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Olmi, Veronique - Ein Mann eine Frau




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Olmi, Véronique - Ein Mann eine Frau

Beitragvon Siebenstein » 27.11.2006, 11:33

Olmi, Véronique - Ein Mann eine Frau

Klappentext (gekürzt):
Er hat sie früher schon begehrt, und sie hat es wahrgenommen. Nun sitzen sie sich im verregneten Jardin du Luxembourg gegenüber. Er bemerkt ihre Blässe, ihre Magerkeit, fragt aber nicht nach. Ohne viele Worte gehen sie in ein nahes Hotel. Sie und er: beide nicht mehr jung, nicht perfekt, ein wenig misstrauisch. Sie will die Schatten der letzten Monate beiseite schieben. Er wartet ab, wie weit sie gehen wird. Ihre Nackheit macht sie einander gleich. Erst unsicher, dann immer begieriger loten sie ihre Grenzen aus. Und fast ungewollt entsteht, nur für diesen Moment, eine Intimität, eine Unmittelbarkeit und Nähe, die Begehren und Begehrtwerden in eine neue Lebendigkeit verwandelt.

Hier also - wie versprochen - mein Eindruck, nachdem ich das Buch am Wochenende gelesen habe. Die Geschichte ist in einem Satz erzählt: Ein Mann und eine Frau, die sich flüchtig von früher kennen, treffen sich und haben in einem Hotel Sex miteinander. Was in besagtem Hotelzimmer zwischen den beiden passiert wird explizit geschildert, die Autorin nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Doch natürlich steckt sehr viel mehr in dem Buch, unmöglich die Geschichte auf diesen Aspekt zu reduzieren. Wie schon in unserem Buch aus der Lesenacht, "Nummer sechs", geht es auch hier wieder um erlittenen Schmerz (worin dieser besteht wird nur angedeutet) und das Weiterleben damit. Ich bin tief beeindruckt, wie die Autorin dies umsetzt.

Mein Lesejahr 2006 war insgesamt sehr erfreulich, ich habe einige Autoren neu für mich entdecken können, aber die größte Entdeckung und Bereicherung für mich ist ganz klar Véronique Olmi. :thumright:

Herzliche Grüße
Siebenstein
Zuletzt geändert von Siebenstein am 26.12.2006, 20:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Salome » 27.11.2006, 13:11

Oh jaaaaaa! Ich habe auch grosse Hoffnungen auf Olmi. Habe gerade "Meeresrand" geordert. Bin schon sehr gespannt!!! " Ein Mann eine Frau" wäre sicher dann meine nächste Wahl.
Bin zurzeit hoffnungslos in die französische Gegenwartsliteratur verliebt... :love:
Salome
 

Olmi, Veronique - Ein Mann eine Frau

Beitragvon Salome » 30.12.2006, 14:35

Nach der fantastischen Novelle "Meeresrand" habe ich nun hier meinen zweiten ( und ihren fünften ) Roman von Olmi vor mir liegen.
"Ein Mann eine Frau"
Meine Erwartungen an Veronique Olmi waren erwartungsgemäß sehr hoch, habe ich sie doch als virtuose Sprachkünstlerin mit anspruchsvollen Thematiken und aufgefeilten Storys in Erinnerung.
"Ein Mann eine Frau" stehe ich allerdings sehr ambivalent gegenüber.
Die Geschichte ist schnell erzählt. Da ist eine abgemagerte, leidgezeichnete Frau Anfang Vierzig, Mutter von zwei Kindern, deren Ehe gerade ein Ende mit Schrecken genommen hat, ihr Mann wurde geisteskrank. Sie leidet sehr, besonders unter der Tatsache das die Kinder derzeit bei ihrem Vater sind, also in Gefahr und außerhalb ihrer Reichweite.
Und da ist ein etwas korpulenter Mann in den Fünfzigern. Er hat sie lange aus der Ferne begehrt, nun treffen sie sich zum ersten Mal. Sie verbringen einen Nachmittag zusammen in einem Hotel. Sie schlafen miteinander.
Beide hadern mit ihren Körpern, wie mit ihren persönlichen Schicksalen, lernen jedoch beide an diesem Nachmittag sich selbst, die Liebe und das Leben neu kennen.

Auf der einen Seite überzeugt Olmi wieder einmal mit ihrer Sprachgewalt und ihrem Gefühl für Situationen, menschliches Drama und ungewöhnlichen, aber romantischen Atmosphären. Jede Szene, jedes Bild, jedes Gefühl wird seziert und dem Leser en detail nahe gebracht.
Auf der anderen Seite ist in diesem Roman das Gleichgewicht zwischen Story und den eingehenden Beschreibungen des Geschlechtsaktes durcheinander geraten. Von den hundert Seiten des Buches widmet sie achtzig dem eigentlichen Akt.
Hier stören nicht so sehr die drastischen, derben Schilderungen, die fast pornografischen Szenen an sich, (obwohl einen schon das Gefühl beschleichen kann unerwünschter Spanner zu sein) nur eben deren Ausmasse.
Die Hintergründe und Motive der Protagonisten werden vernachlässigt, zu sehr meiner Meinung nach. Man lernt die Figuren nicht kennen, sie und ihre Geschichten bleiben fremd.
Die Einleitung zu diesem Nachmittag im Hotel will zu schnell zu dem Punkt des Geschlechtsaktes führen, ebenso ist die kurze Abhandlung am Schluss unbefriedigend. Ein Nachmittag mit Sex, der einem bewusst macht das Leiden zum Leben gehört? Irgendwie passt hier einiges nicht.
Fazit:

Zwar ein etwas verunglückter, ungewöhnlicher Roman einer wunderbaren Autorin, aber irgendwie doch lesenswert.


[center]Bild[/center] :stern: :stern: :stern: / :stern::stern::stern::stern:

Edit: Könnte jemand mal meinen Beitrag an Siebensteins anhängen? Habe nicht richtig geguckt.... :oops:
Salome
 



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