Herr Graudinger

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    Re: Herr Graudinger

    Wölfin - 24.02.2007, 13:25

    Herr Graudinger
    Herr Graudinger stapft aus dem Wasser. Es ist schwer zu erkennen, dass „er“ ein Herr ist, aber ich weiß es, weil ich ihn gemalt habe. Jetzt hängt er, beziehungsweise, das Bild von ihm, bei einer meiner Nachbarsfamilie.

    Das rote Wasser schäumt, wenn Herr Graudinger mit seinen vielen Beinen herausstapft. Es ist nicht das rote Meer. Im Übrigen heißt das rote Meer wahrscheinlich gar nicht so wegen der Farbe, denn Wasser ist doch farblos. Es ändert das, was Farbe genannt wird, nur durch einen gewissen Lichteinfluss. Aber dieses Wasser, aus dem Herr Graudinger stapft, ist wirklich rot, fast so rot wie Blut, obwohl es natürlich kein Blut ist. Es ist ganz einfach rotes Wasser, - ein riesiger See, bestehend aus rotem Wasser.

    Über dem roten See tanzen lilafarbene Planeten. Wie viele es sind? Ich würde sagen, mindestens zwanzig, obwohl ich auf dem Gemälde, auf dem ich Herr Graudinger gemalt habe, bloß zehn gepinselte. Der Himmel spiegelt sich in den Regenbogenfarben, beginnend am Horizont mit einem sanften Gelb, das sanft ins Orange und dann ins Rote übergeht, wo es schließlich, auf meinem Bild, ziemlich dunkelrot wird. Aber das täuscht, denn das dunkle Rot geht ins Violette über und schließlich ins Blau und ins Grün.

    Der Boden des Ufers, auf den Herr Graudinger eben tritt, besteht aus einer satten Wiese. Was ist eine satte Wiese? Wahrscheinlich würden Pflanzenfresser, wie Herr Graudinger einer ist, sie satt nennen. Nun, vor allem dann, wenn er davon gegessen hat. Falls er hungrig ist, würde er die Wiese wohl eher eine hungrig machende Wiese nennen. Aber egal. Es liegt irgendwie in einem tieferen Winkel meines Bewusstseins, dass eine Wiese, die aus frischen Gräsern und Kräutern besteht und dann noch die sehr frisch aussehende Farbe Grün aufweist, „satt“ genannt wird. In der Art von: ein sattes Grün. Es hört sich irgendwie so an, als hätte die Farbe Grün sich satt gegessen.

    Herr Graudinger kümmert sich nicht um Worte und um die Bedeutung irgendwelcher Worte. Er kennt eigentlich keine Sprache. Aber er kann Geräusche machen, wie etwa eben, als er frische Kräuter mit seinem großen Mund abreißt und kurz darauf einige „Grmpfs“ zu hören sind. Diese Geräusche entstehen durch seine kräftigen Zähne, die er eigentlich gar nicht braucht, da sein Magen auch ganze Kräuter – also, ohne sie zu zerbeißen – verarbeiten könnte. Die kräftigen Zähne dienen wahrscheinlich nur der Abschreckung für mögliche Feinde. Aber soviel ich weiß, hat Herr Graudinger gar keine Feinde. Er ist viel zu groß, als dass es ein Lebewesen gibt, das ihn angreifen und fressen könnte. Herr Graudinger misst, hoch aufgerichtet auf seinen vielen Beinen, gute zehn Meter. Und eines seiner vielen Beine, die eher Tentakeln eines Tintenfisches gleichen, hat an der dicksten Stelle – das ist so ziemlich am Anfang, wo sie alle aus seinem massigen, ovalen Körper wachsen – einen Umfang von gut einem Meter. Körper ist vielleicht zuviel gesagt, da der Körper von Herr Graudinger viel mehr einem riesigen Kopf gleicht, aus dem eine immens lange Nase ragt, die über seinem Mund hängt. Dadurch, dass seine Nase über den runden, schwarzen Augen beginnt und dadurch herabhängende Falten über den Augen bildet, ist der erste Eindruck von Herr Graudinger doch etwas furchteinflössend. Es wirkt, als würde er sehr, sehr finster dreinschauen, - selbst dann, wenn sich sein Mund, mit den kräftigen Zähnen, zu einem freudigen Lächeln formt, was eigentlich sein so genannter „normaler“ Gesichtsausdruck ist. Das heißt, Herr Graudinger lächelt gar nicht, obwohl es so scheint. Sein Mund, mit den kräftigen Zähnen ist immer so geformt, außer, er öffnet ihn weiter, um frische Gräser und Kräuter abzureißen und sie zu essen. Vielleicht liegt es an den großen, kräftigen Zähnen, dass er seinen Mund nicht schließen kann und ihn stets lächelnd nach oben ziehen muss, was aber auch durch die Körperform bedingt sein kann.

    Nun, Herr Graudinger ist kein Wesen, das gefürchtet werden muss, außer vielleicht von den Gräsern und Kräutern, die er massenweise in sich hineinstopft. Klar, ein Lebewesen dieser Größe braucht nun mal viel Nahrung. Es ist nur ein großes Glück, dass die Gräser und Kräuter sehr schnell nachwachsen. So hat Herr Graudinger immer genug Nahrung und muss nicht hungern. Aber darüber denkt Herr Graudinger gar nicht nach, obwohl man meinen möchte, dass in so einem riesigen Kopf ein ebenso riesiges Gehirn steckt. Aber dem ist nicht so, denn Herr Graudingers Gehirn ist kaum größer als eine halbe Erdnuss, was soviel bedeutet, dass er gar nicht denkt. Vielleicht ist er gerade deshalb ein so liebenswertes Wesen. Ja, das ist er wirklich!

    Als ich ihn das erste Mal sah, verspürte ich schon ein wenig Furcht. Nun, ich will ehrlich sein, - ich hatte echt Angst, als das riesige Geschöpf aus dem roten Wasser kam und direkt auf mich zustapfte. Ich wusste ja nicht, dass er mich gar nicht bemerkte und sich sein kleines Gehirn in diesem Moment nur auf die Gräser und Kräuter konzentrierte. Wahrscheinlich war es nur ein Teil von Gräsern oder Kräutern, da sich so ein kleines Gehirn sicher nicht auf allzu viel konzentrieren kann. Das bemerkte ich erst, als er sich mit seinem riesigen Körper auf die Gräser und Kräuter herunter neigte und sie mit einem lauten „Grmpf“ verspeiste. Seine Backen blähten sich dabei auf und die riesigen Zähne mahlten wie Mühlsteine.
    Ich wagte mich noch immer nicht näher zu ihm, aus Angst, dass mich vielleicht eines seiner langen Beine fassen und erwürgen könnte. Immerhin erinnerten sie mich auch an unzählige, überlange Riesenschlangen, - auch wenn sie keine Köpfe hatten. Unten waren – besser gesagt – sind sie weich und sanft abgerundet. Ja, - sind, denn Herr Graudinger lebt ja noch.
    Ich staunte, wie schnell er fast die ganze Wiese abnagte. Immerhin ist die Wiese vor dem roten See sehr, sehr breit und auch sehr, sehr lang. Natürlich wich ich stets ein Stück zurück vor Herrn Graudinger, bis ich mich an die Felsenwand lehnte, wo die Wiese endete. Die Felsenwand ist übrigens gute fünfzig Meter hoch und da ich nicht schwindelfrei bin, wagte ich es nicht, dort hoch zu klettern. Ich hatte also die Wahl, - entweder von Herrn Graudinger gefressen zu werden, da ich ja noch nicht wusste, dass er Vegetarier ist, oder die Felsenwand hoch zu klettern, wo ich sicher abgestürzt wäre. Okay, abstürzen bedeutet nicht immer den Tod, so wie es gewesen wäre, wenn Herr Graudinger mich gefressen hätte, aber ich hatte – ehrlich gesagt – Angst vor dem Schmerz des Absturzes. Also, blieb ich an die Felswand gelehnt stehen und beobachtete Herrn Graudinger, wie er sich mir langsam näherte und mich mit seinem scheinbar finsteren Blick anstarrte. Es ist wirklich ein Starres, denn Herr Graudingers Augen haben keine Lider, die sich schließen und öffnen könnten. Herr Graudinger kann also nie blinzeln, was den Eindruck macht, als würde er ständig starren. Ich muss zugeben, auf die Dauer sieht das auch ziemlich dümmlich aus. Aber ich möchte Herr Graudinger nichts nachsagen, auch wenn er nur ein so winziges Gehirn hat. Gehirn ist nicht alles!

    Die erste Berührung werde ich nie vergessen. Eines seiner langen Beine tastete sich an mich heran und berührte mich mitten im Gesicht, - also genau meine Nase. Es war sanft. Es war sogar zärtlich. Die Rundung am Ende dieses Beines zog sich ein wenig zusammen und wurde schmäler. Ich spürte sie dann auch auf meinen Wangen und an meinen Lippen. An den Lippen fühlte es sich wie ein Kuss an. Ich war unheimlich gerührt. Mir kamen fast die Tränen. Nein, - mir kamen die Tränen! Und es war nicht vor Todesangst! Ich war alleine durch diese sanfte, wie auch liebevolle Berührung so sehr gerührt, dass ich laut zu weinen begann und am ganzen Körper zitterte. Na ja, okay, ein bisschen Angst war schon dabei, weil ich ja nicht wusste, was diese Berührung zu bedeuten hat. Immerhin dachte ich daran, was Herr Graudinger als nächstes machen könnte. Das ist nun mal das Dilemma, wenn man denken kann. Man malt sich im Moment einer möglichen Gefahr meistens das Schlimmste aus, was die Angst natürlich noch mehr steigert.
    Ja, ja, schon okay! Ja, ich hatte Todesangst! Und ja, ich weinte und zitterte am ganzen Körper vor lauter Todesangst. Aber zu meiner Entschuldigung kann ich ehrlich sagen, dass ich die nächsten Berührungen, - als ich Herrn Graudinger das nächste Mal traf, wirklich genießen konnte. Das nächste Mal war es wirklich so, wie ich es vorhin beschrieben habe, - und auch, dass noch ein bisschen Angst dabei war und ich es nicht wagte, Herrn Graudinger auch zu berühren. Das passierte erst das dritte Mal, aber so weit bin ich mit meiner Geschichte noch nicht. Das kommt erst!

    Auf jeden Fall war es das dritte Mal, als mir bewusst wurde, wie sehr ich alleine durch meine Vorstellungskraft alles verschleiere. Ich habe ja zugegeben, dass ich wirklich Todesangst hatte, als sich Herr Graudinger mir näherte, obwohl er sich gar nicht MIR, sondern den Gräsern und Kräutern auf der Wiese näherte. Aber wie konnte ich das wissen? Herr Graudinger hatte keine Angst. So etwas wie Angst gibt es in seinem Leben nicht. Auch Vorstellungskraft gibt es in seinem Leben nicht. Dazu ist sein Gehirn wahrscheinlich zu winzig. Aber wie schon gesagt, - das Gehirn ist nicht alles.
    Vorstellungskraft kann natürlich auch etwas Wunderbares sein, wenn ich an all die Märchen und Fantasiegeschichten denke, die Menschen geschrieben haben. Mir fällt auf, dass sich all die Märchen und Fantasiegeschichten ziemlich ähnlich sind. In Märchen gibt es meistens Hexen, Zwerge oder Elfen, oder Prinzessinnen, die von Helden gerettet werden wollen. Bei Fantasiegeschichten gleichen sich manchmal sogar die Namen der Helden, wie etwa Aragorn, in „Herr der Ringe“ und Eragon, der Letzte der Drachenflieger. Es scheint, als würde die Vorstellungskraft der Menschen ebenso an einem gewissen Punkt enden, wie auch ihre Welt endet, nämlich in der Sprache. Ein angeblich sehr weiser Mensch sagte einmal: „Die Grenzen meiner Sprache, sind die Grenzen meiner Welt.“ Aber betrifft das nicht auch die Vorstellungskraft? Im Grunde genommen kann ich mir doch nur das vorstellen, was ich bereits kenne. Und selbst wenn ich noch nie von Herrn Graudinger gefressen worden bin, weiß ich, was es bedeuten könnte, wie es ist, von Herrn Graudinger gefressen zu werden. Wenn aber Herr Graudinger etwas mit mir gemacht hätte, das über mein Gesamtwissen, wie auch über meine Vorstellungskraft hinausgegangen wäre, so hätte ich wahrscheinlich keine Angst empfunden. Nun, das ist nicht ganz so richtig, da ich mir ja vorgestellt habe, was Herr Graudinger mit mir tun könnte, - eben, dass er mich fressen könnte. Ich konnte also gar nicht an etwas denken, was über meine Vorstellungskraft hinausgeht. Das könnte ich erst, wenn ich es „kenne“, und selbst dann hätte es keine Benennung, nichts, dem ich einen Namen geben könnte, außer ich erfinde einen Namen dafür.
    Nun, was will ich eigentlich damit sagen? Ich will damit erklären, wie die Welt für Herrn Graudinger aussieht. Ja, genau, das will ich! Für Herrn Graudinger geht fast alles über seine Vorstellungskraft hinaus, eben weil er gar keine hat. Oft denke ich mir, dass Herr Graudinger ein immens glückliches Wesen sein muss. Aber das ist er gar nicht, weil er nicht wissen kann, was Glück ist.
    Als Mensch weiß ich, wie ich mich fühle, wenn ich glücklich bin. Im Gegensatz dazu weiß ich aber auch, wie ich mich fühle, wenn ich leide oder Schmerzen habe. Das eine schließt das andere nie aus, - und das ist wohl das Dilemma des menschlichen Bewusstseins. Selbst wenn ich mit ganzer Kraft will, kann ich das eine vom anderen nicht trennen, auch wenn ich getrennt wahrnehmen kann.
    Herr Graudinger kann sehr wohl wahrnehmen, aber er denkt über seine Wahrnehmung nicht nach. Dennoch macht es ihn nicht glücklich oder traurig. Aber ich lasse mal diese haltlosen Philosophien, da sie im Grunde genommen ohnehin nichts bringen. Jeder ist wie er ist und wenn sich jeder so akzeptiert wie er ist, wäre die Welt okay. Eigentlich ist die Welt ja okay. Es kommt nur auf die Sichtweise an. Es kommt eigentlich nur darauf an, die Welt so sein zu lassen wie sie ist, dann ist sie auch für jeden okay. Ach, ich philosophiere schon wieder. Oder ist es meine Vorstellungskraft?
    Eines noch! Akzeptiert sich Herr Graudinger so wie er ist? Darauf gibt es eigentlich keine zufrieden stellende Antwort. Es gäbe noch eine Frage, auf die es ebenfalls keine zufrieden stellende Antwort gibt, nämlich: Weiß Herr Graudinger, dass er ist, - dass er existiert? Angeblich können Lebewesen mit so einem kleinen Gehirn so etwas nicht wissen.

    Jetzt aber weiter mit meiner Geschichte! Wie bereits gesagt, hatte ich schreckliche Todesangst, alleine durch meine Vorstellungskraft, als ich an der Felswand lehnte und Herr Graudinger mein Gesicht mit einem seiner vielen Beine abtastete, was er nicht allzu lange tat. Kann ich sagen, dass er kein Interesse an mir hatte, als er sich wieder abwandte und langsam zum Seeufer zurückstapfte? Immerhin dachte er sich nichts dabei, als er sich abwandte. Aber vielleicht spürte Herr Graudinger, dass ich nichts Fressbares für ihn bin? Für Wesen, mit so einem kleinen Gehirn, gibt es eigentlich nichts anderes als Fressen und Fortpflanzung. Für Fortpflanzung war ich also auch nicht geeignet. Wahrscheinlich hat Mutter Natur es so eingerichtet, dass sich nur Wesen gleicher Art anziehen, um sich dann fortzupflanzen.
    Da ist der Mensch wieder ganz anders, denn ihm geht es nicht immer um Fortpflanzung. Das liegt wohl daran, weil er zwischen Glück und Leid unterscheiden kann. Sex macht viele Menschen glücklich, - sogar so glücklich, dass sie dafür bezahlen. Sex ist für viele Menschen sogar das Thema Nummer eins. Aber das geht nun ja doch etwas zu weit, oder? Und außerdem hat es nichts, rein gar nichts, mit Herrn Graudinger zu tun.

    Als ich Herrn Graudinger das zweite Mal begegnete, was es ähnlich, obwohl ich nicht mehr so viel Angst hatte. Ich dachte, das erste Mal war er vielleicht schon satt, da er ja wirklich fast die gesamte Wiese abgerodet hatte. Also bestünde doch die Möglichkeit, dass er beim zweiten Mal noch Hunger hat. Immerhin wusste ich damals noch nicht, dass Herr Graudinger kein Fleisch isst. Es war beim zweiten Mal genauso wie beim ersten Mal. Ich drückte mich wieder an die Felswand und Herr Graudinger tastete mein Gesicht mit einem seiner vielen Beine ab. Ob es dasselbe Bein wie beim ersten Mal war, weiß ich aber nicht.

    Das dritte Mal war es ähnlich. Ich hatte kaum noch Angst, obwohl in mir noch immer ein etwas befremdliches Gefühl war. Befremdlich? Ja, das ist ein Ausdruck für etwas, was mir neu war. Es kommt dem Unvorstellbaren schon sehr nahe, - also dem, was über meine Vorstellungskraft hinausgeht. Herr Graudinger ist doch selbst so ein Wesen, das ich mir, bevor ich ihn sah, kaum vorstellen konnte, auch wenn er etwas Ähnlichkeit mit Tintenfischen hat. Was ich damit sagen will, Herr Graudinger dürfte für die meisten Menschen sicher in der Kategorie „Tiere“ aufgenommen werden. Er nimmt Nahrung durch eine Mundöffnung zu sich und er bewegt sich. Das tun eigentlich nur Tiere. Pflanzen nehmen auch Nahrung auch, aber sie bewegen sich nicht selbständig, - außer durch den Wind, oder wenn sie von Menschen oder anderen Lebewesen getragen werden. Nein, das will ich eigentlich nicht damit sagen. Es geht wieder um die Vorstellungskraft, - dass ich mir nur etwas vorstellen kann, das mit Tieren, Pflanzen oder Menschen oder eben Bekannten zu tun hat. Herr Graudinger hat Ähnlichkeit mit einem riesigen Tintenfisch. Nur – von einem Tintenfisch weiß die Wissenschaft inzwischen, dass er ein sehr intelligentes Tier ist, was man von Herrn Graudinger eher nicht sagen kann. Herr Graudinger hat aber auch etwas Menschliches an sich, was sein Gesichtsausdruck wäre. Hat schon jemand Tintenfische lachen gesehen? Herr Graudinger lacht ständig, außer, wenn er Nahrung zu sich nimmt. Aber das habe ich bereits erwähnt.
    Nun, - würde Herr Graudinger weder Ähnlichkeit mit einem Tier, einer Pflanze, einem Menschen oder etwas mir Bekanntem haben, - hätte ich ihn dann überhaupt bemerkt? Ich frage das, weil ich einmal die Geschichte gehört habe, dass die Eingeborenen die Schiffe des Columbus gar nicht gesehen haben, weil sie in ihrer Vorstellungskraft nicht enthalten waren. Keiner der Eingeborenen hatte jemals ein Schiff gesehen und wusste auch nicht, was ein Schiff ist. Das soll angeblich Grund genug gewesen sein, dass sie die Schiffe gar nicht gesehen haben.
    Wenn sich also mir etwas entgegenstellt, das absolut keine Ähnlichkeit mit etwas mir Bekanntem hat, würde ich es gar nicht bemerken, weil es sich nicht in meinem Bewusstsein befindet. Ich würde wahrscheinlich nicht einmal dagegen rennen, weil es für mich ja nicht da ist. Ich würde hindurchgehen wie durch Luft. Nun, irgendwie zweifle ich daran. Und ich frage mich, woher das Wissen stammt, dass die Eingeborenen damals die Schiffe nicht gesehen haben. Vielleicht haben sie irgendetwas gesehen, konnten es aber in ihrem Sprachschatz nicht einreihen. Vielleicht liefen sie am Ufer aufgeregt durcheinander und zeigten alle auf diese seltsamen Gebilde im Meer, bis der Häuptling ein entscheidendes Machtwort sprach, um die Meute zu beruhigen. Vielleicht sagte er: „Da ist nichts! Also geht wieder alle an eure Arbeit!“ Nun ja, ICH weiß nicht, wie es damals war, - aber es könnte so gewesen sein. Alles könnte immer irgendwie gewesen sein. So gesehen ist auch das ein Dilemma des Denkens. Ich denke (!) eben daran, dass ich mir oft dachte (!), dieses oder jenes hättest du anders machen können, - oder dieses oder jenes hättest du eher nicht sagen sollen. Aber ändert das irgendetwas? Ja, es macht Sorgenfalten und ändert somit das jugendliche, frische Aussehen! Oft frage ich mich, wieso manche Menschen besonders langsam altern und mit 40 noch immer wie 20 wirken. Wirken wohlgemerkt! Dann sage ich mir, es liegt wohl an den Genen, aber auch am Leben selbst, - eben wie sie das Leben annehmen. Menschen, die über alles nachdenken, was sie getan und gesagt haben, - Menschen, die denken, dass sie vieles anders machen hätten können, vieles anders sagen können, sind sorgenvolle Menschen. Und Sorgen machen nun mal Falten. Sorgen machen alt. Außerdem, wieso stellen sie sich diese Fragen eigentlich, wo sie doch wissen sollten, dass es da nichts mehr zu ändern gibt? Es ist passiert und damit basta! Bin ich mir oder irgendjemandem Rechenschaft schuldig? Muss ich mir oder irgendjemandem etwas beweisen? Ich bin nun mal DA und das muss ich und das müssen alle akzeptieren! Muss und müssen? Niemand und nichts muss! Es ist einfach so und damit basta! Was war das jetzt? Darauf wollte ich doch gar nicht hinaus!
    Aber es ist doch so, dass immer im Nachhinein alles analysiert wird und sich die Fragen stellen, wie es nur passieren konnte und wie es zu verhindern gewesen wäre und bla bla bla. So, als ob es das nächste Mal zu verhindern wäre, - falls es überhaupt ein nächstes Mal gibt! So traurig das alles vielleicht ist, aber ich muss dennoch jedes Mal in mich hineinlächeln, wenn ich so etwas in den Nachrichten höre. Und was das Geld kostet! All diese Nachforschungen, die eigentlich nichts bringen! Oder wollen die Menschen, die das alles organisieren, uns damit nur beruhigen? Um uns zu zeigen, dass die „Oberen“ eh für uns da sind und uns beschützen, indem sie im Nachhinein alles in Ordnung bringen? Das ist doch ein schlechter Witz, oder?
    Herr Graudinger hat solche Sorgen nicht. Herr Graudinger hat überhaupt keine Sorgen.

    Okay, ich schweife ständig ab, aber ich bringe das gerne zur Sprache, um aufzuzeigen, wie leicht das Leben für Herrn Graudinger ist. Nun ja, es ist in Wirklichkeit auch nicht leicht, aber auch nicht schwer, - es IST einfach. Ja, Herr Graudingers Leben IST! So einfach ist das!
    Nun schweife ich aber nicht mehr ab. Versprochen! Also, wie ich mich das dritte Mal an die Felswand drückte, wagte ich es, meine rechte Hand sehr langsam zu heben und Herrn Graudingers Bein, mit dem er abermals mein Gesicht abtastete, zu berühren. Es fühlte sich wie menschliche Babyhaut an. Wer schon mal ein Baby berührt hat, weiß, wovon ich spreche. Und ich denke, die meisten Menschen wissen hier, wovon ich spreche, beziehungsweise schreibe. Nein, nicht beziehungsweise, denn niemand hört meine Stimme, wenn er diese Zeilen liest. Bleiben wir bei den Fakten! Ich schreibe und Ihr, liebe Leser, lest diese Zeilen. Okay?



    Re: Herr Graudinger

    Wölfin - 24.02.2007, 13:25


    Herr Graudinger schien keineswegs überrascht oder gar verängstigt zu sein, als ich ganz sanft über die überaus weiche Haut seines Beines streichelte, mit dem er noch immer mein Gesicht abtastete. Aber er hielt in der Bewegung inne und schien meine Berührung zu genießen. Ja, schien! Er genoss sie nämlich gar nicht. Die Berührung war einfach nur da. Er registrierte sie, - das war alles. Er dachte nicht darüber nach und er ordnete sie auch nirgendwo ein, - so wie Menschen es gewöhnlich tun.
    Ich war es, die diese Berührung genoss. Es tat wirklich gut, diese weiche Haut zu streicheln, die so verletzlich schien und doch so widerstandsfähig ist. Immerhin verbringt Herr Graudinger die meiste Zeit seines Lebens im Wasser. Es ist erstaunlich, dass er unter Wasser, wie auch über Wasser, - also am Land – gleichermaßen atmen kann. Ja, doch – er atmet, denn ich kann es durch seine Nasenlöcher seiner langen Nase hören. Ich höre die Luft! Nun, die Luft selbst macht keine Geräusche, aber wenn sie recht scharf eingezogen wird, klingt es wie, - ja wie? Ich würde sagen, es zischt, - es macht: „zisch“, auch wenn das Z nicht wirklich hörbar ist. „Isch“ würde es wohl am besten ausdrücken, mit einem längeren Nachdruck von „sch“. Man hört die Luft auch, wenn etwas ganz schnell bewegt wird. Schon wieder falsch! Man hört nicht die Luft, man hört das, was die Luft bewegt. Man hört die Bewegung. Oder?
    Egal, auf jeden Fall atmet Herr Graudinger im Wasser und an Land gleichermaßen. Ich weiß es, da ich ihm ins Wasser folgte, nachdem ich ziemlich lange sein Bein gestreichelt habe, denn als ich aufhörte, sein Bein zu streicheln, drehte er sich um und ging zum Seeufer zurück. Und ich folgte ihm. Obwohl Herr Graudinger sich sehr langsam bewegte, musste ich mich schnell bewegen. Es liegt an seiner Größe. Ein Schritt mit seinen vielen, langen Beinen ist für mich mehrere Schritte. Ob die Zeit für Herrn Graudinger anders lief? Vielleicht schneller oder langsamer? Es wäre interessant zu wissen, wenn Herr Graudinger etwas mit Zeit anfangen könnte, aber das kann er nicht. Zeit ist für ihn nichts, so wie fast alles für ihn nichts ist, außer Fressen und Fortpflanzung, wo ich mir bei Fortpflanzung gar nicht so sicher bin. Warum nicht? Weil ich kein zweites Wesen wie Herr Graudinger eines ist, gesehen habe. Noch nicht! Aber ich verspreche, wenn ich eines sehe, und es ist sogar Frau Graudinger, werde ich beide malen.

    Ja, wie kam es nun dazu, dass ich Herr Graudinger malte? Es passierte beim vierten Mal. Aber so weit bin ich noch nicht! Ich war gerade dabei, zu schreiben (!) – fast wollte ich „erzählen“ schreiben -, wie ich Herrn Graudinger ins Wasser folgte und ihn dabei beobachtete, wie er auch unter Wasser atmen kann. Damit ist doch schon alles gesagt. Oder? Ich tauchte nach ihm in das rote Wasser des Sees ein und sah die vielen Luftbläschen, die aus seinen beiden Nasenlöchern blubberten. Und er sah dabei sehr, sehr glücklich aus. Aber das lag nur an seinem Gesichtsausdruck, - an diesem ständigen Grinsen. Okay, ich wiederhole es nie wieder, da es sonst zu langweilig werden könnte. Ständige Wiederholungen in einer Geschichte langweilen sicher. Ich weiß das.

    Nun ja, was gibt es sonst noch über Herrn Graudinger zu sagen – äh, zu schreiben? Wie er zu diesem Namen kam? Ganz einfach, ich gab ihm diesen Namen! Zuerst nannte ich ihn „das graue Ding“, - so auch der Titel meines Gemäldes, das nun bei einer meiner Nachbarsfamilien an der Wand hängt. Irgendwann nannte ich ihn nur noch „das Ding“, was nicht wirklich zutraf, da er ja grau ist. Da ich aber höchst beeindruckt von diesem wundervollem Wesen war und noch immer bin, schien mir diese Benennung zu respektlos und so entschied ich mich, ihn „Herr Graudinger“ zu nennen.
    Es ist übrigens sehr schön in Herrn Graudingers Welt. Den See und den Himmel und die Wiese habe ich ja schon beschrieben, wie ich sie auch auf dem Gemälde abgebildet habe, obwohl von der Wiese nichts zu sehen ist, da Herr Graudinger in diesem Moment, als ich ihn malte, kurz davor war, die Wiese zu betreten und noch im Wasser war. Dieser Moment dauerte etwas länger, als ein Moment eigentlich dauert, da Herr Graudinger seltsamerweise still hielt, so als ob er wüsste, dass ich ihn male. Natürlich wusste er das nicht! Er hielt einfach still, weil er bemerkte, dass ich eben etwas tat, was er nie und nimmer einordnen konnte. Sein kleines Gehirn streikte einfach, und so war er unfähig dazu, sich zu weiter zu bewegen. Erst, als ich meine Staffelei und die Farben wegpackte, dass er sie nicht mehr sah, bewegte er sich weiter und kam auf die Wiese, um, wie immer, zu fressen.
    Vielleicht male ich einmal die Wiese, wie Herr Graudinger Gräser und Kräuter zu sich nimmt und auch den Felsen, der oben ein Plateau bildet, das wahrscheinlich auch mit Gräsern und Kräutern bewachsen ist, falls Herrn Graudinger einmal die Nahrung am Seeufer ausgeht. Für ihn ist es ja leicht, am Fels empor zu klettern. Nachdem ich ihn gemalt habe, sah ihn es. Seine vielen Beine wirkten wie Saugnäpfe, die sich am Gestein festsaugten. Er stapfte auf diese Art senkrecht hoch. Nicht mal sein schwerer Körper, oder besser gesagt, sein schwerer Kopf neigte sich der Erde zu. In diesem Moment verglich ich ihn mit einer dicken, großen Spinne, die an der Felswand senkrecht hoch krabbelt. Ich konnte ihm nicht folgen, da ich ja Höhenangst habe. Aber vielleicht, falls er wieder einmal an der Felswand hoch krabbelt, werde ich mich an seinem Kopf festhalten, wenn das möglich ist, und mit ihm zusammen den oberen Teil seiner kleinen Welt erkunden. Und vielleicht wird Herrn Graudingers kleine Welt dadurch sogar größer, denn wer weiß schon, was ich hier alles noch entdecke?
    Vielleicht sogar Frau Graudinger, deren Revier sich dort oben auf dem Plateau befindet, wo ebenfalls ein großer See sein könnte. Ich würde es Herrn Graudinger auf jeden Fall vergönnen, eine Frau zu finden, mit der er zusammen Gras und Kräuter isst und mit der er zusammen in einem der beiden Seen schwimmt und taucht. Und vielleicht gibt es dann auch kleine Graudingers? Kleine Graudingers, die dann so groß werden, wie Herr und Frau Graudinger? Dann müsste aber diese kleine Welt um einiges größer werden. Das ginge durchaus, falls mir bis dahin die Leinwand nicht ausgeht…


    Meine Geschichte ist noch nicht fertig geschrieben! Immerhin war ich dabei zu erzählen, was Herr Graudinger gerade JETZT tut. Nur, wie kann das möglich sein? Herr Graudinger macht sich gerade JETZT über die Gräser und die Kräuter her und ich kommentiere schriftlich sein Tun auch gerade JETZT. Und Du, lieber Leser, wie auch Du, liebe Leserin, liest das, was Herr Graudinger gerade jetzt tut und ich Herrn Graudingers Tun gerade jetzt schriftlich kommentiere, auch gerade jetzt. Unmöglich? Warum? Nun, lieber Leser, liebe Leserin, wenn Du weiter nach unten siehst, wirst Du weitere Zeilen erblicken, die bereits geschrieben sind. Aber das JETZT, von dem ich schreibe, ist sozusagen bereits kalte Vergangenheit. Total abgekühlt! Na ja, warum sollte es nicht mehrere Jetzte geben? Eines, das eben JETZT ist, - eines, das mal war, - und eines, das mal sein wird.

    Aber Herrn Graudinger ist das sowieso egal. Ihm dürfte auch egal sein, wie die Gräser und Kräuter schmecken. Schrieb ich schon, dass Herrn Graudingers Gehirn für mögliche Geschmackssinne zu klein ist? Und schrieb ich schon, dass Herrn Graudingers Gehirn gerade dazu ausreicht, sich fortzubewegen, um seinen natürlichen Instinkten zu folgen? Natürlich sorgt Herrn Graudingers Gehirn auch für die nötigen Körperfunktionen, wie etwa für Atmung, Kreislauf und Verdauung.
    Ist Herr Graudinger nicht ein höchst interessantes Wesen? Also, ich finde ihn mehr als faszinierend. Und auch sehr lehrreich. Mich bringt so ein Geschöpf Gottes auf jeden Fall zum Nachdenken. Das ist ja schon etwas, was? Herr Graudinger kann nicht denken, da sein Erbsengehirn viel zu klein ist. Aber mich, einen Menschen, mit einem Gehirn, das so komplex ist, dass es der Mensch selbst nicht verstehen kann, bringt Herr Graudinger zum Nachdenken. Irgendwie stecken wir beide, Herr Graudinger und ich, im selben Dilemma, obwohl Herrn Graudingers Dilemma viel einfacher ist, da es für ihn gar keines gibt.

    Kurz zuvor war ich am Überlegen, ob Herr Graudinger ein gefühlvolles Wesen ist. Aber selbst zum Fühlen brauchen Lebewesen ein Gehirn, das groß genug ist. Herrn Graudingers Gehirn ist selbst für Gefühle zu klein. Woher ich das weiß? Es fiel mir eben ein! Es war, glaube ich, das zweite Mal, als ich Herrn Graudinger traf und ihn, während er Gräser und Kräuter kaute, eine Biene in die lange Nase stach. Herr Graudinger kaute weiter, als wäre nichts geschehen. Klar, es könnte sein, dass seine Haut von Natur aus unempfindlich ist. Nur, es liegt nicht an der Haut, sondern an den Nerven, - und Herr Graudinger hat kaum welche.
    Aber was ist mit den Gefühlen des Herzens, wie wir Menschen das nennen? Bei Menschen gibt es angeblich zwei Arten, - diejenigen, die mehr auf Logik (Verstand) setzen, und diejenigen, die mehr ihren Gefühlen (auch Bauchgefühl genannt) vertrauen. Man bedenke jedoch, dass beide Arten von Menschen beachtliche Gehirne haben, von denen eben mal die eine Seite und ein anderes Mal die andere Seite mehr arbeitet. So gesehen haben Gefühle also nichts mit dem Herzen oder gar dem Bauch etwas zu tun.
    Herr Graudinger fühlt nichts! Absolut nichts! Er ist weder glücklich, noch traurig. Ich schrieb schon, er ist eines der faszinierendsten Wesen, das ich kenne. Nein, er ist DAS faszinierendste Wesen, das ich kenne.
    Herr Graudinger braucht kein Glück, um etwas zufrieden stellend zu tun. Er braucht weder sich selbst, noch anderen etwas zu beweisen. Herr Graudinger hat vor nichts und niemandem Angst, - und ihm tut nie etwas leid. Herr Graudinger kümmert sich nie um andere. Er kümmert sich auch nicht um sich selbst, obwohl er Nahrung zu sich nimmt. Aber das tut er nur aus reinem Instinkt, - ohne Absicht!

    Herr Graudinger weiß nicht, dass er der Wiese, die er einmal täglich abmäht, etwas Gutes tut, denn nur so kann die Wiese immer wieder neu erblühen. Würde das nicht geschehen, würden die Gräser und Kräuter vertrocknen und somit die ganze Wiese absterben. Dadurch, dass Herr Graudinger beim Äsen sehr viel Speichel verliert, düngt er damit die Wiese und versorgt sie genau mit dem, was sie braucht. Herr Graudinger und die Wiese leben in absolut harmonischer Symbiose. Das Fantastische daran ist, dass weder Herr Graudinger, noch die Wiese darüber Bescheid wissen.
    Menschen denken, dass es etwas Höheres geben muss, das all das in Gang gebracht hat und weiter in Ganz bringt. Manche Menschen denken sogar, sie seien diejenigen, die alles in Gang bringen.
    Herrn Graudinger ist das alles egal. Nein, es ist ihm nicht einmal egal. Herr Graudinger existiert im Fluss, - ja, er ist sogar der Fluss, - genauso wie die Wiese.
    Ich weiß, das ist ein sehr seltsames Wortspiel, - im Fluss sein, alles fließen lassen, um dann schließlich selbst der Fluss sein. Menschen brauchen anscheinend derartige Wortspiele, um ihr viel zu großes Gehirn annähernd verstehen zu können. Und so erschaffen sie irgendwelche Wortspiele, die sie im Grunde genauso wenig verstehen, wie ihr Gehirn.
    Das soll nichts gegen Menschen sein. Ich liebe die Menschen. Immerhin bin ich selbst ein Mensch. Und am liebsten lache ich über mich selbst, - vor allem jetzt, wo ich Herrn Graudinger begegnet bin.

    Letztens hatte ich vor, mich an Herrn Graudinger festzuhalten, um auf das Plateau zu gelangen. Nun, Herr Graudinger steht eben jetzt neben mir und macht sich eben jetzt daran, die senkrechte Felswand zu erklimmen. So gut es geht, klettere ich an einem seiner Beine hoch und halte mich daran fest. Natürlich schließe ich die Augen, um nicht nach unten sehen zu müssen.
    Endlich spüre ich, dass wir oben angekommen sind. Ich klettere von Herrn Graudinger herunter.
    Du heiliger Strohsack! Ich kann es nicht glauben! Hier oben befindet sich eine Stadt! Eine supermoderne, futuristische Stadt! Und es wimmelt hier nur so von Graudingers!
    Einer oder eine (?) von ihnen nähert sich Herrn Graudinger und mir, die ziemlich geschockt hinter Herrn Graudinger hervorlugt.
    „Hey, Bobo, altes Haus! Na, hast endlich den irren Menschen mitgebracht?“
    „Hi, Nene! Yep, hab ich! Konnte ihn nicht länger im Ungewissen lassen. Dieser Mensch hält uns für Vollidioten, die nichts weiter im Sinn haben, als zu schwimmen und zu fressen. Und er meint, wir bräuchten ein größeres Gehirn. Als ob es am Gehirn liegt! Na ja, ein Mensch eben…“



    Ha! Hab ich euch drangekriegt? So war es sicher nicht. Ja, WAR! Ich schreibe nicht mehr vom Jetzt, wie es eben JETZT passiert, - ich schreibe vom Jetzt, wie es WIRKLICH war. Das, was ich eben schrieb, ist ein Jetzt, das so gewesen sein KÖNNTE! Ja, es gibt auch Jetzte, und ganz sicher sind es die meisten Jetzte, die es gibt, die MÖGLICH sein könnten. Ich schrieb also von einem Möglichkeitsjetzt.
    Ich hätte auch weiter schreiben können, dass ich mich über Herrn Graudingers Sprache wundere, dass er genau meine Sprache spricht. Natürlich hätte ich gefragt, wie es kommt, dass Graudingers genau diese Sprache beherrschen. In diesem Möglichkeitsjetzt wäre mir aufgefallen, dass ich meine Stimme nicht nur in, sondern auch außerhalb wahrnehme und sie irgendwie mit Bobos und Nenes Stimme übereinstimmt. Bobo hätte gesagt, dass sie über Telepathie verfügen und dieses Spiel nur meinetwegen spielten. Sie selbst würden keine Sprache brauchen. Und dann hätten mich die beiden in ihre Stadt geführt und mir Dinge gezeigt, die jenseits meinen Vorstellungen existieren. Was? Wenn das so gewesen wäre, erhebt sich wieder die Frage, ob ich das, was jenseits meiner Vorstellungen existiert, auch wahrgenommen habe.

    Wenn ich nun an meine anfängliche Angst Herrn Graudinger gegenüber denke, hätte es auch anders sein können.
    „Hey, Bobo! Gut, dass du endlich mal fleischliche Nahrung mitbringst!“
    Nur, wenn es so gewesen wäre, könnte ich wahrscheinlich nicht mehr weiter schreiben, es sei denn, in einem der Graudingers, besser geschrieben, im Magen einer der Graudingers, befände sich Papier und Schreibstift. Dann könnte ich weiter schreiben. Aber wer könnte es lesen?

    Aber das erste Möglichkeitsjetzt finde ich gut. Es zertrümmert alles, was ich vorher geschrieben habe. Auch diese wundervoll harmonische Symbiose zwischen Herr Graudinger und der Wiese. Wäre doch schade darum, oder? Was ist es nun? Gut oder schade drum?
    Lasst euch überraschen, denn meine Geschichte geht sicher noch weiter!




    Vielleicht ist es ja gerade das, was von Herrn Graudinger gar nicht erwartet wird? Ein höheres Bewusstsein als Menschen zu haben! Glauben Menschen etwa daran, dass Tiere oder gar Blumen so etwas wie ein Bewusstsein haben, ähnlich dem der Menschen? „Es kann gar nicht so sein!“ sagen die Menschen, denn sie sind die „Herren“ der Schöpfung. Immerhin haben sie gewaltige Kulturen erschaffen. Unter ihnen gibt es wissenschaftliche Genies. Menschen sind bereits auf dem Mond gelandet und haben Wissen über andere Planeten unseres Sonnensystems.
    Aber wozu schreibe ich das? Das wissen doch alle!

    Nun, - man wird sich fragen, WO lebt denn Herr Graudinger? Einen Ort, wie ich ihn beschrieben habe, - mit rotem Wasser, mit einem regenbogenfarbenen Himmel, in dem lilafarbene Planeten kreisen, gibt es auf der Erde doch nicht. Und ein Wesen wie Herr Graudinger wohl auch nicht. Außer er wurde schon vorher entdeckt und nun unter Verschluss gehalten. Aber das wird der Herr Graudinger nicht. Er ist doch eben noch mit mir über den steilen Felsen empor gestiegen. Und als ich mir dachte, ich öffne jetzt meine Augen, malte ich mir vorher einige Szenarien aus, wie es wohl hier oben aussehen könnte.

    Ja, ich gebe zu, - das mit der supermodernen, futuristischen Stadt war kein so guter Gedanke. Nicht nur, weil er alles zunichte gemacht hätte, was ich über Herrn Graudinger erzählt habe, sondern viel mehr wegen Herrn Graudinger selbst, da er ein wirklich liebenswertes Wesen ist. Ich kann alles zu ihm sagen, - ihn mit den übelsten Worten beschimpfen. Es würde alles an ihm abprallen. Niemals würde er sich persönlich angegriffen fühlen. Das kann er nämlich nicht, da sein… Okay, ich wiederhole mich nicht gerne, aber das sollte nicht vergessen werden. Nun, - Herrn Graudingers Gehirn ist einfach zu klein, um so etwas wie eine Persönlichkeit zu entwickeln. Herr Graudinger ist ein ichloses Wesen.
    Wahrscheinlich findet man so ein Wesen nicht einmal in der irdischen Tierwelt. Ich will nicht sagen, dass alle Tiere eine Persönlichkeit entwickelt haben. Bei Insekten bin ich mir nicht sicher. Aber eines weiß ich ganz bestimmt, - Hunde, wie auch Katzen, haben Persönlichkeit. Und Tiere, - ich denke, alle Tiere wehren sich, wenn sie angegriffen werden, - und wenn sie das tun, können sie sich auch angegriffen fühlen, da sie sich sonst ja nicht wehren würden. Irdische Tiere haben nun mal auch diesen Instinkt, ihr Leben auf Biegen und Brechen zu verteidigen. Und ähnlich wie Menschen verteidigen Tiere auch ihre Jungen, ihre Familie. Wenn es sein muss, verteidigen sie sie mit ihrem Leben.
    Aber ich denke, ich erzähle hier nichts Neues. Dennoch schreibe ich diese Zeilen nieder, um dem Leser/ der Leserin noch mehr Einblick in Herrn Graudingers Dasein zu verschaffen.

    Manchmal habe ich Herrn Graudingers ewiges Grinsen satt, das mich – obwohl er nichts fühlt – sehr an glückselige Zufriedenheit erinnert. Es war sehr lange mein Ziel, glückselige Zufriedenheit zu erreichen. Und ich wusste, - oder zumindest habe ich darüber gelesen, dass sie nur dann erreicht werden kann, wenn man sein Ich zurückstellt, - es so weit reduziert, dass es kaum mehr vorhanden ist.
    Sich nicht wichtig nehmen! Wir Menschen sind nicht mehr und nicht weniger als ein kleiner Grashalm, oder ein Blatt, das irgendwann einmal vom Baum fällt. Wir sind sterblich! Und wenn wir das bewusst erkennen, schrumpft mit der Zeit das Ich, oder wir landen beizeiten im Irrenhaus, weil wir es ohne Ich nicht aushalten und unsere Sterblichkeit einfach nicht mehr ertragen können.
    Herr Graudinger macht sich darüber keine Gedanken. Kann er ja nicht! Ich meine, - er kann sich keine Gedanken machen. Nicht einmal den winzigsten Ansatz eines Gedankens könnte er hervorbringen.

    Ach ja, wahrscheinlich möchte jemand unter den Lesern wissen, wie ich an diesen Ort gelangt bin, an dem Herr Graudinger lebt. Nun, da müssen sich diejenigen Leser, die das wahrscheinlich wissen wollen, noch gedulden. Und natürlich verlangt es auch Geduld ab, was denn nun auf dem Plateau, das Herr Graudinger und ich erklimmt haben, los ist. Nein, falsch! Herr Graudinger hat es erklimmt. Ich habe mich an einem seiner langen und viele Beine festgehalten und Herr Graudinger hatte nichts dagegen.

    Wo war ich nun? Ach ja, beim Reduzieren des Ichs und der Sterblichkeit. Was passiert eigentlich, wenn ein Lebewesen stirbt? Ehrlich, - ich weiß es nicht. Ich habe schon Tote gesehen. Und sie sahen wirklich tot aus. Auf jeden Fall wirkten sie anders als im Leben. Irgendwie puppenhaft. Sozusagen starr.
    Als ich noch haufenweise schriftliche Selbstgespräche führte, erzählte mein anderes Ich mir etwas über unterschiedliche Bewusstseine. Es – ich nannte mein anderes Ich einen Er und gab ihm schon lange bevor ich mit ihm schriftliche Selbstgespräche führte, den Namen „Kim“. Nun, Kim nannte es Bewusstseinsblasen. Er sagte, jede Spezies von Lebewesen befinde sich in einer eigenen imaginären Bewusstseinsblase. Demnach gäbe es Bewusstseinsblasen für jede Sorte von Blumen, Gräsern, Bäumen, sowie von allen Tierarten, und ebenso von Menschen. Es ist klar, dass diese Bewusstseinsblasen imaginär sind – falls es sie gibt, denn wenn sie es nicht wären, würden wir alle in einer Art Seifenblase herumwandern. Menschen, z.B., würden alle in einer weißen Seifenblase herumwandern. Hunde würden vielleicht alle in einer blauen Seifenblase herumwandern, und Katzen eventuell in einer roten. Falls dann nicht irgendwann die Farben ausgehen, müsste man neue erfinden, oder eben neu abwischen.
    Mein anderes Ich möge mir diesen Scherz jetzt verzeihen. Aber ich weiß, mein anderes Ich ist nie nachtragend.
    Aber es geht ja nicht um Farben und auch nicht um Bewusstseinsblasen. Schon, es geht schon um Bewusstseinsblasen, nämlich darum, was passiert, wenn ein Mensch sozusagen stirbt. Nun, dann verlässt er die menschliche Bewusstseinsblase. Ich frage mein anderes Ich, das ich Kim nenne, warum wir Lebenden den Toten dann noch immer sehen, wenn er doch die Bewusstseinsblase verlassen hat. Kim sagte, das sei deshalb, weil wir Lebende noch immer IN der Bewusstseinsblase sind und der Tote sie bereits durchbrochen hat. Klar? Nein? Nun, mir ist es auch nicht klar.
    Nun, es ist so ähnlich wie beim Träumen im Schlaf. Im Traum verändert sich das Bewusstsein. Zumindest kommt es mir immer so vor. Bei vielen Träumen ist mir ihm Traum alles klar, und ich denke mir: „Mädel, jetzt hast du wieder was Großartiges erkannt!“ Aber sobald ich aufwache und über den Traum nachdenke, denke ich: „Mädel, was hast du nun schon wieder für einen Schwachsinn geträumt!“ Na ja, es ist nicht immer so. Manche Träume geben mir einige Aufschlüsse über mich selbst.
    Es gibt aber noch eine Erklärung, nämlich die des schwarzen Lochs. Würde ein Astronaut in ein schwarzes Loch schweben, würden wir ihn als Beobachter auch dann noch immer sehen, wenn er bereits vom schwarzen Loch verschluckt ist.
    Dennoch hat es nichts mit Zeit zu tun, was die Bewusstseinsblasen betrifft. Unsere menschliche Bewusstseinsblase ist nun mal so geschaffen, dass sie das, was wir Tod nennen, nicht erkennen lässt.
    Jetzt verstanden? Wenn nicht, ist es auch egal. Immerhin werden wir zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt erfahren, was wirklich Sache ist. Auch einer der Gründe, warum ich meine schriftlichen Gespräche mit meinem anderen Ich beendet habe. Noch ein Grund ist, dass eigentlich alles besprochen wurde und ich dadurch auch nicht wissender wurde.
    Nun ja, und jetzt hat es mich zu Herrn Graudinger gezogen. Er ist zwar nicht dieses Bild von einem Mann, wie ich mein zweites Ich kreiert habe, aber, - na ja. In Herr Graudingers Gesellschaft fühle ich mich einfach wohl. Er strahlt enorme Ruhe aus, - und bis auf das Geräusch „grmpf“ ist er selbst auch ruhig und still.



    Re: Herr Graudinger

    Wölfin - 24.02.2007, 13:28


    Ich frage mich, wieso ich überhaupt über Herrn Graudinger schreibe? Er hat mir nichts zu sagen, weil er nichts sagen kann. Man weiß es ja schon. Herrn Graudingers Gehirn ist viel zu klein, um etwas, außer Fressen, sich an Land zu bewegen, oder im und unter Wasser zu schwimmen, zu tun.
    Aber das ist ein großer Irrtum! Herr Graudinger hat mir eine ganze Menge zu sagen! Er sagt es mir schweigend. Er sagt es mir mit seinen runden Augen, die stets nur einen kleinen Teil der Welt um ihn herum, erfassen können. Er sagt es mir mit seinem ewigen Grinsen, das mir zeitweise sehr auf die Nerven geht, - aber großteils liebe ich es. Er sagt es mir auch mit seinem wunderbaren Grau seines gesamten Körpers, der nur aus einem Riesenkopf und unzähligen Beinen besteht.

    Auf dem Plateau ist nichts. Nichts? Nun, nichts Ungewöhnliches. Es sieht staubig aus. Es ist nur ein Felsen, oben mit einem felsigen Plateau. Herr Graudinger und ich stehen da oben und blicken über den staubigen felsigen Platz, der bis zum Horizont reicht. Dort ist der Himmel gerade strahlend violett.
    Ich wage einen Seitenblick zu Herrn Graudinger. Er wirkt unbeweglich wie ein Stein. Irgendwie kann ich ihn wirklich mit einem Stein vergleichen. Der einzige Unterschied ist, dass Steine sich ohne fremde Hilfe nicht bewegen können und dass Steine nichts fressen. Oder doch?
    Ich weiß nicht, was Herrn Graudinger dazu bewegt, jedes Mal, nachdem er die gesamte Wiese abgemäht hat, hier nach oben zu steigen. Jetzt dreht er sich um. Als er sich dazu bewegt, wieder nach unten zu steigen, schnappe ich mir schnell eines seiner Beine und kletterte daran hoch.
    Ja, stimmt, ich schrieb doch, dass ich nicht mehr in der Gegenwartsform schreibe. Na, was soll’s! Wenn ich an die Rechtschreibfehler denke, ist das noch das Mindeste.

    Jetzt wisst ihr, was auf dem Plateau ist. Aber noch wisst ihr nicht, wie ich an diesen Ort gekommen bin, an dem Herr Graudinger lebt. Und wie ich immer wieder besuchen kann und ihn sogar malen konnte.
    Habe ich schon erwähnt, dass Menschen so etwas wie Phantasie haben? Vielleicht haben nicht alle Phantasie. Das wäre es wert, auch darüber zu philosophieren. Aber ich lasse es lieber, denn ich glaube, ihr wisst nun, wie ich an diesen Ort und zu Herrn Graudinger komme.
    Und hiermit beschließe ich erst mal die erste Geschichte über Herrn Graudinger. Ob noch welche folgen steht sicher nicht in den Sternen, denn so sehr ich mich schon bemüht habe, - nachts im Sternenhimmel etwas zu lesen, - ich habe nicht einmal einen Buchstaben gesehen.



    Nun habe ich mich doch wieder dazu entschlossen, Herrn Graudinger in seiner wundersamen Welt zu besuchen. Jetzt? Ja, eben JETZT! Und ich schreibe darüber auch EBEN JETZT. Ich kann das! Ich kann gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten sein, obwohl ich Herrn Graudinger und seine wundersame Welt nicht gerade einen Ort in dem Sinn nennen kann, was unter „Ort“ verstanden wird. Es ist ein phantastischer Ort, - ein Ort der Phantasie.

    Falls jemand fragt, was Phantasie ist… Nun, was ist Phantasie? Nichts anderes als Vorstellungsvermögen. Wie ich ja schon geschrieben habe, haben Menschen so etwas wie Phantasie. Ich war auch nahe dran, darüber zu philosophieren. Ich werde es diesmal wieder nicht tun. Wozu auch? Es wäre eine Entzauberung der Menschen!
    Es ist ohnehin schon viel zu viel entzaubert worden in der Welt der Menschen. Früher waren alle Menschen überzeugt, dass es so was wie Geister gibt, - und Götter. Die Sonne selbst war ein Gott. Und nachts, als die Sonne verschwand, bekamen die Menschen Angst, weil ihr Gott sie verlassen hat. Das Beste, was sie tun konnten, war sich hinzulegen und zu schlafen. Wahrscheinlich wurde so das Schlafen entdeckt. Die Nacht war von nun an zum Schlafen da. Es gab ja nichts zu tun in der Dunkelheit, wo man kaum sehen konnte. Also legten sich die Menschen nieder und schliefen.

    Herr Graudinger schläft nie. Wirklich! Er hat es nicht nötig zu schlafen. Er hat es auch nicht nötig zu träumen wie Menschen es tun, um ihre Tageserlebnisse seelisch zu verarbeiten. Zumindest hat sich das so herum gesprochen, dass Menschen im Traum ihre Erlebnisse verarbeiten. Manchmal glaube ich, Menschen reisen im Traum in andere Welten. Natürlich kann ich das nicht beweisen. Manche Menschen sagen sogar, dass das Leben in den anderen Welten, nachdem man erwacht ist, weiter geht, - auch ohne Traumbeobachter. Beweisen lässt sich das nicht.
    Anders ist es bei der Phantasie. Die lässt sich beweisen, denn Menschen können nur das phantasieren, was sie kennen. Habe ich das schon erwähnt? Ja! Als ich schrieb, dass sich Menschen nur das vorstellen können, was sie kennen. Sie kombinieren bloß. Pegasus ist nichts anderes als ein Pferd mit Flügeln. Es gibt Pferde und es gibt Flügeln. Beides zusammen ergibt Pegasus. Dasselbe Prinzip stellen Engel dar. Wie arrogant von den Menschen, dass sie sich Engel menschlich vorstellen und sie dann auch noch so darstellen! Engel sehen wie Menschen aus? Nur mit Flügeln, die an ihren Schulterblättern herauswachsen? Ich würde das eher Außerirdische nennen, die mit Menschen große Ähnlichkeit haben. Wahrscheinlich sind sie leichter als Menschen und haben ähnliche Knochen wie Vögel – innen hohl. Warum ich das schreibe? Nun, - wenn sie so schwer wie Menschen wären, könnten sie nicht fliegen. Aber sagt das einmal einer Hummel. Laut Wissenschaft kann sie gar nicht fliegen und dennoch fliegt sie. Welch ein Glück, dass Hummeln die Sprache der Menschen nicht verstehen. Oder sie verstehen es und lachen darüber.

    Herr Graudinger lacht auch ständig. Zumindest sieht er aus, als würde er lachen, obwohl kein Ton über seinen lachenden Mund kommt. Ich will mich nicht ständig wiederholen. Ich schreibe das nur, um es wieder in Erinnerung zu rufen. Damit nichts über Herrn Graudinger vergessen wird, der eben JETZT wieder einmal aus dem roten Wasser steigt, um sich auf die Wiese voll mit Gräsern und Kräutern zu begeben.
    Habe ich schon erwähnt, dass ich ein Buch bei mir habe? Nein? Aber ich habe eines bei mir. Es liegt vor mir auf dem Computertisch. Ja, ich tippe all diese Worte in einem Computer ein. Aber gleichzeitig (!) bin ich auch bei Herrn Graudinger und möchte vor allem ihm etwas aus diesem Buch, das ich bei mir habe, vorlesen. Ich weiß, er wird nichts davon verstehen. Dennoch werde ich ihm etwas aus diesem Buch vorlesen, - aus dem Buch, das sich „Gotteswende“ nennt und von Heinz Zahrnt, einem theologischen Schriftsteller, geschrieben wurde.
    Schon seltsam, dass ich von Phantasie auf Religion komme, oder? Übrigens, in diesem Buch, wo es vorwiegend um das „neue“ Christentum geht, steht, dass das Christentum die einzige Religion ist, die nicht von Menschen erfunden wurde. Zumindest nehmen die Christen das an. Nun, es scheint nachgewiesen zu sein, dass Jesus wirklich gelebt hat. Und das Christentum basiert ja auf dem Leben Jesu. Zumindest wurde in den Evangelien über das Leben Jesu geschrieben.
    Nun aber zu den Textstellen, die mir besonders gut gefallen und die ich auch Herrn Graudinger nicht vorenthalten möchte:

    Ob Gott in der Höhe oder unten in der Tiefe zu suchen ist, ob er aus der Vergangenheit oder aus der Zukunft in die Gegenwart kommt, ob er „ist“, „wird“ oder „geschieht“, ob er diesseits oder jenseitig gedacht wird, transzendent oder immanent, als Person oder Prinzip: Theismus oder Pantheismus, Monotheismus oder Polytheismus – Gott steht auf jedem Fall am Anfang, unbegründet und darum unergründlich. Alle Rede von Gott, mag sie auch noch so sehr auf Erweis und Erfahrung bedacht sein, beginnt daher, wenn sie ehrlich ist, mit der Erfahrung der Nichterfahrbarkeit Gottes. Und dieser numinose Schock des Anfangs bleibt und begleitet auch fortan alles Reden von Gott als immer neues Erschrecken über die dunkle Seite an ihm, als die Erfahrung seiner Verborgenheit.
    Es ist das Gewahrwerden der Göttlichkeit Gottes: dass Gott Gott und Mensch Mensch ist und darum Distanz und Unterscheidung geboten. Gott ist anders als jeder Mensch, selbst als der religiös genialste. Er ist nicht die Verlängerung menschlicher Wünsche, sondern hat seinen Grund in sich selbst: Gott kommt von Gott.

    Aha! Gott kann als nur durch seine Unerfahrbarkeit erkannt und erfahren werden. Wie ist das denn zu verstehen? Von Herrn Graudinger höre ich ein lautes: „Grmpf!“ Das hat nichts zu sagen. Er nagt eben einige Gräser und Kräuter ab, während ich neben ihm stehe und ihm vorlese, - oder besser geschrieben, während ich neben ihm stand und ihm vorlas. Jetzt ist er schon einige Meter von mir entfernt und hat eben „grmpf“ gesagt.
    Aber ist das nicht seltsam, dass Gott durch seine Unerfahrbarkeit erkannt und erfahren werden kann? Wie definiere ich das Nichts? Das Nichts ist etwas, was nicht vorhanden ist, oder, das nicht erkannt werden kann. Wie auch immer.
    Aber das sind nun mal die drei wichtigsten Fragen der Menschheit, die Herrn Graudinger keineswegs beunruhigen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Wer oder was bin ich? Und auf alle drei fragen kam irgendwie das Wort „Gott“ heraus, weil die Menschen keine bessere Antwort wussten und wissen.
    Aber gerade dieses Nichtssagende gefällt mir in dieser Textstelle. Sie macht uns keineswegs klüger oder wissender, - ganz im Gegenteil, wir tappen weiter im Dunkeln und können es gerade noch – wenn auch zweifelhaft – bis zum Urknall schaffen. Nur – WER hat den Urknall ausgelöst? Es bleibt also immer etwas offen und so ist die Menschenwelt ja doch nicht vollkommen entzaubert.

    Ich liebe es ja auch, unzählige Theorien aufzustellen, wie es sein KÖNNTE. Meine unzähligen mit Kim zeugen davon. Manchmal war ich von der einen oder anderen Theorie sogar überzeugt und dachte mir: Es kann ja gar nicht anders sein! Und doch wurde es dann immer wieder anders.
    Hier noch eine Textstelle aus besagtem Buch. Herr Graudinger, hören Sie, bitte, genau zu! Ja, ich sieze Herrn Graudinger, weil ich großen Respekt vor ihm habe. Nicht etwa, weil er mir nie zurückredet oder mir etwas einreden will, wie viele Menschen das gerne tun, obwohl sie selbst keine Ahnung von der Materie haben. Jetzt muss ich lachen. Die Wortwahl „keine Ahnung von der Materie“ verwendet mein Sohn immer, wenn sich jemand geirrt hat oder etwas für ihn Falsches sagt oder tut.
    Nun, hier ist die nächste Textstelle:

    Dass Gott ist und wer er ist, lässt sich immer nur im Bild ausdrücken. Und Gottes Sein, die Lebendigkeit und Fülle seiner Offenbarung, erzeugt eine Vielfalt von menschlichen Bildern. Wie eine Mutter für ihr Kind nicht nur EINEN Namen hat, sondern deren mehrere, wie Liebende sich mit immer neuen Namen nennen, wie sich in der Phantasie des Dichters die Bilder häufen, geradeso geht es den Glaubenden, wenn sie von Gott sprechen. Überwältigt von ihren Erfahrungen, häufen sich ihnen die Namen und Bilder.
    Aber gerade diese Vielfalt der Gottesbilder bewahrt den Glauben davor, Gott nur an ein einziges Bild zu heften und sich auf diese Weise nun doch wieder ein festes Bild von Gott zu machen. Wir haben die Wahrheit Gottes immer nur in Bildern, und in keinem Bild geht sie ganz auf. Daher dürfen die Wörter, Bilder und Begriffe, in denen wir Gott denken und von ihm reden, immer nur flüchtige „Entwürfe“, gleichsam nur „Sprachspiele“ sein, welche die Wirklichkeit Gottes umkreisen, sie aber nicht definieren, wohl aber transparent werden lassen.

    „Grmpf!“
    Schon gut, Herr Graudinger, ich glaube, ich habe genauso viel oder genauso wenig verstanden wie Sie. Wozu dann all dies, wenn wir ohnehin nie auf die Wirklichkeit und Wahrheit Gottes kommen können? Aber Papier ist ja geduldig, wie es so schön heißt. Auf Papier lässt sich alles Mögliche schreiben und auch malen oder zeichnen.
    Übrigens, ich habe vor allem deshalb großen Respekt vor Herrn Graudinger, weil er sich durch nichts aus seiner natürlichen Ruhe bringen lässt. Klar, er kann gar nichts dafür, dass er so ist. Er hat keinen Deut dazu getan, so zu sein wie er ist. Ganz anders als die Menschen, oder? Menschen grübeln, forschen und mühen sich ab, um einen gewissen Durchblick zu haben. Aber was kommt am Ende dabei heraus? Wahrscheinlich nichts anderes als so was wie ich es eben aus oben genanntem Buch Herrn Graudinger vorgelesen habe.



    Re: Herr Graudinger

    Wölfin - 24.02.2007, 13:28


    Ich habe noch immer Gewissensbisse wegen der Textstelle, als ich mich Herrn Graudinger auf das Plateau geklettert bin. Okay, okay – nicht ich bin geklettert! Es war Herr Graudinger und ich klammerte mich nur an einem seiner langen Beine. Es würde so gar nicht zu Herrn Graudinger passen, dass er mit „Hey, Bobo, altes Haus!“ angesprochen wird. Und Herr Graudinger würde niemals, wirklich niemals, so etwas wie „na ja, ein Mensch eben…“ sagen. Er kann ja gar nichts sagen, weil er sich gar nichts denkt!
    Es tut mir aus vollstem Herzen Leid, Herr Graudinger, dass ich so etwas über Sie geschrieben habe. Das können Sie mir wirklich glauben. Und ich verspreche Ihnen, es wird nie wieder vorkommen.

    Herr Graudinger ist bereits vor dem hohen Felsen angekommen. Die Wiese gleicht nun fast einem Golfplatz, - wie vornehm gepflegt gemäht. Oder auch der Vergleich mit den Tennisplätzen von Wimbledon könnte hinkommen, - aber VOR den Spielen!
    Während Herr Graudinger – diesmal alleine – den Felsen hochklettert, sehe ich ihm dabei zu und überlege mir, was die Menschen dazu gebracht hat, so was wie Religionen zu erfinden. Liegt es an diesen drei Fragen, die sie anders nicht beantworten können?
    Nein, nein, ich schließe mich da nicht aus. Ich suchte doch selbst fieberhaft nach Antworten und wollte nicht wahrhaben, dass dieses eine Leben alles ist. Es MUSS doch noch etwas geben, - einen Sinn, dass wir DA sind. Muss?
    Selbst Kim sagte einmal: „Der Sinn des Lebens ist etwas vollkommen Unpersönliches.“ Okay, ich sagte das, - besser gesagt, ich schrieb diesen Satz in Kims Namen. Alles, was Kim sagte, kam aus mir selbst. Und was ich sagte, - logisch, - das kam auch aus mir. Nur – wie kam es in mich hinein???
    Auch das habe ich bereits in meinen Gesprächen mit Kim niedergeschrieben. Ich lese viel. Und ich lese gerne. So gesehen kam alles durch Bücher und wohl auch durch Gespräche mit anderen Menschen in mich hinein.
    Oft frage ich mich, was wäre, wenn ein Mensch im vollkommenen Nichts aufwachsen würde. Würde er überhaupt überleben? Braucht der Mensch eine Umgebung, um sich durch diese Umgebung Bewusstsein zu verschaffen? Ich denke mal, die Antwort ist „ja“.
    Oh, es war sicher nicht so, dass ich einfach nur aus Büchern abgeschrieben habe! Das auch, da ich gerne Textstellen abtippe, die mir gefallen. Aber dann habe ich mit Kim über diese Textstellen diskutiert. Ehrlich gesagt, ich habe mit mir selbst diskutiert und oftmals dabei das Ja und zugleich das Nein in mir entdeckt. Nur, wie kommt es, dass ich mir selbst darüber Gedanken mache? Was ist das Entscheidende meiner Gedanken? Wie und wo ich aufgewachsen bin?
    Wahrscheinlich. Ich kann das Gegenteil nicht beweisen, weil ich nun so aufgewachsen bin und mir meine Umgebung, wie vor allem meine Mitmenschen eine gewisse Prägung verpasst haben. Ach, ich hilfloses, kleines Menschlein. Ohne Mitmenschen und Umgebung wäre ich ein absolutes Nichts. Oder vielleicht so ein Lebewesen wie Herr Graudinger, obwohl er natürlich eine Umgebung hat. Nein, niemals würde ich es wagen, mich mit Herrn Graudinger gleich zu stellen. Dazu ist er für mich viel zu erhaben. Das heißt nicht, dass ich von mir selbst nichts halte, da ich mich tiefer stelle als Herrn Graudinger. Das tu ich ja nicht wirklich, denn Herr Graudinger ist ja nur ein Produkt meiner Phantasie, - genauso wie Kim. Gerade deshalb müsste ich stolz auf mich sein, da ich in der Lage bin, so ein Wesen wie Herrn Graudinger zu kreieren.

    Apropos Umgebung! Und ebenfalls: apropos Mitmenschen! Ich wuchs in einer Umgebung und unter Mitmenschen auf, wo das Christentum die Hauptreligion ist. Das schreibe ich jetzt nur, weil ich ja eben aus einem Buch über Christentum zitiert habe. Aber hat mich das Christentum geprägt? Sehe ich „Gott“ als meinen Schöpfer, der mich loben und bestrafen kann? Gott, der nach meinem Tod über mich urteilt und mich höchstwahrscheinlich ins Fegefeuer werfen wird, weil ich sehr oft blasphemisch war?
    Es könnte durchaus so sein, aber ich WEISS es nicht! Und ehrlich gesagt, kann ich es nicht einmal glauben.
    Als Kind liebte ich Jesus. Mich faszinierte sein Leiden. Ein halbnackter, leidender Mann auf einem Kreuz regt die Phantasie schon sehr an. Kim litt ja auch sehr. Also doch eine Prägung? Nicht, dass ich sadistisch geworden wäre. Ich kann keiner Fliege etwas zuleide tun. Aber die Phantasie dazu ist da! Nicht, dass ich einer Fliege etwas zuleide tue, - aber das Leben Kims, worüber ich ebenso Bücher schrieb, grenzt schon sehr an sadistischer Pornografie.
    Ach, Herr Graudinger, Ihnen würde ich niemals Leid zufügen wollen. Sie könnten es ja nicht einmal fühlen. Sie könnten nie Selbstmitleid empfinden. Bei Kim war das anders. Er fühlte sich so einsam und unverstanden und brauchte sehr, sehr lange, um sein Selbstmitleid und seine Vergangenheit zu überwinden.

    Ich glaube, ich habe mich vom Christentum abgewandt. Und wahrscheinlich auch vom christlichen Gott. Irgendwann zog es mich zum Zen-Buddhismus und ein bisschen zum Taoismus. Das Überwinden der Dualität, die Leere des Geistes. Herrlich, was?
    Dennoch – ich war noch nie an den Ursprungsorten dieses Glaubens, dieser Religion. Ich würde es gar nicht Glaube und Religion nennen, sondern eher eine Lebensphilosophie. Aber was nützt die ganze Lebensphilosophie, wenn sie nur gedacht, aber nicht gelebt wird? Mein Geist ist nie leer und die Dualität habe ich auch nicht überwunden.
    Herr Graudinger musste nichts dafür tun, um seinen Geist leer zu halten und die Dualität zu überwinden. Vielleicht habe ich mir deshalb so ein Wesen wie Herrn Graudinger kreiert, um durch ihn zu lernen, wie ich mich am besten in dieser oder jenen Situation verhalte.
    Aber das wäre so etwas wie eine Vorprogrammierung. Das wäre auch so etwas wie: So will ich sein, aber ich bin’s nicht.
    Herr Graudinger ist von Natur aus so. Für ihn gibt es kein: So will ich sein, aber ich bin’s nicht. Für Herrn Graudinger gibt es nicht einmal ein „ich bin“.

    Noch etwas möchte ich schreiben, bevor ich mich diesmal von Herrn Graudinger verabschiede, - und zwar betrifft es den Satz aus oben genanntem Buch: Es ist das Gewahrwerden der Göttlichkeit Gottes: dass Gott Gott und Mensch Mensch ist und darum Distanz und Unterscheidung geboten.
    Das liest sich fast so, als müsste der Mensch Ehrfurcht vor Gott haben, obwohl der Mensch nie darum gebeten hat, von Gott erschaffen zu werden. Ich habe keine Ehrfurcht vor Gott, aber ich habe Ehrfurcht vor dem Leben, denn ich weiß nie im Voraus, was es mir bringt. Ich kann im Grunde genommen nie vorausplanen, - auch wenn ich das tue! – denn es kommt oft ganz anders. Es heißt ja, dass Gott den Menschen freien Willen gegeben hat. Dass ich nicht lache! Wie könnte es einen freien Willen geben, wenn die Natur nach ihren Gesetzen funktioniert und ich unter vielen, vielen Menschen lebe, von denen es einige gibt, die mir vorschreiben, was ich zu tun habe und wie ich mein Leben zu leben habe?
    Ich schaffe mir mein Leben selbst! Auch so ein Spruch, wo es mir fast hochkommt. Ja, klar, auf eine gewisse Art schaffe ich mir mein Leben schon selbst, aber nur insofern, wie ich zu dem stehe, was ich wahrnehme. Ich kann darüber klagen und jammern. So wird aus meinem Leben ein Jammertal. Ich kann akzeptieren es alles ad acta legen. So wird mein Leben zufriedener.
    Was soll’s, vielleicht werden wir alle am Ende, falls es überhaupt ein Ende gibt, klüger.
    Machen Sie’s gut, Herr Graudinger! Ich komme sie sicher wieder mal besuchen.
    Er steigt eben vom Felsen herunter. Weiß Gott, wieso er jedes Mal dort hochklettert…







    Genau das ist es! Gott weiß es!
    Nachdem ich die oberen Zeilen, in Herrn Graudingers Welt geschrieben habe, und der Tag in meiner Welt längst zu Ende war, und ich im Bett lag, dachte ich darüber nach, was Herr Graudinger da oben auf dem Plateau ständig macht.
    Natürlich liegt es an mir, denn es ist meine Phantasie, die darüber entscheidet, was Herr Graudinger auf dem Plateau erwarten könnte. Ich dachte sogar daran, für ihn eine Frau zu erschaffen, so wie es Gott mit Adam tat, als er ihm eine Rippe entnahm und daraus eine Frau machte. Ich könnte Herrn Graudinger ein Bein entnehmen und daraus Frau Graudinger machen. Nur – was würde Herr Graudinger mit einer Frau Graudinger tun? Hat Herr Graudinger überhaupt den Instinkt, seine Art zu erhalten?
    Dann, ganz plötzlich, wie eine Eingebung, war es da. Der Gedanke, was Herrn Graudinger dazu bringt, ständig, nachdem er die Wiese kahl genagt hat, die steile Felswand zum Plateau zu erklettern. Ich dachte auch daran, dass ich – zugegeben – etwas ironisch – geschrieben habe: Weiß Gott, wieso er jedes Mal dort hochklettert… Ich habe auch diese drei Punkte hinzugefügt und wusste im Moment des Schreibens gar nicht warum. Jetzt weiß ich es!

    Meine Phantasie geht gerne mit mir durch. Ich kann sie dann kaum halten und nehme sie mit in die so genannte reale Welt, weil ich mir sehr gut vorstellen kann, dass Phantasie das ist, was die Menschen mit der Göttlichkeit verbinden. Was anderes haben die Menschen nicht, um sich so etwas wie einen Gott vorzustellen. Phantasie – Vorstellungskraft. Das habe ich ja bereits geschrieben. Und ich bin mir fast sicher, dass wir Menschen Gott wirklich nie auf einen gemeinsamen Nenner bringen können. Wir haben nur Bilder oder Gedanken über Gott, die aber nur einen winzigen Teil Gottes für uns offenbaren. Und selbst bei diesem winzigen Teil können wir uns nie sicher sein.
    Bei Lebewesen, deren Gehirne zu klein sind, um so etwas wie Vorstellung zu entwickeln, ist es ganz anders. Sie haben Göttlichkeit in sich, - einen ganzen Haufen von Göttlichkeit und haben es gar nicht nötig, sich Gott vorzustellen. Wesen, mit winzigen Gehirnen, - z.B., so ein Wesen, wie Herr Graudinger, - auch wenn er nur ein Phantasiewesen ist, wäre sozusagen fast vollkommen mit Göttlichkeit erfüllt.

    Ich hoffe, ich drücke mich verständlich genug aus. Was also meine ich mit all dem? Nehmen wir mal Steine, - so genannte Minerale her. Steine denken nicht, sagt man. Sie bewegen sich nicht von selbst, sagt man ebenso. Aber sie sind da. Meiner Theorie nach müssten sie deshalb eine enorme Fülle von Göttlichkeit in sich haben. Ebenso die Erde, die Meere, die Flüsse und Seen. Jeder Fluss, zumindest fast jeder Fluss, falls er wegen Trockenheit nicht versiegt, findet seinen Weg zu irgendeinem Meer. Aber niemand sagt dem Fluss, wie! Er macht das von ganz alleine, obwohl er angeblich gar nicht darüber nachdenkt. Es ist die Göttlichkeit, die ihm innewohnt und ihn deshalb auch führt.
    Bei Pflanzen ist es ähnlich. Niemand sagt ihnen, wie sie wachsen sollen und welche Form sie entwickeln sollen, um von Insekten besträubt zu werden. Ich bin mir sicher, jeder, wie auch jede, weiß von diesem Wunder der vielfältigen Blüten, die ganz bestimmte Insekten anlocken. Auch hier lässt sich enorme Göttlichkeit erkennen.
    Ja, und die Insekten, die ich schon immer bewundert habe. Es scheint, als wüssten sie ganz genau, was zu tun ist. Und doch sagt man ihnen nach, kein Hirn zu haben, kein Bewusstsein entwickeln zu können. Nun, sie haben es gar nicht nötig, da sie enorm viel Göttlichkeit in sich haben. Das genügt, um zu wissen, was zu tun ist. Selbst, wenn sie selbst nichts davon wissen. Aber die Göttlichkeit, diese wunderbare Einheit, die alles in sich einschließt, weiß.
    Ich möchte jetzt nicht alle Tierarten aufzählen, aber sicher hat schon jeder von euch mal gefühlt, wie es ist, ein Tier zu berühren, oder von einem Tier berührt zu werden. Ich selbst kann gar nicht ausdrücken, wie schön es ist. Oder einfach nur ein Tier beobachten. Wie sie sich geben. Wie natürlich und authentisch sie sind. Tiere verstellen sich nicht. Tiere sind einfach echt. Nun, das liegt an der Göttlichkeit, die sie in sich haben.
    Und schließlich komme ich zum Menschen. Es steht geschrieben, dass der Mensch so etwas wie einen freien Willen habe. Ich lache meistens darüber, wenn ich das lese oder höre, weil nicht immer alles nach meinem Willen geschieht. Aber ich glaube, da besteht ein großes Missverständnis. Es geht gar nicht darum, dass etwas nach meinem Willen oder nicht nach meinem Willen geschieht. Es geht um das Bewusstsein, - und angeblich sind Menschen die einzigen Lebewesen auf Erden, die ein Bewusstsein entwickelt haben, in dem es ein Ich gibt. Ich denke, also bin ich! Das ist nicht von mir. Ich meine den Satz: Ich denke, also bin ich! Diesen Satz hat mal ein Philosoph geschrieben. Ob er stolz darauf war? Ich denke schon, denn die meisten Menschen sind stolz auf ihr Denken und auf ihr Ich. Ich bin! Wahnsinn! Ich bin, der ich bin! Angeblich soll Gott höchstpersönlich diese Worte gesagt haben. Damit meine ich, um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, diese Worte: Ich bin, der ich bin! Wie also kommt der Mensch dazu, Gottes Worte in den Mund zu nehmen. Bitte, nicht wörtlich nehmen. Ist aber witzig, oder? Man stelle sich vor, Wörter in den Mund zu nehmen. Na ja, kommt auf die Größe der Buchstaben an, und ob sie auch weich genug zum Kauen sind.
    Was ich glaube, ist, dass Gott sicher keine Worte braucht. Wozu auch? Wir müssen uns nur umsehen und könnten, wenn wir das auch wollen, ihn überall erkennen. Natürlich nicht persönlich! Oder, wie manche denken, dass sich Gott als Steine, Wolken, Wasser, oder irgendwelche Tiere zeigt und schließlich auch noch als Mensch. Nein, nein, - Gott ist nicht sichtbar. Aber er ist fühlbar. Wortlos fühlbar. Und es wäre besser, wenn wir darüber gar nicht nachdenken. Einfach wirken lassen und genießen.
    Ein Sonnenaufgang, oder Sonnenuntergang. Da denkt doch fast jeder an Romantik. Oder? Ist es aber nicht. Es ist reine Göttlichkeit. Kein Wunder also, dass die ersten Menschen bei der Sonne sofort an Gott dachten.

    Schweife ich ab? Also, - der Mensch kann sich entscheiden, ob er seinem Ich, das sich aus seinem so hohen Bewusstsein entwickelt hat, folgt, oder der – hoffentlich – noch vorhandenen Göttlichkeit, falls er sie durch das immer größer werdende Ich nicht völlig aus sich rausgedrängt hat. Das ist der freie Wille und sonst gar nichts. Deshalb streben östliche Religionen, wie etwa im Zen oder Tao, leicht zu werden und den Fluss des Lebens laufen zu lassen. Natürlich wissen diese Menschen, dass sie das Ich nicht verdrängen oder auslöschen können. Aber sie können das Ich mit ihrer innewohnenden Göttlichkeit vereinen. Das würde ich dann die „Mystica Unica“ nennen.
    Buddha dürfte sie erfahren haben, als er unter dem Baum saß.
    Jesus wahrscheinlich auch, obwohl mir persönlich ein lachender Mann unter einem Baum lieber ist als ein leidender Mann auf einem Kreuz. Aber das spielt keine Rolle, denn die Wege zu dieser göttlichen Vereinigung sind verschieden.

    Nun, was hat das mit Herrn Graudinger zu tun? Er war es, der mich auf diese Gedanken brachte. Er ganz alleine, als ich mich fragte, wieso er ständig, nachdem er die Wiese abgegrast hat, den steilen Felsen senkrecht hochklettert, um dann kurz oben auf dem Plateau inne zu halten und dann wieder herab klettert. Gemächlich stapft er dann über die Wiese zurück zum Seeufer und verschwindet im roten Wasser.
    Es ist im Grunde genommen vollkommen egal, warum er das immer macht. Er tut es eben, ohne dass es bei ihm ein Ich gibt, das denkt: „So, jetzt klettere ich mal da hoch und schau, ob’s was Neues dort oben gibt.“ Wozu sollte Herr Graudinger sich so etwas denken? Bringt ja nichts! Er TUT es einfach nur so. Er tut es, weil er seiner Göttlichkeit folgt. Und – wer weiß, vielleicht komme ich doch noch in Versuchung, für ihn eine Frau Graudinger zu erschaffen, die dann irgendwann einmal dort oben auf ihn wartet.






    Noch bin ich nicht fertig mit meiner Phantasiephilosophie! Deshalb setze ich mich mal ans Seeufer und blicke auf das rote Wasser, das wirklich rot ist. Keine Angst, in dieser Beziehung wiederhole ich mich nicht. Ich denke, jetzt wissen alle, dass das Wasser des Sees, in dem Herr Graudinger die meiste Zeit seines Lebens verbringt, wirklich rot ist und nicht durch eine Lichtspiegelung rot erscheint.
    Ich kann Herrn Graudinger manchmal sehen, wenn sein ovaler Kopf ein bisschen aus dem roten Wasser auftaucht. Aber ich sehe nur den oberen Teil seines ovalen Kopfes, der dann wie eine kleine Insel im See aussieht.
    Die Wiese hinter mir arbeitet gerade daran, wieder füllig nachzuwachsen. Würde ich sie weiter beobachten, könnte ich sehen, wie die Gräser und Kräuter Zentimeter für Zentimeter wachsen. Es geht wirklich sehr schnell, - aber eben nur zu einer bestimmten Zeit. Es ist die Zeit, in der Herr Graudinger bald aus dem Wasser steigen wird. So, als würde die Wiese das wissen! Und sie weiß es auch! Nein, nicht sie selbst, sondern die in ihr innewohnende Göttlichkeit.
    Das ist das Thema, das mich noch immer beschäftigt, weshalb ich lieber auf das ruhige Wasser des Sees blicke, über dem sich gleißend gelber Himmel erhebt, der nach oben zu orange und schließlich rot wird. Hinter mir färbt sich der Himmel blaugrün und endet am Horizont in einem dunklen Violett. Und überall am Himmel tanzen die kleinen, und vielleicht auch großen lila Planeten. Manchmal frage ich mich, ob es Leben auf ihnen gibt. Aber das wäre wieder ein anderes Thema.

    Meine Gedanken schweifen gerne ab. Ich möchte mich doch mit dem Thema „Göttlichkeit“ beschäftigen, - vor allem mich in dieses Thema hineinfühlen.
    Manchmal erlebe ich diese Göttlichkeit sogar. Nur ist sie mir dann erst im Nachhinein bewusst, - also nicht im Moment, in dem ich sie erlebe. Würde es MIR bewusst sein, wäre es das Ich, welches erlebt und nicht die Göttlichkeit in mir.
    Es ist ein seltsames Gefühl. Aber auch das wird mir erst im Nachhinein bewusst. Deshalb schrieb ich letztens auch, dass ich in diesem Zustand sicher nicht „ich bin“ sagen könnte. Ich könnte es nicht einmal denken. In diesem Zustand gibt es nur das Handeln, - das Handeln ohne zu denken und vor allem ohne persönliche Absicht.
    Ich gebe offen zu, dass diese Momente nur sehr kurz sind. Sie sind wie Impulse, die mich zu etwas bewegen, das ich mir vorher nicht ausgedacht habe.

    Also, sind wir wirklich Schöpfer des eigenen Lebens? Ja, wenn wir uns vom Ich leiten lassen, welches aus unserem menschlichen Bewusstsein entstanden ist.



    Re: Herr Graudinger

    Wölfin - 24.02.2007, 13:29


    Meine Güte, das ist eine sehr radikale Phantasiephilosophie! Wo doch die meisten Menschen sagen, dass Bewusstsein auch etwas Göttliches ist, - dass es im Grunde genommen nur ein einziges Bewusstsein gibt.
    Andere wiederum sagen, - jene zähle ich zu den Rationalisten, - dass es das menschliche Gehirn ist, in dem Bewusstsein entsteht. Es ist der Körper, der Bewusstsein und schließlich auch das Ich schafft. Ohne Körper kein Bewusstsein. Ohne Körper kein Ich.
    Ob es da noch etwas gibt? Meinem Glauben nach – ja! Wie sonst könnte alles existieren? Wie sonst könnten Minerale, Pflanzen und Tiere, von denen behauptet wird, dass sie kein Bewusstsein haben, leben? Na gut, ob Minerale leben ist wieder eine andere Frage. Sagen wir, sie haben einmal gelebt, denn manche Minerale waren mal Bäume, die durch den Lauf der Zeit versteinert wurden. Andere wieder entwickelten sich im Inneren eines Berges. Oder wie auch immer. Ich bin ja keine Mineralforscherin.
    Rationalisten würden vielleicht sagen, dass sich das Leben im Laufe der Zeit entwickelt hat, weil unser Planet, die Erde, - die ja gar nicht UNSER Planet ist, sondern bloß ein Planet unter vielen, - in einer günstigen Lage um die Sonne kreist. Durch die Sonne und das Wasser auf der Erde hat sich das Leben nun mal entwickelt. Gut! Aber meine Frage geht weiter zurück. Wie entstand die Sonne? Wie entstanden Sonnen überhaupt? Wie entstanden alle Planeten und Sterne? Durch den Urknall, wie die lieben Wissenschaftler sagen. Auch gut! Nur – was hat den Urknall BEWIRKT? Meine Antwort: Die Göttlichkeit!
    Nein, nicht Gott! Die Göttlichkeit! Würde ich „Gott“ schreiben, liest sich das wie ein höheres Wesen, das irgendwo da draußen, weit außerhalb allen Geschehens, hockt und sich dumm und krumm lacht über all unsere Bemühungen die Geheimnisse des Lebens zu ergründen. Außerdem erhebt sich dann die Frage: Wie kann ein Wesen wie Gott Leid zulassen? Die Göttlichkeit lässt Leiden zu. Sie lässt auch Freude zu. Es ist ihr im Grunde genommen vollkommen egal, ob Lebewesen leiden oder sich freuen.
    In dieser Beziehung ist sie Herrn Graudinger sehr, sehr ähnlich. Nun ja, Herr Graudinger ist auch ein Wesen, das enorm viel Göttlichkeit in sich hat.

    Jetzt taucht sein oberer Kopf, in dem sich ein Gehirn, kleiner als eine halbe Erdnuss, befindet, wieder im See auf. Und schon ist er wieder weg.

    Habt ihr schon einmal Wildtiere beobachtet, wenn eines ihrer Herdentiere stirbt? Sie stoßen das tote Tier mit dem Maul, um es zum Aufstehen zu bewegen. Sie können nicht fassen, was mit dem Tier passiert ist. Und wenn es nicht mehr aufsteht, zieht die Herde einfach weiter, als wäre nichts geschehen. Das Leben geht weiter! Tiere begraben ihre Toten nicht. Tiere schaffen sich auch kein Himmelreich, in dem die Toten weiterleben.
    Warum tun Menschen das? Klar, weil sie ein Ich entwickelt haben und ihnen dieses Ich sehr wertvoll erscheint. Das ist es auch, - keine Frage! Im Menschenleben, um als Mensch zu funktionieren, ist ein Ich notwendig. Ohne Ich wären wir wie Pflanzen oder Tiere. Übrigens wird von manchen Primaten behauptet, sie könnten auch ein Ich entwickeln.
    Schimpansen, z.B., können sich selbst im Spiegel erkennen. Dennoch können sie nicht allzu viel damit anfangen. Es ist ihnen egal, ob sie das selbst im Spiegel sind. Na, wenn schon! Okay, - das da drinnen bin ich. Hey, was gibt’s heute zu fressen?
    So könnte ich mir das bei Schimpansen vorstellen.
    Würde ich vor Herrn Graudinger einen Spiegel stellen, - er würde entweder in den Spiegel krachen, oder ihm vielleicht sogar ausweichen. Göttlichkeit braucht keinen Spiegel. Nicht, dass sie sich ohnehin immer selbst gegenübersteht. Göttlichkeit IST einfach. Sie ist genau das, was ich aus dem Buch zitiert habe. Wir umkreisen die Göttlichkeit nur. Wirklich fassen lässt sie sich nicht. Es wäre sogar logisch, da sie mit Bewusstsein nichts zu tun hat. Bewusstsein ist ein Entwicklungsstadium. Es ist auch nicht richtig, zu schreiben, dass Göttlichkeit mit Bewusstsein nichts zu tun hat, - auch wenn sie nichts damit zu tun hat. Im Grunde genommen ist sie das Prinzip des Bewusstseins. Ohne Göttlichkeit hätte sich Bewusstsein nicht entwickeln können. Wie also wäre es möglich, dass wir mit Hilfe unseres Bewusstseins die Göttlichkeit erfassen könnten?

    Es klingt alles vielleicht sehr sinnlos. Was ist das Menschenleben dann wert, wenn wir am Ende unseres Ablebens alles verlieren? Tot sein bedeutet kein Bewusstsein. Tot sein bedeutet kein Ich. In dieser Beziehung unterscheiden wir uns von nichts. Alles was tot ist, hat kein Bewusstsein. Alles was tot ist, hat kein Ich. Aber – da ist noch etwas, das niemals verloren gehen kann, weil es ewig ist, - nämlich die Göttlichkeit, die alles bewirkt. Sie ist das wirkende Prinzip.
    Und was haben wir Menschen davon? Gegenfrage: Warum sollen wir etwas davon haben? Nicht, dass wir nicht wichtig wären. Wir sind genauso wichtig oder eben auch unwichtig wie alles andere. Immerhin sind wir HIER und JETZT da. Wir leben! Wir empfinden! Wir sehen, hören, riechen und sprechen! Und manche von uns haben sogar noch einen Sinn, - den Sinn für Phantasie! Manche meinen, jene Menschen, mit dem Sinn für Phantasie, flüchten vor der Realität. Ich bin da anderer Meinung, denn für mich ist alles Realität, was ich empfinde, - und auch das, was ich mir ausdenke. Es mag für andere keine Realität sein. So ist es nun mal – unser menschliches Leben, - es ist relativ.
    Dennoch, - die Frage bohrt weiter: Was haben wir davon? Noch mal eine Gegenfrage: Wieso soll immer irgendetwas für uns herausspringen? Wir haben das Leben HIER und JETZT und haben jede Menge Gelegenheiten, um etwas zu tun, wo etwas für uns herausspringt. Das kann doch nicht ewig so weitergehen. Irgendwann einmal muss doch Schluss sein!

    Aber denken wir einmal daran, was passiert, wenn ein von uns geliebter Mensch stirbt. Wir leiden. Wir weinen. Wir empfinden Trauer. Das ist so! Menschen empfinden nun mal Selbstmitleid. Das Ich leidet übrigens gerne und gibt auch gerne anderen Ichs die Schuld. Nur keine Eigenverantwortung, denn das würde das Ich schmälern.
    Okay, ich schweife schon wieder ab. Aber das liegt zum Teil auch an Herrn Graudinger, der eben neben mir aus dem Wasser steigt. Die Wiese ist wieder zu ihrer vollen Pracht erblüht und wartet nur mehr darauf, von Herrn Graudingers Zähnen gemäht zu werden.
    Ich blicke aber weiter auf den See und kümmere mich nicht darum, Herrn Graudingers tägliches Tun zu beobachten. Es ist eh immer das Selbe.
    Also, die Trauer um den geliebten Menschen dauert einige Zeit. Manchmal hört die Zeit der Trauer nie auf, - aber nur manchmal. Bei den meisten Menschen geht das Leben irgendwann aber wieder weiter. Genauso wie bei den wilden Herdentieren.
    Es wird weiter gearbeitet, es wird weiter gebaut – es wird all das getan, was Menschen eben so tun. Sie arbeiten an irgendeiner Entwicklung. Und eben jeder, - zumindest fast jeder Mensch, nimmt daran teil.
    Ich denke eben an den Schmetterling, dessen Flügelschlag einen Tornado auslösen kann. Versteht ihr, was ich meine? Jedes Lebewesen löst irgendetwas aus. Das ist nicht sofort zu erkennen. Ursache – Wirkung. Das ist auch ein Prinzip des Lebens und somit viel mehr das Prinzip der Göttlichkeit.
    Wir Menschen wirken also HIER und JETZT. Das müsste doch genug sein, oder? Warum immer mehr verlangen? Warum immer an mehr glauben?
    Wir sind deswegen nicht klein und armselig. Wir sind wunderbare Wesen, die wunderbares kreieren können. Natürlich sind wir auch grausame Wesen, die vieles zerstören können. Und beides kommt vom Ich. Es kommt ebenso von der Göttlichkeit.
    Kim sagte mir einmal – viel mehr sagte ich es mir selbst… - dass ein frommer Mönch, der nie einem Lebewesen etwas zuleide getan hat, urplötzlich, wie aus dem Nichts, zum Mörder werden kann. Ja, warum auch nicht? Wenn die Fähigkeiten da sind, betreffen sie jeden Menschen. Keiner ist ausgeschlossen.
    Ebenso kann ein Mörder urplötzlich zum frommen Mönch werden. Alles – na, fast alles ist möglich!

    Es gibt einige Menschen, die uns einen Weg gezeigt haben. Das heißt nicht, dass wir diesen Weg auch gehen sollen, obwohl unter diesen einigen Menschen einige darunter waren, die angeblich sagten: „Und wenn ihr nicht so und so handelt und so und so werdet, werden ihr nicht…“ usw. Das wäre Zwang. Niemand kann sich zu einem bestimmten Leben zwingen. Und es ist ebenso unmöglich, dass alle Menschen gleich handeln, gleich sprechen oder vollkommen gleich reagieren. Das wäre, meines Erachtens, auch nicht im Sinn der Göttlichkeit, auch wenn sie keinen Sinn hat.
    Moment! Göttlichkeit hat keinen Sinn? Ich staune, was bei meinem Schreiben alles herauskommt. Würde ich nun mit Kim diskutieren, hätte ich wieder einmal angenommen, dass diese Worte gar nicht von mir sein können! Mag ja auch sein, dass sie gar nicht von mir sind. Aber das mal vorweg: Die Göttlichkeit flößt mir keine Worte ein. Vielleicht Impulse?
    Nun, wie bereits geschrieben – wir kreisen, - wir kriegen sie nie zu fassen. Und wenn wir glauben, jetzt haben wir sie, ist sie schon wieder enteilt.

    Aber ich kenne Worte, welche die Göttlichkeit sehr nahe umkreisen. Und mit diesen Worten – zumindest einen Teil dieser Worte, möchte ich Herrn Graudinger und seine Welt wieder verlassen.
    Übrigens, Herr Graudinger klettert eben den Felsen hoch.

    Kein Auge, kein Ohr, keine Nase, keine Zunge, keinen Körper, keinen Geist.
    Es gibt keine Farbe, kein Geräusch, keinen Geruch, keinen Geschmack, keine Empfindung, keine Gedankeninhalte.
    Es gibt keine Bereiche des Sehens, Hörens, Riechens, Schmeckens und Tastens sowie keine Welt des Bewusstseins.
    In der Leere gibt es kein Wissen, kein Nichtwissen und so fort.
    Es gibt kein Alter und Tod sowie kein Auslöschen von Alter und Tod.
    Es gibt kein Leiden, keinen Ursprung von Leiden, keine Vernichtung von Leiden, keinen Weg zur Vernichtung von Leiden.
    In der Leere gibt es keine Erkenntnis und kein Erreichen, da es nichts zu erreichen gibt.







    Philosophiere ich zuviel? Kreise ich auch ständig um dieses hoffnungslose Unterfangen, etwas ergründen zu können, was nie zu ergründen ist? Möchte ich mir und vor allem den Lesern und Leserinnen etwas beweisen? Beweisen, dass ich so toll schreiben kann, dass ich sogar stolz darauf bin? Und das bin ich, keine Frage! Auf manches bin ich wirklich mehr als stolz!
    Aber das war ich schon immer, - auch damals, als ich mit Kim Gespräche führte. Damals dachte ich oft, dass meine Gedanken einfach genial sind. Aber es kamen auch Momente, wo ich mir dachte: „Wie kann ein einziger Mensch nur so viel Schwachsinn zusammen schreiben!“ Rufzeichen, - ja! Kein Fragezeichen, denn diesen Satz schrie ich mir selbst zu.
    Warum tu ich das überhaupt? Ich meine – warum schreibe ich all dies? Ist es wirklich, um zu beweisen, wie toll oder wie schwachsinnig ich schreiben kann? Es war gar nicht meine Absicht. Meine Absicht – zuerst, als ich über Herrn Graudinger nachdachte – war, nur über Herrn Graudinger und seine Welt zu schreiben. Ehrlich! Ich wollte diesmal absichtlich nur Schwachsinn schreiben. Vielleicht lässt sich das auch ein bisschen herauslesen. Und ich dachte gar nicht daran, philosophisch – genauer gesagt – geschrieben – phantastisch philosophisch zu schreiben.
    Würde ich nun schreiben, dass es Herr Graudinger war, der mich dazu brachte, wäre das gelogen, denn Herr Graudinger bringt mich zu nichts, obwohl seine Anwesenheit sehr, sehr beruhigend ist. Ja, JETZT ist sie beruhigend, auch wenn ich mir anfangs nicht ganz sicher war, ob Herr Graudinger vielleicht nicht doch ein böses Monster ist, welches Menschen frisst. Dann hätte sich die Geschichte wohl ganz anders entwickelt. Nur wie?
    Ich stelle mir einmal vor, dass Herr Graudingers Bein, welches mein Gesicht abtastete, sich um meinen Hals legte und mich zu würgen begann. Was hätte ich getan? Nun, ich glaube, ich hätte das Messer, welches ich vorsichtshalber in meinem Gurt stecken hatte, gezogen und Herrn Graudingers Bein, welches um meinen Hals geschlungen war, abgeschnitten. Und dann wäre ich davon gelaufen. Herr Graudinger wäre mir hinterher gelaufen und so wären wir wahrscheinlich um den ganzen Planeten gelaufen, bis einer von uns vor Erschöpfung zusammen gebrochen wäre. Mit ziemlicher Sicherheit wäre ich das gewesen.

    Es sind diese Möglichkeiten, - diese „Was-wäre-wenns“. In unserer Realität erscheinen sie sinnlos, denn was geschehen ist, ist nun mal geschehen und lässt sich nicht mehr ändern oder auslöschen. Aber nicht wenige Menschen beschäftigen sich damit und trauern dem nach, was sie nicht getan, aber tun hätten können. Und wieder nicht wenige Menschen beschäftigen sich damit, ob es vielleicht Paralleluniversen gibt, in denen genau das passiert, was hier passieren hätte können.
    Ich stelle mir gerade vor, dass manche Menschen manchmal denken, am liebsten würden sie diesen oder jenen Menschen tot sehen. In diesem Universum denken sie das nur, aber in einem der Paralleluniversen tun sie es! Solange Menschen irgendetwas denken, was sie besser nicht denken sollten, sind die Universen wirklich etwas sehr Gefährliches.
    Herr Graudinger denkt nicht. Für ihn wären alle Paralleluniversen ein und dasselbe Universum. Immerhin ist er alleine in seiner Welt und hat nur seinen roten See, seine immer reife Wiese, wenn er fressen will und seinen Felsen, der er jedes Mal nach dem Fressen erklimmt.
    Eben dachte ich, er tut das für seine Fitness. Natürlich tut er das unbewusst, da sein Bewusstsein gar nicht erwähnenswert ist. Er hat ja gar keines!

    Okay, ich erwähnte vorhin, dass ich mir vorstelle, dass mich Herrn Graudingers Bein würgt. Somit greife ich doch in Herrn Graudinger selbst und in seine Welt ein und würde doch ein Was-wäre-wenn erschaffen. Ich könnte Herrn Graudinger auch mit einem größeren Gehirn ausstatten!
    Seht ihr, - so was kommt dabei heraus, wenn Menschen phantasieren. Und schlimmer noch, wenn Menschen an ihre Phantasie glauben und sie für möglich halten.
    Mir geht es da nicht anders, denn ich halte meine Phantasiephilosophie auch für möglich. Warum auch nicht? Immerhin gibt es Schlimmeres, wie auch Besseres.

    Habe ich erwähnt, dass ich mich wieder in Herrn Graudingers Welt befinde? Und dass ich abermals am Seeufer sitze? Herr Graudinger ist nirgends zu sehen. Letztens sah ich ab und zu einen Teil seines Kopfes im See auftauchen. Diesmal sehe ich nicht einmal einen Teil seines Kopfes. Ich sehe nichts von Herrn Graudinger. Zumindest nichts, solange ich auf den See starre. Wenn ich mich umwende, kann ich ihn auf dem Plateau stehen sehen. Moment! Letztens habe ich Herrn Graudinger und seine Welt in diesem Moment verlassen, als er den Felsen erklomm. Habe ich Herrn Graudinger dort oben einfach stehen lassen, ohne mich um ihn zu kümmern? Wie konnte ich nur!
    So ist es nun mal mit Phantasiewesen. Wenn man sie vergisst, existieren sie nur mehr kurz, - ganz kurz, und das nur in dem Bild, welches man sich zuletzt von ihnen gemacht hat. Würde ich nie wieder an Herrn Graudinger denken oder über ihn schreiben, würde er auf dem Plateau verblassen. Er wäre nicht mehr DA. Und mit ihm würde auch nach und nach seine Welt verblassen und sich in Nichts auflösen.
    Vielleicht würde Herr Graudinger und seine Welt ab und zu wieder auftauchen, wenn jemand anderer an ihn und seine Welt denkt oder darüber liest.
    Jetzt steigt er wieder herunter und wirkt so fröhlich wie immer. Klar, es hat ihm nichts ausgemacht, stundenlang auf dem Plateau zu stehen. Immerhin schwimmt er auch stundenlang, oft sogar tagelang im See, wo ich ihn zurücklasse, wenn ich ihn und seine Welt verlasse. Dann muss er auch tagelang ohne Gräser und Kräuter auskommen. Und doch nimmt er nichts ab. Herr Graudinger bleibt immer gleich. Das ist so bei Phantasiewesen, falls sie in der Phantasie nicht verändert werden.

    Kim sah auch immer gleich aus. Zumindest, nachdem er etwa 25 Jahre alt war. Ich ließ ihn für immer jung bleiben. Heute denke ich mir, es wäre interessant gewesen, ihn altern zu lassen. Einmal träumte ich von ihm und da war er wirklich ein alter Mann, mit langem weißem Haar und trug auch einen langen, weißen Bart. Kim sah aus wie Merlin, der Zauberer.
    Ich ließ ihn aber nur auf der Erde unveränderlich jung aussehen. Später, auf der Leuchtenden Welt veränderte er sich. Eigentlich hat er sich nur weiterentwickelt und wurde zu einem geschlechtslosen und formlosen Leuchtenden Etwas.

    Manche Leser oder Leserinnen werden sich vielleicht fragen, warum Kim hier immer vorkommt, wo es doch nur um Herrn Graudinger geht. „Herr Graudinger“ – so auch der Titel dieser Geschichte, die sich langsam aber sicher in eine sehr, sehr lange Geschichte entwickelt.
    Nun, beide sind Phantasiewesen und beide existieren in einer Phantasiewelt. Beide Phantasiewesen und beide Phantasiewelten sind in meiner Phantasie entstanden. Meine Phantasie – wie sich das liest! So, als ob sie mir gehören würde! Sie gehört ZU mir, - ist ein Teil von mir, der sich ebenso verabschieden wird, wenn ich sterbe. Traurig, nicht wahr? Aber so ist es nun mal. Zumindest kann ich es mir so vorstellen. Ob es wirklich so ist, weiß ich natürlich nicht. Es kann so oder auch ganz anders sein. Im Grunde genommen weiß ich gar nichts. Ich wage sogar zu sagen, dass kein Mensch wirklich etwas weiß. Wir alle nehmen nur an, dass es so oder so sein könnte und vielleicht so oder so ist. Und vielleicht kommen manche Menschen der Wahrheit sogar sehr nahe. Wer weiß?

    Herr Graudinger nähert sich mir. Ich weiß, dass er nun wieder in den See stapft und untertauchen wird. Ja, das weiß ich wirklich, denn es ist meine ganz alleinige Vorstellung. Da kann mir niemand dreinreden! Aber was nun? Herr Graudinger wendet sich vom Seeufer ab und stapft am Seeufer entlang! Das hat er doch noch nie getan!
    Ist ja nicht wahr. Hab ich euch wieder drangekriegt, was? Herr Graudinger stapft wie immer in den See und taucht unter. Der See ist seine eigentliche Welt. Fast war ich versucht zu schreiben, dass Herr Graudinger das Wasser liebt und sich wohl darin fühlt. Aber Herr Graudinger liebt nichts. Er hasst auch nichts. Er ist unbeteiligt. Er selbst, - dieser riesige Körper, der gar kein Er oder Es hat. Wenn Herr Graudinger stirbt, geht nichts verloren. Nicht einmal sein Körper geht verloren, da er sich nur ziemlich krass verändert. Er vermodert und vermischt sich entweder im Wasser des Sees oder mit der Erde und den Gräsern und Kräutern der Wiese. Vielleicht stirbt Herr Graudinger eines Tages auch auf dem Plateau, - dann vermischt sich sein Körper mit dem steinigen Geröll. Oder, er stürzt tot ab, während er auf den Felsen klettert. Dann bleibt sein Körper auf der Wiese liegen.
    Vielleicht komme ich eines Tages wieder in Herrn Graudingers Welt und sehe ihn nicht. Dann wird er tot sein und ich werde ganz sicher wissen, wo er gestorben ist. Ich werde mich genau an den Ort seines Sterbens setzen und Herrn Graudinger fühlen. Wenn ich dann sanft über einen Grashalm oder ein Kräutchen streichle, werde ich wissen, dass in diesem Grashalm oder Kräutchen ein Teil von Herrn Graudinger steckt. Vorausgesetzt, er starb auf der Wiese.
    Die Bewegung geht verloren. Vielleicht! Oder bewegt sich Göttlichkeit? Egal! Auf jeden Fall geht bei Herrn Graudinger nicht so viel verloren wie bei einem Menschen. Vor allem wie bei einem Menschen mit viel Phantasie. Man bedenke, was so ein Mensch noch alles phantasiert hätte, wenn er länger gelebt hätte. Wie viele Geschichten da verloren gehen, die noch geschrieben worden wären! Nun, vielleicht passiert das in einem der Paralleluniversen. Wer weiß das schon?

    Ich denke, ich habe nun genug über Herrn Graudinger geschrieben. Natürlich gäbe noch sehr viel mehr zu schreiben. Das gibt es immer. Es gibt auch immer mehr zu sagen. Menschen reden gerne. Am liebsten reden sie über sich selbst. Das ist natürlich! Ich habe doch auch sehr viel mehr über mich selbst geschrieben, als über Herrn Graudinger. Ich habe sehr viele meiner Gedanken niedergeschrieben, die ich ja doch besser für mich selbst behalten hätte. Interessiert doch keinen, was ich denke. Es denkt sich ohnehin jeder/jede seinen/ihren Teil.
    Und es ist ja auch so, - je mehr über „etwas“ gesagt oder geschrieben wird, umso mehr wird „etwas“ entzaubert. Man sollte so etwas gar nicht ernst nehmen. Die meisten Menschen nehmen es eh nicht ernst, weil sie an ihrem eigenen Gedanken festhalten und nur diese für die richtigen halten. Oder zumindest für die FAST richtigen Gedanken. Das ist auch gut so! Wäre es anders, wäre alles ein Einheitsbrei. Und das Universum ist kein Einheitsbrei, auch wenn alles mit allem verbunden ist. Ist es das?



    Re: Herr Graudinger

    Wölfin - 24.02.2007, 13:30


    Herr Graudinger höchstpersönlich:



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