CARLOS CASTANEDA

Kraftforum OneEarth
Verfügbare Informationen zu "CARLOS CASTANEDA"

  • Qualität des Beitrags: 0 Sterne
  • Beteiligte Poster: Wölfin - Maraiah - Anonymous
  • Forum: Kraftforum OneEarth
  • Forenbeschreibung: Ort des Miteinanders
  • aus dem Unterforum: Bibliothek
  • Antworten: 16
  • Forum gestartet am: Donnerstag 16.02.2006
  • Sprache: deutsch
  • Link zum Originaltopic: CARLOS CASTANEDA
  • Letzte Antwort: vor 17 Jahren, 2 Monaten, 4 Tagen, 9 Minuten
  • Alle Beiträge und Antworten zu "CARLOS CASTANEDA"

    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 07.02.2007, 15:30

    CARLOS CASTANEDA
    Ich kann net anders, - ohne Carlos fühl ich mich net wohl *lautlach*

    http://www.leuchtendewesen.de/

    http://www.sapientia.ch/Buchseiten/astrales.htm (onlinebücher von Carlitos)



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 07.02.2007, 15:31


    Die Lehren des Don Juan

    Macht beruht auf der Art von Wissen, das einer hat. Was bedeutet das Wissen von Dingen, die sinnlos sind? Sie werden uns nicht vorbereiten auf unsere unvermeidliche Begegnung mit dem Unbekannten. Auf dieser Well bekommt man nichts geschenkt. Alles, was zu lernen ist, muss auf mühsame Art gelernt werden.

    Der Mensch macht sich auf den Weg zum Wissen, wie er in den Kampf zieht: hellwach, mit Furcht, Achtung und absoluter Zuversicht. Auf andere Art sich dem Wissen zu nähern oder in den Kampf zu ziehen ist ein Fehler, und wer ihn begeht, wird keine Zeit mehr haben, ihn zu bereuen. Wenn ein Mensch diese vier Voraussetzungen erfüllt - hellwach zu sein, Furcht, Achtung und absolute Zuversicht zu haben -, gibt es keine Fehler, für die er einstehen müsste; unter solchen Bedingungen verlieren seine Taten die Unbesonnenheit der Taten eines Narren. Scheitert solch ein Mensch oder erleidet er eine Niederlage, hat er nur ein Gefecht verloren, und darüber gibt es kein klägliches Bedauern.

    Zu viel Nachdenken über das eigene Selbst bewirkt eine furchtbare Ermüdung. Ein Mensch in dieser Situation ist taub und blind für alles andere. Die Müdigkeit selbst hindert ihn, all die Wunder um ihn her zu sehen.

    Immer wenn sich ein Mensch anschickt zu lernen, muss er sich anstrengen, so sehr er kann, und nur seine eigene Natur bestimmt die Grenzen seines Lernens. Darum ist es sinnlos, über das Wissen zu reden. Furcht vor dem Wissen ist nur natürlich; wir alle erfahren sie, und wir können nichts dagegen tun. Doch ganz gleich, wie Furcht gebietend das Lernen ist, der Gedanke an einen Menschen ohne Wissen wäre noch furchtbarer.

    Den Leuten böse zu sein bedeutet, dass man ihre Taten wichtig nimmt. Man muss unbedingt aufhören, so zu denken. Die Taten von Menschen können nicht wichtig genug sein, um unsere einzige gangbare Alternative aufzuwiegen: unsere unabänderliche Begegnung mit dem Unendlichen.

    Alles ist nur einer von Millionen Wegen. Darum muss ein Krieger immer bedenken, dass ein Weg nur ein Weg ist; wenn er spürt, dass er ihn nicht beschreiten sollte, darf er ihm unter keinen Umständen folgen. Seine Entscheidung, diesen Weg weiterzugehen oder ihn zu verlassen, muss frei sein von Furcht oder Ehrgeiz. Er soll sich jeden Weg genau und aufmerksam ansehen. Dann kommt die Frage, die ein Krieger sich unbedingt stellen muss: Ist dies ein Weg mit Herz? Alle Wege sind sich gleich: sie führen nirgendwo hin. Doch ein Weg ohne Herz ist nie erfreulich. Ein Weg mit Herz dagegen ist leicht - der Krieger braucht sich nicht anzustrengen, ihn zu lieben; solch ein Weg gewährt eine fröhliche Reise. Solange der Mensch ihm folgt, ist er eins mit ihm.

    Es gibt eine Welt des Glücks, wo kein Unterschied zwischen den Dingen besteht, weil niemand da ist, um nach dem Unterschied zu fragen. Dies aber ist nicht die Welt der Menschen. Manche Menschen haben die Eitelkeit zu glauben, sie lebten in zwei Welten, aber das ist nur ihre Eitelkeit. Es gibt nur eine einzige Welt für uns. Wir sind Menschen und müssen mit der Welt der Menschen auskommen.

    Der Mensch hat vier natürliche Feinde: die Angst, die Klarheit, die Macht und das Alter. Angst, Klarheit und Macht lassen sich überwinden, nicht aber das Alter. Seine Wirkung lässt sich aufschieben, aber nie lässt es sich überwinden.
    [/i][/u]



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 07.02.2007, 15:42


    Eine andere Wirklichkeit

    Ein Krieger weiß, dass er nur ein Mensch ist. Er bedauert lediglich, dass sein Leben so kurz ist und dass er nicht all die Dinge festhalten kann, wie er möchte. Dies aber ist kein Problem für ihn; es ist nur schade.

    Wenn man sich wichtig nimmt, wird man schwerfällig, unbeholfen und eitel. Um ein Krieger zu sein, muss man leicht und beweglich bleiben.

    Als Energiefelder gesehen, erscheinen die Menschen wie Lichtfasern, wie weißes Spinnengewebe, ganz feine Fäden, die zwischen Kopf und Zehenspitzen kreisen. Für das Auge eines Sehers sieht der Mensch also aus wie ein Ei aus kreisenden Fasern. Und seine Arme und Beine sind wie leuchtende Borsten, die nach allen Richtungen abstehen.

    Der Seher sieht, dass jeder Mensch mit allem anderen in Kontakt ist, nicht durch seine Hände, sondern durch ein Bündel langer Fasern, die nach allen Richtungen aus seiner Leibesmitte hervorschießen. Diese Fasern verbinden den Menschen mit seiner Umgebung; sie halten ihn im Gleichgewicht; sie geben ihm Stabilität.

    Wenn ein Krieger sehen lernt, sieht er, dass der Mensch ein leuchtendes Ei ist, sei er ein Bettler oder ein König, und dass es keine Möglichkeit gibt, irgendetwas daran zu ändern; oder vielmehr, was könnte man an diesem leuchtenden Ei verändern? Was?

    Ein Krieger sorgt sich nie um seine Furcht. Lieber denkt er an das Wunder, Energie fließen zu sehen! Der Rest ist Einbildung, nichts als unnötige Einbildung.

    Nur ein Knallkopf würde sich der Aufgabe unterziehen, aus eigenem Antrieb ein Wissender zu werden. Ein vernünftiger Mensch muss dazu überlistet werden. Es gibt Tausende, die sich mit Freuden der Aufgabe unterziehen würden, aber sie zählen nicht. Meistens haben sie einen Knacks. Sie sind wie Kalebassen, die äußerlich gut aussehen und dennoch tropfen, sobald man sie belastet, sobald man sie mit Wasser füllt.

    Für einen Menschen, der sich nicht mit dem Sehen befasst, erscheinen die Dinge, jedes Mal wenn er die Welt betrachtet, ziemlich gleich. Wenn aber er zu sehen lernt, ist nichts mehr sich gleich, jedes Mal wenn er es sieht, und doch ist es das Gleiche. Für das Auge eines Sehers ist ein Mensch wie ein Ei. Jedes Mal wenn er denselben Menschen sieht, sieht er ein leuchtendes Ei, und doch ist es nicht dasselbe leuchtende Ei.

    Die Schamanen des alten Mexiko gaben unerklärlichen Kräften, die auf sie einwirkten, den Namen Verbündete. Sie nannten sie Verbündete, weil sie glaubten, sie könnten sie nach Belieben benutzen - eine Vorstellung, die für diese Schamanen beinah tödlich war, weil das, was sie einen Verbündeten nannten, ein Wesen ohne körperliche Substanz ist, das im Universum existiert. Heutige Schamanen nennen sie anorganische Wesen. Fragt man, welche Funktion die Verbündeten haben, so könnte man auch fragen, was wir Menschen auf dieser Welt zu tun haben. Wir sind da, das ist alles. Und die Verbündeten sind da wie wir; und vielleicht waren sie vor uns da.

    Die nachhaltigste Art zu leben ist der Weg des Kriegers. Ein Krieger mag grübeln und nachdenken, bevor er eine Entscheidung trifft, aber sobald er sie getroffen hat, geht er seinen Weg, frei von Grübeleien oder Gedanken; es erwarten ihn stets noch tausend andere Entscheidungen. Das ist der Weg des Kriegers.

    Ein Krieger denkt an seinen Tod, wenn die Dinge unübersichtlich werden. Der Gedanke an den Tod kann als Einziges unseren Geist stählen.

    Der Tod ist überall. Es mögen die Scheinwerfer eines Autos auf einem Hügel hinter uns in der Ferne sein. Sie bleiben ein Weilchen sichtbar, und dann verschwinden sie in der Dunkelheit, wie ausgewischt; nur um auf einem anderen Hügel aufzutauchen und dann wieder zu verschwinden. Dies sind die Lichter auf dem Kopf des Todes. Der Tod setzt sie auf wie einen Hut und schießt los im Galopp und holt uns ein, kommt immer näher. Manchmal schaltet er seine Lichter ab. Doch der Tod hält nie inne.

    Ein Krieger muss vor allem wissen, dass seine Taten sinnlos sind, und doch muss er handeln, als wüsste er dies nicht. Das ist die kontrollierte Torheit des Schamanen.

    Die Augen des Menschen können zwei Funktionen erfüllen: die erste ist, Energie im Universum fließen zu sehen, und die andere ist, »die Dinge dieser Welt anzuschauen«. Keine dieser beiden Funktionen ist besser als die andere; die Augen nur im Anschauen zu üben ist aber ein schändlicher und unnötiger Verlust.

    Ein Krieger lebt, indem er handelt, nicht indem er über sein Handeln nachdenkt oder indem er darüber nachdenkt, was er denken wird, wenn er sein Handeln abgeschlossen hat.

    Ein Krieger wählt einen Weg mit Herz, jeden beliebigen Weg mit Herz, und folgt ihm; und dann frohlockt er und lacht. Er weiß, weil er sieht, dass sein Leben schon allzu bald vorbei sein wird. Er sieht, dass nichts wichtiger ist als alles andere.

    Ein Krieger hat keine Ehre, keine Würde, keine Familie, keinen Namen, keine Heimat; er hat nur das Leben, das gelebt werden muss, und die einzige Verbindung zu seinen Mitmenschen ist unter diesen Umständen seine kontrollierte Torheit.

    Weil nichts wichtiger ist als alles andere, wählt der Krieger irgendeine Tat und tut sie, als sei sie bedeutsam für ihn. Seine kontrollierte Torheit lässt ihn sagen, dass das, was er tut, bedeutsam ist, und lässt ihn handeln, als wäre es so, und doch weiß er, dass es nicht so ist; wenn er also seine Taten vollbringt, zieht er sich in Frieden zurück, und ob seine Taten gut oder schlecht waren, ob sie gelangen oder nicht, kümmert ihn nicht im mindesten.

    Ein Krieger mag sich dafür entscheiden, völlig teilnahmslos zu bleiben und nie zu handeln und so zu tun, als habe Teilnahmslosigkeit eine wirkliche Bedeutung für ihn; auch damit hätte er völlig Recht, denn auch dies wäre seine kontrollierte Torheit.

    Es gibt keine Leere im Leben eines Kriegers. Alles ist voll bis zum Rand. Alles ist randvoll, und alles ist sich gleich.

    Der gewöhnliche Mensch kümmert sich zu sehr darum, ob er die anderen Leute mag oder selbst von ihnen gemocht wird. Ein Krieger mag einfach, das ist alles. Er mag, was oder wen er will, weil's ihm Spaß macht.

    Ein Krieger übernimmt die Verantwortung für seine Taten, auch für seine banalsten Taten. Ein gewöhnlicher Mensch tut, was ihm passt, und übernimmt nie die Verantwortung für das, was er tut.

    Der gewöhnliche Mensch ist entweder siegreich oder besiegt und wird, je nachdem, zum Verfolger oder zum Opfer. Diese zwei Zustände herrschen vor, solange man nicht sieht. Das Sehen vertreibt die Illusion des Sieges, der Niederlage oder des Leidens.

    Ein Krieger weiß, dass er wartet und worauf er wartet; und während er wartet, begehrt er nichts, und darum ist das wenige, das er bekommt, mehr als er annehmen kann. Wenn er essen muss, findet er einen Weg, weil er nicht hungrig ist; wenn etwas seinen Körper verletzt, findet er ein Mittel, es abzustellen, weil er keine Schmerzen hat. Hungrig zu sein oder Schmerzen zu haben bedeutet, dass der Mensch kein Krieger ist; und die Kräfte seines Hungers und seiner Schmerzen werden ihn zerstören.

    Selbstverleugnung ist eine Art, sich gehen zu lassen, und zwar die weitaus schlimmste; sie macht uns glauben, wir täten große Dinge, während wir in Wirklichkeit nur auf uns selbst fixiert sind.

    Das Wollen ist kein Gedanke, auch kein Objekt oder Wunsch. Das Wollen kann einen Menschen obsiegen lassen, auch wenn sein Verstand ihm sagt, dass er besiegt ist. Es funktioniert, auch wenn der Krieger sich gehen lässt. Sein Wollen macht ihn unverletzlich. Das Wollen lässt einen Schamanen durch eine Mauer gehen, durch das All, in die Unendlichkeit.

    Wenn ein Mensch den Weg der Krieger einschlägt, wird ihm allmählich bewusst, dass er das gewöhnliche Leben für immer zurücklässt. Die Mittel der gewöhnlichen Welt sind für ihn kein Puffer mehr; er muss eine neue Lebensweise annehmen, wenn er überleben will.

    Bei jedem Wissen, das Macht wird, ist der Tod die zentrale Kraft. Der Tod gibt die letzte Berührung, und was vom Tod berührt ist, wird tatsächlich Macht.

    Nur der Gedanke an den Tod gibt einem Krieger die Losgelöstheit, die ihn befähigt, sich allem hinzugeben. Er weiß, sein Tod umschleicht ihn und lässt ihm nicht die Zeit, sich an etwas zu klammern. Darum erprobt er alles und jedes, ohne es zu begehren.

    Wir sind Menschen, und es ist unser Los, zu lernen und in unvorstellbare neue Welten geschleudert zu werden. Ein Krieger, der Energie sieht, weiß, dass die neuen Welten vor unseren Augen endlos sind.

    »Der Tod ist ein Wirbel; der Tod ist eine leuchtende Wolke über dem Horizont; der Tod bin ich, der zu dir spricht; der Tod bist du mit deinem Schreibzeug; der Tod ist nichts. Nichts! Er ist da, und doch ist er gar nicht da. «

    Der Geist eines Kriegers ist nicht darauf eingestellt, sich gehen zu lassen und zu klagen, auch nicht auf Gewinnen oder Verlieren. Der Geist eines Kriegers ist nur auf Kampf eingestellt, und jeder Kampf ist das letzte Gefecht eines Kriegers auf Erden. Der Ausgang bedeutet ihm daher sehr wenig. In seinem letzten Gefecht auf Erden lässt der Krieger seinen Geist frei und klar schweben. Und da er in den Kampf zieht und weiß, dass sein Wollen makellos ist, lacht der Krieger und lacht.

    Wir reden unentwegt mit uns selbst über unsere Welt. Tatsächlich halten wir unsere Welt durch unsere innere Rede in Gang. Und wenn wir aufhören, mit uns selbst über uns und unsere Welt zu reden, ist die Welt noch immer, wie sie sein sollte. Wir erneuern sie, wir entflammen sie mit Leben, wir halten sie mit unserer inneren Rede in Gang. Nicht nur das, wir wählen auch unsere Wege, indem wir mit uns selbst reden. So wiederholen wir die gleichen Entscheidungen immer wieder bis zu dem Tag, da wir sterben, weil wir immer wieder die gleiche innere Rede führen, bis zum Tag unseres Todes. Ein Krieger ist sich dessen bewusst und strebt danach, seine innere Rede abzustellen.

    Die Welt ist all das, was hier beschlossen liegt: das Leben, der Tod, die Menschen und alles andere um uns her. Die Welt ist unbegreiflich. Wir werden sie nie verstehen; wir werden niemals ihre Geheimnisse ergründen. Darum müssen wir die Welt nehmen, wie sie ist: als reines Mysterium.

    Die Dinge, die Menschen tun, können unter keinen Umständen wichtiger sein als die Welt. Darum nimmt ein Krieger die Welt als unendliches Geheimnis und das, was die Menschen tun, als endlose Narretei.



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 07.02.2007, 15:43


    Reise nach Ixtlan

    Kaum je erkennen wir, dass wir alles aus unserem Leben ausschließen können, jederzeit, in einem Augenblick.

    Man sollte sich nicht darum kümmern, Foto- oder Tonbandaufnahmen festzuhalten. Dies sind überflüssige Dinge des sesshaften Lebens. Man sollte sich um den Geist kümmern, der immer flüchtig ist.


    Ein Krieger braucht keine persönliche Geschichte. Eines Tages findet er, dass er sie nicht mehr braucht, und er wirft sie weg.

    Die persönliche Geschichte muss stets erneuert werden, indem man Eltern, Verwandten und Freunden alles erzählt, was man tut. Ein Krieger dagegen, der keine persönliche Geschichte hat, braucht keine Erklärungen zu geben; niemand ist böse oder enttäuscht über seine Taten. Und vor allem, niemand legt ihn mit Gedanken und Erwartungen fest.

    Wenn nichts sicher ist, bleiben wir wachsam, stets auf der Hut. Es ist spannender, nicht zu wissen, hinter welchem Busch sich der Hase versteckt, als so zu tun, als wüssten wir alles.

    Solange der Mensch glaubt, er sei das Wichtigste auf der Welt, kann er die Welt, die ihn umgibt, nicht wirklich würdigen. Er ist wie ein Pferd mit Scheuklappen; er sieht nur sich selbst, getrennt von allem anderen.

    Der Tod ist ewig unser Gefährte. Er ist immer zu unserer Linken, eine Spanne weit hinter uns. Der Tod ist der einzige weise Ratgeber, den ein Krieger hat. Immer wenn er glaubt, dass alles schief geht und seine Vernichtung droht, kann er sich an seinen Tod wenden und fragen, ob dem so ist. Sein Tod wird ihm sagen, dass er sich irrt, dass nichts von Bedeutung ist außer der Berührung des Todes. Sein Tod wird ihm sagen: »Noch habe ich dich nicht berührt. «

    Immer wenn ein Krieger beschließt, etwas zu tun, muss er die Sache durchführen, aber er muss für das, was er tut, die Verantwortung übernehmen. Ganz gleich, was er tut, er muss vor allem wissen, warum er es tut, und dann muss er seine Taten durchführen, ohne an ihnen zu zweifeln oder sie zu bereuen.

    In einer Welt, wo der Tod der Jäger ist, gibt es keine Zeit für Reue oder Zweifel. Es gibt nur Zeit für Entscheidungen. Welche Entscheidungen, das spielt keine Rolle. Nichts könnte wichtiger oder weniger wichtig sein als alles andere. In einer Welt, wo der Tod der Jäger ist, gibt es keine kleinen oder großen Entscheidungen. Es gibt nur Entscheidungen, die ein Krieger im Angesicht seines unausweichlichen Todes trifft.

    Ein Krieger muss lernen, an der richtigen Wegbiegung erreichbar oder unerreichbar zu sein. Für einen Krieger ist es nutzlos, ungewollt jederzeit erreichbar zu sein, wie es für ihn nutzlos ist, sich zu verstecken, wenn jedermann weiß, dass er sich versteckt.

    Nicht verfügbar zu sein bedeutet für den Krieger, dass er die Welt, die ihn umgibt, nur behutsam berührt. Vor allem vermeidet er achtsam, sich oder andere zu erschöpfen. Er benutzt Menschen nicht und presst sie nicht aus, bis sie zum Nichts schrumpfen, besonders nicht Menschen, die er liebt.

    Sobald der Mensch sich sorgt, klammert er sich aus Verzweiflung an alles; und sobald er sich anklammert, erschöpft er unweigerlich sich selbst oder denjenigen, dasjenige, woran er sich anklammert. Ein Jäger-Krieger hingegen weiß, dass ihm das Wild immer wieder in die Falle gehen wird, darum sorgt er sich nicht. Sich sorgen heißt, sich verfügbar, ungewollt verfügbar machen.

    Ein Jäger-Krieger steht auf vertrautem Fuß mit seiner Welt, und doch ist er nicht verfügbar für diese Welt. Er klopft leise an, bleibt so lange wie nötig und geht rasch wieder fort, kaum eine Spur hinterlassend.

    Ein Jäger-Krieger sein heißt nicht nur, das Wild zu fangen. Ein Jäger- Krieger fängt nicht deshalb Wild, weil er Fallen stellt oder weil er die Gewohnheiten seiner Beute kennt, sondern weil er selbst keine Gewohnheiten hat. Dies ist sein Vorteil. Er ist anders als die Tiere, denen er nachstellt und die durch schwerfällige Routine und berechenbare Gewohnheiten festgelegt sind; er ist frei, beweglich, unberechenbar.

    Für einen gewöhnlichen Menschen ist die Welt unheimlich, weil er, falls er ihrer nicht überdrüssig ist, mit ihr hadert. Für einen Krieger ist die Welt unheimlich, weil sie erstaunlich, Ehrfurcht gebietend, geheimnisvoll, unergründlich ist. Ein Krieger muss die Verantwortung dafür übernehmen, dass er hier ist in dieser wunderbaren Welt, zu dieser wunderbaren Zeit.

    Ein Krieger muss lernen, so zu handeln, dass jede Tat zählt, denn er wird nur noch kurze Zeit hier sein in dieser Welt, tatsächlich zu kurz, um all ihre Wunder zu erleben.

    Taten haben Macht. Besonders wenn der handelnde Krieger weiß, dass diese Taten sein letztes Gefecht sind. Das ist ein sonderbares, verzehrendes Glück, zu handeln im vollen Wissen, dass dies, was immer er tut, seine letzte Tat auf Erden sein kann.

    Ein Krieger soll seine Aufmerksamkeit auf die Verbindung zwischen ihm selbst und dem Tod konzentrieren. Ohne Reue oder Trauer oder Sorge soll er seine Aufmerksamkeit auf die Tatsache richten, dass er keine Zeit hat, und seine Taten entsprechend fließen lassen. Er soll dafür sorgen, dass jede seiner Taten sein letztes Gefecht auf Erden sein könnte. Nur unter dieser Bedingung werden seine Taten die Macht haben, die ihnen gebührt. Sonst werden sie, solange er lebt, die Taten eines Narren sein.

    Ein Jäger-Krieger weiß, dass sein Tod auf ihn wartet und dass die Tat, die er gerade ausführt, sein letztes Gefecht auf Erden sein kann. Er nennt sie Gefecht, weil sie ein Kampf ist. Die meisten Menschen schreiten kampflos und gedankenlos von Tat zu Tat. Ein Krieger hingegen bewertet jede Tat. Und da er mit seinem Tod auf vertrautem Fuß steht, handelt er wohl überlegt, als sei jede Tat sein letztes Gefecht. Nur ein Narr wird nicht bemerken, welchen Vorteil ein Jäger-Krieger vor seinen Mitmenschen hat. Ein Jäger-Krieger zollt seinem letzten Gefecht die gebührende Achtung. Es versteht sich von selbst, dass seine letzte Tat auf Erden seine beste sein sollte. So ist es gut, und es nimmt seiner Furcht den Stachel.

    Ein Krieger ist ein untadeliger Jäger, der auf Macht ausgeht. Er ist weder trunken noch verrückt, auch hat er weder Zeit noch Neigung, zu bluffen oder sich selbst zu belügen oder einen falschen Schritt zu tun. Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Was auf dem Spiel steht, ist sein klares, geordnetes Leben, das zu straffen und zu vervollkommnen er so lange brauchte. Er wird es nicht wegwerfen, indem er einen dummen Irrtum begeht, indem er etwas mit etwas anderem verwechselt.

    Ein Mensch, jeder Mensch, verdient all das, was des Menschen Schicksal ist, Freude, Traurigkeit und Mühe. Welcher Art seine Taten sind, ist unwichtig, solange er sie als Krieger tut. Ist sein Geist aus dem Lot, sollte er ihn einfach reparieren - ihn läutern, ihn vervollkommnen -, weil es im Leben keine Aufgabe gibt, die lohnender wäre. Nicht den Geist zu reparieren heißt den Tod suchen, und das ist dasselbe wie nichts zu suchen, denn der Tod wird uns ohnehin einholen, egal wie und wann. Die Vervollkommnung des Krieger-Geistes zu suchen ist die einzige Aufgabe, würdig unserer Vergänglichkeit, unseres Menschseins.

    Das Schwerste auf der Welt ist es, sich in die Stimmung eines Kriegers zu versetzen. Es hat keinen Sinn, traurig zu sein und zu klagen - und sich dazu berechtigt zu fühlen im Glauben, dass immer irgendjemand uns irgendetwas angetan hat. Niemand tut jemandem etwas an, am wenigsten einem Krieger.

    Ein Krieger ist ein Jäger. Er kalkuliert alles. Das ist seine Kontrolle. Sobald er seine Kalkulation abgeschlossen hat, handelt er. Er lässt los. Das ist seine Hingabe. Ein Krieger ist kein Blatt im Wind. Niemand kann ihn herumstoßen; niemand kann ihn zwingen, etwas gegen seinen Willen oder gegen seine bessere Einsicht zu tun. Ein Krieger ist auf Überleben eingestellt, und er überlebt auf die bestmögliche Art.

    Ein Krieger ist nur ein Mensch, ein demütiger Mensch. Er kann die Pläne seines Todes nicht ändern. Aber sein makelloser Geist, der nach ungeheuren Mühen Kraft aufgespeichert hat, kann gewiss den Tod einen Moment aufhalten, lange genug, um ein letztes Mal frohlockend seiner Kraft zu gedenken. Man könnte sagen, dies ist eine Geste des Todes gegenüber denen, die einen makellosen Geist haben.

    Es spielt keine Rolle, wie man erzogen wurde. Entscheidend für die Art, wie man etwas tut, ist die persönliche Kraft. Ein Mensch ist nur die Summe seiner persönlichen Kraft, und diese Summe entscheidet darüber, wie er lebt und wie er stirbt.

    Persönliche Kraft ist ein Gefühl. Etwas wie Glücklichsein. Oder man könnte es eine Stimmung nennen. Persönliche Kraft ist etwas, das man durch einen lebenslangen Kampf gewinnt.

    Ein Krieger handelt, als wüsste er, was er tut, auch wenn er in Wirklichkeit nichts weiß.

    Ein Krieger bereut nichts, was er getan hat, denn die eigenen Taten als böse, hässlich oder schlecht herauszustellen, heißt, dem eigenen Selbst eine ungebührliche Bedeutung beizumessen. Der Trick besteht darin, was wir in den Vordergrund stellen. Entweder wir machen uns elend, oder wir machen uns stark. Der Arbeitsaufwand ist der gleiche.

    Die Leute sagen uns seit dem Tag unserer Geburt, die Welt sei so und so beschaffen, und natürlich haben wir keine Wahl, als zu akzeptieren, dass die Welt so ist, wie die Leute es uns sagen.

    Es ist die Kunst des Kriegers, den Schrecken, ein Mensch zu sein, und das Wunder, ein Mensch zu sein, im Gleichgewicht zu halten.



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 07.02.2007, 15:44


    Der Ring der Kraft

    Das Selbstvertrauen des Kriegers ist nicht das Selbstvertrauen des gewöhnlichen Menschen. Der gewöhnliche Mensch sucht Sicherheit in den Augen des Betrachters und nennt es Selbstvertrauen. Der Krieger sucht Makellosigkeit in seinen eigenen Augen und nennt es Demut. Der gewöhnliche Mensch ist an seine Mitmenschen gebunden, während der Krieger nur an das Unendliche gebunden ist.

    Es gibt viele Dinge, die ein Krieger zu gegebener Zeit tun kann, und die er vor Jahren nicht tun konnte. Die Dinge selbst haben sich nicht geändert; was sich verändert hat, ist seine Vorstellung von sich selbst.

    Das einzig Richtige, was ein Krieger tun kann, ist konsequentes Handeln, ohne Vorbehalte. Zu gegebener Zeit weiß er genug über den Pfad der Krieger, um entsprechend zu handeln, doch seine alten Gewohnheiten und seine Routine können ihm im Weg stehen.

    Wenn einem Krieger etwas gelingen soll, muss der Erfolg allmählich kommen, mit großen Mühen, doch ohne Stress oder Besessenheit.

    Der Innere Dialog ist es, der uns Menschen in der Welt verankert. Die Welt ist so und so, nur weil wir uns vorsagen, dass sie so und so sei. Der Durchgang in die Welt der Schamanen öffnet sich erst, nachdem der Krieger gelernt hat, seinen inneren Dialog abzustellen.

    Unsere Vorstellung von der Welt zu ändern, das ist die Crux beim Schamanimus. Und das Abstellen des inneren Dialogs ist die einzige Möglichkeit, dies zu erreichen.

    Wenn ein Krieger lernt, den inneren Dialog abzustellen, wird alles möglich; die ausgefallensten Vorsätze werden durchführbar.

    Ein Krieger nimmt sein Los auf sich und akzeptiert es in äußerster Demut. Demütig akzeptiert er, was er ist, und dies ist ihm kein Anlass zur Trauer, sondern eine lebendige Herausforderung.

    Die Demut eines Kriegers ist nicht die Demut eines Bettlers. Der Krieger beugt den Kopf vor niemandem, doch gleichzeitig erlaubt er niemandem, den Kopf vor ihm zu beugen. Der Bettler dagegen fällt bei jeder Gelegenheit auf die Knie und kriecht vor jedem, den er höher gestellt glaubt, im Staub. Gleichzeitig verlangt er aber, dass ein Geringerer vor ihm im Staub kriecht.

    Trost, Zuflucht, Furcht - all diese Wörter erzeugen Stimmungen, die wir zu akzeptieren gelernt haben, ohne nach ihrem Wert zu fragen.

    Unsere Mitmenschen sind Schwarzmagier. Und jeder, der sich mit ihnen einlässt, wird auf der Stelle zum Schwarzmagier. Denk einmal nach. Kannst du von dem Weg abweichen, den deine Mitmenschen dir vorgezeichnet haben? Und wenn du bei ihnen bleibst, sind deine Gedanken und dein Handeln für immer zu ihren Bedingungen festgelegt. Das ist Sklaverei. Der Krieger dagegen ist frei von all dem. Freiheit ist teuer, aber der Preis ist nicht unerschwinglich. Fürchte also deine Sklavenhalter, deine Herren. Vergeude nicht deine Zeit und deine Kraft, indem du die Freiheit fürchtest.

    Der Fehler an den Worten ist, dass sie uns glauben machen, wir seien erleuchtet, doch wenn wir uns umdrehen und die Welt anschauen, lassen sie uns stets im Stich und wir sehen schließlich die Welt, wie wir sie immer gesehen haben, ohne Erleuchtung. Aus diesem Grund sucht ein Krieger lieber zu handeln als zu reden, und zu diesem Zweck übernimmt er eine neue Beschreibung der Welt - eine neue Beschreibung, wo Reden nicht so wichtig ist und neue Taten neue Betrachtungen nach sich ziehen.

    Ein Krieger sieht sich bereits als tot, darum hat er nichts zu verlieren. Das Schlimmste ist ihm bereits geschehen, darum bleibt er klar und ruhig; nach seinen Taten oder seinen Worten zu urteilen, käme niemand auf den Verdacht, dass er alles miterlebt hat.

    Das Wissen ist eine ganz besondere Sache, vor allem für einen Krieger. Für einen Krieger ist das Wissen etwas, das plötzlich kommt, ihn überfällt und weiterzieht.

    Das Wissen kommt schwebend zu einem Krieger, wie Flocken von Goldstaub, wie Staub auf den Flügeln von Schmetterlingen. Darum ist Wissen für einen Krieger gleich als nähme er eine Dusche, als ließe er sich beregnen von Flocken dunklen Goldstaubs.

    Wann immer der innere Dialog aufhört, bricht die Welt zusammen, und außerordentliche Seiten unseres Selbst werden sichtbar, als wären sie von unseren Worten streng bewacht gewesen.

    Die Welt ist unergründlich. Wir sind es auch, genau wie alle Wesen, die es auf dieser Welt gibt.

    Krieger erringen Siege nicht, indem sie den Kopf gegen die Mauer stoßen, sondern indem sie Mauern überwinden. Krieger springen über Mauern; sie reißen sie nicht nieder.

    Ein Krieger muss das Gefühl entwickeln, dass er alles hat, was er für die außerordentliche Reise seines Lebens braucht. Für einen Krieger zählt einzig, dass er am Leben ist. Das Leben an sich genügt, es erklärt sich selbst und ist vollkommen. Daher kann man ohne Anmaßung sagen, dass es die Erfahrung aller Erfahrungen ist, am Leben zu sein.

    Der gewöhnliche Mensch hält es für ein Zeichen von Sensibilität, von Spiritualität, sich Zweifeln und Trübsal hinzugeben. In Wahrheit ist der gewöhnliche Mensch alles andere als sensibel. Seine kleinliche Vernunft bläht sich willkürlich zu einem Monstrum oder einem Heiligen auf, aber wahrhaftig, sie ist zu klein für die große Rolle eines Monsters oder eines Heiligen.

    Um ein Krieger zu sein, ist es nicht damit getan, einer sein zu wollen. Vielmehr ist es ein endloser Kampf, der bis zum allerletzten Moment unseres Lebens währt. Niemand wird als Krieger geboren, wie auch niemand als gewöhnlicher Mensch geboren wird. Wir machen uns zu dem einen oder dem anderen.

    Ein Krieger stirbt auf schwere Art. Sein Tod muss kämpfen, um ihn zu holen. Ein Krieger überlässt sich dem Tod nicht so leicht.

    Die Menschen sind keine festen Objekte und haben keine Substanz. Sie sind runde leuchtende Wesen; sie sind grenzenlos. Die Welt der festen Objekte ist nur eine Beschreibung, die geschaffen wurde, um ihnen zu helfen, um ihre Durchreise auf Erden angenehmer zu machen.

    Ihre Vernunft lässt die Menschen vergessen, dass die Beschreibung nur eine Beschreibung ist, und bevor sie es merken, sind sie mit der Ganzheit ihres Selbst in einem Teufelskreis gefangen, aus dem sie ihr Leben lang kaum mehr entrinnen werden.

    Menschen sind wahrnehmende Wesen, aber die Welt, die sie wahrnehmen, ist eine Illusion: eine Illusion, geschaffen durch die Beschreibung, die ihnen seit dem Augenblick ihrer Geburt erzählt wurde. Im Grunde ist jene Welt, die sie mit ihrer Vernunft aufrechterhalten möchten, eine Welt, geschaffen durch eine Beschreibung und deren dogmatische und unumstößliche Regeln, die ihre Vernunft zu akzeptieren und zu verteidigen gelernt hat.

    Der heimliche Vorteil leuchtender Wesen ist, dass sie etwas haben, was nie benutzt wird: ihr Wollen. Die Taktik der Schamanen ist die gleiche wie die Taktik gewöhnlicher Menschen. Beide haben eine Beschreibung der Welt. Der gewöhnliche Mensch erhält sie mit seiner Vernunft aufrecht; der Schamane hält sie mit seinem Wollen aufrecht. Beide Beschreibungen haben ihre Regeln; doch der Vorteil des Schamanen ist, dass das Wollen umfassender ist als die Vernunft.

    Nur als Krieger kann man den Weg des Wissens ertragen. Ein Krieger darf nichts bereuen und nichts beklagen. Sein Leben ist eine endlose Herausforderung, und Herausforderungen sind niemals gut oder schlecht. Herausforderungen sind einfach Herausforderungen.

    Der grundlegende Unterschied zwischen einem gewöhnlichen Menschen und einem Krieger ist, dass ein Krieger alles als Herausforderung annimmt, während ein gewöhnlicher Mensch alles als Segen oder Fluch hinnimmt.

    Der Trumpf des Kriegers ist, dass er glaubt, ohne zu glauben. Aber natürlich kann ein Krieger nicht einfach sagen, er glaubt, und es damit bewenden lassen. Das wäre allzu leicht. Einfach zu glauben, ohne sich anzustrengen, würde ihn von der Pflicht entbinden, seine Situation zu überprüfen. Immer wenn sich ein Krieger aufs Glauben einlassen muss, tut er es aus freier Wahl. Ein Krieger glaubt nicht, ein Krieger muss glauben.

    Der Tod ist ein unentbehrlicher Bestandteil des Glaubenmüssens. Ohne das Bewusstsein vom Tode ist alles gewöhnlich, banal. Nur deshalb, weil der Tod uns umschleicht, ist die Welt ein unergründliches Mysterium. Auf diese Weise glauben zu müssen ist Ausdruck der innersten freien Wahl eines Kriegers.

    Die Kraft bietet dem Krieger immer das Quäntchen einer Chance. Es ist die Kunst des Kriegers, immer beweglich zu sein, um es aufzusammeln.

    Der gewöhnliche Mensch ist sich der Dinge nur bewusst, wenn er glaubt, er solle es sein. Die Lebensbedingung eines Kriegers ist aber, aller Dinge zu jeder Zeit bewusst zu sein.

    Die Ganzheit unseres Selbst ist eine sehr geheimnisvolle Sache. Wir brauchen nur einen kleinen Teil davon, um die kompliziertesten Aufgaben des Lebens zu vollbringen. Doch wenn wir sterben, sterben wir mit der Ganzheit unseres Selbst.

    Als Faustregel soll ein Krieger seine Entscheidungen so sorgfältig treffen, dass nichts, was aus ihnen folgen mag, ihn überraschen, geschweige denn seine Kraft erschöpfen kann.

    Wenn ein Krieger die Entscheidung trifft, zur Tat zu schreiten, soll er bereit sein zu sterben. Ist er bereit zu sterben, dann sollte es keine Irrtümer, keine unliebsamen Überraschungen, keine unnötigen Taten geben. Alles sollte sich von selbst ergeben, fügen, weil er nichts erwartet.

    Als Lehrer sollte ein Krieger die Möglichkeit lehren, zu handeln, ohne zu glauben, ohne Belohnung zu erwarten - einfach drauflos zu handeln. Sein Erfolg als Lehrer hängt davon ab, wie gut und harmonisch er seine Schützlinge in dieser Hinsicht leitet.

    Um dem Schüler zu helfen, seine persönliche Geschichte auszulöschen, zeigt ihm der Krieger als Lehrer drei Techniken: wie man die Selbstgefälligkeit ablegt, wie man Verantwortung für seine Taten übernimmt und wie man den Tod als Ratgeber nutzt. Ohne die förderliche Wirkung dieser drei Techniken würde das Auslöschen der persönlichen Geschichte zu Wankelmut und Flüchtigkeit führen, zu unnötigen Zweifeln an sich selbst und den eigenen Taten.

    Es ist unmöglich, das Selbstmitleid für immer loszuwerden. Es hat einen bestimmten Platz und Charakter in unserem Leben, eine bestimmte Fassade, die erkennbar ist. Darum wird jedes Mal, wenn sich Gelegenheit bietet, die Fassade des Selbstmitleids aktiv. Sie hat eine Geschichte. Doch wenn man die Fassade ändert, verändert man ihre Vorrangstellung. Man ändert Fassaden, indem man die Bestandteile der Fassade selbst verändert. Selbstmitleid ist nützlich für den, der es braucht, weil er sich wichtig fühlt und meint, bessere Bedingungen und bessere Behandlung zu verdienen, oder weil er nicht bereit ist, die Verantwortung für die Taten zu übernehmen, die ihn in jenen Zustand brachten, der das Selbstmitleid auslöste.

    Die Fassade des Selbstmitleids ändern heißt nur, einen früher wichtigen Bestandteil auf einen untergeordneten Platz zu verweisen. Das Selbstmitleid ist noch vorhanden, jetzt aber in den Hintergrund getreten, wie die Idee des bevorstehenden Todes, die Idee der Demut eines Kriegers, die Idee der Verantwortung für die eigenen Taten einst für den Krieger im Hintergrund standen, ohne genutzt zu werden - bis er ein Krieger wurde.

    Ein Krieger bekennt sich zu seinem Schmerz, aber er schwelgt nicht darin. Die Stimmung eines Kriegers, der in das Unbekannte zieht, ist nicht Traurigkeit; im Gegenteil, er ist fröhlich, weil er sich durch sein Glück begnadet fühlt, weil er auf seinen makellosen Geist vertraut und vor allem, weil er sich seiner Tüchtigkeit bewusst ist. Die Fröhlichkeit eines Kriegers kommt aus der Annahme seines Schicksals und aus der ehrlichen Einschätzung dessen, was vor ihm liegt.



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 07.02.2007, 15:45


    Der zweite Ring der Kraft

    Wenn man nichts zu verlieren hat, wird man mutig. Zaghaft sind wir nur, wenn es etwas gibt, woran wir uns noch klammern können.

    Ein Krieger darf niemals etwas dem Zufall überlassen. Tatsächlich beeinflusst er den Gang der Ereignisse durch die Kraft seines Bewusstseins und durch sein unbeugsames Wollen.

    Wenn ein Krieger all die Gunst zurückzahlen möchte, die ihm zuteil wurde, und niemand Bestimmten weiß, an den er seine Zahlung richten könnte, darf er sie an den Geist des Menschen richten. Dies ist stets ein sehr kleines Konto, und was immer man darauf einzahlt, ist mehr als genug.

    Der Gelehrte, nachdem er eine wunderschöne Welt der Aufklärung aufgebaut hat, geht Punkt fünf Uhr nachmittags nach Hause, um seinen wunderschönen Bau zu vergessen.

    Die menschliche Form ist ein Konglomerat von Energiefeldern, das im Universum existiert und ausschließlich die Menschen betrifft. Die Schamanen nennen sie die menschliche Form oder Schale, weil diese Energiefelder durch lebenslange Gewohnheiten und Missbrauch verbogen und verzerrt sind.

    Ein Krieger weiß, dass er sich nicht ändern kann, und doch macht er es sich zur Aufgabe, diese Änderung trotz allem zu versuchen. Der Krieger ist niemals enttäuscht, wenn es ihm nicht gelingt, sich zu ändern. Dies ist der einzige Vorteil, den ein Krieger vor dem gewöhnlichen Menschen hat.

    Krieger müssen makellos sein in ihrem Bemühen, sich zu ändern, um die menschliche Form abzuschrecken und abzuschütteln. Nach Jahren makellosen Lebens kommt ein Moment, da die menschliche Form es nicht länger erträgt und fortgeht. Das heißt, es kommt ein Moment, da die durch lebenslange Gewohnheit verbogenen Energiefelder begradigt werden. Dies hat eine tiefe Wirkung auf den Krieger, er kann sogar sterben an dieser Begradigung seiner Energiefelder, aber ein makelloser Krieger wird immer überleben.

    Die einzige Freiheit, die Krieger haben, ist makelloses Verhalten. Makellosigkeit ist nicht nur Freiheit; sie ist das einzige Mittel, die menschliche Form zu begradigen.

    Jede Gewohnheit bedarf all ihrer Bestandteile, um zu funktionieren. Wenn Teile fehlen, löst sich die Gewohnheit auf.

    Der Kampf findet hier statt, auf dieser Erde. Wir sind nur Menschen. Wer weiß, was uns erwartet oder welche Kraft wir haben können?

    Die Welt der Menschen ist ein Auf und Ab, und die Menschen gehen mit ihrer Welt auf und ab; Krieger haben keinen Grund, dem Auf und Ab ihrer Mitmenschen zu folgen.

    Der Kern unseres Wesens ist der Akt der Wahrnehmung, und die Magie unseres Daseins ist der Akt der Bewusstheit. Wahrnehmung und Bewusstsein sind eine einzige funktionale, unlösbare Einheit.

    Wir entscheiden uns nur einmal. Wir entscheiden uns, entweder Krieger, zu sein oder gewöhnliche Menschen. Eine zweite Entscheidung gibt es nicht. Nicht auf dieser Erde.

    Der Weg der Krieger eröffnet dem Menschen ein neues Leben, und dieses Leben muss völlig neu sein. Er darf seine hässlichen alten Gewohnheiten nicht in sein neues Leben mitbringen.

    Krieger nehmen stets das erste aus einer Reihe von Ereignissen als Skizze oder Landkarte der Geschehnisse, die sich daraus in der Folge für sie entwickeln werden.

    Die Menschen lieben es, sich sagen zu lassen, was sie tun sollen, aber noch mehr lieben sie es, sich aufzulehnen und nicht zu tun, was ihnen gesagt wird, und so verstricken sie sich und hassen denjenigen, der ihnen überhaupt etwas sagte.

    Jeder hat genügend persönliche Kraft für irgendetwas. Es ist die List des Kriegers, seine persönliche Kraft von seinen Schwächen abzuziehen und auf sein Krieger-Ziel zu lenken.

    Jeder kann sehen, und doch entscheiden wir uns dafür, uns nicht daran zu erinnern, was wir sehen.



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 07.02.2007, 15:45


    Die Kunst des Pirschens

    Die Kunst des Träumens, ist die Fähigkeit, unsere gewöhnlichen Träume zu nutzen und sie in kontrollierte Bewußtheit zu verwandeln -aufgrund einer spezialisierten Form von Aufmerksamkeit, nämlich der Traum-Aufmerksamkeit.

    Die Kunst des Pirschens besteht aus einer Reihe von Verfahren und Verhaltensweisen, die den Krieger befähigen, aus jeder denkbaren Situation das Beste zu machen.

    Für Krieger gilt die Empfehlung, keinerlei materielle Dinge zu besitzen, auf die sie ihre Kraft fixieren könnten, sondern diese auf den Geist, auf den Flug ins Unbekannte zu konzentrieren, nicht auf Banalitäten.

    Wer den Weg des Kriegers gehen will, muss sich von dem Zwang befreien, Dinge zu besitzen und festzuhalten.

    Das Sehen ist ein körperliches Wissen. Die Vorherrschaft des Gesichtssinnes bei uns Menschen beeinflusst dieses körperliche Wissen und gibt ihm den Anschein, als habe es etwas mit den Augen zu tun.

    Das Verlieren der menschlichen Form ist wie eine Spirale. Es gibt einem Krieger die Freiheit, sich zu erinnern, dass er aus gerade gerichteten Energiefeldern besteht, und dies macht ihn wiederum noch freier.

    Ein Krieger weiß, dass er wartet, und er weiß, worauf er wartet, und während er wartet, labt er seine Augen an der Welt. Die höchste Vollendung eines Kriegers ist seine Freude am Unendlichen.

    Die Richtung des Schicksals eines Kriegers ist unabänderlich. Die Frage ist nur, wie weit er gehen kann und wie makellos er innerhalb dieser starren Grenzen sein kann.

    Die Handlungen der Leute beeinflussen einen Krieger nicht mehr, denn er hat keinerlei Erwartungen mehr. Ein seltsamer Friede wird zur beherrschenden Kraft seines Lebens. Er hat eine der Ideen vom Leben eines Kriegers angenommen - Losgelöstheit.

    Losgelöstheit bedeutet nicht automatisch Weisheit, aber sie ist dennoch von Vorteil, denn sie erlaubt dem Krieger, einen Moment innezuhalten, um Situationen zu überprüfen, um Positionen zu überdenken. Um diesen besonderen Moment aber konsequent und richtig zu nutzen, muss der Krieger sein Leben lang unnachgiebig kämpfen.

    Ich bin bereits der Kraft gegeben, die mein Schicksal regiert. Und ich hänge an nichts, darum will ich nichts zu verteidigen haben. Ich habe keine Gedanken, darum will ich sehen. Ich fürchte nichts, darum will ich mich an mich erinnern. Losgelöst und mit Leichtigkeit werde ich an dem Adler vorbeifliegen, um frei zu sein.

    Für einen Krieger ist es viel leichter, sich unter maximalen Stressbedingungen richtig zu verhalten, als unter normalen Umständen makellos zu sein.

    Der Mensch hat zwei Seiten. Die rechte Seite umfasst alles, was der Intellekt begreifen kann. Die linke Seite ist ein Reich unbeschreiblicher Gebilde; ein Reich, das mit Worten nicht zu erfassen ist. Die linke Seite wird vielleicht, falls es Verstehen ist, was da stattfindet, mit dem ganzen Körper verstanden; daher lässt sie sich nicht in Begriffe fassen.

    Alle Fähigkeiten, Möglichkeiten und Errungenschaften des Schamanimus, von den einfachsten bis zu den erstaunlichsten, sind im menschlichen Körper angelegt.

    Die Kraft, die das Schicksal aller Lebewesen regiert, wird der Adler genannt, nicht weil sie ein Adler wäre oder etwas mit einem Adler zu tun hätte, sondern weil sie dem Auge des Sehers als ein unermesslich großer schwarzer Adler erscheint, aufrecht stehend, wie Adler stehen, und aufragend bis ins Unendliche.

    Der Adler verschlingt das Bewusstsein aller Geschöpfe, die, eben noch lebendig auf Erden und nunmehr tot, wie ein Schwärm Glühwürmchen zum Schnabel des Adlers aufschweben, um ihrem Besitzer, dem Daseinsgrund ihres Lebens, zu begegnen. Der Adler sortiert diese winzigen Flämmchen, streckt sie flach, ähnlich wie der Gerber ein Fell glättet, und verzehrt sie dann; denn Bewusstsein ist des Adlers Speise.

    Der Adler, jene Macht, die das Schicksal aller Lebewesen regiert, spiegelt gleichermaßen und zugleich all diese lebenden Wesen wider. Darum ist es dem Menschen unmöglich, den Adler anzubeten, um Wohltaten zu flehen, auf Gnade zu hoffen. Der menschliche Anteil des Adlers ist zu gering, um ihn in seiner Ganzheit zu rühren.

    Jedem Lebewesen wird, wenn es dies wünscht, die Kraft gewährt, einen Durchlass zur Freiheit zu suchen und dort hindurchzugehen. Einem Seher, der den Durchlass sieht, und den Geschöpfen, die dort hindurchgehen, ist offenkundig, dass der Adler diese Gabe gewährt, um das Bewusstsein zu verewigen.

    Zur Freiheit hinüberzuwechseln bedeutet kein ewiges Leben, wie dies gemeinhin verstanden wird - das heißt, als immer währendes Leben. Vielmehr können Krieger ihr Bewusstsein behalten, das normalerweise im Augenblick des Todes aufgegeben wird. Im Augenblick des Überwechselns wird der Körper in seiner Ganzheit vom Wissen entflammt. Alle Zellen gleichzeitig werden ihrer selbst bewusst und bewusst auch der Ganzheit des Körpers.

    Das Freiheitsgeschenk des Adlers ist keine Mitgift, sondern die Chance, eine Chance zu haben.

    Ein Krieger fühlt sich nie im Belagerungszustand. Sich belagert zu fühlen bedeutet, dass man persönlichen Besitz hat, der einem genommen werden könnte. Ein Krieger hat nichts auf der Welt außer seiner Makellosigkeit, und Makellosigkeit kann nicht bedroht werden.

    Es ist der erste Grundsatz der Kunst des Pirschens, dass Krieger selbst ihr Schlachtfeld wählen. Ein Krieger zieht nie in den Kampf, ohne zu wissen, wie die Umgebung beschaffen ist.

    Alles Unnötige ablegen, dies ist der zweite Grundsatz der Kunst des Pirschens. Ein Krieger kompliziert die Dinge nicht. Er bemüht sich um Einfachheit. Er wendet all seine Konzentration auf, um zu entscheiden, ob er in den Kampf ziehen soll oder nicht, denn jeder Kampf ist ein Kampf um sein Leben. Dies ist der dritte Grundsatz der Kunst des Pirschens. Ein Krieger muss willens und bereit sein, hier und jetzt sein letztes Gefecht zu führen. Aber nicht auf überstürzte Art.

    Ein Krieger entspannt sich und gibt sich hin. Er fürchtet nichts. Nur dann wird die Kraft, die alle Menschen leitet, dem Krieger einen Weg eröffnen und ihm helfen. Nur dann. Dies ist der vierte Grundsatz der Kunst des Pirschens.

    Wenn Krieger auf Widrigkeiten stoßen, die sie nicht überwinden können, treten sie einen Moment zurück. Sie lassen ihre Gedanken schweifen. Sie nehmen sich Zeit für etwas anderes. Alles ist dazu geeignet. Dies ist der fünfte Grundsatz der Kunst des Pirschens.

    Krieger verdichten die Zeit. Dies ist der sechste Grundsatz der Kunst des Pirschens. Jeder Augenblick zählt. In einem Kampf ums Leben ist eine Sekunde eine Ewigkeit - eine Ewigkeit, die über den Ausgang entscheiden kann. Krieger wollen siegen, darum verdichten sie die Zeit. Krieger vergeuden keinen Augenblick.

    Um den siebten Grundsatz der Kunst des Pirschens anzuwenden, muss man die anderen sechs angewendet haben: ein Pirscher drängt sich nie in den Vordergrund. Er schaut immer aus den Kulissen zu. Die Anwendung dieser Grundsätze führt zu drei Resultaten. Das erste ist, dass Pirscher niemals lernen, sich ernst zu nehmen; sie lernen, über sich selbst zu lachen. Wenn sie nicht fürchten, ein Narr zu sein, können sie jeden zum Narren halten. Das zweite ist, dass Pirscher lernen, unendliche Geduld aufzubringen. Pirscher sind nie in Eile; sie regen sich nicht auf. Und das dritte Resultat ist, dass Pirscher lernen, grenzenloses Improvisationstalent zu entwickeln.

    Krieger sehen die kommende Zeit. Normalerweise sehen wir die Zeit hinter uns zurückweichen. Nur Krieger können dies ändern und sehen die Zeit auf sich zu kommen.

    Krieger haben nur eines im Sinn: ihre Freiheit. Zu sterben und vom Adler gefressen zu werden, ist keine Herausforderung. Andererseits ist es die höchste Kühnheit, sich am Adler vorbeizuschleichen und frei zu sein.

    Wenn Krieger über die Zeit sprechen, meinen sie nicht etwas, das sich am Gang einer Uhr messen ließe. Zeit ist die Essenz der Aufmerksamkeit; die Emanationen des Adlers bestehen aus Zeit; und genau genommen macht sich ein Krieger, wenn er in andere Aspekte des Selbst eintritt, mit der Zeit vertraut.

    Ein Krieger kann nicht mehr weinen, und sein einziger Ausdruck von Schmerz ist ein Schauder, der aus den Tiefen des Universums kommt. Es ist, als bestünde eine der Emanationen des Adlers aus schierem Schmerz, und wenn sie den Krieger trifft, ist das Erschaudern des Kriegers grenzenlos.



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 07.02.2007, 15:47


    Das Feuer von innen

    Es gibt keine Vollkommenheit ohne Traurigkeit und Sehnsucht, denn ohne diese gibt es keine Besonnenheit, keine Freundlichkeit. Weisheit ohne Freundlichkeit und Wissen ohne Besonnenheit sind nutzlos.

    Selbstgefälligkeit ist der größte Feind des Menschen. Was ihn schwächt, ist das Gefühl, durch die Taten und Untaten seiner Mitmenschen gekränkt zu sein. Die Selbstgefälligkeit verlangt, dass man sich den größten Teil des Lebens durch irgendetwas oder irgendjemanden gekränkt fühlt.

    Um dem Pfad des Wissens zu folgen, muss man sehr einfallsreich sein. Auf dem Pfad des Wissens ist nichts so klar, wie wir es gerne hätten.

    Wenn Seher nichtswürdigen Tyrannen standhalten können, dürfen sie gewiss auch dem Unbekannten straflos entgegentreten, und dann können sie sogar die Gegenwart des Unerkennbaren ertragen.

    Es scheint nur natürlich zu glauben, dass ein Krieger, der dem Unbekannten standhalten kann, gewiss auch nichtswürdigen Tyrannen entgegentreten kann. Aber so ist es nicht unbedingt. Die großen Krieger alter Zeiten wurden vernichtet, weil sie sich auf diese Annahme verließen. Nichts ist geeigneter, den Geist eines Kriegers zu stählen, als die Herausforderung im Umgang mit unleidlichen Leuten in Machtpositionen. Nur in solchen Situationen können Krieger genügend Besonnenheit und Gelassenheit erlangen, die sie brauchen, um die Wucht des Unerkennbaren zu ertragen.

    Das Unbekannte ist etwas, das dem Menschen verborgen bleibt, womöglich verhüllt durch einen beängstigenden Kontext, das aber für den Menschen gleichwohl erreichbar ist. Das Unbekannte wird zu gegebener Zeit zu etwas Bekanntem. Das Unerkennbare dagegen ist das Unbeschreibliche, das Undenkbare, das Unergründliche. Es wird uns niemals bekannt sein, und doch ist es da, strahlend schön und erschreckend zugleich in seiner Unermesslichkeit.

    Wir nehmen wahr. Das ist eine feststehende Tatsache. Doch was wir wahrnehmen, ist keine solche Tatsache, weil wir lernen, was wir wahrnehmen sollen.

    Krieger sagen, dass es die Welt der Objekte dort draußen nur aufgrund unseres Bewusstseins gibt. Aber was wirklich dort draußen ist, sind die Emanationen des Adlers, fließend, stets in Bewegung und doch unwandelbar, ewig.

    Der größte Fehler unerfahrener Krieger ist, dass sie bereit sind, die Wunder dessen, was sie sehen, zu vergessen. Sie sind überwältigt von der Tatsache, dass sie sehen, und glauben, es sei ihr Genie, worauf es ankommt. Ein erfahrener Krieger muss ein Muster an Disziplin sein, um die nahezu unüberwindliche Schlaffheit unserer menschlichen Kondition zu besiegen. Wichtiger als das Sehen selbst ist, was die Krieger daraus machen, was sie sehen.

    Eine der stärksten Kräfte im Leben von Kriegern ist die Furcht, denn sie spornt sie zum Lernen an.

    Ein Seher weiß um die Wahrheit, dass alle Lebewesen bemüht sind zu sterben. Was den Tod zurückhält, ist das Bewusstsein.

    Das Unbekannte ist immer gegenwärtig, aber es liegt außerhalb der Möglichkeiten unseres normalen Bewusstseins. Das Unbekannte ist der überflüssige Teil des gewöhnlichen Menschen. Und es ist überflüssig, weil der gewöhnliche Mensch nicht genügend freie Energie hat, um es zu erfassen.

    Der größte Fehler der Menschen ist, dass sie am Inventar ihrer Vernunft kleben bleiben. Die Vernunft handelt nicht vom Menschen als Energie. Die Vernunft handelt von Werkzeugen, welche Energie erzeugen, aber es ist der Vernunft nie ernsthaft in den Sinn gekommen, dass wir etwas Besseres sind als Werkzeuge: wir sind Organismen, die Energie erzeugen. Wir sind Energie-Blasen.

    Krieger, die in voller Absicht zu absoluter Bewusstheit gelangen, sind ein denkwürdiger Anblick. Dies ist der Moment, da sie im Inneren brennen. Das Feuer von innen verzehrt sie. Und in voller Bewusstheit verschmelzen sie mit den Emanationen des Adlers und gleiten in die Ewigkeit

    Sobald das innere Schweigen erreicht ist, wird alles möglich. Wir können unser Selbstgespräch beenden, indem wir genau dieselbe Methode anwenden, nach der man uns lehrte, mit uns selbst zu sprechen; man lehrte es uns mit Zwang und unerbittlich, und auf eben diese Art müssen wir es beenden: mit Zwang und unerbittlich.

    Makellosigkeit beginnt mit einer einzigen Tat, die wohlerwogen, präzise und beharrlich sein muss. Wird diese Tat lange genug wiederholt, erwirbt man ein Gefühl unbeugsamen Wollens, das auf alles andere übertragen werden kann. Ist das erreicht, dann steht der Weg offen. Eines führt zum anderen, bis der Krieger all seine Möglichkeit verwirklicht.

    Das Geheimnis des Bewusstseins ist Dunkelheit. Die Menschen sind erfüllt von diesem Geheimnis, von Dingen, die unerklärlich sind. Uns anders zu sehen wäre verrückt. Darum soll ein Krieger das Geheimnis des Menschen nicht erniedrigen, indem er es rational zu begründen sucht.

    Es gibt zwei Arten von Erkenntnissen. Die eine ist nichts als aufmunterndes Gerede mit großen Gefühlsausbrüchen. Die andere ist das Produkt einer Verschiebung des Montagepunktes, wo unsere Wahrnehmung zusammengesetzt wird. Sie geht nicht mit Gefühlsausbrüchen einher, sondern mit Taten. Die emotionale Erkenntnis kommt erst Jahre später, nachdem der Krieger die neue Position seines Montagepunktes durch stetigen Gebrauch gefestigt hat.

    Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, dass wir sterben müssen, und weil dies bereits unser unabänderliches Schicksal ist, sind wir frei. Wer alles verloren hat, braucht nichts mehr zu fürchten.

    Krieger wagen sich nicht aus Habgier in das Unbekannte vor. Habgier funktioniert als Motiv nur in der Welt des Alltäglichen. Um sich in jene erschreckende Einsamkeit des Unbekannten vorzuwagen, braucht man etwas Größeres als Habgier: Liebe. Man braucht Liebe zum Leben, zum Staunen, zum Geheimnis. Man braucht unersättliche Neugier und jede Menge Mut.

    Ein Krieger denkt nur an die Geheimnisse des Bewusstseins; nur auf das Geheimnis kommt es an. Wir sind Lebewesen; wir müssen sterben und unser Bewusstsein aufgeben; könnten wir dies aber nur ein klein wenig ändern, welche Geheimnisse müssten uns erwarten? Welche Geheimnisse!



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 07.02.2007, 15:47


    Die Kraft der Stille

    Den Schamanimus lernt ein Krieger nicht im Lauf der Zeit; was er vielmehr im Laufe der Zeit lernt, ist Energie zu sparen. Diese Energie wird ihn befähigen, einige der Energiefelder zu erschließen, die ihm normalerweise unzugänglich sind. Schamanimus ist ein Bewusstseinszustand, die Fähigkeit, Energiefelder zu nutzen, die beim Wahrnehmen der alltäglichen Welt, wie wir sie kennen, nicht eingesetzt werden.

    Im Universum gibt es eine unermessliche, unbeschreibliche Kraft, welche die Schamanen als Intention - oder Wollen -bezeichnen; und buchstäblich alles, was im gesamten Kosmos existiert, ist durch ein Bindeglied mit dem Wollen verknüpft. Die Krieger sind immer bemüht, dieses Bindeglied zu klären, zu verstehen und es einzusetzen. Vor allem sind sie bemüht, es von der lähmenden Wirkung zu läutern, die von den gewöhnlichen Sorgen des Alltagslebens ausgehen. Auf dieser Ebene lässt sich Schamanimus definieren als Läuterung unserer Bindung an das Wollen.

    Schamanen haben größtes Interesse an ihrer Vergangenheit, nicht aber ihrer persönlichen Vergangenheit. Für Schamanen ist ihre Vergangenheit das, was andere Schamanen in vergangenen Zeiten erreichten. Sie befragen ihre Vergangenheit, um einen Bezugspunkt zu gewinnen. Nur Schamanen suchen wirklich einen Bezugspunkt in ihrer Vergangenheit. Das Gewinnen eines Bezugspunktes bietet ihnen die Chance, das Wollen zu prüfen.

    Auch der gewöhnliche Mensch überprüft die Vergangenheit, und er tut es aus persönlichen Gründen. Er misst sich an der Vergangenheit, ob an seiner persönlichen Vergangenheit oder dem vergangenen Wissen seiner Zeit, um Rechtfertigungen für sein gegenwärtiges oder zukünftiges Verhalten zu finden oder um sich ein Vorbild zu schaffen.

    Der Geist manifestiert sich einem Krieger an jeder Wegbiegung. Dies ist jedoch nicht die ganze Wahrheit. Die ganze Wahrheit ist, dass sich der Geist jedermann mit gleicher Intensität und Konsequenz offenbart, aber nur Krieger sind konsequent auf solche Offenbarungen eingestellt.

    Krieger sprechen vom Schamanimus als einem geheimnisvollen magischen Vogel, der seinen Flug einen Augenblick unterbricht, um dem Menschen Hoffnung und ein Ziel zu geben; Krieger leben unter den Fittichen dieses Vogels, den sie den Vogel der Weisheit nennen, den Vogel der Freiheit.

    Für einen Krieger ist der Geist etwas Abstraktes, nur weil er ohne Worte, ja ohne Gedanken von ihm weiß. Er ist abstrakt, weil der Krieger nicht begreifen kann, was der Geist ist. Doch ohne den Wunsch oder die geringste Aussicht, ihn zu verstehen, pflegt ein Krieger Umgang mit dem Geist. Er erkennt ihn, er beschwört ihn, er macht sich mit ihm vertraut und drückt ihn mit seinen Taten aus.

    Beim gewöhnlichen Menschen ist die Verbindung zum Wollen praktisch tot, und Krieger beginnen mit einer Bindung, die nutzlos ist, weil sie nicht freiwillig reagiert. Um diese Verbindung wieder zu beleben, brauchen Krieger eine harte, unbändige Zielstrebigkeit - einen besonderen Bewusstseinszustand, den sie das unbeugsame Wollen nennen.

    Die Macht des Menschen ist unermesslich; der Tod existiert nur, weil wir ihn seit dem Augenblick unserer Geburt wollen. Das Todes- Wollen kann aufgehoben werden, indem man den Montagepunkt in eine andere Position wechseln lässt.

    Die Kunst des Pirschens besteht darin, alle Feinheiten unserer Tarnung zu erlernen und sie so gut zu lernen, dass niemand weiß, dass wir getarnt sind. Zu diesem Zweck müssen wir rücksichtslos, listig, geduldig und sanft sein. Rücksichtslosigkeit sollte nicht Härte sein, List sollte nicht Grausamkeit sein, Geduld sollte nicht Nachlässigkeit und Sanftheit sollte nicht Torheit sein.

    Krieger haben eine äußerste Zielstrebigkeit bei ihren Taten, was nichts mit persönlichem Gewinn zu tun hat. Der gewöhnliche Mensch handelt nur, wenn sich die Aussicht auf Profit bietet. Krieger handeln nicht um des Profits, sondern um des Geistes willen.

    Die schamanistischen Seher alter Zeiten fanden durch ihr Sehen zuerst heraus, dass jedes ungewöhnliche Verhalten ein Beben im Montagepunkt hervorruft. Dann entdeckten sie bald, dass ungewöhnliches Verhalten, wenn es systematisch geübt und klug gesteuert wird, schließlich den Montagepunkt zwingt, sich von der Stelle zu bewegen.

    Das stille Wissen ist nichts anderes als direkter Kontakt mit dem Wollen.

    Schamanismus ist eine Reise der Wiederkehr. Ein Krieger kehrt siegreich zum Geist zurück, nachdem er in die Hölle hinabgestiegen ist. Und aus der Hölle bringt er Trophäen mit. Das Verstehen ist eine seiner Trophäen.

    Krieger haben, weil sie Pirscher sind, ein hervorragendes Verständnis für menschliches Verhalten. Sie verstehen zum Beispiel, dass Menschen nur Geschöpfe ihres Inventars sind. Es ist die genaue Kenntnis eines bestimmten Inventars, die einen Menschen zum Gelehrten auf seinem Feld macht.

    Krieger wissen, dass der gewöhnliche Mensch, wenn sein Inventar versagt, sein Inventar erweitert, weil sonst die Welt seiner Selbstreflexion zusammenbricht. Der gewöhnliche Mensch vermag neue Fakten in sein Inventar aufzunehmen, wenn diese neuen Fakten der grundlegenden Ordnung des Inventars nicht widersprechen. Wenn die Fakten aber dieser Ordnung widersprechen, versagt der Verstand des gewöhnlichen Menschen. Das Inventar ist sein Verstand. Damit rechnen die Krieger, wenn sie versuchen, den Spiegel der Selbstreflexion zu zerbrechen.

    Krieger können niemals Brücken schlagen, um sich den Menschen dieser Welt anzuschließen. Wenn aber die Menschen dies wünschen, müssen sie eine Brücke schlagen, um sich den Kriegern anzuschließen.

    Damit die Geheimnisse des Schamanimus jedermann zugänglich werden, muss der Geist auf denjenigen, der Interesse hat, herabsteigen. Durch seine Gegenwart allein lässt der Geist den Montagepunkt, wo die Wahrnehmung montiert wird, in eine bestimmte Position wechseln. Diese Stelle heißt bei den Schamanen der Platz ohne Mitleid.

    Es bedarf eigentlich keiner besonderen Methoden, um den Montagepunkt auf den Platz ohne Mitleid wechseln zu lassen. Der Geist berührt die Person, und deren Montagepunkt bewegt sich. So einfach ist das.

    Damit die Magie uns ergreifen kann, müssen wir alle Zweifel aus unserem Denken verbannen. Sobald die Zweifel verbannt sind, ist alles möglich.

    Die Möglichkeiten des Menschen sind so ungeheuer und geheimnisvoll, dass die Krieger, statt darüber nachzudenken, sie lieber erforschen - ohne Hoffnung, sie je zu verstehen.

    Alles, was ein Krieger tut, geschieht infolge einer Bewegung seines Montagepunktes, und diese Bewegung ist durch das Quantum an Energie bestimmt, das dem Krieger zu Gebote steht.

    Jede Bewegung des Montagepunktes bedeutet ein Abrücken von der übermäßigen Beschäftigung mit dem persönlichen Selbst. Die Schamanen glauben, dass es die Position des Montagepunktes ist, die den modernen Menschen zu einem mörderischen Egoisten macht, zu einem völlig in sein Selbstbild vertieften Wesen. Ohne Hoffnung, jemals zum Ursprung aller Dinge zurückzukehren, sucht der gewöhnliche Mensch Trost in seiner Selbstsucht.

    Das Ziel auf dem Weg der Krieger ist, die Selbstgefälligkeit vom Thron zu stürzen. Alles, was Krieger tun, ist aufs Erreichen dieses Zieles gerichtet.

    Die Schamanen haben die Selbstgefälligkeit demaskiert und herausgefunden, dass sie nur Selbstmitleid ist, getarnt als etwas anderes.

    In der Alltagswelt kann man sein Wort oder seine Entscheidung sehr leicht zurücknehmen. Das einzig Unwiderrufliche in der Alltagswelt ist der Tod. In der Welt der Schamanen dagegen kann der normale Tod widerrufen werden, nicht aber das Wort der Schamanen. In der Welt der Schamanen können Entscheidungen nicht geändert oder revidiert werden. Einmal getroffen, gelten sie für immer.

    Eine der spannendsten Feststellungen über die menschliche Kondition ist der makabre Zusammenhang zwischen Dummheit und Selbstbespiegelung. Nur Dummheit zwingt den gewöhnlichen Menschen, alles abzulehnen, was nicht mit seinen, sein Selbst spiegelnden Erwartungen übereinstimmt. Zum Beispiel sind wir als gewöhnliche Menschen blind für die wichtigste Erkenntnis, die uns Menschen zuteil werden kann: die Existenz des Montagepunktes und die Tatsache, dass er sich bewegen kann.

    Beim rationalen Menschen gewährleistet das Festhalten an seinem Selbstbild seine abgrundtiefe Unwissenheit. Er ignoriert die Tatsache, dass Schamanimus nichts mit Beschwörungsformeln und Hokuspokus zu tun hat, sondern die Freiheit bietet, nicht nur die als selbstverständlich hingenommene Welt wahrzunehmen, sondern auch alles andere, menschenmöglich Erreichbare. Er zittert vor der Möglichkeit der Freiheit. Und die Freiheit ist zum Greifen nah.

    Das Dilemma des Menschen ist, dass er seine verborgenen Fähigkeiten ahnt, sie aber nicht zu nutzen wagt. Darum behaupten die Krieger, das Los des Menschen sei im Kontrapunkt zwischen seiner Dummheit und seiner Unwissenheit beschlossen. Heute mehr denn je braucht der Mensch Unterweisung in neuen Ideen - schamanistischen Ideen, nicht sozialen Ideen; Ideen, die von der Stellung des Menschen zum Unbekannten, von seiner Stellung zu seinem persönlichen Tod handeln. Mehr als alles andere braucht er heute Unterweisung in den Geheimnissen des Montagepunktes.

    Der Geist hört nur zu, wenn der Sprecher in Gesten spricht. Und Gesten bedeuten nicht Zeichen oder Körperbewegungen, sondern Taten wahrer Hingabe, Taten der Freigebigkeit, des Humors. Als Geste gegenüber dem Geist zeigen Krieger ihr Bestes und bieten es still dem Abstrakten dar.


    http://www.herzdenken.de/castaneda.html



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 07.02.2007, 15:52


    Und dann noch ein Spruch, der mir schon lange etwas bedeutet, nur weiß ich noch immer nicht genau, was...

    Der Preis der Freiheit ist sehr hoch.
    Freiheit kann nur durch das Träumen ohne Hoffnung erreicht werden,
    nur wenn du willens bist, alles zu verlieren, selbst den Traum.
    Für manche von uns ist das Träumen ohne Hoffnung,
    der Kampf ohne Ziel
    der einzige Weg
    mit dem Vogel der Freiheit Schritt zu halten.

    (Florinda Donner-Grau "Traumwache")



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Maraiah - 08.02.2007, 22:29


    Was ist mit der Kunst des Träumens ?

    Das hab ich hier und sogar gelesen, mit Spannung. hat mich seinerzeit völlig fasziniert.

    .



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 09.02.2007, 12:36


    Die Sprüche sind aus dem Buch "Rad der Zeit". Wahrscheinlich hat Carlos auf das Träumen vergessen *gg*



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Maraiah - 09.02.2007, 16:28


    Die Menschen lieben es, sich sagen zu lassen, was sie tun sollen, aber noch mehr lieben sie es, sich aufzulehnen und nicht zu tun, was ihnen gesagt wird, und so verstricken sie sich und hassen denjenigen, der ihnen überhaupt etwas sagte.



    Da hab ich heut Resonanz drauf *lol ...



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Wölfin - 14.02.2007, 12:14


    Hab noch was aus "Traumwache" von Florinda Donner-Grau

    Zauberer wissen, daß es in unserer Alltagswelt ständig Menschen gibt, die auf der Suche nach anderen Wirklichkeiten ins Unbekannte vorstoßen. Die Zauberer meinen, im Idealfall bestünden die Auswirkungen dieser Vorstöße darin, die ausreichende Energie aus jeder anderen Welt zu ziehen, um uns von unserer Definition von Realität zu lösen. Leider bleiben diese Vorstöße ihrer Natur meist nur geistige Anstrengungen. Kaum jemals verändert eine neue Erfahrung oder eine neue Idee wirklich etwas in uns.
    Eine Fähigkeit, die ich in der Welt der Zauberer entdeckt habe, ist, daß Zauberer es schaffen, jenes Abkommen, durch das unsere Realität definiert wird, zu brechen, ohne sich von der Welt zurück zu ziehen und ohne sich bei dem Vorgang zu verletzen. Sie behalten unsere Welt und gewinnen viele neue Welten dazu.

    Und ein weiterer Absatz über Zauberer - über „Naguale“.

    Lange Zeit habe ich nicht verstanden, wie Naguale imstande waren, durch ihre bloße Gegenwart einen derartigen Unterschied zu machen. Nach sorgfältiger Beobachtung und dem Vergleich meiner Ansichten mit denen anderer und nach scheinbar endloser Selbstbetrachtung bin ich schließlich zu der Überzeugung gelangt, daß ihr Einfluß ein Resultat ihrer Absage an weltliche Belange ist. In unserer Alltagswelt gibt es auch Beispiele von Menschen, die weltliche Belange hinter sich gelassen haben. Wir nennen sie Mystiker und Heilige.
    Doch Naguale sind weder Mystiker noch Heilige und ganz gewiß keine religiösen Menschen. Naguale sind Menschen dieser Welt, die nicht das geringste Interesse an weltlichen Belangen haben.
    Dieser Widerspruch ist es, der unterschwellig für einen immensen Effekt auf die Menschen in der Gegenwart der Naguale sorgt. Wer sich in Anwesenheit eines Naguals befindet, versteht nicht, was ihm widerfährt. Und doch spürt er die Wirkung in seinem Körper in Form einer seltsamen inneren Unruhe, spürt den Drang, sich freizukämpfen oder ein Gefühl der Ungenügsamkeit, so als würde an derer Stelle etwas Transzendentales stattfinden und es ihm nicht möglich sein, dorthin zu gelangen.
    Doch die Fähigkeit der Naguale, andere zu beeinflussen, resultiert nicht alleine aus ihrem mangelnden Interesse an weltlichen Belangen oder aus der Stärke ihre Persönlichkeit, sondern aus reiner Kraft, die aus ihrem makellosen Verhalten rührte. Naguale sind in ihren Taten und ihren Gefühle makellos, unberührt von allen hinterhältigen Attacken weltlicher oder jenseitiger Natur, die ihnen auf ihrem endlosen Weg begegnen. Dabei folgen Naguale keinem vorgeschriebenem Muster von Regeln und Gesetze, um sich tadellos zu benehmen - denn ein solches existiert nicht. Vielmehr verwenden sie ihre Imaginisation, um zu erfinden oder zu benutzen, was sie benötigen und damit den Fluß ihrer Handlungen aufrechtzuerhalten.
    Anders als gewöhnliche Männer suchen Naguale für ihre Taten keinen Beifall, Respekt, Lob oder andere Formen der Belohnung von anderen, auch nicht von ihren Mitzauberern. Sie streben einzig nach der Erfüllung ihrer eigenen Maßstäbe von Makellosigkeit, Unschuld und Integrität.
    Diese Tatsache macht süchtig nach Gesellschaft eines Naguals. Man wird abhängig von seiner Freiheit wie von einer Droge. Für einen Nagual ist die Welt immer brandneu. In seiner Gesellschaft sieht man die Welt, wie sie vorher nie war.
    Naguale haben den Spiegel der Selbstbetrachtung zerschlagen. Sie sind in der Lage, sich im Spiegel des Nebels zu sehen, der nur das Unbekannte reflektiert. Es handelt sich um einen Spiegel, der nicht länger unsere gewöhnliche Menschlichkeit in ihrer Wiederholung darstellt, sondern das Gesicht der Unendlichkeit enthüllt.
    Wenn das Bild der Selbstbetrachtung und das Gesicht der Unendlichkeit verschmelzen, so glauben die Zauberer, ist der Nagual vollkommen bereit, die Grenzen der Realität zu sprengen und zu verschwinden, als bestehe er nicht aus fester Materie.



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Anonymous - 14.02.2007, 12:52


    Hallo Wölfin, du Schöne :bäh


    ich habe die "Castaneda" Bücher vor 30 Jahren verschlungen...
    heute fange ich langsam an zu begreifen , was ich da eigentlich gelesen habe...

    liebe Grüße,

    Laila



    Re: CARLOS CASTANEDA

    Maraiah - 14.02.2007, 13:19


    Wölfin hat folgendes geschrieben: Und ein weiterer Absatz über Zauberer - über „Naguale“.

    Lange Zeit habe ich nicht verstanden, wie Naguale imstande waren, durch ihre bloße Gegenwart einen derartigen Unterschied zu machen. Nach sorgfältiger Beobachtung und dem Vergleich meiner Ansichten mit denen anderer und nach scheinbar endloser Selbstbetrachtung bin ich schließlich zu der Überzeugung gelangt, daß ihr Einfluß ein Resultat ihrer Absage an weltliche Belange ist. In unserer Alltagswelt gibt es auch Beispiele von Menschen, die weltliche Belange hinter sich gelassen haben. Wir nennen sie Mystiker und Heilige.
    Doch Naguale sind weder Mystiker noch Heilige und ganz gewiß keine religiösen Menschen. Naguale sind Menschen dieser Welt, die nicht das geringste Interesse an weltlichen Belangen haben.
    Dieser Widerspruch ist es, der unterschwellig für einen immensen Effekt auf die Menschen in der Gegenwart der Naguale sorgt. Wer sich in Anwesenheit eines Naguals befindet, versteht nicht, was ihm widerfährt. Und doch spürt er die Wirkung in seinem Körper in Form einer seltsamen inneren Unruhe, spürt den Drang, sich freizukämpfen oder ein Gefühl der Ungenügsamkeit, so als würde an derer Stelle etwas Transzendentales stattfinden und es ihm nicht möglich sein, dorthin zu gelangen.
    Doch die Fähigkeit der Naguale, andere zu beeinflussen, resultiert nicht alleine aus ihrem mangelnden Interesse an weltlichen Belangen oder aus der Stärke ihre Persönlichkeit, sondern aus reiner Kraft, die aus ihrem makellosen Verhalten rührte. Naguale sind in ihren Taten und ihren Gefühle makellos, unberührt von allen hinterhältigen Attacken weltlicher oder jenseitiger Natur, die ihnen auf ihrem endlosen Weg begegnen. Dabei folgen Naguale keinem vorgeschriebenem Muster von Regeln und Gesetze, um sich tadellos zu benehmen - denn ein solches existiert nicht. Vielmehr verwenden sie ihre Imaginisation, um zu erfinden oder zu benutzen, was sie benötigen und damit den Fluß ihrer Handlungen aufrechtzuerhalten.
    Anders als gewöhnliche Männer suchen Naguale für ihre Taten keinen Beifall, Respekt, Lob oder andere Formen der Belohnung von anderen, auch nicht von ihren Mitzauberern. Sie streben einzig nach der Erfüllung ihrer eigenen Maßstäbe von Makellosigkeit, Unschuld und Integrität.
    Diese Tatsache macht süchtig nach Gesellschaft eines Naguals. Man wird abhängig von seiner Freiheit wie von einer Droge. Für einen Nagual ist die Welt immer brandneu. In seiner Gesellschaft sieht man die Welt, wie sie vorher nie war.
    Naguale haben den Spiegel der Selbstbetrachtung zerschlagen. Sie sind in der Lage, sich im Spiegel des Nebels zu sehen, der nur das Unbekannte reflektiert. Es handelt sich um einen Spiegel, der nicht länger unsere gewöhnliche Menschlichkeit in ihrer Wiederholung darstellt, sondern das Gesicht der Unendlichkeit enthüllt.
    Wenn das Bild der Selbstbetrachtung und das Gesicht der Unendlichkeit verschmelzen, so glauben die Zauberer, ist der Nagual vollkommen bereit, die Grenzen der Realität zu sprengen und zu verschwinden, als bestehe er nicht aus fester Materie.


    Wowwowowow ... das ist ein Text, der mir jetzt unter die Haut gegangen ist ... :dance



    Mit folgendem Code, können Sie den Beitrag ganz bequem auf ihrer Homepage verlinken



    Weitere Beiträge aus dem Forum Kraftforum OneEarth

    Erwartungen von und an Eltern - gepostet von ChrisTina am Mittwoch 11.04.2007
    Texte aus "Grundrechte - ein Manifest" von U. Scha - gepostet von Mara am Mittwoch 23.05.2007
    Lieder der Kraft - gepostet von dagmar am Samstag 25.08.2007
    ENGEL~TAGE 1.12.07 - gepostet von Max am Freitag 26.10.2007
    Durch den Wolf gedreht ... - gepostet von Lhatara am Freitag 24.08.2007
    Xavier Naidoo ... - gepostet von Mara am Mittwoch 21.03.2007
    Whitewolfs Geschichten - gepostet von Whitewolf am Mittwoch 07.02.2007



    Ähnliche Beiträge wie "CARLOS CASTANEDA"

    Carlos Alberto - Dennis (Samstag 14.07.2007)
    Future - Incognito (Mittwoch 27.02.2008)
    Carlos von Spanien ist gelandet. - Jumper (Donnerstag 27.09.2007)
    Sanogo und Carlos Ablerto - Raptile (Dienstag 24.07.2007)
    Carlos Colon will mit seiner WWC mit WWE arbeiten - JM Hardy (Samstag 01.09.2007)
    Carlos Santana & Band - Raptor (Dienstag 31.07.2007)
    Carlos Marchena (2001-2010) - littlevampire (Donnerstag 02.08.2007)
    -Carlos- Potsdam, AN650 K3 - Carlos (Samstag 26.01.2008)
    Lan @carlos - xearo1988 (Dienstag 19.04.2005)
    Carlos Maximo (NWE / NFWF) - Max A. Million (Sonntag 20.11.2005)