Auch ein Mensch

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    Re: Auch ein Mensch

    josefine - 27.02.2007, 14:42

    Auch ein Mensch
    Er sah sie an und sie sah seine Angst und seine Traurigkeit. Was sollte sie ihm denn sagen?
    Also schwieg sie und ließ ihn reden. Von seiner Angst, seinem Heimweh und seiner Traurigkeit. Von dem Leben, das er geführt hatte. Von seinen Spielereien mit Mädchen. Von seinem jetzigen Leben, von dem er nicht einmal wusste wie lange es noch dauern würde.
    Sie nahmen sich bei den Händen und sie wünschte, sie könnte diesen Augenblick festhalten. Und ihn, damit er nicht gehen musste.
    Weg in eine Welt, die grausam war.
    Sie konnte ihn nicht davor bewahren, auch wenn sie so gerne gewollt hätte. Er hatte so gewählt. Er damit rechnen müssen, doch das machte es nicht gerechter. Ein junger Mann, der sein ganzes Leben noch vor sich hatte und das in einem einzigen Moment anders verlaufen könnte als es eigentlich sollte.
    Er streichelte ihr Gesicht, nahm es in seine großen Hände. Er lächelte. So schön, so verschmitzt und ein wenig voller Hoffnung.
    Dann sagte er hoffe, das seine Uniform keine Löcher würde.
    Sie lachte. Weil sie dann nicht weinen musste.
    Sie war wütend. Auf sich, weil er ihr mehr bedeutete, als er eigentlich sollte und es jetzt zu sehr wehtat. Sie hatte sich lange nicht eingestanden, dass es so war. Auch er nicht. Sie hatten es nie so gewollte. Doch nur allzu oft versagt der Verstand.
    Sie küssten sich. Es begann zu regnen.
    Es war morgens um sechs und sie spazierten Hand in Hand.
    In der Hoffnung, dass alles gut werden würde. Dass er wieder kommen würde. Gesund und munter. Und nicht als gebrochener Mann.
    Irgendetwas von ihm würde dort sterben. Vielleicht seine Kindlichkeit, seine Neugier, seine Unbeholfenheit. Ein Stück weit sein Selbst.
    Er sagte, dass sie nicht um ihn weinen sollte. Und, dass sie nicht auf ihn warten dürfte.
    Sie antwortete nicht. Blieb nur stumm.
    Er lachte und fragte, ob sie ihn wieder nicht verstanden hätte.
    Doch, doch, gab sie zurück.
    Wie stellte er sich das denn vor? Aber sie versprach ihm ihr Bestes zu geben. Und niemals den kleinen Joshua, den sie haben würden zur Armee zu lassen.
    Er umarmte sie. Sie fühlte sich wohl. Er wusste seltsamerweise oft, was sie brauchte. Obwohl sie sich kaum kannten.
    Eigentlich müsste sie ihn in den Arm nehmen. Ihn trösten. Sie streichelte seinen Kopf.
    Mein großer amerikanischer Bu, sagte sie und für einen winzigen Augenblick sah sie das Glänzen in seinen Augen. Er sollte nicht so traurig schauen müssen. Niemand sollte so schauen müssen.
    Er fragte wieder nach dem Quietscheentchen. Er wollte eins haben. Weil ihm das Wort so gut gefiel. Er konnte es nicht einmal aussprechen.
    Natürlich bekommst du eins, sagte sie und musste lachen.
    Sie spazierten weiter durch den Morgen. Es war kalt, aber es störte keinen. Sie hatten sich. Nicht mehr lange,aber sie würden nie vergessen. Niemand würde ihnen je die Erinnerungen, an das, was sie gehabt hatten und noch ein bisschen hatten rauben können.
    Zum Teufel mit dem Krieg, sagte er. Mein Herz wird immer ein bisschen bei dir bleiben. Mein deutsches starschnuppken,flüsterte er. Sie gingen zu ihrem Auto und hörten Musik. Sie brauchten nichts mehr zu sagen, denn es gab nichts mehr.
    Sie genossen diesen Moment. Und hielten sich bei den Händen. Als wollten sie sich niemals loslassen.



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