Den Alltag heiligen

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    Re: Den Alltag heiligen

    Thomas - 05.12.2004, 14:42

    Den Alltag heiligen
    Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben sein … Du sollt von ihnen reden, wenn du zuhause sitzt und wenn auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst. (Deuteronomium 6,6-7 [Waetchanan])


    Ein normaler Tag

    (Zu Kaschrut und Schabbat-Einhaltung siehe das Kapitel V,2. Zum Leben in einer nichtjüdischen Umwelt, Ethik im Geschäftsleben, Verantwortung für die Schöpfung siehe die Kapitel X.3 - X.5.)

    Ein jüdischer Weiser, Schim’on der Gerechte, sagte: "Drei Dinge sind die Grundlage der menschlichen Gesellschaft: Das Lernen, das Gebet und gute Werke" (Pirke Awot 1,2). Dieser Ausspruch ist eine Anleitung für das tägliche Leben, die heute genauso hilfreich ist wie damals. Er setzt Prioritäten und hilft, der eigenen Zeit einen Sinn beizulegen. Die Pflichten des Alltags müssen zügig ablaufen und können nicht vermieden werden. Doch der Alltag kann so gestaltet werden, dass er nicht nur hektische Selbstbezogenheit ist, sondern einen erfüllten Lebensstil hervorbringt, der auch dem Nächsten Wert beimisst. Alle drei Grundsätze, die von Schim’on dem Gerechten umrissen wurden, können problemlos ein Bestandteil des Tagesablaufs werden, wenn sie bedacht werden. Wir müssen nur den Willen haben, sie in die Praxis umzusetzen.

    Lernen

    Ein altes Sprichwort sagt: "Ein ungebildeter Jude ist kein guter Jude". Dies darf selbstverständlich nicht wörtlich verstanden werden. Es gibt viele Juden, die ohne eigenes Verschulden ungebildet sind, an deren moralischen Maßstäbe sich andere jedoch ein Beispiel nehmen können. Aber die Weisheit dieses Spruchs ist wahr: Nur wer lernt, kann den Wert seines eigenen jüdischen Erbes vollständig ermessen. Nur dann kann er entscheiden, welches der beste Weg ist, sich im Alltag zu verhalten und wissen was es bedeutet, jüdisch zu sein. Nur wer sich die Tradition selbst angeeignet hat, kann die Tradition erfolgreich an die nächste Generation weitergeben, kann Nichtjuden die Bedeutung des Judentums erklären, und das Judentum verteidigen, wenn es verleumdet oder falsch dargestellt wird. Unwissende Juden können gute Menschen sein, doch gebildeten Juden ist es eher möglich, jüdisch zu leben und sie werden ihr Jüdisch-Sein mehr zu schätzen wissen. Jüdisches Lernen wurde stets als eine lebenslange Beschäftigung angesehen. Das bedeutet, es gibt keine zeitliche Begrenzung und es ist nie zu spät, damit anzufangen. Man lernt am besten von einem Lehrer, sei es individuell oder in einem Kurs. Das Lernen ist eines der Glieder der Traditionskette, die über die Jahrhunderte hinweg verlängert wird. Fragen und Diskussionen sind dabei wichtig, denn das Judentum ist nichts, über das man nur akademisch Bescheid wissen kann. Man muss es sich aneignen und es muss Wurzeln schlagen. Wenn es keine Kurse gibt, sind Bücher ein guter Ersatz. (Eine Liste mit Buchempfehlungen befindet sich im Anhang.) Man sollte auf einem angemessenen Niveau beginnen und die Grundlagen zuerst kennenlernen. Später wird jeder sein besonderes Interessensgebiet entwickeln. Die Hauptgebiete, mit denen man sich zuerst beschäftigen sollte, sind: Bibel, Hebräisch, jüdische Geschichte, jüdische Liturgie, rabbinische Literatur, Rituale und Bräuche, Schabbat und Festtage. Niemand wird alle Gebiete beherrschen, doch man sollte grundlegend mit ihnen vertraut sein und wissen, in welchen Büchern man weitere Informationen nachschlagen kann. Nicht jeder wird in die Höhen akademischer Gelehrsamkeit vorstoßen wollen, doch alle können sich ein grundlegendes Wissen über das jüdische Leben erwerben. Am besten ist es, sich eine bestimmte Zeit für das Studium zu reservieren, im Idealfall eine Stunde am Tag oder, wenn dies unmöglich ist, ein anderes realisierbares tägliches oder wöchentliches Pensum (z.B. ein Abendkurs pro Woche oder ein Kapitel eines jüdischen Buches am Tag). Zumindest sollte man eine bestimmte Zeit am Schabbat dem jüdischen Lernen widmen. Das Allerwichtigste und das Geheimnis des Erfolges ist die Regelmäßigkeit. Ein anderer Gelehrter der Mischna, Hillel, sagte, was nur allzu wahr ist: "Sage nicht: 'Sobald ich Zeit dafür habe, werde ich lernen'; vielleicht hast du nie dafür Zeit." (Pirke Awot 2,5).

    Gebet

    Vom Grundprinzip her ist unser Gebet eine Pflicht, in deren Erfüllung wir Gott danken und ihn loben. Die festen Gebetszeiten erinnern uns, dass wir damit Ersatz leisten für das Opfer im Tempel. Doch schon das Abendgebet ist eine Erweiterung dieser Tradition und zeigt, dass es über die Pflicht hinaus gute Gründe gibt, eine lebendige Gebetspraxis zu pflegen.

    Der Wert des Gebets ist für jeden Menschen verschieden (und er kann sich in den unterschiedlichen Phasen des Lebens verändern). Es kann eine Möglichkeit sein, mit Gott Kontakt zu haben, sich selbst zu prüfen, die eigene Wertschätzung dem Leben gegenüber zu formulieren, Hoffnungen und Ängste auszusprechen, die Solidarität mit anderen auszudrücken, seine eigene jüdische Identität zu stärken, einen Augenblick der Stille zu schaffen, ruhig zu werden und sicherlich vieles andere mehr. Gebete können privat oder in Gemeinschaft gesprochen werden, beides hat seine Vorteile. Das private Gebet hat größere Spontaneität und Flexibilität, ein Gemeindegebet kann ein Verbundenheitsgefühl schaffen. Es wird allen Juden nahegelegt, die Schabbatgottesdienste in einer Synagoge zu besuchen. Auch zum täglichen Gebet wird ermutigt, doch der Ort steht zur freien Wahl. Diejenigen, die zuhause beten, können den normalen Gottesdienst im Gebetbuch für das Morgen-, Nachmittags- und Abendgebet für Wochentage benutzen. Darüber hinaus kann man Psalmen oder Studientexte zur persönlichen Meditation verwenden. Ebenso lassen sich persönliche Gebete hinzufügen oder anstelle anderer Gebete sprechen. Innerhalb einer Familie können die Gebetszeiten von allen Mitgliedern des Haushalts geteilt werden. Der Gottesdienst kann gekürzt oder angepasst werden, damit er sich für Kinder besser eignet und alle in gleicher Weise beteiligt sein können. Ein solches häusliches Gebet kann die Familienverbundenheit stärken und die Kinder lehren, das Judentum zu leben. Der springende Punkt ist, sich regelmäßig einige Augenblicke dafür frei zu halten und Zeit für eine Handlung zu schaffen, die den Rest des Tages bereichern kann. Und schließlich sollte man nicht vergessen, dass trotz der Struktur und der Bestimmungen, die sich um den Gottesdienst herum entwickelt haben, der Vollzug des Gebets seinem Wesen nach eine intensive, persönliche Erfahrung ist. Ein spontanes Gebet kann immer gesagt werden, wann und wo der Wunsch danach aufkommt.

    Gute Werke

    Viel Zeit und Aufmerksamkeit richtet sich oft auf die rituellen Aspekte des Judentums, doch seine ethischen Merkmale sind von weit größerer Bedeutung. Die Liebe zu Gott zeigt man durch die Art und Weise, in der man Gottes Geschöpfe behandelt. Die biblische Mahnung: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" (Levitikus 19,18 [Kedoschim]), bedeutet nicht nur, dass man vermeiden soll, ihn in irgendeiner Weise zu verletzen, sondern auch, dass man sich engagiert, ihm wo immer es geht zu helfen. Das Judentum in die tägliche Praxis umzusetzen bedeutet, in geschäftlichen Angelegenheiten ehrlich zu sein (Levitikus 19,36), andere mit Achtung zu behandeln (Levitikus 19,17), sein Temperament unter Kontrolle zu halten (Proverbien 14,29), üble Nachrede zu vermeiden (Levitikus 19,16), denen beizustehen, die belastet sind (Deuteronomium 22,4 [Ki Teze]), verlorenes Eigentum zurückzubringen (Exodus 23,4 [Mischpatim]), für Menschen mit Behinderungen zu sorgen (Levitikus 19,14), Kranke zu besuchen (Sota 14a auf der Grundlage von Genesis 18,1 [Wajera]), anderen wohlwollend zu begegnen und ganz allgemein auf die Rechte und Gefühle der anderen zu achten und sie so wichtig zu nehmen wie die eigenen. Ein weiterer Aspekt ist, Notleidenden Spenden zu geben (Levitikus 25,35 [Behar]), doch dies sollte nicht nur geschehen, wenn man ausdrücklich darum gebeten wird, sondern man sollte regelmäßige Spenden für wohltätige Zwecke geben. Nach der jüdischen Tradition soll sogar der Arme spenden, denn es gibt immer einige, die noch weniger haben, als man selbst. Es ist ein alter jüdischer Brauch, im Voraus eine bestimmte Summe pro Monat oder pro Jahr festzulegen, die man für wohltätige Zwecke spenden wird (wie auch für Notfälle, von denen man erfährt). In der Vergangenheit legte man fest, es sei angemessen, ein Zehntel seines Einkommens zu spenden (Schulchan Aruch, Jore Dea 249,1). Heutzutage wird die Summe je nach den Möglichkeiten des einzelnen verschieden sein, doch das zugrundeliegende Prinzip, regelmäßig etwas zu geben, sollte gewahrt bleiben. Einige Menschen ziehen es vor, ein Projekt gezielt zu fördern, andere unterstützen mehrere Einrichtungen. Hilfreich ist es, sich ausführlich über verschiedene wohltätige Zwecke zu informieren, eventuell die Entscheidung gemeinsam in der Familie zu treffen, den verschiedenen Zwecken einen festgelegten Betrag zuzuteilen und diese Festlegungen jährlich neu zu überdenken. Einen Teil des Geldes wird man jüdischen wohltätigen Einrichtungen geben, deren Arbeit ausschließlich von jüdischer Unterstützung abhängt sowie Projekten in Israel, die auf die Hilfe des Judentums in anderen Ländern angewiesen sind. Doch es gibt auch eine Verantwortung für die Gesellschaft im Ganzen und für die Beachtung der Nöte aller Menschen, unabhängig von ihrer Religion, Nationalität oder Hautfarbe. Hier ist ein Abwägen nötig, um seine Möglichkeiten gerecht zu verteilen. Außerdem wiesen wir darauf hin, dass man oft auch seine eigene Zeit und Arbeitskraft einem guten Zweck zur Verfügung zu stellen kann.



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