Hypothyreose (Schilddrüsenfunktion) beim Hund

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    Re: Hypothyreose (Schilddrüsenfunktion) beim Hund

    knuddelmutti - 13.02.2007, 02:43

    Hypothyreose (Schilddrüsenfunktion) beim Hund
    Hypothyreose beim Hund

    1 Einführung

    In der Praxis wird beim Hund die Verdachtsdiagnose Hypothyreose sehr häufig gestellt. Die Bestätigung der Diagnose ist jedoch oft schwierig: Anamnese, Signalement, klinische Symptome, Laboruntersuchungen und Schilddrüsenfunktionstests werden dazu eingesetzt. Trotz all dieser Informationen basiert die definitive Diagnose nicht selten auf das Ansprechen eines Therapieversuches. In diesem Merkblatt werden die wichtigsten Facetten dieser Erkrankung vorgestellt, wobei diejenigen, die für die Diagnostik von Bedeutung sind, hervorgehoben werden. Im Anschluss an diese Ausführung können Sie anhand von "Multiple Choice"-Fragen Ihre Kenntnisse überprüfen.

    2 Physiologie

    In Abbildung 1 ist die Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse schematisch dargestellt.Schilddrüsenhormone haben vielfältige Funktionen: Sie beeinflussen die fötale Entwicklung, den Kohlenhydrat-und Fettstoffwechsel, und greifen in die Regulation anderer Hormone ein. Sie haben einen chronotropen und inotropen Effekt auf das Herz, stimulieren die Erythropoese sowie den Sauerstoffverbrauch der Gewebe.



    Abbildung 1:Schematische Darstellung der Regulation der Hormonsekretion der Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse. TRH=Thyreotropin-releasinghormone, TSH=Thyreotropin, T4= Thyroxin, T3= Trijodthyronin, rT3=reverse T3

    3 Ursachen

    In mehr als 95% der Fälle sehen wir beim Hund die primäre Hypothyreose, bei welcher die Schilddrüse selber zerstört ist. Eine lymphozytäre Thyroiditis und eine idiopatische Atrophie sind die häufigsten Erkrankungen der Schilddrüse. Iatrogen kann eine primäre Hypothyreose durch die chirurgische Entfernung der Schilddrüsen, Medikamente oder eine Behandlung mit radioaktivem Jod ausgelöst werden. Eine sekundäre Hypothyreose ist selten. Sie kann in Folge einer kongenitalen Hypophysen-Malformation, einer Neoplasie der Hypophyse oder durch eine Hemmung der Hypophysen-Funktion (z.B. durch das Cushing-Syndrom oder beim „Euthyroid Sick Syndrome“ ESS, s.u.) auftreten. Iatrogene Ursachen einer sekundären Hypothyreose sind Glukokortikoide, Bestrahlungstherapie oder chirurgische Entfernung der Hypophyse.




    4 Signalement, Anamnese und klinische Symptome

    Dobermann, Labrador sowie Golden Retriever und Cocker Spaniel sind in vielen Studien über Hypothyreose übervertreten. Da die Schilddrüsenhormone für die normale metabolische Funktion von Zellen nötig sind, wirkt sich deren Mangel auf die Funktion vieler Organsysteme aus. Die klinischen Symptome sind dementsprechend variabel: Neben den Krankheitszeichen, die aus der Anamnese zu erfahren sind (Apathie, Gewichtszunahme), können dermatologische (z.B. Alopezie, Seborrhoe vgl. Abbildung 1), neuromuskuläre (z.B. Schwäche), kardiovaskuläre (z.B. Bradykardie), gynäkologische/ andrologische (z.B. persistierender Anöstrus), gastrointestinale (Verstopfung oder Durchfall) und ophthalmologische Symptome (z.B. Lipidablagerung auf Hornhaut, Uveitis) angetroffen werden.

    5 Laborveränderungen

    Knapp die Hälfte der Hypothyreose-Patienten sind anämisch: Es handelt sich um eine normozytäre, normochrome, nichtregenerative Anämie, welche durch eine verminderte Erythropoetin- Produktion verursacht wird. Der Cholesterinspiegel ist bei über 75% der Patienten erhöht, da der Abbau der Lipide verlangsamt ist.

    6 Bildgebende Verfahren

    Bildgebende Verfahren spielen eine untergeordnete Rolle in der Diagnose einer Hypothyreose. Röntgenbilder können bei den seltenen Fällen einer angeborenen Hypothyreose nützlich sein (verzögerte Ossifikation der Epiphysen). Der Ultraschall kommt bei Verdacht einer Schilddrüsen-Neoplasie zur Anwendung.



    Abbildung 1: Fokale Alopezie am
    Schwanzansatz bei einem Hund
    mit Hypothyreose


    7 Schilddrüsenfunktionstests

    7.1 Trijodthyronin (T3)
    Obwohl das T3 das primäre Hormon ist, welches für die physiologische Wirkung der Schilddrüse verantwortlich ist, entsteht das meiste T3 extrathyreoidal z.B. in Leber, Niere und Muskulatur durch eine Abspaltung von Jod aus dem T4. Das T3 ist deswegen ein unzuverlässiger Indikator der Schilddrüsenfunktion. Es wird für die Routine-Diagnostik einer Hypothyreose nicht empfohlen.

    7.2 Thyroxin (T4)
    Das gesamte T4 im Serum stammt aus der Schilddrüse und eignet sich deswegen gut um die Schilddrüsenfunktion zu überprüfen. Leider überlappt die Serum-T4-Konzentration von hypothyreoten und gesunden Hunden. Die Überlappung von hypothyreoten Patienten und euthyreoten Hunden, die unter einer anderen Erkrankung leiden ("Euthyroid Sick Syndrome", ESS, s.u.), ist noch grösser. Anhand eines erniedrigten T4- Wertes allein kann man eine Hypothyreose nicht diagnostizieren. Wenn der T4-Wert im Normalbereich liegt, hat er allerdings eine grosse Aussagekraft: Eine Hypothyreose ist dann nämlich sehr unwahrscheinlich (Sensitivität von 89 bis 100%). Zudem steigt mit zunehmender Höhe der T4- Konzentration die Wahrscheinlichkeit, dass der Hund euthyreot ist. Eine Ausnahme von dieser Regel ist der hypothyreote Hund mit zirkulierenden T4-Autoantikörper: Bei diesen Patienten können die T4-Werte falsch erhöht sein. Interferenzen zwischen T4 und deren Antikörper kommen jedoch selten vor.

    7.3 Freies T4 (fT4)
    Das fT4 ist das biologisch aktive T4. Wenn das fT4 im Labor mittels einer Equilibriumsdialyse bestimmt wird (fT4ED), dann hat die fT4ED-Analyse eine höhere Spezifität als das T4. Gesunde oder an anderen Erkrankungen leidende Patienten haben daher seltener tiefe fT4ED-Werte als tiefe T4-Werte.


    7.4 Thyreotropin (Thyroidea stimulierendes Hormon,TSH)-Spiegel
    Bei Patienten mit einer primären Hypothyreose wird ein hoher TSH-Spiegel erwartet, da durch die erniedrigte Schilddrüsenhormon- Konzentration das negative Feedback auf die Hypophyse fehlt.
    Der TSH-Spiegel sollte immer im Zusammenhang mit dem T4 oder dem fT4ED interpretiert werden. Ein tiefer T4- oder fT4ED-Wert und ein erhöhter TSH-Spiegel bei einem Hund mit entsprechenden Symptomen sprechen für eine Hypothyreose. Wenn T4-, fT4ED- und TSH-Wert alle in der Norm sind, kann eine Hypothyreose ausgeschlossen werden. Alle anderen Kombinationen von T4-, fT4ED- und TSH-Werten sind schwierig zu interpretieren.

    7.5 TSH-Stimulationstest
    Der TSH-Stimulationstest gilt als der Goldstandard zur Diagnose einer Hypothyreose. Leider ist das bovine TSH zur Durchführung des Tests schwer erhältlich, was die Bedeutung des Tests für die Praxis limitiert. Verschiedene Protokolle zur Durchführung und Interpretation dieses Tests wurden publiziert. An der Vetsuisse Fakultät der Universität Zürich wird zur Zeit ein rekombiniertes humanes TSH für die Durchführung des TSH-Stimulationstests getestet. Die ersten Resultate sind vielversprechend (14th ECVIM-CA Congress, September 2004, Barcelona). Falls dieses TSH für den Praktiker in Zukunft zur Verfügung stehen wird, wird der TSH-Stimulationstest sicher wieder eine breitere Anwendung finden.

    7.6 Thyreotropin-releasing-hormone (TRH)-Stimulationstest
    Der TRH-Stimulationstest wird manchmal zur Diagnose einer Hypothyreose durchgeführt. Wie beim TSH-Stimulationstest wurden mehrere Protokolle beschrieben. Nebenwirkungen wie Speicheln, Erbrechen, Tachykardie und Miose treten relativ häufig auf. Die Interpretation dieses Tests kann jedoch schwierig sein, da die Veränderung der T4-Konzentration nach TRH-Gabe kleiner ist und individuell stärker variiert als nach einer TSH-Gabe. Der TRH-Stimulationstest ist daher weniger zuverlässig als der TSH-Stimulationstest.


    8 Faktoren, welche die Schilddrüsen-Funktion beeinflussen

    Alter: T4-Werte nehmen mit zunehmendem Alter ab.
    Rasse und Gewicht: T4-Werte sind bei kleineren Rassen
    höher.
    Tageszeit: Sporadische und unvorhersagbare Fluktuationen
    während des Tages kommen bei T4- und TSH-Werten vor.
    Medikamente: sehr viele Medikamente beeinflussen die
    Schilddrüsenfunktion. Glukokortikoide, Phenobarbital,
    Sulfonamide und Carprofen können z.B. die T4-, fT4ED-,
    TSH-Werte und auch die Resultate des TSH-Stimulationstests
    fälschlich verändern.
    Systemische Erkrankungen: Im Zusammenhang mit vielen
    verschiedenen Erkrankungen kann es zu einem Abfall der
    zirkulierenden Schilddrüsenhormone kommen. Dieses
    Phänomen wird als "Euthyroid Sick Syndrome" (ESS) bezeichnet.
    Nieren- und Lebererkrankungen, infektiöse
    Prozesse, das Cushing-Syndrom und Diabetes mellitus, um
    nur einige wenige Beispiele zu nennen, können niedrige
    T4-Werte verursachen. Der TSH-Spiegel kann ebenfalls
    erhöht sein. Man glaubt, dass es sich beim ESS um eine
    physiologische Anpassung des Körpers handelt, die zum
    Ziel hat, den zellulären Stoffwechsel während Krankheiten
    herabzusetzen. Je schwerer die Erkrankung ist, desto
    grösser ist der suppressive Effekt auf die Schilddrüsenhormon-
    Konzentration. Die Behandlung des ESS sollte sich
    gegen die Ursache der Erkrankung richten. Eine Behandlung
    mit L-Thyroxin ist nicht indiziert.



    9 Diagnosestellung

    Da keiner der Schilddrüsenfunktionstests 100% sensitiv und spezifisch ist, ist es umso wichtiger, Anamnese, klinische Symptome und die anderen Laborbefunde für die Diagnosestellung mitzuberrücksichtigen. Von den Schilddrüsenfunktionstests liefert der TSH-Stimulationstest die zuverlässigsten Resultate. Steht dieser nicht zur Verfügung, dann ist die Interpretation von T4 oder fT4ED zusammen mit dem TSH-Spiegel am wertvollsten. Nicht selten kann die Diagnose einer Hypothyreose trotz Berücksichtigung aller genannten Symptome und Labortests immer noch nicht mit Sicherheit gestellt werden. In diesem Fall ist ein Therapieversuch anzuraten. Die mittels eines Therapieversuches gestellte Diagnose sollte durch Wiederauftreten der klinischen Symptome nach Absetzen des L-Thyroxins bestätigt werden. Falls der Patient auf die Therapie nicht anspricht, dann sollte der Serum-T4- Spiegel bestimmt werden, um zu bestätigen, dass dieser im gewünschten Bereich liegt.

    10 Therapie

    Ein Markenpräparat eines synthetischen L-Thyroxins (T4, z.B. Eltroxin® oder Soloxine®) wird anfänglich in einer Dosierung von 0.02 mg/kg alle 12 Stunden PO gegeben. Die maximale Totaldosis beträgt 0.8 mg PO zweimal täglich. Die Dosierung sollte anschliessend anhand des Serum-T4-Wertes angepasst werden. Die zweimal tägliche Gabe erhöht zu Beginn die Chance, dass die Patienten auf die Therapie ansprechen.

    11 Verlaufskontrolle

    Vier bis acht Wochen nach Therapiebeginn werden zwei Serumproben für die therapeutische Überwachung genommen. Kurz vor Gabe des L-Thyroxins sollte der Serum-T4-Wert im Normalbereich liegen und vier bis sechs Stunden nach Medikamentengabe sollte der T4-Wert bei der oberen Grenze der Norm oder leicht darüber liegen. In den ersten acht Monaten sollten Serum-T4-Werte alle zwei Monate gemessen werden, da der Metabolismus von T4 sich ändern wird, wenn der Stoffwechsel sich normalisiert hat: Die Dosis muss dann eventuell angepasst werden. Nach Normalisierung des Stoffwechsels ist die einmal tägliche Gabe von 0.02 mg/kg für viele Hunde ausreichend.

    Literaturliste auf Anfrage


    Dr. med. vet. Cécile Rohrer Kaiser
    Dipl. ACVIM (Internal Medicine) und ECVIM-CA (Internal Medicine)
    Beratung in innerer Medizin und Onkologie
    Tel: 01 380 28 61
    Fax: 01 380 28 62
    E-mail: cecile.rohrer@bluewin.ch


    Quelle:

    http://www.diavet.ch/d/publikationen/detail.php?NewsId=54



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