Wie ich komm ich damit klar ?

Epilepsie - Hilfe zur Selbsthilfe
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    Re: Wie ich komm ich damit klar ?

    Dirk - 22.02.2007, 00:04

    Wie ich komm ich damit klar ?
    Hallo

    Bin neu hier und möchte nun meine Geschichte erzählen. Ich heiße Dirk, bin 32 Jahre alt und leide seit meinem neunten Lebensjahr an Epilepsie.

    Angefangen hat das ganze bei einem Urlaub bei meiner Tante in Kärnten. Wir gingen an den See Schwimmen. In der prallen Sonne bin ich dann wohl eingeschlafen. Aufgewacht bin ich mit großflächigen Verbrennungen 1. und 2. Grades sowie einem morz Sonnenstich. der war so heftig das ich die ganze Nacht gebrochen hab und nicht mal die Verbrennungen spürte. Schwindel und starke Kopfschmerzen hatte ich dazu. Mein Onkel gab mir hochprozentigen Schnaps als "Therapie". Die Verbrennungen heilten auch langsam wieder ohne bleibende Schäden ab. Gleich danach dann der erste Anfall, es muß wohl ein Grand-Mal gewesen sein. Aufgewacht bin ich mit aufgebissener Zunge, Muskelkater und ins Bett gemacht hatte ich auch worüber mein onkel auch nur lachen konnte. Wenig später wiederholte sich das Ganze wieder. Aus Scham verbarg ich es so gut ich konnte. Das ging Jahre so.

    Mit 16 dann war ich als DJ unterwegs wo natürlich Alkohol nicht fehlen durfte. Mit dem Alkohol kam das komische "Etwas" immer wieder zu Tage. Danach war ich oft wie unter Drogen wodurch auch meine Heavy-Metal Feten zur Legende wurden. Ich wußte nicht was es war aber irgendwie gab es mir immer wieder den Kick wie eine Droge. Der Alkohol war lediglich der Zünder womit ich es auslösen konnte. In der Schule waren wir so was wie die coolen jungs wie man heut sagen würde. Ein Mitschüler, er war Epileptiker, war der Außenseiter weil er keinen Alkohol trinken durfte, keine Partys, etc. Bei einer Schulfete dann stand ich wieder als DJ auf der Kanzel. Ich trank gut 6 Bier und Whiskey. Auf einmal wurde mir ganz komisch. Der Kollege übernahm, ich ging nach draußen. Plötzlich sah ich nur noch Blitze, dann war ich weg. Aufgewacht bin ich mit blutiger Zunge und völlig durchnäßter Hose. Da stand der Außenseiter vor mir und sagte: du hattest gerade einen Epianfall. Den nahm ich nicht für voll und natürlich hatte ich ihn auf der Latte. Ein Wort drüber und es setzt richtig Prügel. Ein paar Wochen später bei einem Grillfest wiederholte sich das wieder. Wieder zuviel Alk. Diesmal landete ich im Krankenhaus auf der Neuro wo sie ein EEG machten. Die erzählte mir irgendwas von Epilepsie und Spitzen was mich aber wenig interessierte. In einem günstigen Augenblick haute ich einfach ab.

    Jahrelang konnte ich meine Erkrankung geheimhalten. Niemand schöpfte Verdacht. Angefangen von Alkohol bis hin zu Drogen glaubte man an alles nur auf Epi kam niemand. Ich machte problemlos meinen Führerschein, dann auch die Ausbildung zum Röntgentechniker. Da hatte ich natürlich dann Zugriff auf viele Gefahrengüter.

    2000 dann bekam ich eine Herzmuskelentzündung, das Reizleitungszentrum hat einen Totalschaden. Mir wurde ein Schrittmacher implantiert. Synkopen hab ich bis heute. Dadurch wurde die Epi erst richtig losgetreten, ich hatte sie nicht mehr unter Kontrolle. Es wurde immer schwerer sie zu verbergen. Herzerkrankung und Epilepsie zusammen waren einfach zu viel. Als drittes noch die Schlafstörung mit extremen nächtlichen Anfällen und Stimmungsschwankungen. Die geriet immer wieder außer Kontrolle, ich bin da zeitweise wie ferngesteuert. Mal voll aufgedreht, dann wieder depressiv. Das Motorikzentrum und das Gedächtnis sind auch angegriffen.

    Vor 2 Jahren dann der Tag an dem sie mich "erwischten", es war glaub ich ein Mittwoch. Mir war den ganzen Vormittag schon komisch aber reagiert hab ich nicht. Mittags dann sah ich nur noch diese Blitze und war weg. Zu mir gekommen bin ich auf der Neuroambulanz. Das EEG war schließlich auffällig und ich landete auf der Station. 3 Tage danach sah man noch die Thetawellen. Dann mußte ich ins Video-EEG. 2 Mal war ich drin. Daneben noch die ganzen anderen Tests und Untersuchungen. Insgesamt war ich 2 Monate auf der Station. Weil ich wegen meiner Anfälle oft aus dem Bett viel mußte ich sogar im Gitterbett schlafen. Anfangs fühlte ich mich ziemlich alleine und depressiv doch langsam gewöhnte ich mich dran vor allem durch den Kontakt mit Menschen die das selbe Problem haben.

    Von der Außenwelt bekam ich wenig Verständnis. Ich wurde als behinderter Epileptiker hingestellt. Vorher war ich Cheftechniker der Qualitätssicherung doch mit Epi bin ich wohl dazu nicht in der Lage. Von vielen wird man blöd angeschaut. Früher als ich wegen der Anfälle oft Verletzungen hatte glaubten alle ich sei ein Schläger. Als solcher wurde ich von allen geachtet, respektiert und gefürchtet. Mit der Epi ist man auf einmal der Außenseiter wie auch damals mein Mitschüler war. ich wär da nie auf den gedanken gekommen das gleiche Leiden zu haben wie er.

    Als Medikamente hab ich nun Lamictal und Convulex. Damit gehts recht gut. Als ich letztes Jahr 3 große Anfälle hintereinander hatte bekam ich dann die Kombination. Lamictal alleine war wohl zu wenig. Damit gehts eigentlich gut. Vom Lebenswandel her brauch ich nicht viel ändern weil Schlafentzug, Alkohol im Übermaß und ähnliches vom Kreislauf her schon nicht gehen. Das schwierigste daran ist es als einen Teil von mir zu akzeptieren. Das war beim Herz leichter. Wegen Epi wird man meist nicht ernst genommen wenn jemand der nicht Betroffen ist das weiß. in der Öffentlichkeit einen Anfall zu bekommen ist immer wieder eine Horrorvorstellung für mich.

    Grüße Dirk



    Re: Wie ich komm ich damit klar ?

    wuschelnora - 22.02.2007, 15:03


    Hallo Dirk,

    erst einmal herzlich Willkommen bei uns.. und ein riesiges Dankeschön und meinen Respekt für Deinen Mut - Deine Geschichte hier zu posten.

    Die Gefühle bezogen auf die Akzeptanz kann ich sehr gut nachvollziehen, da ich ebenfalls u.a. eine Herzerkrankung habe. Synkopen waren bei mir der Auslöser dafür, dass man die Epilepsie überhaupt wahrgenommen hat. Sicherlich, es ist einfacher eine "anerkannte Erkrankung" zu akzeptieren, als eine, die in der Gesellschaft einen negativen Stellenwert hat. Dies ist auch der Punkt, der geändert werden muss.

    Ich wünsche Dir ganz viel Kraft, dass Du Deine Krankheit irgendwann akzeptieren kannst. Glaub mir, erst dann kannst Du auch damit leben :)



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