Hooliganbücher aus bdem "Ballesterer FM"

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    Re: Hooliganbücher aus bdem "Ballesterer FM"

    LongDan - 17.01.2007, 15:54

    Hooliganbücher aus bdem "Ballesterer FM"
    Nachschlagewerke
    Britische Hooligans schreiben Bücher. Stefan Kraft hat eine Auswahl davon gelesen und sich bei Amazon.co.uk hoffnungslos verschuldet.

    Nichts ist spannender als die Wirklichkeit. So spannend, dass sie, wenn sie nicht vorhanden ist, erzeugt wird. Legionen von Realitätsmachern arbeiten in der Unterhaltungsindustrie. Sie bauen Container für Fernsehbeobachter, programmieren Computerspiele mit realistischen Zügen. Je realer, desto verkaufsträchtiger. Electronic Arts, die Hersteller von FIFA 2003, besitzen als einzige Firma die Lizenz, echte Spielernamen auf den Trikots ihrer Computerfiguren zu verwenden. Ihr Konkurrenzvorsprung ist erheblich. Ziemlich durchgefallen ist hingegen »Hooligans – Storm over Europe«, ein PC-Action-Game, bei dem man Schlachten mit der Polizei und gegnerischen Fans austragen kann. Zuwenig Realität im Spiel. Auf dem Buchmarkt hat sich hingegen ein echtes Geschäft mit Hooligan- Wirklichkeit entwickelt.

    Adrenalin seitenweise

    Großes Entsetzen verursacht großes Interesse. Warum randalieren Fans bei Fußballspielen, fragen die Sozialpädagogen. Was sie nicht fragen: Warum lesen andere ihre Bücher? Keine englische Buchhandlung, die nicht in ihrer Bestseller- Abteilung einen Stapel Hooligan- Autobiographien bereit hält. Leute, die jahrelang auf die andere Seite der Straße flüchteten, durchleben jetzt seitenweise den Blutrausch, den Adrenalin-Kick, die Gewaltorgien derjenigen, die sie am nächsten Matchtag lieber nicht sehen würden. Dem Leser wird auch allerhand geboten: Hinter- und Vorderseite, Klappentexte und Ankündigungen der diversen Schläger-Realitätsbeschreibungen überschlagen sich in Superlativen. »The most notorious hooligan gang« ist nicht nur in Cardiff zu Hause, bei David Jones und Tony Rivers von der »Cardiff City Soul Crew«. Man findet sie auch bei Cass Pennant in West Ham (Congratulations You Have Just Met the I.C.F. ) oder bei Steve Hickmott in Chelsea (Armed for the Match). »Das Buch, das sie nicht verbieten konnten« heißt es am Cover von Rolling with the 6.57 Crew, einem Werk über die Fanszene in Portsmouth. »Das schockierende Tagebuch eines Anführers von Fußball-Hooligans « ist der Untertitel eines weiteren Klassikers der Aggro-Literatur, Blades Business Crew von Steve Cowens. Bei soviel Vorschusslorbeeren halten die »Lads« und »Faces « sich nicht zurück mit Übertreibungen ihrer eigenen Geschichte. Vorneweg wird jeder Zweifel an den geschilderten Ereignissen dadurch ausgeräumt, dass es sich eben um eine »wahre Geschichte« handelt und daher alle Erlebnisse so aufgeschrieben wurden, wie man sie eben miterlebt hat. Zweiflern empfiehlt Mickey Francis in Guvnors die Gegendarstellung: »Wenn du dort warst und es anders in Erinnerung hast, wie schade. Schreib’ dein eigenes Buch«.

    Ab und an stellt sich daher die Autorenschaft auch gegenseitig richtig, was den Verlauf gegeneinander ausgetragener Schlägereien betrifft. In zwei Punkten sind die Hoolliteraten aber meistens einer Meinung: In ihren Begründungen, warum sie einen Großteil ihres Lebens mit gewaltträchtigen Spielbesuchen verbracht haben und warum sie das seit einiger Zeit nicht mehr tun. Erstere sind schnell erklärt: Adrenalin macht süchtig. »Und einmal akzeptiert, ist es hart, damit aufzuhören« (Blades Business Crew). Für das Ende der Karriere war meistens ein »decent job« ausschlaggebend, auch Frau und Kinder gelten als anerkannte Gründe, das Randalieren einzustellen. Micky Smith, Autor einer unsäglich langweiligen Biographie der West-Ham- Szene in den 70er Jahren (Want Some Aggro) ist hingegen nach Australien gezogen, sonst würde er (mittlerweile in seinen 50ern) immer noch mitmischen, wie man nachlesen kann.

    Mitherausgegeben wurde sein Buch vom Star der Hoolliteraturszene Cass Pennant. Neben seinem eigenen West Ham-Werk hat Cass eine Autobiografie über die restliche Zeit seines Lebens geschrieben und bereitet gerade den nächsten Knüller namens Terrace Legends vor. Seinen Buchstand baut er gerne auch vor dem Upton Park auf und verkauft seine Memoiren an den Nachwuchs. Für etwaige Schäden übernimmt er keine Haftung, diese Klausel findet sich auch in seinem Vorwort zu Rolling with the 6.57 Crew.

    Politik, Mode und Musik

    Wie auch die meisten anderen Kollegen einleitend davon sprechen, dass sie keineswegs ihre Bücher geschrieben hätten, um Gewalt auf den Fußballplätzen zu fördern. Natürlich dienen sie dennoch dem Nachwuchs als Vorbilder, wie die Internetrezensionen ihrer Werke in einschlägigen Foren beweisen. Das mag vor allem daran liegen, dass kaum einer der Autoren seine persönliche Geschichte einer Kritik unterzieht, andererseits kommen Verfehlungen so gut wie gar nicht vor. Etwa alle Verstöße gegen den »Ehrenkodex«, sei es das Tragen von Waffen oder Duelle mit einer übergroßen Mehrheit im Rücken (auch wenn das »Outnumbern« entgegen allen Gerüchten keinen Verstoß darstellt). Ebenso war man nicht politisch gesinnt, außer wenn es die Stimmung erforderte: »Wir sangen: Keine Kapitulation vor der IRA. (…) Es war einfach ein Song um sie aufzuziehen« (Tony Rivers in Cardiff City Soul Crew über ein Zusammentreffen mit Celtic-Fans).

    Die »National Front«, eine eingedämmte, aber nach wie vor grassierende Seuche auf den englischen Terraces, kommt nur in verächtlichen Nebensätzen vor. Bill Bufford, amerikanischer Journalist unter englischen Hooligans, wollte es genauer wissen. In seinem bereits 1992 erschienen Erlebnisaufsatz Among The Thugs (auf Deutsch - immer an die Verkaufszahlen denkend - unter dem Titel Geil auf Gewalt herausgebracht) begibt er sich zu einer Geburtstagsfeier der britischen Nazis, die für ihn beinahe unglücklich endet.

    Was bei Bufford ausgespart wird, nämlich die Mode der »Casuals«, kommt in vielen der Autobiographien nicht zu kurz. Stone Island, Adidas Trim Trab, Pringle Sweater, Lacoste und Fiorucci, Armani und Burlington, Paul & Shark,... Mit einer 300 Pfund-Jacke auf Randale gehen, der Irrwitz einer designerbewussten, gewalttätigen Generation, ja Generationen von Fußballfans, wird oftmals erwähnt. Bei diesen Schilderungen und bei der häufig genannten Verbindung von britischer Musikszene und »der Szene«, da entfalten die Bücher der altgedienten Schläger ihre stärksten Momente. Paul Heaton, der Sänger von Beautiful South, bei seinen Schlachten mit der Blades Business Crew. Oasis im selben Hotelzimmer mit den Cardiff- und Wigan-Anführern. Schlägereien zwischen Newport und Cardiff bei einem Stone- Roses-Konzert. Der Manchester Rave Mitte der 80er, der alle vereinte, Manchester United und City, Cardiff und Swansea, Sheffield Wednesday und United. All das belegt die tiefe Verwurzelung von Jugend, Fußball, Gewalt, Musik, Modetrends und dem Platz der Hooligans in der britischen Gesellschaft als Trendsetter und Außenseiter zugleich.

    Geschichte schreiben

    So spannend ist die Realität gar nicht. Viel spannender ist es, sie zu observieren, zu interpretieren und sie dann in mehr als beschreibende Worte zu fassen, in Erzählungen der »social history«, erfunden, aber doch wahr, mit einem Augenmerk mehr auf Freundschaft und Feindschaft, Sprache, Alkoholismus, Sex, Lebensgefühl. England hat mit Kevin Sampson und vor allem John King zwei Schriftsteller herausgebracht, in deren Bücher man sein Geld besser investiert als in jene der Wards und Pennants. Sampson gilt zudem als ehemaliger Manager der Liverpooler Band »The Farm« und als einer der ersten Autoren über »Terrace Culture« als echter Insider.

    Glücklicherweise sind Sampsons Awaydays (Auswärtsspiele) und Kings Football Factory (Fußball Factory) auch ins Deutsche übersetzt worden, so weit sich Straßenkampfenglisch eben in das deutsche Sprachkorsett zwängen lässt. King erzählt vom Betrunkensein im indischen Restaurant, dem schlechten Mundgeruch der Frauen im Umfeld der Chelsea-Hooligans und dem Lagerarbeiter, der sich während der Arbeit vorstellt, er wäre Besitzer der Queen’s Park Rangers. Alles frei erfunden und doch weniger fiktiv als die klinischen Aneinanderreihungen von »echten Schlägereien« in den Autobiographien der Lads. Auch Kevin Sampson weiß um die Realität besser Bescheid als so manches Top Face: Sie ist beschissen, für seine Hauptfigur in Awaydays, denn er ist kein Anführer, nur Mitläufer bei den Hools der Tranmere Rovers, gefangen in einem Jugendalbtraum mit heroinsüchtigen Freunden und rücksichtslosen Schlägern, von denen man nie richtig akzeptiert wird.

    Ende der 80er schossen in England die Fanzines aus den Terraces wie Leuchtkugeln. Hatten bis dahin die Vereinszeitungen über die Fans geschrieben, so schrieben nun auch die Fans über den Verein - und über sich. Die Autobiographien der Top Lads von Hull bis Edinburgh sind sicherlich eine Nachwirkung dieser wieder gewonnenen eigenen Geschichte, aber auch Befriedigung für ein im Laufe der 90er-Jahre stark angewachsenes Allgemeininteresse an Hooliganismus und »true stories«. Manche Autoren, wie der Falklandveteran und stolze England- Supporter Dougie Brimson, der mittlerweile sechs Bücher über erlebnisorientierte Fans veröffentlicht hat, bedienen die Marktnachfrage mit auffälliger Regelmäßigkeit und stehen in Fernsehen und Radio mit Auskünften über die Szene zur Verfügung. Andere, wie Callum Bell vom »Motherwell Saturday Service« produzieren im Eigenverlag ihre Erinnerungen, fernab vom großen Geschäft. Man mag den Mangel an Selbstreflexion, Analyse des Geschehenen und Vergleichen kritisieren, wenn man sich durch die schier endlose Zahl an Hooligan- Biographien kämpft. Man kann das augenscheinliche Geschäftsinteresse vieler ehemals Gewalttätiger kritisieren. Mit dem Boom der Lads- Literatur ist aber auch eine Geschichte dokumentiert, die abseits der Stadien und Jahrbücher stattfand. Irvine Welsh, der Autor von Trainspotting, schreibt im Vorwort von Naughty Nineties: »Das Wichtigste am Schreiben ist für mich, dass Leute ihre Ansichten zu ihrer eigenen Kultur ausdrücken können, aus dem Inneren dieser Kultur, und dadurch auch Verantwortung dafür übernehmen.«



    Re: Hooliganbücher aus bdem "Ballesterer FM"

    longbernd - 17.01.2007, 17:39

    Re: Hooliganbücher aus bdem "Ballesterer FM"
    LongDan hat folgendes geschrieben: Ziemlich durchgefallen ist hingegen »Hooligans – Storm over Europe«, ein PC-Action-Game, bei dem man Schlachten mit der Polizei und gegnerischen Fans austragen kann.
    Also beim präsidenten ist das spiel sicherlich nicht durchgefallen, der hat es immer mit begeisterung gespielt, soweit ich mich noch erinnern kann. Vor allem die verbalen äußerungen der hooligans haben ihn dabei immer sehr belustigt!!!



    Re: Hooliganbücher aus bdem "Ballesterer FM"

    longgery - 17.01.2007, 21:23


    Absolut!
    Kann dieses Spiel nur schwerstens empfehlen!

    Zitat: "Hooligans forever"

    Aber die Bücher scheinen wirklich sehr interessant zu sein!



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