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Updike, John - Hasenherz




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Updike, John - Hasenherz

Beitragvon Krümel » 20.02.2007, 16:15

[center]Hasenherz von John Updike
Originaltitel: Rabbit, run[/center]

Der Protagonist „Rabbit“ hat einen Körperbau ähnlich einem Kaninchen, den etwas gedrungenen Oberkörper und mit ausgeprägten Schenkeln. Dieser Körper eignet sich hervorragend zum Laufen, und Rabbit nutzt auch jede Gelegenheit zur Flucht, zur Flucht vor Verantwortung, Entscheidungen, und vor sich selbst.

Harry Armstrong wächst in einer amerikanischen Kleinstadt auf, und wird auf der Highschool zur Basketball-Ikone. Nichts im Leben kann er besser als dieses Spiel. Er ist die Nummer 1 in dieser Sportart, alles andere muss von ihm schwer erkämpft werden, und entpuppt sich als zweitrangig und unerreichbar. Doch gerade das ist sein Problem: Er möchte niemals ein Versager sein. So wird ihm das Flüchten vor der Zweitrangigkeit zur Devise des Lebens.
Diese Eigenschaft passt wunderbar zum Titel, denn auch ein Kaninchen oder Hase besitzt nur diese Option.

Nach der Sportkarriere heiratet er die gut aussehende Janice, und gründet seine eigene Familie. Doch dieses Unternehmen kann nicht gut ausgehen, denn nach kurzer Zeit schon langweilt ihn Janice körperlich sowie geistig. Woraufhin sie mit dem Trinken anfängt, und von morgens bis abends vor der Glotze sitzt. Mit dieser Episode beginnt der Roman, und Rabbit läuft! Flüchtet, und fährt mit dem Wagen fast bis zum Ende der Welt, immer weiter weg, denn er kann die Bedeutungslosigkeit des Alltags nicht ertragen!

Was mir an diesem Roman sehr ins Auge sprang, ist, dass alle Figuren nur aus sich selber heraus entstehen, dass der Autor nicht vermittelt, sondern der Roman nur aus der jeweiligen Sicht der erzählenden Person beschrieben wird. Dadurch wird die persönliche Einbahnstraße, die Oberflächlichkeit des eigenen Denkens voll zum Tragen gebracht. Nie gehen die Figuren aufeinander ein, es entsteht keine Kommunikation, jeder sieht nur seine eigene Sicht.
Und damit ist das Werk nicht nur eine Familientragödie aus den frühen 60 er Jahren: Die Emanzipation war noch in keinster Weise vollzogen, das Frauenbild aus männlicher Sicht entsprach noch dem Lustprinzip. Generell wird Rabbit stark von seinen Trieben geleitet, die er nicht nach den Kriterien der Vernunft beherrschen kann.
Dieses Werk ist auch Gesellschaftskritik pur. Aktuell und nicht nur auf Amerika bezogen, sondern es beschreibt die Verantwortungslosigkeit gegenüber anderen bis hin zu der eigenen Person.

Der Roman ist ausgezeichnet geschrieben, mit Witz und Tiefe stellt er die menschlichen Schwächen dar, und die Erzählperspektive sticht brillant hervor. Updike versteht sich in der Beschreibung von Gefühlen und Gedanken, und zeichnet dabei mit einfachen Mitteln ganz klare Gestalten. Dieses Buch ist eine absolute Leseempfehlung!


:stern: :stern: :stern: :stern: (:stern:)

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von Anzeige » 20.02.2007, 16:15

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Beitragvon Pippilotta » 20.02.2007, 18:22

Super Rezi, deine Gedanken sind gut nachvollziehbar!

Dennoch hat dieses Buch (mit dem fürchertlichen Cover) leider bei mir nicht so eingeschlagen. Warum, das kann ich eigentlich gar nicht so punktgenau sagen.

Einerseits ist es sicher die Figur des Harry "Rabbit" Angstrom, die mir einfach zutiefst zuwider ist. Ich habe keinerlei Verständnis oder Sympathie für Männer, die sich vor Verantwortung drücken, Probleme aus dem Weg gehen, Schwierigkeiten davonlaufen und nur "das Eine" im Kopf haben.

Andererseits sind es wohl auch die ersten ca. 150 Seiten, über die ich mich sehr gequält habe. Ohne den Rückhalt der Leserunde und ohne dem festen Vorhaben, endlich einmal "einen Updike" zu lesen, hätte ich wohl nicht durchgehalten. Die Geschichte beginnt interessant,und auch fulminant, doch die folgende Beschreibung der Flucht fand ich sehr langwierig und -weilig.

Updike schreibt gut, denn diese Oberflächlichkeit der Gesellschaft bringt er einfach gut rüber, auch viele andere gesellschaftskritische Themen werden angesprochen. Doch insgesamt bin ich doch einigermaßen enttäuscht und vergebe nur

:stern: :stern: :stern: ( :stern: )

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Beitragvon Krümel » 20.02.2007, 20:38

Pippilotta hat geschrieben:Super Rezi, deine Gedanken sind gut nachvollziehbar!


Hi, danke :D :bussi:
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