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Auster, Paul - Die Brooklyn Revue




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Auster, Paul - Die Brooklyn Revue

Beitragvon Voltaire » 02.12.2006, 18:13

Titel: Die Brooklyn Revue
Originaltitel: The Brooklyn Follies
Autor: Paul Auster
Verlag: Rowohlt
Seitenzahl: 351
Erschienen: März 2006
ISBN: 3498000667
Preis: 19.90 EUR


Inhalt:
Gestrauchelte und Gescheiterte taumeln vorüber, so der düster philosophierende Ex-Literaturstudent und Ex-Taxifahrer Tom Wood, der bei dem schwulen Buchantiquar und Ex-Galeristen Harry Brightman als Aushilfe arbeitet. Die Vorsilbe "Ex" spielt eine gewichtige Rolle in Austers Roman. Versager, Aussteiger, Verlassene, ein jeder lechzt nach Neujustierung und Läuterung. Oder einem gnädigen Ende wie Nathan Glass, Toms krebskranker Onkel und Chronist all dieser liebenswert vermurksten Lebensentwürfe. Ehe gescheitert, Tochter Rachel entfremdet, Lungenkrebs, Frührente. Nach dieser Knockout-Serie beschloss der Ex-Versicherungsmann aus New Jersey, in seiner früheren Heimat Brooklyn sein freudlos gewordenes Leben zu beenden. Doch so schnell lässt Brooklyn, dieser Dampfdruckkessel aus Zählebigkeit und robustem Humor, seine Pappenheimer nicht entfleuchen. Dem Literaturfreund Nathan schwebt ein Alterswerk vor. Die kuriose Zettelsammlung "Buch der Torheiten" entsteht. Auf Inspirationen muss Nathan nicht lange warten. (Quelle: www.amazon.de)

Autor:
Paul Auster wurde 1947 in Newark, New Jersey, geboren. Er studierte Anglistik und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Columbia Universität. Einige Jahre verbrachte er in Paris. Er ist mit der Autorin Siri Hustvedt verheiratet und hat zwei Kinder.

Meine Meinung:
Ein sehr schönes, ein sehr lesenswertes Buch. Allerdings schafft es Paul Auster auch mit diesem Buch nicht, sich als vollwertiges Mitglied in die Phalanx von Philip Roth und John Updiken einzureihen, wobei natürlich der Altersmüll von Philip Roth mal ausgenommen ist. Auster erzählt mit lockerer Hand eine schöne Geschichte und versucht nicht irgendeine verborgene Message unter die Leser zu bringen. Manchmal wirkt die Geschichte schon ein wenig konstruiert, aber da schaut man aufgrund des Gesamteindrucks schon drüber hinweg. Es ist ein Unterhaltungsroman der gehobenen Klasse, der manchmal auf etwas plumpe Weise Austers politische Meinung kolportiert. Er scheint ja ein aufrechter und wackerer Demokrat zu sein, für die Republikaner hat er nur Hohn und Spott. Für alle Paul-Auster-Fans ein Muss, für alle anderen Büchernarren ein „Sollte-man-schon-gelesen-haben-aber-die-Welt-geht-nicht-unter-wenn-man-es-nicht-gelesen-hat“. Das Buch sorgt für schöne und angenehme Lesestunden.

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Voltaire
 

von Anzeige » 02.12.2006, 18:13

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Beitragvon Pippilotta » 02.12.2006, 18:20

Schön, Voltaire, dass Du dieses Buch hier vorstellst! Ich habe es gerade aus der Bib geliehen und hoffe, es noch vor dem Rückgabetermin lesen zu können.

Paul Auster ist auch so ein Autor, den ich noch entdecken muss (wie Updike), ich kenne biser nur die Hörbuchfassung von "Timbuktu".

Aber Deine Rezi motiviert mich jetzt sehr, das Buch vorzuziehen!
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon Pippilotta » 26.12.2006, 17:59

Ich hatte doch enorme Probleme mit dem Buch. Es war – neben der Hörbuchfassung von „Timbuktu“ mein erster Paul Auster.

Einerseits ist es eine abgefahrene Story, die sich um diese gescheiterten Existenzen, Verliertypen, kleinen Gauner, religiösen Fanatiker und Homosexuellen, zusammen mit einer Prise amerikanischer Innenpolitik, dreht.
Auf der anderen Seite kam mir alles sehr konstruiert vor und mit großer Distanz erzählt. Mir sind die Protagonisten weder sympathisch noch unsympathisch, ich konnte keine Beziehung aufbauen. Die einzelnen Handlungsstränge stehen eigentlich in keinem Zusammenhang zueinander und der Bezug auf den 11. September 2001 auf der letzten Seite des Buches halte ich für einen Marketinggag.

:stern: :stern: :stern:
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon tom » 05.01.2009, 09:51

Nun, ich habe dieses Buch über das Jahresende gelesen und war sehr positiv beeindruckt!
Vielleicht für einige nur ein "weiterer Auster", doch ich sehe schon einen leicht anderen Ton im Buch als z.B. in der New York Trilogie oder der Nacht des Orakels, die ich gelesen hatte. Hier erscheint mir die von Euch erwähnte Schrulligkeit gleichzeitig viel realistischer: ja, dieses Amerika existiert so. Und Bekannte von mir, die in den Staaten waren, fanden etwas wieder von dem, was die USA ausmacht in den schier unglaublichen Charaktären und unbegrenzten Möglichkeiten.

Was mich beeindruckt ist, dass das Buch am Anfang ein mögliches Ende bezeichnet: Nathan Glass, der sich zum Sterben quasi zurückzieht und nichts groß mehr zu erwarten scheint. Dann aber kippt das Buch und die Dinge kommen in Gang: als ob das Leben nicht einfach am erwähnten Zeitpunkt zuende ist, sondern immer noch was auf Lager hat.

Wie gesagt, finde ich selber den Ton hinter der Schrulligkeit viel "realistischer" als in anderen Austerbüchern. Ich denke schon, dass sich Auster hier nicht nur amüsiert, sondern weitestgehend schon über das "Alter" und die wahre Freude eines Lebens nachdenkt.

Ich habe dieses Buch sehr genossen, und wenn ich jetzt aufhöre zu schreiben, denn weil ich gerufen werde :lol: !!! Und gebe

:stern: :stern: :stern: :stern:
tom
 



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