Krümels-Bücherwelt ...

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Schlink, Bernhard - Die Heimkehr




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Schlink, Bernhard - Die Heimkehr

Beitragvon Krümel » 24.02.2007, 15:39

[center]Die Heimkehr von Bernhard Schlink[/center]

Im Mittelpunkt dieses Romans steht, wie der Titel schon aussagt, die Heimkehr. Das ist der rote Faden, der sich durch das ganze Buch zieht.

Durch Zufall liest der Ich-Erzähler, Peter, eine Heimkehrgeschichte, dessen Ende allerdings abhanden gekommen ist. Er liest diese Geschichte erstmals als Kind, und dann später noch einmal als junger Erwachsener. Seitdem lässt ihm diese Erzählung nicht mehr los. Er recherchiert und sucht, findet zahlreiche Heimkehrgeschichten, jede ist anders und hat ein individuelles Ende, doch seine Geschichte findet er nicht. So wird ihm diese Suche zur Maxime des Lebens, und sein Leben baut sich auf diese Suche auf. Er lernt dadurch Barbara kennen, beschäftigt sich intensiv mit der „Odyssee“ von Homer, und setzt später seine Mutter unter Druck, die ihm seine Lebensgeschichte in vielen Dingen verheimlicht.

Ein weiteres Thema ist dann: Recht und Gerechtigkeit; sowie auch noch die Auseinandersetzung mit Gut und Böse; die Geschichte Deutschlands bis hin zum 11. September 2001 usw.. Und das ist der Punkt, warum ich die Lektüre nicht genießen konnte. Es war einfach zu viel! Wieder einmal muss ich anführen, dass manchmal weniger mehr ist. Ein Buch wirkt einfach stark konstruiert, wenn man zu viel abhandeln möchte, und dann noch aufeinander abgestimmt werden muss. Die Zufälle überhäufen sich, das Eine muss zum anderen führen, so dass das Werk dann unrealistisch und gestelzt wirkt.

Ich war voller Vorfreude in diese Lektüre hinein gegangen, da mir „Der Vorleser“ ausgezeichnet gut gefallen hat. Die Frage nach der Schuld hat Schlink in diesem Werk exzellent herausgearbeitet, und wurde aus der Sicht von Damals sowie Heute untersucht. Dieses Mal hat er sich meiner Meinung nach verzettelt, und wollte zu viel vom Buch. Ich persönlich hätte daraus mindestens zwei Werke geschrieben. Einmal die Heimkehrgeschichten mit dem Hintergrund des Odysseus, und die Gerechtigkeitsfrage auf der Basis von Gut und Böse, aber so hat es mir nicht gefallen.

[center] :stern: :stern: (:stern:)

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Krümel



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von Anzeige » 24.02.2007, 15:39

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Beitragvon Pippilotta » 24.02.2007, 18:57

:-( das hört sich aber gar nicht recht gut an ..... und da ich bezüglich "Verzetteln" "Zuviel-Hineinverpacken" ohnedies empfindlich bin, wird es jetzt einmal auf meinem SUB nach unten rutschen ....
Herzliche Grüße
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Beitragvon tom » 13.05.2007, 21:40

Ich habe mir das Buch trotzdem besorgt. Es hat in Frankreich wieder eine sehr gute Aufnahme gefunden. Später von mir mehr...?!
tom
 

Beitragvon Voltaire » 04.04.2008, 08:27

Titel: Die Heimkehr
Autor: Bernhard Schlink
Verlag: Diogenes
Erschienen: Februar 2006
Seitenzahl: 374
ISBN-10: 3257065108
ISBN-13: 978-3257065107
Preis: 19.90 EUR


Ein weiteres Buch aus der allseits beliebten Reihe „Ich habe was gesucht – und dann was ganz anderes gefunden“.

Peter Debauer wächst bei seiner alleinerziehenden Mutter auf. Die Ferien verbringt er regelmäßig bei seinen Großeltern, väterlicherseits, in der Schweiz. Die Großeltern bestreiten ihren Lebensunterhalt durch die Herausgabe von Romanheften. Da Papier ein kostbares Gut ist, bekommt Peter die Korrekturbögen als „Sudelpapier“, ist doch die Rückseite immer noch nutzbar. Es besteht aber das Verbot, dass er die bedruckte Seite des Papiers nicht lesen darf. Und dann geschieht was eigentlich immer irgendwo geschieht, er setzt sich über dieses Verbot hinweg.

Die Geschichte die er liest lässt ihn nicht mehr los. Es wird von einem Heimkehrer aus dem Zweiten Weltkrieg erzählt, der bei seiner Ankunft in der Heimat erkennen muss, dass seine Frau längst einen anderen Mann hat. Und hier endet die Geschichte.
Später als Erwachsener macht sich Peter auf die Suche nach „dieser Geschichte“, liest sie sich doch so wie etwas tatsächlich Erlebtes.

Bei seiner Suche stößt er auch auf seinen Vater, eine für ihn im Grunde unbekannte Person, die er lediglich aus den Erzählungen seiner Großeltern kennt. Seine Mutter schweigt sich zumeist über den Vater aus.

Bernhard Schlink lässt uns teilhaben an der ganz persönlichen Odyssee des Peter Debauer. Wie immer schreibt Schlink in seiner etwas abfedernden Art. Es gibt Passagen die sind nicht eindeutig, die deuten lediglich an. Manchmal spricht Schlink die Dinge halt nicht aus, sondern umschreibt, bleibt ein wenig nebulös. Diesem, seinem ganz eigenen Spiel, bleibt er auch in diesem Buch treu.

Trotzdem hat mich dieses Buch nicht restlos überzeugt. Ist es diese Geschichte, die schon so unendlich oft geschrieben wurde? Ein Mensch auf der Suche nach etwas und am Ende der Suche steht dann etwas ganz anderes? Vielleicht läuft auch alles ein klein wenig zu glatt ab? Es fehlen diesem Buch die Ecken und Kanten, Dinge an denen man sich auch als Leser reiben kann. Es ist sicher ein lesenswertes Buch, doch bleibt die Frage, wie lange man es im Kopf behält und ob man aus ihm irgendeinen Nutzen oder irgendeine Erkenntnis ziehen kann. Ein anspruchsvoller Unterhaltungsroman – mehr ist es eigentlich nicht. Schlink vermeidet es ganz tief einzusteigen; das Wasser reicht ihm gerade mal bis zum Hals. Vielleicht wäre ein vollständiges Untertauchen besser gewesen.

Lesenswert – aber keine Pflichtlektüre für den Literaturfreak.

Meine Bewertung:
:stern: :stern: :stern:
Voltaire
 

Beitragvon Pippilotta » 12.04.2008, 20:33

Voltaire hat recht, die Thematik dieses Buches wurde schon sehr oft behandelt. Und trotzdem hat mich "Die Heimkehr" auf eine ganz eigene Art gefesselt. Schlink gerät vom Hundertsten ins Tausendste, greift vielleicht wirklich zu viele Themen auf und auch der Zufall spielt eine sehr große Rolle, alles wirkt ein wenig konstruiert - Dinge, die mich normalerweise sehr stören. Doch bei diesem Buch nicht. Schlink hat eine ganz besondere Gabe, Dinge, Atmosphäre und Gedanken auszudrücken ohne sie direkt in Worte zu fassen. Der rote Faden der "Heimkehr" - in welchem Zusammenhang auch immer - zog sich konsequent durch das Buch, sodass ich nie das Gefühl hatte, dass sich die Geschichte verliert.
Einzig über die Botschaft, die Schlink ganz offensichtlich transportieren will, bin ich mir noch nicht im Klaren. Da ist mir die Story ein wenig zu offen, manche Gedanken nur angedeutet und nicht "fertig gedacht" - aber es kann und sollte vielleicht auch dem Leser überlassen werden.

Für mich ein sehr lesenswertes Buch, das sich trotz der sehr ernsthaften, nachdenklichen Thematik und der vielen philosophischen Ansätze überraschenderweise sehr rasch liest.

:stern: :stern: :stern: :stern:
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon tom » 13.04.2008, 14:59

Bernhard Schlink – Die Heimkehr

Der Ich-Erzähler, Peter Debauer, erinnert sich zurück an die Kindheitsaufenthalte der 50iger Jahre bei den Großeltern in der Schweiz, durch die er, der den Vater am Ende des Krieges verloren zu haben scheint, fasziniert Geschichten des Krieges, der Heimkehrer etc vernimmt, vielleicht unbewußt auf den Spuren seines Vaters. Eines Tages entdeckt er auf einem Sudelpapier solch eine Geschichte, deren Ende er nicht erfährt, doch mit dem er sich später weiter beschäftigen sollte.

Später wird aus der Suche nach dem Ende der Geschichte eine Suche nach deren Autor, dessen Wege sich mit Orten und Personen seines Lebens verknüpfen. Dabei wird das Thema der Heimkehr wie ein Leitmotiv oder auch Grundmuster den Roman durchziehen, z.B. auch durch einen Bezug zur Odyssee etc. Die Handlung und Suche führt bis an den Anfang des XXI. Jahrhunderts und durchquert so einen weiten Teil der deutschen Geschichte, angefangen in den Entscheidungen der Kriegsjahre, bis hin zu heutigen Formen zwielichtiger Entscheidungen und Lebensentwürfe.

Ein paar Gedanken:
Ja, Schlink kann definitiv schreiben und nimmt erneut ein Kapitel der deutschen Geschichte vor, von dem man behaupten könnte, dass es ja weit zurückliege: Fehlen des Vaters am Ende des Krieges, Kriegsheimkehrerschicksale, Entscheidungen im Umfeld des totalen Krieges etc. Doch der Autor schreibt keinen Roman über Vergangenes, sondern setzt dieses Vergangene auf recht verwickelte Weise – wie ich meine – mit der Gegenwart in Verbindung, zeigt auf, wo auch heute Menschen in anderen Situationen vor Entscheidungen stehen, in denen sie „kippen“ können, in denen die Gratlinie zwischen Gut und Böse immer schmaler wird.

Im Gegensatz zu Klappentexten und Kommentaren fand ich den Roman nicht so geradlinig und wunderbar präzise wie angepriesen. Ich bleibe auch ein klein wenig ratlos, ob ich am Ende „alles verstanden habe“. Vielleicht aber will uns der Autor auch – angesichts des schnellen Urteils über die Vergangenheit, in der die heutigen Zeitgenossen alle gut dastehen – gerade diese Prise Verwirrung und Unsicherheit nahelegen, die eine Garantie gegen den Totalitarismus ist???

:stern: :stern: :stern: / :stern:

Bernhard Schlink (* 6. Juli 1944 in Bielefeld) ist ein deutscher Professor für Rechtswissenschaften und ein weltbekannter Romanautor.Er lebt in Berlin und New York.
Bibliographie:
1987 Selbs Justiz (zusammen mit Walter Popp), ISBN 3-257-21543-6
1988 Die gordische Schleife, Kriminalroman, ISBN 3-257-21668-8
1992 Selbs Betrug, ISBN 3-257-22706-X
1995 Der Vorleser , ISBN 3-257-22953-4
2000 Liebesfluchten, ISBN 3-257-23299-3
2001 Selbs Mord, ISBN 3-257-23360-4
2006 Die Heimkehr, ISBN 3-257-86136-2
2008 Das Wochenende, ISBN 978-3-257-06633-3
(Informationen aus Wikepedia und Umschlageinband)
tom
 



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