stachen seine Wunden hervor wie ein roter Pickel auf einem sonst makellosen Gesicht. Was würden sie Priester sagen, wenn sie ihn so sehen würden? Würden sie ihn durchschauen? Ruckartig drehte er sich zum Fenster um. Plötzlich hörte er ein lautes Klirren, er hatte seine Wasserschüssel umgestoßen. Mit aufgerissenen Augen starrte er auf den Boden, wo sich das Wasser langsam seinen Weg durch die Ritzen der Kacheln bahnte. Er wollte sich schon abwenden, als er bemerkte, dass das Wasser sich allmählich rot färbte. Er keuchte auf. Ein Splitter hatte die Sohle seines Fußes zerrissen und steckte nun tief in dessen Ferse. Chosim taumelte, wie es aussah verlor er sehr viel Blut. Mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte Chosim in Richtung des Fensters. Plötzlich wurde es schwarz um ihn, er hörte das Rauschen seines Blutes. Als er wieder klar sehen konnte, lag er auf dem Boden, der Splitter war noch tiefer eingedrungen und seine Hände waren zerkratzt. Schwer atmend suchte Chosim nach einem Schlupfloch, einer kleinen Lüge, die er den Priestern auftischen konnte. Dann schloss sich seine Hand um einen Splitter. Langsam führte er ihn an sein Gesicht und begann die alten Wunden wieder aufzukratzen. Jeder würde meinen sie stammten von dem Sturz in die Glassplitter. Er war noch nicht fertig, da hörte er schon Stimmen und die Tür zu seinem Quartier wurde aufgestoßen. Wie durch eine hohle Wand hörte er dumpfe, verzerrte Stimmen seinen Namen rufen, spürte, wie er aufgehoben wurde. Alles um ihn herum verlor sich in der Dunkelheit. Er kämpfte gegen die Besinnungslosigkeit an, doch dann legte sich die warme Decke der Erschöpfung über ihn.

    Chosim lief durch einen tiefen Wald. Er war Jäger und gleichzeitig war er gejagter. Seine Beute kam immer näher, aber auch seine Verfolger holten auf. Nur noch wenige Meter! Er holte zum letzten, entscheidenden Sprint an. Er konnte schon den Geruch des Triumphes riechen, seine Hand schloss sich um weichen Stoff. Aber seine Verfolger waren schneller. Ein Schwert wurde gen Boden geschleudert.
    Chosim schrie auf. Seine Augen wurden aufgerissen und sein Fuß schien zu brennen. Als der Schmerz nachließ konnte er wieder klarer sehen. Um ihn herum standen einige Frauen in weiß gekleidet und bestrichen seine Wunden mit einer gelblichen Paste. Der Schmerz in den kleineren Wunden schien so gut, wie verschwunden, sein Fuß aber brannte aber immer noch sehr stark. Er versuchte sich bemerkbar zu machen, mit den Frauen zu reden, sie zu fragen, was passiert war, doch aus seiner Kehle kam nur ein heiseres Röcheln. Erst jetzt bemerkte einer der Frauen, dass Chosim wach war. Schnell eilte sie zum Kopfende von Chosims Bett und drückte diesen tiefer in die Kissen.
    „ Halte ruhig. Es ist alles in Ordnung, du bist in Sicherheit.“
    Chosim hustete stark, egal wie sehr er sich anstrengte er konnte nicht reden! Also deutete er auf den Raum, in dem er lag und versuchte einen fragenden Blick aufzusetzen.
    „ Wo wir hier sind?“, versuchte die Frau diese Gesten zu interpretieren. Chosim nickte heftig.
    „ Im Krankensaal. Deine Wunden sind zwar versorgt, aber den Splitter in deinem Fuß haben wir noch nicht entfernen können. Er steckt sehr tief.“
    Ein Mann am Fußende des Bettes teilte der Krankenschwester etwas mit, aber für Chosim blieb es unverständlich. Das Rauschen in seinen Ohren war immer weiter angeschwollen und er hörte nur noch Bruchstücke von dem, was die (wie er mittlerweile annahm) Krankenschwester zu ihm sagte: „Splitter… rausziehen… aufs Leder… Leder beißen.“ Chosim, zu schwach etwas zu erwidern nickte nur. Dann wurde ihm ein Stück Leder in den Mund geschoben. Ihm wurde fast schlecht von diesem Geschmack und dem merkwürdigem Gefühl in seinem Mund. Doch dann durchfuhr ein höllengleicher Schmerz seinen Fuß und zog bis in die letzte Faser seines Körpers. Wie auf Kommando verbiss er sich in das Leder. Er schrie und zermalmte mit seinen Zähnen das Leder. Sein Fuß schien in Flammen zu stehen und mit seinem Feuer den gesamten Körper zu verbrennen. Chosims Finger krallten sich in die Laken, er wand sich unter Scherzen… und dann war es vorbei. Er sah, wie der blutverschmierte Splitter in eine Schale geworfen wurde, spürte, wie der Schmerz nachließ, bis schließlich nur noch ein leichtes Pochen in seinem Fuß zu spüren war. Erleichtert ließ er sich in die Kissen zurücksinken. Sein Atem beruhigte sich und langsam glitt er in das Reich der Träume.

    Die nächsten tage verliefen relativ ereignislos. Chosim aß, schlief und betete. So oft es ging besuchte ihn Lishka, um ihn aufzumuntern und ihm auf dem Laufenden zu halten. Über das, was auf der Gebetskuppel geschehen war redeten sie nicht. Es waren immer einige Schwestern in der nähe und als Schützling Samires ließ man ihn keine Sekunde aus den Auge. Nur einmal hatte sie ihm einen Zettel zugesteckt, auf dem stand, dass es Nisomri gut ging und sie in einem sicheren Versteck auf ihn wartete. Nur wo genau dieses Versteck war und wie lange sie auf ihn warten würde, dass hatte Lishka nicht erwähnt. Chosim nämlich hoffte insgeheim, dass Nisomri gehen würde und mit ihr all die durch sie aufgetauchten Probleme.
    Wenn er nicht abgelenkt wurde verfiel Chosim in eine depressive Lethargie und dachte über all das nach, was ihm seine Mutter erzählt hatte. In der ersten Zeit fragte er sich noch, ob seine Mutter die ganze Geschichte einfach erfunden hatte. Vielleicht war sie eine Verbrecherin und versuchte ihren Sohn mit ihren Lügen auf ihre Seite zu locken, oder sie war schlicht und ergreifend senil. Aber Nisomri hatte diese Geschichte so detailreich, so hingebungsvoll erzählt, dass kein Schauspieler, kein Geschichtenerzähler es jemals so wiederholen könnte.
    Es musste einfach war sein!
    Oft erwischte Chosim sich dabei, wie er die Schwestern anstarrte und sich fragte, wie solch fürsorgliche und warmherzige Menschen an so etwas schrecklichem, wie Massenmord beteiligt sein könnten. Nein, nicht sie waren es, die diese schrecklichen Taten vollbrachten, nicht sie waren es, die mit den Leben der Menschen spielten. Jemand anderes musste dahinter stecken. Jemand kleveres, der es verstand die Massen zu faszinieren und zu manipulieren. Und Chosim ahnte schon, wer dieser „Jemand“ war!

    „ Übrigens ich habe gehört Samire will dich besuchen.“
    Chosim verschluckte sich fast an seinem Tee.
    „ Was?!“
    „ Samire will dich morgen besuchen kommen“
    Chosim staunte so über die Leichtigkeit mit der Lishka ihm diese wichtige Nachricht mitteilte, dass er sie offen anstarrte und anfing zu stottern:
    „Woher… woher weist du das?! Ich… meine… woher weist du das?!!“
    „ Du bist der Schützling Samires jeder spricht über dich und da bekommt man halt dies und das zu hören, man muss nur das Wahre von der Fiktion unterscheiden können. Außerdem wiederholst du dich.“
    Sie zwinkerte Chosim zu und setzte sich neben ihn auf den Bettrand. Chosim war auf einmal unangenehm warm und eine Gänsehaut lief ihn dem Rücken runter.
    „ Gestern habe ich nach dem Gebet zwei Priester darüber sprechen gehört. Und es klang als wüssten sie ganz genau wovon sie sprechen. Aber die Frage ist eher“ sie senkte die Stimme und neigte sich zu Chosims Ohr, „was du tun wirst, wenn du sie siehst.“
    Chosim erschauderte bei dem Gedanken Samire sehen zu müssen, die Frau, die für den Tod seines Vater und seines Lebens verantwortlich war. Er zuckte scheinbar unbeschwert mit den Schultern und antwortete leise:
    „ Mich natürlich geben wie immer. Was sollte ich sonst tun?“
    Lishka besah ihn mit einem durchdringenden Blick. Wie durchschaubar er sich jetzt fühlte! Lishka kannte ihn schon seit über zehn Jahren. Und doch… doch kannte sie ihn nicht wirklich. Wie sehr er es sich wünschte… wie sehr…
    „ ÄHM, Chosim? Wieso starrst du mich so an?“
    Er schrak zusammen. Diese Augen hatten ihn wieder einmal in ihren Bann gezogen.
    „ Ich… war nur in Gedanken.“

    Lishka behielt Recht. Als Chosim am nächsten Tag gerade sein Mittagessen zu sich nehmen wollte, sah er, wie die Krankenschwestern aufgeregt durcheinander liefen. Hektisch wurde aufgeräumt und Listen vervollständigt, die eigentlich schon seit Wochen fertig sein müssen. Und da sah Chosim Samire. Sie schien noch schöner zu sein, als bei ihrem letzten Treffen. Er hatte das Gefühl, als strahlte sie ein unwiderstehliches, alles verzehrendes Licht aus.
    Sie kam direkt auf ihn zu!
    „ Aller Friede sei mit dir, Chosim. Wir haben uns lange nicht gesehen. Wie geht es dir denn?“
    Chosim schrak zusammen, als er die letzten Worte seiner „ Anführerin“ wahrnahm.
    All der Zorn und die Verbittertheit brachen plötzlich aus ihm heraus und schienen das Licht Samires zu zerstören. Ohne dieses Licht war sie ein normaler Mensch, verletzlich, berechenbar. Und genauso konnte Chosim auch für sie empfinden.
    Wie es ihm ging, fragte sie! WIE ES IHM GING?!!!!! Nun verlor Chosim innerlich die Beherrschung! Diese Frau war für den Tod seines Vaters und Lishkas Mutter verantwortlich! Sie war es, die kleine Kinder in den Tod schickte! Wegen ihr quälten ihn jede Nacht die schlimmsten Alpträume, dass er kaum Schlaf fand! UND DANN FRAGTE SIE, WIE ES IHM GEHT!!!!!!
    Chosim hob den Blick. In seinen Augen lag ein Ausdruck unbändigen Zornes und Verzweiflung.
    Wie konnte sie nur diese Ruhe ausstrahlen, wo sie doch den Sohn eines durch sie auseinander gerissenen Pärchen, eines durch ihre Hand ermordeten Mannes, einer verzweifelten Witwe vor sich sah?
    Samire aber ließ sich nicht irritieren. Sie blieb ruhig, ihr Blick gefühlslos und abschätzend.
    Dann lächelte sie; es war ein eiskaltes, hohles Lächeln. Ohne jede Freude, ohne jeden Ausdruck.
    „ Was hast du denn? Willst du dich nicht vor der Sprecherin des Berges verneigen?“
    Ihre Stimme war ebenso kalt, wie ihr Lächeln und doch lag etwas Bedrohliches in ihr.
    Chosim neigte seinen Oberkörper ein wenig, ließ Samire jedoch nicht aus den Augen. In ihm war kein Platz mehr für Ehrfurcht oder Bewunderung, selbst, wenn sie gespielt waren. In ihm brodelte tiefe, ätzende Verachtung.
    Samire schwieg, beobachtete ihn nur aus kalten, grauen Augen. Das Schweigen eines jahrhunderte lang gebeutelten Volkes brach eine tiefe Kluft zwischen die Anführerin eines weltumspannenden Glaubens und einem schlüpfenden Rebellen. Schließlich war es Samire, die diese Kluft mit ihren Worten überbrücken wollte.
    „ Wie ich hörte soll deine Mutter wieder unter uns weilen.“
    Chosim erschrak innerlich. Woher konnte das wissen? Geistesgegenwärtig versuchte er ein glückliches und überraschtes Gesicht aufzusetzen.
    „ Meine Mutter?! Das… das ist toll! Wo ist sie? Kann ich sie sehen?“
    „ Du hast sie schon gesehen. Ich möchte nur, dass du mir sagst wo sie ist, dann kannst du sie auch wieder sehen.“
    Chosims Maske begann zu bröckeln. Mit jedem Wort Samires schwoll die Wut in seinem Inneren an.
    „ Ich weis nicht wovon ihr sprecht. Aber ich würde sie gerne sehen, wenn ihr es erlaubt“
    Der Blick Samires schien sich zu wandeln, nur ein wenig aber der unterschied war deutlich zu sehen. Wut über das Verhalten Chosims lag nun darin. Doch sie behielt eisern Ruhe.
    „ Nun gut. Ich muss jetzt gehen, wenn du etwas von deiner Mutter hörst sag mir bitte bescheid. Ich verspreche dir du wirst reich belohnt.“
    Sie verneigte sich kurz zum Abschied und ohne auf die Verneigung Chosims zu warten eilte sie davon. An der Tür des Krankensaals blieb sie noch einmal kurz stehen und Chosim meinte sie ganz leise flüstern zu hören:
    „Du wirst schon sehen, wen du dir zum Feind gemacht hast.“

    2 tage später ging es Chosim wieder so gut, dass er entlassen wurde. Die Schwestern, fand Chosim, waren so fürsorglich und verständnisvoll ihm gegenüber gewesen, dass es ihm fast schwer viel diese zu verlassen. Den Schwestern ging es nicht anders. Einige konnten ihre Tränen nur mit Mühe zurückhalten, andere schworen Chosims Fuß sei noch nicht ganz genesen.
    Nach dem traurigen Abschied eilte Chosim die Treppen hinauf. Er würde seine Mutter wieder sehen! Er konnte sich bei ihr entschuldigen, ihr sagen, dass er nun an die Wahrheit glaubte!
    So froh war er noch nie zur Gebetskuppel gelaufen.
    Oben stand Lishka, wie vereinbart. Chosim blieb abrupt stehen. Er stand an einer runden Biegung der Treppe und Lishka stand mit dem Rücken zu ihm, so konnte sie ihn nicht sehen.
    Lishka stand in ein rosé- farbenes Gewand gehüllt ein Kranz aus Wildrosen bog sich um ihr Ohr und in ihren Haaren, die vom Wind in alle Richtungen geweht wurden, flatterten rosa Seidenbänder. Chosim musste seinen Atem kontrollieren, sein Herz pochte wie wild. Was hatte das zu bedeuten? Wieso stand Lishka in diesen Gewändern auf der Gebetskuppel? Chosim rätselte lange, bis er merkte, dass Lishka weinte. Er hatte sie noch nie weinen gesehen, seit sie sich kennen gelernt hatte, wahrscheinlich deswegen hatte er es erst jetzt bemerkt.
    Auf einmal überkam ihn dieses Verlangen sie zu trösten, auch wenn er nicht wusste weshalb sie weinte, auch wenn er nicht wusste, wie er sie trösten sollte.
    Schließlich fasste er sich ein Herz und ging auf sie zu. Als er direkt hinter ihr stand zuckte Lishka zusammen. Eilig wischte sie sich die Tränen aus den Augen.
    „ Ah… da…da bist du…ja.“
    Chosim staunte darüber, wie Lishka selbst jetzt noch versuchte glücklich zu wirken.
    „ Was ist denn los?“
    „ Nichts, was soll denn sein?“
    „ Du stehst in einem…sehr ungewöhnlichen Gewand hier auf der Gebetskuppel und… du hast geweint.“
    „ Ich hab nicht geweint.“
    Chosim versah Lishka mit einem durchdringenden Blick.
    „ Oh, na schön. Ich habe geweint, aber das kommt doch öfter vor!“ Lishka schien allmählich die Beherrschung zu verlieren und man sah ihr deutlich an, dass sie jetzt lieber an einem anderen Ort gewesen wäre.
    „ Lishka, ich habe dich noch nie weinen gesehen. Erzähl mir doch, was passiert ist.“
    Sie zögerte. Konnte sie es ihm wirklich erzählen? Wo er doch der Grund war, weshalb sie hier stand?
    „Ich…“begann sie zögerlich. „ Ich werde heute heiraten, dass hier ist mein Hochzeitskleid! Aber ich bin noch nicht bereit! Verstehst du? Ich…“ Wieder fing sie an zu schluchzen. Chosim war total überfordert mit dieser Situation. Unbeholfen tätschelte er ihr die Schulter.
    „ Was ist denn daran so schlimm? Vielleicht wirst du glücklich mit deinem Ehemann?“ Er zweifelte selbst an seinen Worten, aber jetzt war seine Meinung völlig bedeutungslos. Es zählte nur, dass Lishka aufhörte zu weinen.
    „ Du hast ja Recht. Es ist dumm deswegen zu weinen! Aber was ist, wenn es mir wie meiner Mutter geht, wenn ich irgendwann jemand anderen liebe? Dann bin ich hier gefangen. Allein.
    Chosim bist du dir darüber im Klaren, dass wir uns nach der Hochzeit wahrscheinlich nicht mehr wieder sehen?“
    Langsam senkte Chosim den Kopf .Ja, er war sich darüber im Klaren. Aber er hatte es verdrängt, wollte es nicht wahrhaben.
    Aber irgendwann mussten sie sich trennen und jeder sein eigenes Leben führen. Das war genauso unumgänglich.
    „ Es, “ begann er mit rauer Stimme. „ Es wäre eine Lüge, wenn ich sagen würde, ich hätte es nicht gewusst. Aber wir müssen jeder früher oder später unsere eigenen Wege gehen. Und es ist auch viel besser so. Glaub mir.“
    Lishka stand mit leeren Augen vor ihm. Nie zuvor hatte Chosim sie zurückgewiesen, sie waren die besten Freunde seit sie zurückdenken konnte! Und jetzt sagte er es wäre besser so. Doch sie wollte ruhig bleiben, sich zügeln, wie all die Jahre.
    „ Übrigens solltest du zu den Priestern gehen. Du kannst wohl kaum in diesen Kleidern heiraten.“
    Chosim nickte nur. Er hatte es schon geahnt. Lishka wandte sich ab und sagte leise: „Leb wohl.“ Plötzlich zersprang etwas in Chosims Brust und etwas, dass er jahrelang eingesperrt hatte feierte seinen triumphalen Ausbruch aus der Gefangenschaft.
    Er konnte nicht stehen bleiben und zusehen, wie sie ging! Er stolperte auf sie zu und zog sie an ihren Arm herum. Lishkas Augen waren rot, und geschwollen, ihr Gesicht tränennass. Langsam nahm er sie in den Arm.
    „ Wir werden immer Freunde bleiben! Was soll daran falsch sein?!“ Er ließ sie los und versetzte ihr einen kleinen Knuff. Sie kicherte und wischte sich eine Träne von der Wange.
    „Du hast Recht. Was soll daran falsch sein?“



    Re: False Freedom-Die schrecken der Freiheit

    <3LittleSweetChii<3 - 14.03.2007, 17:00

    Kapitel 5( ist ein bissle kürzer, als die anderen
    Kapitel 5

    Des Todes Hochzeit

    Chosim kam sich so albern vor. Nie zuvor hatte man ihn so herausgeputzt, nicht einmal an seiner Einweihungsfeier! Und jetzt stand er halb nackt vor einem Spiegel, damit man seine neuen Kleider anpassen konnte. Wie peinlich ihm das alles war! So peinlich, dass er sich kaum wagte zu bewegen, geschweige denn zu sprechen. Das schlimmste aber, dachte er bei sich, war, dass man das alles tat, um der Braut zu gefallen. Wozu aber? Man liebte die Zukünftige nicht, noch liebte diesen ihren Bräutigam. Außerdem hatte man keine Wahl. Ob der Partner nun hässlich oder wunderschön war, man hatte ihn zu akzeptieren. Was also spielte es für eine Rolle, wie man aussah?
    Ein feminin wirkender Mann kam auf ihn zu, eine Dose mit etwas puderig-hautfarbenem gefüllt. Er neigte sich zu Chosims Gesicht.
    „ Ich weis nicht, ob sich mein Puder anwenden lässt. Dein Teint ist viel zu dunkel. Ach! Immer diese Ausnahmen!“
    Erschrocken sah Chosim den Mann an. Was bitte wollte der von ihm? Zu Chosims Glück aber verschwand der Mann nun, um die Hochzeitskleider zu holen.

    Mit jeder Minute, die verstrich fühlte sich Chosim unwohler, ganz so, als käme eine dunkle Gewitterfront, eine drohende Gefahr auf ihn zu. Und als er, in sein neues Gewand gehüllt, die Treppen hinaufstieg, kam es ihm so vor, als wäre dies sein letzter Gang auf das Dach des Turmes.
    Chosim schüttelte energisch den Kopf. Was er nur wieder dachte!
    Oben angekommen sah er hunderte von Jugendlichen. Es verschlug ihm fast die Sprache. Jeder einzelne war herausgeputzt und in kostbare Gewänder gehüllt worden. Chosim sah Schönheiten, die er sich nicht einmal erträumen konnte, filigranen Haarschmuck und hunderte von aufgeregten Gesichtern. Sie waren erfüllt mit fiebriger Erwartung des Kommenden, freuten sich auf ihren Lebenspartner. Auf einmal schlug Chosims Stimmung um. Erschütterung und Eifersucht schnürten ihm die Luft ab. Diese einfältigen, einfachen Menschen! Wie gern würde er sie als dumm bezeichnen. Hatten sie denn niemanden? Waren sie denn wirklich so alleine, dass sie die Gesellschaft, die Bestätigung eines Fremden suchten? Und doch… was würde Chosim nicht tun um so zu sein, wie sie. Wie sie zu denken, wie sie zu fühlen… Sie würden ein glückliches Leben führen. Ein einsames, ja, aber ein glückliches. War er denn nicht der töricht Dumme? Denn schließlich schien er der einzige zu sein, der sich von der Vorstellung, von dem Traum seiner Liebe hatte verführen lassen? Er fühlte sich unendlich dumm. Hatte erkannt, was es bedeuten würde erwachsen zu werden. Er musste das Größte Opfer bringen, musste seinen Traum begraben und seiner einzigen Liebe lebe wohl sagen. Nun war er der Dumme, der Einsame.
    Ein heller Glockenton holte ihn je aus seinen schwarzen Gedanken. Erschrocken sah er zum Podest über dem Strudel hinauf. Eine Gruppe ganz in weiß gekleideten Priestern erschien. Sie waren von Kopf bis Fuß weiß gepudert und ließen verschieden farbige Seidenbäder von ihren mageren, weißen Knöcheln und Fingern hängen. Dann erschien Samire ganz in Schwarz gekleidet, ebenso weis geschminkt, jedoch zogen sich durch ihr Gesicht und Händen feine Ornamente entlang. Kleine, fein gearbeitete Schnörkel gingen von ihren Augen aus, blumige Formen verschönten die Mundwinkel und auf Wangen und Finger waren unbekannte Zeichen und Formen zu erkennen. Chosim staunte einmal mehr über die überwältigende Schönheit dieser doch so alten Frau.
    „Meine lieben Kinder.“, rief sie mit kräftiger Stimme vom Podest hinunter. „Ihr seit hier, um den Bund eures Lebens zu besiegeln. Heute werdet ihr nicht mehr alleine durchs Leben gehen müssen. Ihr werdet mit eurem Partner leben, mit ihm essen reden, schlafen und beten. Es wird ein erfülltes und glückliches Leben sein! Aber wie jedes Glück muss sich dieses Verdient werden. Damit es wirklich glücklich wird müsst ihr allerdings ein paar wichtige Regeln befolgen!“
    Samire machte eine ausladende Bewegung und einer der Weisen Priester trat hervor und entrollte ein Stück Pergament.
    „ 1. Ihr habt euren Partner zu achten und zu ehren. 2. Helft eurem Partner wo immer ihr könnt. 3. Der heilige Bund fordert Kinder. 4. Bleibt eurem Partner treu. 5. Selbst, wenn euch euer Partner nicht zusagt, habt ihr ihn zu akzeptieren.“ Der Priester trat wieder zurück und Samire erhob die Stimme: „ Wie bereits erwähnt sind diese Regeln sehr wichtig für euch. Sie sind eure Richtlinien, euer zukünftiges Leben und wenn ihr sie nicht einhaltet euer Unglück. Denn nur mit ihnen ist ein harmonisches Zusammenleben garantiert! Nun zu der Zeremonie. Wie ihr seht seid ihr alle in unterschiedliche Farben gekleidet. Nur je ein Mann und eine Frau haben die gleiche Farbe. Ich werde also euren Namen ausrufen und ihr kommt bitte auf das Podest und erhaltet dann von dem Priester, dessen Band die Farbe eures Gewandes hat die „Schärpe der Bindung“. Kasil und Harmi.“ Chosim sah an sich hinunter. Er war in ein kurzärmeliges schwarzes Hemd mit blutroten Stickereien gekleidet. An den Armen trug er gekreuzte, schwarze und rote Seidenbäder die an einem Knoten in seinen Handflächen endeten. Auch seine lange, schwarze Hose wurde durch rote Bänder verengt. Ihr Gewand hatte eine andere Farbe als seines. Chosim senkte den Kopf. Nun war ihm egal, mit wem er zusammen kam. Er wollte nicht wie die anderen hektisch nach seiner Farbe Ausschau halten. Er hatte sein Los akzeptiert und musste sich nun daran gewöhnen ohne sie zu leben.
    „ Chosim und Faellia.“ Chosim schrak auf. Er war aufgerufen worden und die Menge wich vor ihm zurück, um ihm Platz zu machen. Langsam schritt er zum Podest. Es kahm ihm vor als wäre er auf dem Weg zum jüngsten Gericht und mit jedem Schritt, den er tat vergrößerte er seine Schulden. Er stieg die gewundene Treppe hinauf und stellte sich auf die Stelle, auf die einer der weißen Priester zeigte. Den Kopf hielt er immer noch gesenkt. Egel, was der Bund forderte, er würde diese Frau weder anerkennen, noch erkennen. Chosim spürte, wie jemand an ihm vorbeiging, nahm ein rotes Kleid aus den Augenwinkeln wahr. Dann spürte er, wie jemand seine Hand nahm und das Seidenband darum wickelte. „ Vereinigt bis auf alle Zeit, des Bundes Schwur zu leisten.“ Chosim spürte ein leichtes ziehen an dem Band. Seine Partnerin ging nun ihm voraus die Treppe hinunter. Willenlos, wie ein Hund an der Leine, folgte er seiner neuen Besitzerin. Tränen stiegen wieder in ihm auf. Wie hatte er das nur zulassen können? Wie ?
    Seine Nächte hatte er damit verbracht von ihr zu träumen, seine Tage, sie einfach nur schweigend anzusehen und jeden einzelnen Augenblick mit ihr zu genießen. Was wird ihm jetzt, da ihm dies vergönnt wurde, Halt und Sinn im Leben geben? Währen sie am Rande der Kuppel standen lichtete sich die Menge, immer mehr glückliche Paare gesellten sich zu ihnen. Langsam wagte er den Kopf zu heben. Auf der Plattform standen noch genau drei Personen. Lishka, Kurel und Brian. Auf einmal regte sich etwas in Chosim. Wie konnte es sein, dass dort drei Personen standen, wenn alle einen Partner bekommen sollten.
    „ Kurel und Brian“, schallte es durch die leere Plattform. Das glückliche Paar stürmte regelrecht auf das Podest. Doch Lishka wusste, was nun geschehen würde. Ihre Beine gaben nach und sie fiel auf die Knie. Verzweiflung lag in ihrem Blick. Sie hätte es wissen müssen! Rosa: Die Farbe der unbefleckten Märtyrer. Ein Raunen ging durch die Menge, Paare tuschelten aufgeregt miteinander.
    „ Allein gelassen zu werden. Ist es das, was du erreichen wolltest? Wenn ja, hast du dein Ziel erreicht.“ Samire rief mit voller Stimme in den Himmel, während sie auf Lishka zuging. Sie beugte sich leicht hinab und nahm ihr Gesicht in die Hand.
    „ Wie es aussieht sind deine „ Gebete“ erhört worden.“ Wie Gift, so schien es der Menge träufelte die verächtliche Stimme Samires in Lishkas Geist.
    „Ich hatte dich gewarnt. Du wandtest den Berg beim Gebet den Rücken zu und nun wenden dir die Mitglieder seines Glauben denselben zu.“ Mit einem starken Ruck ließ sie das Gesicht Lishkas los. Rote Striemen blieben zurück, aus denen feine Bluttröpfchen rannen. Leise flüsternd fügte sie hinzu:
    „Versuch es so oft du willst. Eine Göttin kannst du nicht stürzen.“
    Sie wandte sich an die Paare, die am Rand standen und sie fassungslos anstarrten.
    „Dieses Mädchen hat die Autorität der Monsin in frage gestellt! Sie hat ketzerische Fallen auf unseren Weg des Glaubens gelegt und sich gegen die Grundpfeiler unserer Gesellschaft geworfen! Sie wird nun Tag und Nacht auf dieser Gebetskuppel verweilen, bis sie ihre Schuld bei der Opferzeremonie abzahlen kann. Wer mit ihr spricht oder ihr sogar hilft wird dasselbe Schicksal zu erwarten haben.“ Samire winkte leicht mit der Hand und zwei der weißen Priester kamen auf Lishka zugestürmt und schleppten sie mit sich. Lishka hing schlaff an den Schultern der Priester hinunter. Sie war kreidebleich, ihre Augen leer und kalt. Samire wandte ihr den Rücken zu und ging ohne einen Blick zurückzuwerfen von dannen. Leise murmelnd folgte ihr die Menge, einige böse Blicke wurden in Richtung Lishkas geworfen, die jetzt zusammengesunken, angekettet auf einer schneeweißen Plattform saß und ins leere starrte. Chosims Herz raste. Er musste ihr helfen! Sie würde getötet werden, wenn er nicht unternahm! Nur was konnte er schon tun?! Was?!
    Schwer atmend kämpfte Chosim mit den Tränen. Er wollte auf Lishka zugehen, als ihn jemand von hinten packte.
    „Was hast du vor?“, fragte ein helle, zarte Stimme hinter ihm. Das hatte er ganz vergessen! Diese Faellia war ja immer noch bei ihm. Er drehte sich langsam um und sah eines der schönsten Mädchen des Turmes vor sich stehen. Ihre Augen waren von grünlich-brauner Färbung, ihre langen schwarzen Haare fielen mit roten Bändern locker um ihre schmalen Schultern. Wäre ihr Gesicht nicht weis, wie Marmor gewesen und ihre Lippen nicht so blutrot, dann hätte man sie für eine Prinzessin aus den Abendländern halten können, so zart, feminin und verletzlich erschien sie.
    „ Wir müssen gehen, Chosim. Samire hat gesagt, dass wir uns ihr nicht nähern dürfen!“ Chosim sah sie verstört an. Sie hatte Recht. Sich ihr jetzt zu nähern wäre für sie beide das Todesurteil gewesen.
    „ Ja. Gehen wir.“ Langsam schritten sie die lange Treppe hinunter und Chosim warf noch einen letzten Blick über seine Schulter zu Lishka. Er musst ihr helfen, egal, was es ihn kosten würde! Er musste.



    Re: False Freedom-Die schrecken der Freiheit

    <3LittleSweetChii<3 - 12.04.2007, 21:15


    Kapitel 6

    Das Ende eines Liedes

    Er brauchte nur ein paar Minuten, nur eine kleine Antwort auf seine Frage. Leise und unauffällig, wie ein Schatten lauerte er seit Stunden an der Treppe zur Gebetskuppel, um einen Augenblick der Unaufmerksamkeit der Wächter zu erwischen. Niemand ahnte auch nur, dass er hier war. Selbst Faellia nicht, die friedlich in ihrem Bett schlief. Chosim empfand schon so etwas, wie Mitleid, für dieses Mädchen. Sie war unschuldig und folgsam und doch musste Chosim sie immer wieder zurückweisen, was sie ganz schön mitzunehmen schien. Sie konnte nichts dafür, dass sie ausgerechnet mit ihm zusammen sein musste. Gestern Abend war es für sie beide ziemlich peinlich gewesen. Chosim hatte sich gerade zu Bett begeben wollen, als Faellia knapp bekleidet in seinem Zimmer erschienen ist. Schnell hatte Chosim den Kopf weggedreht.
    „Was ist? Habe ich etwas falsch gemacht?“
    „ Nein.“ Hatte er gemurmelt und war rot geworden. „ Das ist es nicht.“
    „ Gefalle ich dir etwa nicht?“
    „ Nein, nein. Du bist wunderschön. Aber ich bin noch nicht bereit. Ich meine... du weist schon.“
    Faellia hatte traurig genickt und sich still neben ihn gelegt. Sie konnte ja nicht anders. Chosim hatte diese Nacht als so unangenehm empfunden, dass er sich wünschte, so etwas nie wieder durchmachen zu müssen.
    Ein leises Geräusch holte Chosim aus seinen Gedanken zurück in die Wirklichkeit der kalten Nacht. Jemand sang leise vor sich hin. Verwirrt spähte er ein wenig aus seinem Versteck und sah, dass Lishka sich aufgerichtet hatte und gen Himmel sang. Chosim war überrascht, wie klar ihr Augen auf einmal schienen und wie kämpferisch ihre Haltung nun war.
    „ So kenne ich meine Lishka.“, flüsterte Chosim und musste lächeln. Es vergingen zwei weitere Stunden, ohne, dass eine der Wachen auch nur eine Sekunde lang ein wenig unaufmerksam war. Der Morgen fing schon an zu dämmern und Chosim brach nun in Panik aus. Diese Wächter waren einfach zu gut ausgebildet! Es half nichts einfach zu warten und zu hoffen, dass sie irgendwann einen kleinen Fehler machten. Er musste JETZT etwas unternehmen!
    Leise stahl er sich die Treppe ein wenig hinunter. Ein Stein, irgendwo musste doch ein Stein zu sehen sein! Er suchte an den glatten Marmorböden, auf den makellosen Treppen. Nichts! Nichts konnte er sehen. Also musste er selbst das Ablenkungsmanöver spielen. Er hatte nur ein einfaches Abendgewand an, aber er hatte noch den roten Seidengürtel um seine Taille. Das war genau das, was er brauchte. Er band ihn so um, dass er sich mit der kleinsten Bewegung lösen lassen konnte und ging laut lärmend die Treppe zur Gebetskuppel hinauf. Oben angekommen sah er, wie die Wachen ihn misstrauisch beobachteten. Chosim begrüßte sie, indem er die Hände faltete und sich verneigte.
    „ Verzeiht, dass ich noch zu so später Stunde euren Dienst störe, aber ich hatte einen schlimmen Traum und möchte zu der Monsin beten, dass dieser nicht in Erfüllung ginge.“ Die Wache nickte nur kurz ein wenig und starrte dann wieder auf die ebene Fläche der Kuppel. Chosim wandte sich dem Berg zu und setzte sich hin. Vorsichtig warf er einen Blick zu Lishka. Diese sah ihn mit traurigen Augen an und sang immer weiter. Sie hatte anscheinend verstanden, wieso Chosim in Wirklichkeit hier war, denn sie schüttelte, wie zur Warnung unauffällig den Kopf.
    Er drehte den Kopf weg, ignorierte ihre Warnung. Er braucht doch nur ein paar Minuten! Aus den Augenwinkeln versuchte er ein Ziel für sein Ablenkungsmanöver zu finden. In dieser Dunkelheit würden die Wachen wohl kaum eine Bewegung wahrnehmen. Er musste das schwache Licht der Lampions ausnutzen… Langsam und darauf bedacht keine Geräusche zu machen schlich er sich hinter den Pavillon und band den Gürtel ab. Er hängte den Gürtel locker um einen Mast und kehrte lautlos zu seinem Platz zurück. Er betete noch ein Lied zum Abschluss und erhob sich dann. Schlendernd ging er an den beiden regungslosen Wachen vorbei und bedankte sich für deren Geduld. Dann drehte er sich um und ging auf die Treppe zu. 2 Schritte, 5 Schritte. War das weit genug, um unauffällig zu wirken? Er wandte sich um und öffnete den Mund, als ob er etwas sagen sollte. Aber anstatt etwas zu sagen starrte er so verblüfft wie möglich hinter die Wachen und stotterte:
    „ Da! Da…da...da ist jemand!“
    Eine der Wachen drehte sich um und genau in diesem Moment wehte der Wind den Seidengürtel vom Mast. Chosim jubilierte innerlich. Hatte er den Wind doch richtig eingeschätzt! Der Wachmann winkte seinem Partner zu und beide stürmten auf das Stück Tuch zu. Diese Zeit musste Chosim nutzen. Er eilte zu Lishka, jedoch darauf bedacht einen gewissen Abstand einzuhalten.
    „ Lishka schnell! Wo hält sich meine Mutter versteckt.“
    „ Wieso?“
    „ Ich habe keine Zeit, bitte!“
    „Es ist zu gefährlich…“
    „ SAG ES MIR!“ In Chosims Augen brannte ein Feuer, wie es Lishka nie zuvor gesehen hatte und zum ersten Mal erlebte sie ihn wirklich wütend.
    „ In meinem Quartier unter meinem Bett ist eine Tür zu einem Keller, dort ist sie.“
    Die Wachen hatten den „Eindringling“ gefasst und kamen zurück. Chosim wich schnell zurück und entschuldigte sich für die Störung. Er warf einen letzten Blick auf Lishka und eilte dann zurück in sein Quartier. Es war an der Zeit sich einen Plan zu überlegen.

    Es war Abend und mit der Sonne verschwanden auch langsam die letzten Paare von der Terrasse, die einen herrlichen Blick auf die oberen Gärten, eines bepflanztem Stockwerk des Turms, bot und direkt vor dem Quartier der unverheirateten Mädchen lag
    Chosim aber stand immer noch, an den eisernen Zaun gelehnt und beobachtete, wie die Sonne unterging. Dicht an ihn geschmiegt stand Faellia und genoss diesen romantischen Augenblick. Die Ablehnung Chosims hatte sie längst als Schüchternheit abgestempelt und versuchte ihn ein wenig „aufzutauen“.
    „ Chosim mir ist kalt.“ Jammerte sie, um ein wenig Aufmerksamkeit zu bekommen.
    „ Oh, entschuldige. Es wird ja auch langsam dunkel.“ Er warf ihr seine Weste um und gab ihr einen leichten Kuss auf die Stirn.
    „ Ich schlage vor du gehst schon mal ins Quartier. Ich wollte mich noch mit jemanden treffen und es könnte spät werden.“
    Faellia schaute ein wenig traurig, aber stimmte dennoch dem Vorschlag zu. Der Kuss hatte sie weich gekocht.
    Chosim lächelte, als sie ging. Sie reagierte genauso, wie er es erwartet hatte. Er hatte beschlossen seine Rolle zumindest teilweise zu spielen, um nicht auffällig zu wirken. Und sein Plan schien aufzugehen. Er wartete noch einige Minuten, bis es dunkel genug war, um sich unauffällig zu bewegen. Er schlich lautlos zu der Tür zum Mädchenquartier und öffnete sie mit einem Schlüssel, den er in Faellias Schrank gefunden hatte. Zum seinem großen Glück wusste er, wo sich Lishkas Quartier befand, weil er sie manchmal heimlich besucht hatte, wenn er sich einsam gefühlt hatte. Die Tür, allerdings war verschlossen. Auch das kannte er nur zu gut. Es war ihm ein leichten die Haltestäbe der Scharnieren zu entfernen. Lishka hatte ihre Tür für Chosims besuche ein wenig umgebaut gehabt. Er hob die Tür aus den Angeln, vergewisserte sich, dass der Raum leer war und lehnte die Tür, nachdem er eingetreten war, so an, dass sie geschlossen wirkte.
    Das Zimmer lag in völliger Dunkelheit, aber Chosim fand trotzdem schnell und Sicher seinen Weg. Er war so oft hier gewesen, dass er blind wusste, wo was stand. Seine Hände glitten langsam über die kalten, glatten Wände. Er vermisste diese Augenblicke, als sie still beieinander saßen und wussten, des anderen Sorgen zu teilen. Er vermisste, die zarten Gesten, die leisen Worte und das Gefühl für ein wenig Zeit nicht alleine zu sein.
    Seine schmalen, dunklen Finger stießen gegen den Rahmen von Lishkas Bett. Behutsam packte er ihn und schob das Bett beiseite. Tasten fuhr er über den Boden, bis er einen Riss in dem ebenen Betonboden fand. Behutsam hob er ihn hoch. Er spürte einen leichten Luftzug und ließ seine Hand nach vorne gleiten. Auf einmal schnellte ein langer, knöchriger Stock nach vorne und traf ihn genau an der Kehle. Keuchend rang Chosim nach Atem und schnellte nach hinten. Ein zweites Mal wurde der Stock geschwungen, doch Chosim fühlte ihn auf sich zukommen und wehrte ihn mit einer leichten Armbewegung ab.
    „ Ich bin es!“, zischte er der unsichtbaren Person zu und riss den Stock an sich.
    „ Verdammt! Melde dich doch an, bevor du hier auftauchst! Ich dachte, du wärest sonst wer!“
    Die knarrende Stimme seiner Mutter beruhigte Chosim und er überhörte diese Bemerkung beflissen.
    „ Wieso ist Lishka heute nicht gekommen? Hat man sie ertappt?“
    „ Genauso ist es geschehen. Sie ist oben auf der Gebetskuppel, die Bannstrafe.“
    „ Und ich soll dir jetzt helfen sie zu befreien, nicht wahr?“
    Chosim hörte die Belustigung in Nisomries Stimme und stellte sich vor, wie sie da stand. Gebeugt, mit abenteuerlich blitzenden Augen und ein unternehmungsfreudiges Lächeln auf den Lippen.
    „ Dafür bin ich wohl hier. Also, kannst du mir meine Zweifel verzeihen und mir helfen?“
    „ Wofür bin ich denn noch gut, wenn nicht dafür?“
    Chosim hörte, wie sie sich auf dem Bett niederließ und ihn in ihren schrecklichen Plan einweihte.

    Als Chosim aus dem Zimmer trat, in dem seine Mutter lag und wartete, standen Tränen in seinen dunklen Augen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und er zitterte am ganzen Leib. Es war eine harte Entscheidung gewesen. Für Nisomri, mehr jedoch für Chosim. Und jetzt als er sich von den alten, trüben Augen seiner Mutter gelöst hatte und im warmen Sonnenschein des erwachenden Tages stand wurde ihm bewusst, was er ihr für ein Versprechen gegeben hatte, was er ihr antun würde. Seine Beine fühlten sich taub und schwer an und trotzdem zwang er sich die Treppen weiter hoch zu steigen. Endlich kahm er an der Gebetskuppel an. Lishka saß zusammengesunken in dem silbernen Pavillon, ihre Augen jedoch erspähten Chosim sofort. Etwas Flehendes lag in ihrem Blick, als sie die Tränen in seinem Gesicht sah. Chosim senkte den Blick. Er wollte ihr nicht in die Augen sehen, oder er konnte es nicht. Stur schritt er zu der Treppe hinter dem Altar und stieg zu den Gemächern der Priester hinab. Sein Herz hämmerte in seiner Brust und die Angst vor dem Kommenden ließ ihn erschaudern. Seine Tränen wischte er mit leichten Bewegungen ab und hämmerte dann, so fest er konnte gegen die weise Tür, als wäre er in Panik. Sofort öffnete ein blasser Priester mit müden Augen und fragte was los sei. Chosim starrte ihn an. Dieser Mann würde das Schicksal seiner Mutter und von Lishka bestimmen.
    „ Ich komme um zu melden, dass ich die Verräterin Nisomri, Ehefrau von Masuruh und meine Mutter, gefunden und gestellt habe.“
    Der Priester lächelte schief und bat Chosim ein.

    Er hatte es wirklich getan! Er hatte sie verraten! Sie verkauft, um den Preis für Lishkas Leben zahlen zu können! Er hatte ihnen erzählt, wo sie war und dass sie Lishka mit Hilfe von Drogen einer Gehirnwäsche unterzogen hatte. Nisomri hatte in diesem dunklem Zimmer leise auf ihren Tod gewartet und ihr Henker war ihr eigener Sohn gewesen. Es war seine Idee gewesen und sie hatte zugestimmt, weil sie wusste, dass er es auch ohne ihr Einverständnis getan hätte. So stark, so verzweifelt hatte doch sein Blick ausgesehen! Er stand vor dem Pavillon und sah zu, wie Lishka von ihren Ketten befreit wurde. Gestützt von den beiden Wächtern ging sie an Chosim vorbei in ihr Quartier. Sie wusste nicht mehr, was sie tun sollte. Dieser Mensch dort war nicht ihr Chosim. Dieser Mensch, der seine Mutter opferte, nur um seine Ziele zu erreichen KONNTE nicht ihr Chosim sein. Ihr Leben lang hatte sie Halt bei diesem makellosem Mann gefunden und nun stürzte auch diese letzte Stütze in sich zusammen. Sie stand nun allein dar und in ihr erlosch das kleine Licht der Hoffnung und es wurde dunkel und sinnlos. Zum ersten Mal in ihrem Leben spürte sie Sehnsucht nach dem Tod. An ihr vorbei wurde Nisomri zu Podest geführt. Sie lächelte und formte mit ihren Lippen die Worte: Lebe wohl.
    Chosim blickte ihr entgegen und versuchte einen kalten, gefühlslosen Blick aufzubehalten, als sie sich kniend auf dem Podest niederließ. Er trat vor und reichte ihr die Grabesblumen ihrer Enthauptung: Eine schwarze Lilie und eine weise Lotusblüte. Die Symbole für Tod und Reinheit. Denn mit dieser Bestrafung sollten all ihre Sünden bereinigt und sie in das heilige Reich einkehren sollen. Nisomri fing mit leiser Stimme an zu singen, ein Kinderlied aus dem fernen Land aus dem sie kahm. Diesen letzten Wunsch hatte man ihr noch erfüllt. Chosim trat zurück und wandte sich um. Er wollte nicht sehen, was er geschaffen hatte. Er hörte noch einen letzten leisen, reinen Ton, dann nur noch das surren der Klinge des Breitschwertes. Er schloss die Augen und ging Schritt für Schritt von seiner toten Mutter. Er war schon einige Meter entfernt als ein heftiger Windstoß aufzog. Das heftige Heulen ließ ihn seine Augen öffnen. Etwas war gegen sein Bein gestoßen. Chosim sah hinunter und neben ihm lag die Lotusblüte, mit dem Blut seiner Mutter beißend rot gefärbt. Er bückte sich danach und weinte bittere Tränen, die langsam über die rote Blüte liefen. Doch dieses Blut ließ sich nicht abwaschen, genauso wenig wie die Schuld Chosims.



    Re: False Freedom-Die schrecken der Freiheit

    <3LittleSweetChii<3 - 18.05.2007, 20:14


    Kapitel 7:
    Die fremde Schuld lastet auf mir

    Chosim lag in seinem geräumigen Bett, fest in die Falten seiner schwarzen Seiden-Bettwäsche geschlungen, die Augen geweitet von der künstlichen Dunkelheit, die er durch dicke Vorhänge herbeirief, und den Rücken gegen die Wand gepresst. Seit Tagen war er nicht mehr aus seinem Zimmer gekommen, aß und trank nur das Nötigste, was Faellia ihm brachte. Er war lethargisch, wie ein Bär im Winterschlaf, wusste nicht mehr Tag und Nacht voneinander zu unterscheiden. Stunden um Stunden saß oder lag er auf der weichen Matratze und starrte ins Nichts.
    Er hatte keine Seele mehr, sie war mit seiner Mutter gestorben. In seinem Inneren herrschte Dunkelheit und Leere und das einzige, was er noch denken konnte war:“ Ich habe sie umgebracht. Ich bin daran schuld. Und nun habe ich sie beide verloren.“ Denn Lishka, die er jetzt doch so sehr brauchte, hatte ihn kein einziges Mal besucht, sich nicht einmal nach ihm erkundigt.
    Und genau das ließ ihn seine Schuld endgültig erkennen und ihn in diesen Abgrund stürzen. Ein aufmunterndes Wort von ihr hätte gereicht und er wäre erwacht und hätte sie mit sich genommen. Aber jetzt war es zu spät. Der Preis für Lishkas Freiheit war zu hoch gewesen. Sie wäre lieber gestorben, als ihm seine Mutter zu nehmen, das hatte Chosim jetzt erkannt.
    Das Knarren der Tür holte ihn aus seinem Gedankengang. Faellia kam herein, auf der Hand ein Tablett mit Essen balancierend. „ Guten Morgen, Chosim. Ich habe dir heute ein wenig mehr zum Frühstück gemacht, als sonst. Du isst einfach viel zu wenig.“ Mit einem warmherzigen Blick legte sie ihm das Tablett auf den Schoß und drückte ihm einen warmen Kuss auf die Stirn. Auf einmal kamen Chosim die Tränen. Wieso nur, wieso liebte ihn diese Frau so abgöttisch, obwohl er sie so schlecht behandelte und Lishka, für die er alles tat, verweigerte ihm nun die Freundschaft? Faellia war irritiert von dem plötzlichen Gefühlsausbruchs ihres Mannes und wollte gehen. Doch Chosim griff nach ihrem Arm und zog sie zurück. „Ich danke dir.“, schluchzte er in ihren Ärmel. „Und es tut mir so leid, wie ich dich behandelt habe. Bitte. Bitte geh nicht!“ Nun kamen auch Faellia die Tränen. All diese Wochen der Ablehnung und der Einsamkeit! Und jetzt hatte Chosim endlich erkannt, wie groß ihre Liebe zu ihm war! Wie überglücklich sie gewesen war, als sie erfahren hatte, dass Chosim ihr Ehemann sein würde, wo sie ihn doch all die Jahre heimlich geliebt und beobachtet hatte!
    Chosim fand nun Halt an dieser selbstlosen Liebe und genau das ließ ihn einen Fehler machen, den er bis zu seinem Tode bereuen sollte. Er küsste Faellia innig und flüsterte ihr ins Ohr:“ Ich danke dir, dass du für mich da bist und mich liebst.“ Dann setzte sein Verstand endgültig aus.

    Chosim erwacht erst, als es schon Abend wurde. Auf seiner Brust lag, von der schwarzen Decke verhüllt Faellia und schlief noch immer fest. Erst jetzt erkannte er, was er getan hatte und was für Folgen es für ihn haben würde. Bestürzt sah er auf diese schlafende Schönheit hinunter. Das hätte er sich nie zugetraut! Er liebte Faellia doch nicht er hatte doch SIE! Langsam kletterte er aus dem Bett und zog sich an. Er hatte einen großen Fehler begangen, und nun auch noch eine unschuldige Seele mit hinein gezogen. Das war unverzeihlich. Langsam ging er aus dem Zimmer, darauf bedacht Faellia nicht zu wecken. Es war Abendmahlszeit und auf den Gängen und Treppen herrschte reges Gedränge, als Chosim hinaustrat. Die tief stehende Sonne blendete ihn. Er hatte tagelang in der Dunkelheit gelebt, wie ein Maulwurf in seinem unterirdischen Bau. Die frische, herbe Abendluft strömte auf ihn ein und erweckte seine Lebensgeister wieder von neuen, als wäre er der Hauch, des Seins. Die Menge drängte ihn in Richtung des Speisesaals, aber Chosim war nicht hungrig. Also beschloss er ein wenig auf die oberen Terrassen zu gehen, um den Sonnenuntergang zu genießen. Er hatte es schon vermisst in der Sonne zu sitzen und den charismatischen Duft der Sommerabende zu genießen.
    Die Sonne beschien nicht mehr viel der Terrasse und Chosim suchte sich das letzte helle Fleckchen. Er lehnte sich gegen das Geländer und schaute in die Tiefe. Knapp 30m unter ihm lag ein kleiner Teich mit Seerosen und Wasserlilien. Er lehnte sich etwas weiter über das Geländer, seine Füße berührten kaum den Boden.
    Wie wäre es wohl, dort hinunter zu fallen? Was für eine grenzenlose Freiheit müsste man fühlen, bevor man starb?
    Seine Hände stemmten sich auf das kalte Gusseisen und hoben ihn endgültig vom Boden ab.
    Wäre das nicht die Lösung all seiner Probleme? Die Lösung der Probleme Faellias und Lishkas?
    Geschickt schwangen sich seine Beine über das Geländer und der einzige Halt, den er noch hatte, war nun kleines Stück Schnörkel, auf dem er saß.
    Er würde fallen. Fliegen, wie ein Vogel und dann irgendwo unten aufkommen und sich schmerzlos das Genick brechen. Sollte er es wirklich tun? Springen und all seine Sorgen hinter sich lassen?
    Seine Füße rutschten nach vorne, die Hände hielten ihm am Geländer fest. Er schloss die Augen, dachte an Faellia, an seine Mutter und ... an Lishka.
    „Es ist besser so.“ flüsterte er. „Für uns alle. Leb wohl Lishka.“ Er wollte gerade den Griff lockern, als jemand aufschrie und ihn an der Brust zurückzog.
    „ Chosim!“. Der angesprochene lugte trüben Auges mit Tränen auf den Wangen, zu seiner „Retterin“. Hinter ihm stand Lishka, die Augen vor Schreck weit aufgerissen, die Backen gerötet.
    Auf einmal spürte Chosim, wie sich sein Griff um das Geländer, ohne, dass er es wollte, verfestigte.
    „Lass mich bitte los, Lishka.“, sagte er mit matter Stimme, ohne sie anzublicken.
    Doch Lishka zog ihn näher an sich.
    „Ich lass dich nicht springen, du Geisteskranker!“ Ihre Hände zitterten, lang würde sie Chosim nicht mehr halten können.
    „ Ich hatte nicht vor zu springen. Und jetzt lass mich los, du tust mir weh.“
    „Ach ja?! Und was sollte das, von wegen „Lebe wohl Lishka.“ Ihre Stimme überschlug sich und aus ihren Augen rannen Tränen.
    Chosims Wille war nun endgültig gebrochen und er lehnte sich wieder nach hinten. Lishka lockerte ihren Griff, ließ aber nicht endgültig los, bis Chosim wieder auf festem Boden stand. Schwer atmend standen sie sich gegenüber.
    Auf einmal fing Chosim an zu lächeln.
    „ Du hast mich also doch nicht vergessen.“
    Lishka wusste, was er damit sagen wollte und auch sie erkannte ihren Fehler jetzt. Für sie waren diese Tage der Trennung doch auch die einsame, kalte Hölle gewesen! Aber erst jetzt, wo sie Chosim wusste sie, dass er seine Mutter nicht aus Eigennutz umgebracht hatte, sondern um sie, Lishka, zu retten. Und das obwohl er damit seine Mutter verlor, nach der er Jahre lang gesucht hatte und obwohl er wusste, dass diese Tat ihn seelisch zerstören würde. Sie konnte nicht anders. Sie sprang nach vorne und umarmte Chosim so heftig, dass sie beide umfielen. Chosim lag verwirrt auf dem harten Steinboden, während Lishka haltlos weinte. Er fühlte, wie sein Gesicht rot wurde und versuchte Lishka nicht anzusehen.
    „ Hey, ist ja gut. Beruhige dich.“ Er hob die Hand und tätschelte unbeholfen ihren Kopf.
    „ Du... du musst mm mich jetzt bestimmt hassen.“
    „ Nein! Was denkst du dir nur immer aus?“
    Lishka hob den Kopf und sah in Chosims lächelndes Gesicht. Auf einmal erkannte sie, in was für eine peinliche Situation sie sich und Chosim gebracht hatte. Sie wollte aufstehen, aber Chosim packte sie am Handgelenk und zog sie zurück. Er vergrub sein Gesicht in ihren hellen Haaren. Sie rochen nach Jasmin.
    „ Du glaubst doch wohl nicht, dass ich dich jetzt gehen lasse.“ Nun war es an Lishka rot zu werden. Sie spürte bei jedem Wort seinen warmen Atem an ihrem Ohr, ihr eigener Herzschlag pochte so laut, dass sie fürchtete Chosim könnte es hören. Langsam schob sich Chosims Gesicht in ihr Blickfeld und Lishka schloss die Augen...
    Und dann hörte Lishka Schritte auf sie zukommen. Sie schnellte zurück und ging einige Meter von Chosim.
    Dieser hatte die Schritte wohl auch gehört, denn er stand schnell auf und klopfte sich den Staub von den Kleidern.
    Genau rechtzeitig, denn in diesem Moment kahm Faellia die Treppe hinauf. Verwirrt schaute sie zu Chosim, dann bemerkte sie Lishka und ihr Blick wurde hart.
    „ Chosim. Lass uns gehen.“ sagte sie mit belegter Stimme. Chosim setzte ein Lächeln auf und ging zu ihr.
    „ Ja. Ist das essen schon vorbei? Ich habe jetzt doch ganz schönen Hunger.“
    Die lockere, natürliche Antwort von Chosim schien sie zu beruhigen und unter dem Lächeln Chosims schmolzen alle Ängste dahin.
    Chosim liebte Lishka, daran konnte sie wohl nichts ändern. Aber solange sie konnte, wollte sie ihre Zeit mit ihm genießen. Im Moment noch gehörte Chosim ihr.
    Sie gingen lachend zum Abendessen und Lishka blieb alleine auf der weiten Terrasse. Auf einmal verstand sie, warum Chosim springen wollte.

    Die nächsten Tage flossen für Chosim zäh, wie Gummi dahin. Sein Leben war wieder in seinen gewohnten Trott gefallen und sein Verstand verstumpfte sich wieder zunehmends. Nur nachts stieg er manchmal aus dem Bett und ging ans Fenster, beobachtete den Mond und fragte sich, wie es wohl sei frei zu sein und sein Leben selbst bestimmen zu können. Obwohl er es nur einmal gehört hatte sang er leise das Lied vor sich hin, das seine Mutter vor ihrem Tode gesungen hatte. Es ging um ein kleines Mädchen, das sich in einem See ertränkt hatte, weil es den Vater hatte hören sagen, dass die Familie ohne sie besser dran wäre. Einige Monate später erlaubte ein Shinigami, auf ihr flehen hin, die Familie zu besuchen, um zu sehen, ob es ihr besser ginge. Als sie jedoch zu Hause ankam sah sie das Elend ihrer Familie, das durch die Trauer um die kleine Tochter ausgelöst worden war. Es fühlte sie so für das Leid ihrer Familie verantwortlich, dass es bittere Tränen weinte und den Todesgott darum bat, doch zurückkehren zu können. Der Shinigami hatte Mitleid mit ihr und schickte sie zurück, woraufhin die Familie ihr Glück nicht fassen konnte und der Vater die meisten Freudentränen vergoss.
    Chosim liebte diese Geschichte. Sie war so voller Hoffnung und Liebe. Ganz anders, als sein Leben im Turm.
    Auf einmal klopfte es an die Tür und Chosim schrak zusammen. Faellia jedoch schlief tief und fest und hörte das eindringliche Klopfen nicht. Als er öffnete zuckte er zurück und eine Gänsehaut kroch seinen Rücken hoch. Ein Sicherheitspriester in einem weiten, roten Mantel versuchte sein fahles Gesicht durch die sich öffnende Tür zwängen. Er sah Chosim nicht an und murmelte nur ein schnelles: „ Aller Friede sei mit euch.“, bevor er Chosim beiseite schob und Faellia unsanft weckte. Er baute sich bedrohlich vor ihr auf und verkündete mit ernster Stimme: „ Faellia, Tochter des Nahs, Ehefrau des Chosim, ihr seid aufgefordert euch unverzüglich zum schwarzem Tempel zu begeben, um dort die edle Führerin zu treffen. Aller Friede.“ Er verneigte sich noch einmal zum Abschied und eilte dann, genauso schnell, wie er gekommen war auch wieder aus dem Zimmer. Erschrocken und verwirrt von dem plötzlichen Auftauchen des Priesters, standen Chosim und Faellia sich schweigend gegenüber. Schließlich war es Chosim, der als Erster die Sprache wieder fand.
    „Du musst jetzt gehen. Zieh dich schnell um.“ Faellia sah zu ihm auf und in ihren Augen spiegelte sich nackte Angst.
    „Chosim, hilf mir! Ich... ich will nicht dorthin gehen müssen. Bitte! Hilf mir!“ Ihre Stimme war nur noch ein zitternder Hauch der Furcht und ihr Gesicht glänzte vor Panik auf das Kommende. Chosim konnte nicht anders, er hatte Mitleid mit Faellia. Denn sie hatte allen Grund Angst zu haben! Jeder kannte und fürchtete den schwarzen Tempel. Dort wurde Gericht gesprochen über all diejenigen, die sich eines Verbrechens schuldig gemacht haben.
    Nur selten kahm jemand ohne ein qualvolles Verhör unter Folter wieder aus den Sälen des Tempels. Chosim selbst war dort gewesen. Denn das Ha-Sherem war ein Nebengebäude dieses riesigen Gebäudekomplexes. Auch Samires Gemächer befanden sich dort.
    Er legte Faellia leicht die Hand auf die Schulter und versuchte ihr Mut zuzusprechen.
    „Faellia, du hast nichts zu befürchten. Es ist bestimmt nur etwas harmloses, glaub mir. Du bist ein guter Mensch. Du achtest und schützt das System und die Regeln der Monsin, du trägst weder Schuld, noch Bürde. Dir kann einfach nichts geschehen. Außerdem bin ich auch noch da. Wenn du möchtest komme ich mit dir.“
    So viel Mitleid er auch mit Faellia hatte, diesen Vorschlag hätte er nie gemacht, wenn er sich keinen Vorteil daraus erhoffte. Dafür hasste er das Leben mit Faellia, abgekoppelt von Lishka zu sehr. Aber, wenn er Faellia in das Gericht des schwarzen Turmes folgen würde, wären die Priester und Samire wohl vollends davon überzeugt, dass er sich mit seinem Leben unter den Regeln des Turm und seinem neuen Leben als Ehemann Faellias abgefunden hätte. Faellia aber dachte nicht daran, sie wollte Chosim einfach nur vor dem Gericht beschützen, deswegen schüttelte sie energisch den Kopf und warf sich schnell ein weißes Gewand über, dass sie mit einer kornblauen Kimono-Schleife zusammenband.
    Mit harter Stimme wünschte sie ihrem Ehemann noch einmal allen Frieden und ging dann zur Tür in den aufgehenden Morgen hinein, auf dem weg zu ihrem persönlichem „höchsten Gericht“.



    Re: False Freedom-Die schrecken der Freiheit

    <3LittleSweetChii<3 - 06.06.2007, 22:17


    Kapitel 8:
    Das Stigma

    Chosim lief in seinem Zimmer umher, räumte auf, stellte Möbel um und wieder zurück. Er musste sich irgendwie ablenken! Es war schon fast Morgen und Faellia war immer noch nicht zurück. Er machte sich große Sorgen um sie und fühlte sich für ihre Festnahme verantwortlich. Schließlich war er der Schutzbefohlene Samires, der Sohn einer Verräterin und der Freund einer Ketzerin. Da war es fast selbstverständlich, dass man ihn überwachte...und natürlich auch Faellia. Egal, wie er es drehte und wendete, er wusste, dass es seine Schuld war, dass man Faellia in den schwarzen Tempel gebracht hatte. Seine Gedanken kreisten unaufhörlich um diesen Punkt und kamen einfach nicht zur Ruhe!
    Er hielt es im Zimmer nicht mehr aus, er musste raus an die Sonne! Er zog sich um und machte sich auf den Weg zur Gebetskuppel. Obwohl es noch früh war ging Chosim nicht alleine die Treppe hoch. Viele schwatzende Gruppen zogen an ihm vorbei, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Oben standen und saßen Pärchen und Gruppen herum und machten einen müden, aber glücklichen Eindruck.
    „ Das ist es also, was die Leute alle so früh hier herbringt.“ Dachte Chosim und seine Augen verengten sich in melancholischem Blick. „Freundschaft und die Gewissheit nie allein gelassen zu werden, das ist es, was die Menschen hier gefangen hält. Der Gruppenzwang.“ Er schüttelte unwillkürlich den Kopf. Nie hatte er dieses Phänomen verstehen können, das ihm schon seit der Kindheit so unheimlich dumm und unerklärlich schien. Früher empfand er Wut und Spott über diejenigen, die sich von diesem Drang haben mitreißen lassen. Aber jetzt, jetzt hatte er nur noch Mitleid für sie. Mitleid darüber, dass sie immer einem fertigem Weg folgten und nicht ihren eigenen schaffen konnten. Mitleid darüber, dass sie ihre eigenen Meinungen verleugneten, nur um ein einfaches Leben führen zu können. Natürlich hatte er oft darüber nachgedacht den anderen auf diesen Weg zu folgen, aber zum Glück hatte ihn immer etwas davon abgehalten. Tief in seinem Innern... Die Priester läuteten die Gebetsglocken und Chosim fand sich in der Realität wieder. Er stellte sich in die sich bildende Reihe, faltete die Hände und wiederholte die Gebete, die ihm die Priester vorsagten. Seine Augen hefteten sich steif auf den leblosen, kalten Stein des Berges, der sein Leben bestimmen sollte. Wut kochte in ihm auf, seine Finger krallten sich ineinander und sein Atem wurde mit jedem Wort schwerer. Die Glocke läutete wieder und Chosim sank, gleichzeitig mit hunderten von Menschen auf die Knie und schloss die Augen. Obwohl er nichts sah, meinte er alles um ihn herum würde sich in rasendem Tempo drehen. Wort für Wort legte sich eine schwere Last auf seine Brust, dass ihm das Atmen immer schwerer fiel. Das Gemurmel verebbte, wurde unverständlich und an dessen Stelle füllte ein lautes Rauschen Chosims Gehör. Er öffnete, schloss den Mund, versuchte Luft zu bekommen, aber die Last auf seiner Brust versagte ihm jeden Atemzug. Verzweifelt schnappte er nach Luft, wie ein Fisch an Land. Dann fühlte er wie er fiel, unendlich tief, in die schwärzeste Tiefe, sein Verstand raste. Sein Kopf schlug gegen den harten Betonboden, doch er spürte keinen Schmerz mehr. Chosim gab seinen vergeblichen Versuch Luft zu bekommen auf und schloss den Mund. Wenn das der Tod war, dann konnte er Chosim nicht erschrecken. Doch zu seinem Erstaunen fiel die Last auf seiner Brust mit einem Mal ab. Seine Gedanken beruhigten sich mit einem Schlag Er konnte einen tiefen Atemzug der frischen Morgenluft nehmen. Das Rauschen in seinen Ohren verebbte, die Erde unter ihm stand wieder still und das Schwarz unter seinen Liedern nahm einen rötlichen Stich an. Langsam öffnete er die Augen. Niemand stand mehr auf der Gebetskuppel, sie waren alle gegangen, Priester, wie normales Volk. Sie hatten Chosim in seinem Anfall einfach liegen gelassen! Geschockt sah er sich noch einmal um. Sie mussten doch einfach gesehen oder zumindest gehört haben, dass mit Chosim etwas nicht stimmte! Langsam stand er auf, ihm war immer noch ein wenig schwindelig. Dann hörte er eine helle Stimme hinter sich.
    „ Geht es dir jetzt besser?“ Chosim drehte sich um, hinter ihm stand Faellia. Chosim schossen mit einem Mal tausend Fragen durch den Kopf und er konnte sich einfach nicht entscheiden, welche er zuerst stellen sollte.
    „ Was ist passiert?“ entschied er sich.
    „Du hattest so etwas, wie einen epileptischen Anfall und hast keine Luft mehr bekommen, aber jetzt ist keine Zeit, um dir mehr zu erzählen.“
    „Wieso? Was ist überhaupt passiert, als du im schwarzen Tempel warst?“
    Faellia rang die Hände und trat von einem Fuß auf den anderen. Sollte sie es ihm erzählen? Wenn er es nicht weis, dann wird sich nichts ändern... Ihre Augen verengten sich und Tränen traten in ihre Augenwinkel. Ja, es würde sich nichts daran ändern, dass Chosim gegen seinen Willen mit ihr leben musste, dass sie ein Lückenbüßer für sein Verlangen nach Lishka war. Sie durfte sich nicht zu dieser zerstörerischen Selbstsucht hinreißen lassen, auch wenn sie dafür eines der größten Opfer bringen musste: Die Chance auf ein Leben mit einem geliebten Menschen.
    „Sie haben mich verhört. Über dich und Lishka. Sie wollen euch auseinander bringen und dafür ist ihnen jedes Mittel recht. Sie dachten die Hochzeit mit mir, einem der beliebtesten und hübschesten Mädchen in diesem Sektor, würden dich Lishka vergessen lassen. Aber jemand hat euch an dem Abend, als du sie auf der Terrasse getroffen hast, gesehen.“
    „W a... wa... was?!“ unterbrach er sie. „Du weist davon?!“
    „Natürlich, ich bin doch nicht so blind!“ Faellia versuchte einen schroffen Ton einzuschlagen, was ihr jedoch nicht so recht gelingen konnte“ Aber das spielt jetzt keine Rolle! Nächste Woche soll die erste Opferzeremonie des Jahres Nohn stattfinden und Lishka soll daran teilnehmen und zwar nicht als Zuschauer!“
    Chosims Augen weiteten sich vor Erstaunen und schrecken. Er erkannte seine Partnerin nicht wieder! War das wirklich die mädchenhafte, schüchterne Faellia? Dann aber schoss ihm ein anderer Gedanke in den Sinn.
    „ Wieso tust du das? Ich meine, du willst doch mit mir zusammen sein, oder? Und wenn Lishka nicht mehr da wäre, dann würde ich ganz dir gehören, das verstehe ich nicht!“
    Faellia hob den Blick und ihre schwarzen Haare fielen wie eine dunkle Wolke über ihre Schulter. Sie lächelte traurig und lachte einmal kurz verspottend auf.
    „ Du weist es wirklich nicht? Wo du doch einen Menschen hast, für den du das Gleiche tun würdest.“
    Ihr verkrampftes Lächeln verschwand und sie blickte Chosim ernst aus grün-braunen Augen an.
    „ Was würdest du wohl für jemanden geben, den du liebst? Dein Leben, deine Seele oder“ sie wandte den Blick ab und strich ihre Haare zurück. „ Ein Leben in Einsamkeit?“ Chosim verstand nur zu gut, was sie meinte. Er selbst hatte sich diese Frage oft gestellt. Was würdest du für jemanden geben, den du liebst? Er ging ein paar Schritte auf Faellia zu. Seine Stimme klang schroff und kratzig, als er antwortete.
    „ Ich würde alles geben, damit sie glücklich ist. Auch wenn es heißt, dass ich sie jemand Anderem überlassen muss und alleine zurückbleibe. Aber sobald sie mich für immer verlässt werde ich mich umbringen, das weis ich. Ich konnte er schon einmal und ich werde es noch einmal können.“
    Faellia nickte dem Boden entgegen und setzte zum gehen an. Chosim aber war schneller. Er zog sie an der Schulter zurück und nahm sie sanft in die Arme. Faellia schloss die Augen, versuchte nicht zu atmen. Sie wollte nicht in seine wunderschönen, dunklen Augen sehen müssen, nicht noch einmal diesen herben Geruch seiner Haut riechen. Sie musste ihn doch vergessen! Sie musste doch! Endlich lies Chosim sie los. Er lächelte sie an und sagte leise:
    „Vielen Dank, Faellia. Jemanden wie dich habe ich wirklich nicht verdient. Aber jetzt erzähl mir, was genau im schwarzen Tempel passiert ist.“

    Chosim und Faellia saßen in der immer noch abgedunkelten Wohnung vor der warmen, flackernden Feuerstelle, beide eine dampfende Tasse Tee in der Hand. Es war vollkommen Still in dem dunklen Raum, der nur vom Schein des Feuers schwach ausgeleuchtet wurde, so dass die seltsamsten Schattenwesen mit Chosim auf die Geschichte Faellias zu warten schienen. Sein Blick haftet auf den schlanken, weisen Finger seines Gegenüber, die nervös an den goldenen Troddeln des Sitzkissens spielten. Ungeduldig umklammerte Chosim seinen Tee, suchte Formen in den wohlriechenden Dämpfen, um Ablenkung von dieser fühlbaren Spannung zu finden. Auf einmal drehte Faellia den Kopf zum Feuer hin. In ihren dunklen Augen spiegelte sich der rote Schein, als würde sie dieses Feuer in sich tragen. Sie nahm einen kleinen Schluck aus ihrer weisen Tasse und fing langsam an zu erzählen: „Sie haben vor der Tür auf mich gewartet und mir sofort nachdem ich hinausgegangen war Fesseln angelegt. Sie haben mich, wie eine Verbrecherin gefesselt in den Gerichtssaal gebracht und mich dann dort eingesperrt. Es war so dunkel. Nichts als Schwärze. Und Stille. Diese bedrückende, lähmende Stille vor dem Sturm. Dann wurde es auf einmal ganz hell um mich und ich war so geblendet von diesem übernatürlich hellen Licht, dass ich meine Augen bedecken musste. Und dann hörte ich sie sprechen. Sie haben mich nicht beschuldigt, oder etwas in der Art. Sie haben mir nur Fragen gestellt. Über dich, über unser Verhältnis und über deine Beziehung mit Lishka. Sie haben mich gefragt, ob ich den Eindruck habe, dass sie für dich mehr wäre, als nur eine Freundin. Ich habe natürlich nein gesagt, aber ich denke nicht, dass ich sie wirklich überzeugt habe, denn sie haben mich fast 3 Zyklen dort behalten und als ich wieder gehen durfte war ich wie benebelt von der enormen Müdigkeit. Aber ich war noch klar genug im Kopf, um zu sehen, dass Lishka an mir vorbei in denselben Saal geführt wurde. Ich hatte einen Verdacht, was sie mit ihr machen wollten. Also setzte ich mich auf eine Bank in die Wärme der aufgehenden Sonne und tat so, als wäre ich einfach zu müde, um die vielen Stufen hinaufzugehen. So konnte ich auf Lishka warten ohne aufzufallen.“
    Chosim nickt anerkennend. Nach allem, was sie in dieser dunklen Hölle hatte erleben müssen, war sie dennoch so selbstlos auf Chosims Gefühle für Lishka eingegangen. Faellia nahm den Schürhaken von dem Metallring an der Wand und stocherte in den brennenden Holzbrocken herum.
    „ Ich habe lange warten müssen. Wie lange weis ich nicht genau, ich bin wohl eingeschlafen. Aber als sie herausgeführt wurde war ich wach genug. Ich habe es gesehen.“
    Chosim hob ruckartig den Kopf. In Erwartung der schlimmsten Nachrichten fragte er mit zitternder Stimme:
    „Was? Was hast du gesehen?“
    Faellia lies den Schürhaken los und blickte Chosim direkt in die Augen.
    „ Das schwarze Stigma auf Lishkas Arm!“
    Chosim sackte in sich zusammen. Das schwarze Stigma. Es bestand also kein Zweifel an der Annahme Faellias: Lishka sollte geopfert werden. Dieses Zeichen erhielten alle, die an den Opferzeremonien teilnehmen mussten. Bis jetzt hatte er nicht die wahre Bedeutung dieses Zeichens gekannt, aber er hatte es schon einmal gesehen. Auf dem Arm seiner Mutter. Es war eigentlich nur noch ein schwarzer Fleck gewesen, aber es bestand kein Zweifel daran, dass es das Stigma gewesen war. Ein schwarzer Berg, mit Asche über die leuchtend roten Linien des eingebrannten Turmes gemalt konnte schon dein Ende bedeuten. Chosim konnte es nicht fassen, wie willkürlich man ihn ausgenutzt hatte, um sowohl an seine Mutter, als auch an Lishka zu kommen. Was hatte er getan, das er so ein Leben verdiente? Das alle Menschen, die er liebte früher oder später sterben mussten? Sein Vater, seine Mutter und womöglich sogar auch Lishka... Seine Augen öffneten sich mit einem heftigen Ruck. Er blickte ins Feuer und sagte mit fester Stimme: „ Ich werde sie da raus holen. Ich habe es schon einmal geschafft, ich werde es wieder schaffen! Und wenn ich dabei drauf gehe! Ich werde nicht zulassen, dass sie mir auch den letzten nehmen!“
    Auch wenn Faellia der Sinn des letzten Kommentars verborgen blieb, wusste sie doch, dass sie Chosim nicht aufhalten konnte. Sie wollte es auch gar nicht. Er sollte endlich gehen! Das sollte das Ende sein von dem endlosen Schmerz Faellias... Chosims stimme unterbrach Faellia in ihrem Gedankengang.
    „Ich nehme an sie wird im Ha-Sherem bis zur nächsten Mond-Wende festgehalten.“
    Faellia nickte schwach und erklärte ihm dann genau, wo sich Lishkas Zelle befand.
    “ Du kannst aber nicht einfach so hineinspazieren, sie befreien und sie dann hier irgendwo verstecken. Man würde sie überall finden. Ihr müsst nach Außerhalb fliehen. Es ist nicht unmöglich, das wissen wir, aber es ist schwer. Ihr benötigt Vorräte und die passende Ausstattung. Am besten ihr sucht die Hilfe einer der Ausgestoßenen. Vielleicht kennen sie eine Rute, die den Priestern und Samire nicht bekannt ist. Wenn wir uns anstrengen schaffen wir es in drei Tagen mit den Vorbereitungen fertig zu sein. Du musst sie auf jeden Fall im Schutz der Dunkelheit befreien. Versuche so unauffällig wie möglich zu sein. Du hast also drei Tage Zeit, um dir einen Plan auszudenken. Den Rest erledige ich.“
    Chosim schluckte all seine Bedenken hinunter und nickte. Auch wenn er sich dafür hasste, er brauchte ihre Hilfe. Alleine würde er es nicht schaffen.
    „Also dann. Beginnen wir mit den Vorbereitungen!“



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