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Thien, Madeleine - Jene Sehnsucht nach Gewissheit




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Thien, Madeleine - Jene Sehnsucht nach Gewissheit

Beitragvon Katia » 03.03.2007, 15:36

[center]Madeleine Thien - Jene Sehnsucht nach Gewissheit (Certainty)
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Madeleine Thien, eine junge kanadische Autorin, 1974 geboren, legt mit "Jene Sehnsucht nach Gewissheit" ihr Debut vor. Thiens Eltern stammen aus dem asiatischen Raum, diesen kulturellen Hintergrund verarbeitet sie sehr stark im Roman.

Eine Familiengeschichte über zwei Generationen: Gail und ihr langjähriger Lebensgefährte Ansel sind Ende 30 und die Protagonisten der jüngeren Generation. Ansel ist Lungenspezialist, Gail macht Reportagen für das Radio; eines ihrer letzten Projekte ist ein vom Schreiber verschlüsseltes Kriegstagebuch, das aber selbst für ihn unlesbar geworden ist, da er nach dem Krieg den Code vergessen hat. Die Recherchen hierfür führen sie in die Niederlande, wo sie nicht nur die Vergangenheit des Offiziers, sondern die ihres Vaters Matthew zu enträtseln versucht.
Matthew wuchs in Nordborneo auf, wo er zusammen mit seiner Freundin Ani nach einer kurzen unbeschwerten Kindheit den Krieg durchleben muss. Traumatische Erlebnisse müssen beide Kinder verarbeiten und als sie sich Jahre später wiedersehen, ist die alte Vertrautheit schnell wieder da. Doch Matthew soll nach Australien, um zu studieren und beide müssen entscheiden, wie ihr Leben weitergehen soll.

Thiens Figuren erleiden Verluste: sie verlieren geliebte Menschen, sie verlieren ihre Heimat, sie verlieren oder zweifeln an der Liebe und ihren Beziehungen. Der Roman lebt nicht nur von den erzählten Geschichten, er lebt von den Figuren, ihren Emotionen.
Über drei Kontinente hinweg belebt Thien den Roman mit zahlreichen Nebencharakteren, einem kanadischen AIDSkranken begegnet der Leser ebenso wie einem malaiischen Fischer. Sie erzählt unchronologisch, springt in Raum und Zeit, es werden zahlreiche Rückblenden verwendet, es wird aus der Perspektive verschiedener Figuren erzählt. Das klingt kompliziert, ist aber wunderbar klar zu lesen. Und es passt zu den Figuren, für die die Vergangenheit immer Teil ihres Lebens bleibt, die sich mit Fotos, Tagebüchern und Tondokumenten beschäftigen.
Ich bin an diesen Roman absolut ohne Erwartungen herangegangen und wurde sehr positiv überrascht, von der vielseitigen Handlung und Erzählweise, von der emotionalen, bilderreichen Sprache.
Eine Entdeckung!

Dies ist eine Buchrezension aus dem Buchprojekt "Heidi Hof" in Zusammenarbeit mit Random House.

Katia
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