Gästezimmer

empire at war.de
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  • Beteiligte Poster: Alexander Corvinus - Marius Corvinus - Aurelius
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  • Forenbeschreibung: ... one bitten by bat, one by wolf...
  • aus dem Unterforum: Schloss Corvinus
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  • Forum gestartet am: Dienstag 26.09.2006
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    Re: Gästezimmer

    Alexander Corvinus - 25.11.2006, 18:07

    Gästezimmer
    Hier nächtigen die Gäste der Familie Corvinus...



    Re: Gästezimmer

    Marius Corvinus - 25.11.2006, 18:20


    pp: Foyer Corvinus & Co

    "Hier.... bring ihn hier herein, Marius." Ordnete Alexander an, öffnete die Türe und ließ Marius samt Aurelius eintreten.
    Der junge Mann schritt auf das Bett zu, und legte den Lycaner vorsichtig darauf ab.
    "Wie kommt er zu einer solchen Wunde?" Fragte Marius verwirrt, und ließ seinen Blick darauf ruhen.
    "Als er vorhin mit dem Welpen hier ankam..."
    - Ach Herrje, der Welpe!
    "...war er doch noch völlig gesund...?"
    Alexander nickte abgehackt.
    "War er." Erwiderte er, erklärte den Umstand allerdings nicht.
    Er sah auf Aurelius herab und dachte nach.
    Hin und hergerissen war er.
    Er konnte Marius nicht schicken, den Bolzen aus seinem Arbeitszimmer zu holen.
    Aber er konnte Marius auch nicht hier bei Aurelius lassen, und ihn selbst holen. Nicht solange er sich nicht sicher sein konnte, dass der Lycaner sich unter Kontrolle hatte.
    "Geh Marius. Ich brauche Wasser und Tücher. Und Alkohol!" Wies er seinen Sohn an und dieser nickte.
    "Steckt das Geschoß noch im Fleisch?" Fragte er während er versuchte einen weiteren Blick zu erhaschen.
    "Nein."
    "Hm... was macht ihm dann so zu schaffen?"
    "Eine Infektion, mein Sohn, und nun geh schon!" Wiederholte sich Alexander, woraufhin Marius sich daran machte, den Raum zu verlassen.
    Der Unsterbliche legte Aurelius besorgt die Hand auf die Stirn, fühlte die Hitze, die im Körper des Lycaners tobte und sah ihn die mit grauen Tränenschleiern verhangenen Augen.
    "Aurelius." Fragte er sanft, aber fordernd.
    "Kannst du mich hören?"



    Re: Gästezimmer

    Aurelius - 25.11.2006, 19:28


    "Ja," brachte der Lycaner erfolgreich hervor und stellte seinen Rekord gleich wieder in den Schatten, indem er es schaffte mehr als ein Wort zwischen den rissigen Lippen hervorzubringen. "Ich kann dich hören."

    Aurelius blinzelte und seltsam grau verfärbte Tränen hinterließen schmutzige Spuren auf seinen blassen Wangen, aber zumindest konnte er Alexander erneut ins Gesicht sehen, ohne raten zu müssen, ob es tatsächlich da war.

    Ein Zittern lief durch seinen Körper, als der Lycaner erneut versuchte die Kontrolle zu übernehmen, doch Reli hatte nicht im Geringsten die Absicht dem aufmüpfigen Tier nachzugeben. Das wäre ja noch schöner.

    Dafür würde dieser dusselige Vampir bezahlen! Aurelius ging selbstverständlich davon aus, dass dies Timotheus' Verdienst war und er erlaubte dem Lycaner einen Moment lang sich auszumalen, was er alles mit dem Vampir anstellen würde, bevor er sich wieder zusammenriss und ganz der gebildete Adelssohn erneut die Kontrolle übernahm.
    Reli wurde von einem Krampf geschüttelt, dessen Gefühl ihm seltsam vertraut vorkam und sank schließlich zurück auf das weiße Kissen.
    "Ich höre dich." wiederholte er leise, aber dieses Mal waren die Worte an jemand anderen gerichtet, auch wenn Alexander das nicht wissen und die adressierte Person sie nicht verstehen konnte.

    Der Lycaner fühlte, wie sich sein Atem beschleunigte und er nahm ein weiteres Mal alle Kräfte zusammen, die in seinem zierlichen Körper schlummerten, um dem schleichenden Brennen in seinen Adern beizukommen.

    Der Kampf war nicht halb so grauenhaft und demütigend wie denjenigen, den er bereits ausgefochten hatte, doch Reli bediente sich bei diesem nicht weniger Erbarmungslosigkeit. Er wusste, dass wenn er die Kontrolle verlor, Alexander ihn richten musste- was für ihn allerdings weitaus schwerwiegender war, war die Tatsache, dass er es dann gewesen sein würde, der das Grauen dermaßen nahe an den dritten Corvinus-Sohn herangelassen hatte, dass es ihm gefährlich werden konnte (ooc: Kann man das verstehen? Ne oder? Okay, mehr Geschwalle muss her *gg*).
    Alexander hatte ihn gebeten, einen Blick auf den Mann zu haben, den er so gerne einsperren würde, es aber allein seiner Liebe wegen niemals tun würde. Wenn Aurelius jetzt verlor, tat er seinem ehemaligen Mentor damit weit mehr an, als Alexander ihm jemals würde begreiflich machen können.

    "Ich werde nicht versagen," ergriff er schließlich wieder das Wort, dieses Mal deutlich an Alexander gerichtet und wischte sich in einer hilflosen Geste über das nasse Gesicht. "Es tut zwar furchtbar weh, aber nicht weh genug."
    Ein schwaches Lächeln zierte seine feinen Züge und einen Moment lang glaubte er ein anderes Gesicht zu sehen, dessen dunkle Augen ihn glitzernd ansahen.

    Aurelius lächelte ein wenig mehr.
    "Außerdem kann ich lesen... und das Schild an deiner Haustür besagte deutlich, Unkontrollierte Tollwütige müssen draußen bleiben."
    Seine Hand schloss sich krampfhaft um die Decke auf der er lag, seine Züge verzerrten sich, ein Seufzen entkam seinen Lippen, dann lag Aurelius wieder still da- wach und jederzeit bereit dazu auf Stimmen- ganz gleich ob von außen oder innen- zu reagieren.



    Re: Gästezimmer

    Alexander Corvinus - 26.11.2006, 00:52


    Alexander lächelte milde, und legte seine Hand kurz auf die gesunde Schulter.
    "Schhh." Sagte er sanft, aber bestimmt.
    "Spar dir deine Kräfte, mein Freund." Wies er ihn an, wischte behutsam silbrige Tränen von Aurelius Wange und besah sich den Rückstand auf seinen Fingern genauer.
    Aurelius war vergiftet worden.
    Und womit konnte er nur raten.
    Aber Silberstaub schien ihm ein recht guter Gedanke zu sein.
    Wenn der Bolzen mit Silberstaub versetzt gewesen war, dann konnte jener Silberstaub in Aurelius Blutbahnen gelangt sein.
    Und dort machte er ihm nun das Leben schwer.

    "Ich glaube, dass du Vergiftet wurdest. Dein Blut, Aurelius." Erklärte er sanft.
    Und ich weiß nicht genau, was ich tun kann, um es zu ändern.
    "Mach dir keine Sorgen." Fügte er hinzu.
    Keine Sorgen um mich. Keine Sorgen um Marius.
    Ich werde ihn wegschicken.
    Wieder lächelte Corvinus mild.
    "Ich weiß, dass du diesen Kampf nicht verlierst." Setzte er sanft hinzu.
    "Du hast niemals aufgegeben. Ich habe Vertrauen in dich."
    Kaum hatte er ausgesprochen, da erschien Marius mit einer Schüssel Wasser, einer Flasche Alkohol und einem Tuch in der Türe.
    Alles, was Alexander ihm aufgetragen hatte, hatte er besorgt, und stellte es nun auf den kleinen Tisch neben dem Bett.
    "Soll ich einen Arzt rufen, Vater?" Fragte er besorgt, als er sah, dass Aurelius Wunde einen grauen Farbton annahm, aber Alexander schüttelte den Kopf.
    "Nein, kein Arzt, Marius." Sagte er ruhig, und Marius blickte ihn verständnislos an.
    Er wusste ja, dass sein Vater in derlei Dingen bewandert war, aber Aurelius schien es mit jedem Augenblick schlechter zu gehen.
    War es Alexanders Stolz wert, dass er das Leben eines Freundes auf's Spiel setzte?
    "Wir haben eine Vergiftung vor uns. Der Arzt würde zu spät eintreffen." Erklärte der alte Mann, nahm sich das Tuch, tunkte es in Wasser und bemühte sich dann, die Wunde zu reinigen.
    Als er damit fertig war, goss er Alkohol darüber, was die Wunde nachträglich desinfizierte, auch wenn es keinen Sinn mehr hatte.
    "Ich werde dich zur Ader lassen müssen, Aurelius." Sagte Alexander leise und Marius hob überrascht eine Augenbraue.
    Zur Ader lassen? Das war gefährlich. Er wusste, dass nahezu neunzig Prozent all jener verstarben, bei denen dieses Verfahren durchgeführt wurde.
    "Das willst du doch nicht wirklich tun, Vater?" Hakte er atemlos nach.
    Endlich sah Alexander zu ihm auf, musterte ihn kurz, und in seinem Gesicht und seinen Augen lagen Strenge.
    "Marius, ich möchte, dass du diesen Raum verlässt." Sagte er leise, aber bestimmt.
    "Aber... wieso...?"
    Alexander senkte die Lider und sah dann wieder auf.
    "Bitte." Fügte er hinzu, und sein Sohn gab es auf, zu widersprechen.
    Es gab offensichtlich Dinge, bei denen sein Vater ihn nicht dabei haben wollte.
    Und er musste es akzeptieren.
    "Wie du wünschst." Sagte er, doch aus seinen Worten klang die Bitterkeit und die Verständnislosigkeit deutlich heraus.
    Alexander seufzte leise auf, als Marius sich entfernte.
    Irgendwann einmal würde Marius alles erklären müssen.
    Und auch nach dieser Angelegenheit würde er mit ihm zu sprechen haben. Und er würde gute Erklärungen brauchen, um den Jungen zu besänftigen.
    Das allerdings sollte ihn nun nicht beschäftigen.
    Nun war es Aurelius, um den er sich kümmern musste.
    Und er musste es mit aller Kraft, aller Aufmerksamkeit, die er aufbringen konnte.



    Re: Gästezimmer

    Aurelius - 26.11.2006, 02:13


    Aurelius lauschte Alexanders Worten und dem anschließenden Gespräch zwischen Vater und Sohn mit geschlossenen Augen. Seine Lider flatterten ein wenig, ansonsten jedoch lag er vollkommen still auf dem Bett. Das Gefühl von Leinen auf seiner Haut, der Geruch von Frische an dem Stoff, das alles kam ihm so unendlich bekannt vor.

    Aurelius wusste selbstverständlich, dass er diese Wunde überleben würde- Selbstbewusstsein war der erste Schritt zum Sieg und doch nagte die Schwäche an ihm und schien Schwindel ihn vom Bett zerren zu wollen.

    Er erinnerte sich an einen hochlehnigen, bequemen Sessel, an eine Decke, die über ihm ausgebreitet worden war. Er blickte mit verschiedenfarbigen Augen zu einer Frau, deren dunkles Haar und ovales Gesicht ihr ein exotisches Aussehen gaben, lauschte dem Geräusch junger Stimmen und lächelte still in sich hinein, während er zu ergründen versuchte, worüber sie sich unterhielten.
    Aurelius blickte aus dem Fenster und konnte in der Abenddämmerung den Schnee fallen sehen.
    Leise und sacht legte sich eine hauchdünne Decke auf all das, was er mit seinem Blick zu ergründen versuchte und verhüllte sich vor ihm, so dass die Konturen unscharf wurden und kummervoll musste Graf von Savoyen ziehen lassen, was er nicht festhalten konnte. Langsam schälte sich aus der verschneiten Winterlandschaft ein Kamin hervor, dazu ein Sessel und Alexander, der ruhig neben ihm stand und einen winzigen Moment lang zur Tür sah.

    Aurelius begriff, dass er Marius fortgeschickt hatte und er spürte das Leid und das Los, welches Alexander zu tragen hatte in diesem Moment deutlicher als je zuvor. Einen kurzen Lidschlag lang erfasste er den Kummer seines ehemaligen Mentors in vollem Ausmaß, konnte diese Erinnerung jedoch nicht halten und im nächsten Moment hatte sie sich wieder vor ihm verschlossen.

    Der ehemalige Graf wünschte sich die Hand heben zu können, um kurz Alexanders kalte Finger zu berühren und ihn wissen zu lassen, dass er ihn verstand und trotz dem, was er als seine Grundsätze ansah nicht verurteilen- ja ihm nicht einmal übel nehmen konnte, was er tat. Aurelius wünschte sich, Alexander den Schmerz, den er würde ertragen müssen, nicht alleine ertragen zu lassen- er hätte alles dafür in Bewegung gesetzt den Mann wissen zu lassen, dass auch wenn er immer mit einem Stigma seinen Weg beschreiten musste, Aurelius ihn niemals meiden würde.
    Aber für all das fehlte ihm die Kraft und so blieb es ihm nur, leise und mit allem, was er empfand den Namen seines Mentors auszusprechen und all die Erinnerungen, die er selbst hatte und die nur im Entfernsten Alexanders Schicksal ein Echo würden sein können, in seinen Blick zu legen.

    "Alexander."

    Für die Zeit, die er brauchte, um den Laut zu äußern, den Klang von Buchstaben aneinander zu reihen und seiner Botschaft eine Gestalt zu geben, schien die Welt den Atem anzuhalten, die Zeit stehen zu bleiben und alles andere unwichtig zu werden.
    Doch schon war das Wort verklungen, senkte sich seine Lider, als Feuer sich durch seinen Körper fraß und verwandelte sich der nächste Atemzug, den er nahm, in ein leises, schmerzerfülltes Stöhnen.

    Wie damals hatte er so viel mehr zu geben, aber fehlte ihm die Kraft es zu tun. Im Gegensatz zu damals allerdings würde er wieder gesund werden und die Möglichkeit erhalten nachzuholen, was er glaubte jetzt zu versäumen.
    Und das, da war sich Aurelius sicher, würde er bestimmt auch tun.



    Re: Gästezimmer

    Alexander Corvinus - 26.11.2006, 03:00


    Das Klicken der Türe verkündete, dass Marius gegangen war und Alexander konzentrierte sich wieder gänzlich auf den Lycaner.
    Ein Zittern durchlief Aurelius Körper, ließ ihn krampfen und Hände zu Fäusten ballen.
    Alexander wünschte sich, ihm etwas gegen die Schmerzen zu geben, aber da war nichts, was ihm Linderung verschaffen würde.
    Und es tat ihm leid.
    In Gedanken versunken sah er Aurelius an, während er überlegte, was zu tun war, und wie seine nächsten Schritte aussehen sollten.
    Aurelius stöhnte leise, schien weder wach, noch bewusstlos zu sein, wohl aber sehr angegriffen.
    "Ich werde dir Blut ablassen müssen." Erklärte Alexander ruhig, ohne zu wissen, ob Aurelius seinen Worten noch folgte.
    "Damit sich die Vergiftung nicht weiter ausbreitet." Der weißhaarige Mann legte Aurelius ein feuchtes Tuch auf die Stirn, um dann kurz innezuhalten, und den Lycaner zu betrachten.
    Die Szene kam ihm vertraut vor.
    Es war nicht das erste Mal, dass Aurelius vor ihm lag, und es war nicht das erste Mal, das er sich um ihn kümmerte.
    Aurelius hatte viel erlebt.
    Er hatte viel durchlitten.
    Und er würde noch viel mehr erleiden. Viel mehr ertragen.
    Und er würde kämpfen.
    Und diese Nacht überleben.
    Und unzählige Nächte nach ihr.
    Das minderte jedoch nicht Alexanders Sorge um dieses Geschöpf, dessen Umgang er schon seit so langer Zeit pflegte.
    Alexander hatte nicht viel, das ihn durch sein Leben begleitete.
    Nicht viel woran er sich halten, wonach er sich richten konnte.
    Aber wann immer er Aurelius sah, wurde ihm all das bewusst, ergab Sinn für ihn, was geschehen war, und erkannte er, was er noch zu tun hatte.

    Er hörte wie der Lycaner seinen Namen aussprach, richtete seinen Blick auf ihn, und sah in zwei verschiedenfarbige Augen, in denen sovieles zu finden war, was Aurelius nicht in der Lage war, auszusprechen.
    Nicht weil es keine Worte gegeben hätte, zu beschreiben, was er zu sagen beabsichtigte, sondern weil ihm die Kraft fehlte, sie zu formulieren.
    Alexander lächelte milde, aufrichtig, und ließ sich auf dem Stuhl neben dem Bett nieder.
    Er legte ihm erneut die Hand auf die gesunde Schulter, und griff dann mit der anderen Hand nach einigen Utensilien, die er benötigen würde.
    "Versuche dich ein wenig zu entspannen." Wies er ihn sanft an, zog seine Hand wieder zurück und legte sie nun an den Arm des Lycaners, den er mit einem Stofffetzen abband, so dass die Arterien hervortraten.
    Dann schob er vorsichtig eine Nadel unter die Haut des Lycaners, in dessen Armvene, um das vergiftete Blut aus seinem Körper zu holen.
    Wenigstens einen Teil davon.
    Wenn die Prozedur beendet war, würde Aurelius schwach sein und viel trinken müssen, aber es konnte ihn retten.
    Und das Blut floss und tropfte in eine Schale, die Alexander neben dem Bett platziert hatte.
    Der alte Unsterbliche blieb wo er war, und berührte flüchtig Aurelius Hand.
    Er war hier.
    Und er würde dem beiwohnen, was innerhalb der nächsten Minuten und Stunden hier geschehen würde.
    Und er würde hoffentlich auch sehen, wie es Aurelius wieder besser ging.
    Das zumindest hoffte er.



    Re: Gästezimmer

    Aurelius - 26.11.2006, 13:49


    Aurelius begann bitterlich zu frieren, doch kaum hatte Alexander ihn in eine Decke gewickelt, begann der Lycaner, ganz seiner Bezeichnung, einem Welpen gleich die Decke wieder von sich zu strampeln- Hitze und Kälte rasten abwechselnd durch den Körper und Aurelius hatte das Gefühl immer schwächer zu werden. Gleichzeitig schien sich sein Blut zu weigern so kampflos aufzugeben und wehrte sich mit allem, was die Vergiftung zu bieten hatte, bevor es in die Schüssel tropfte.

    Aus seinem Elend heraus löste sich ein leises Knurren aus seiner Brust, doch Reli unterband den Impuls sofort wieder sowohl in irgendeiner Weise lycanisch zu werden, als auch sich die kleine Nadel aus dem Arm zu zupfen.
    Langsam hoben sich seine Lider und blickte er zu Alexander, der im Halbdunkel neben ihm saß. Dank seiner ausgeprägten Sicht konnte Aurelius ihn dennoch gut erkennen und die Sorge auf seinen Zügen tat ihm leid.

    "Es war im Winter," begann er mit seiner dunklen und weichen Stimme zu erzählen. "Ich erinnere mich daran, weil der Hufschlag auf dem gefrorenen Boden dumpf und verheißungsvoll widerhallte..."

    Aurelius von Savoyen stand äußerlich frierend, aber innerlich kochend auf dem Wehrgang seiner ihm unterstellten Stadt. Normalerweise war alles in der Gegend um Turin herum friedlich und da seine Leute ihn liebten, waren sie die letzten, die Ärger machten. Bis auf ein paar Diebesbanden gab es in der Umgebung der Stadt nichts, das ihren Frieden hätte stören können und Aurelius war es- wie auch den Bewohnern- deutlich recht so.
    Jetzt aber stand der Herr der Stadt, gekleidet in die silberne Rüstung eines Kriegers neben seinen ansässigen Soldaten, während das Wappen seiner Familie, die beiden Löwen, welche um das weiße Kreuz auf rotem Grund drapiert waren, über dem eine Krone glitzerte, langsam in dem aufziehenden Dämmerlich zu schwinden begann.

    Die Auseinandersetzungen mit den Piemonter Fraktionen waren immer härter geworden, doch Reli hatte sich der Illusion hingegeben, dass sie sich nicht mit Vorstädten von Turin abgeben, sondern gleich zum Hauptgewinn übergehen würden. Nun, er hatte sich offensichtlich getäuscht.
    "Sie sind nicht mehr weit entfernt, Aurelius." sagte Laurim, ein Waldläufer und nur seine enge Beziehung zum Regenten erlaubt es ihm überhaupt persönlich das Wort an den Mann zu richten.

    Aurelius nickte.
    Er hörte es nicht wie sein Freund. Er sah es nicht.
    Er spürte es.
    "Der Wind hat gedreht." sagte Laurim und es beunruhigte ihn. Auch dieses Mal nickte Aurelius stumm, ohne eine verbale Antwort zu geben. Der Wind erinnerte ihn an eine Krankheit, die schleichend versuchte durch jede mögliche Ritze in seinen Körper zu gelangen, um seinen Geist zu verwirren und seine Kräfte zu schwächen.
    Er glaubte, dunkle gehässige Stimmen in ihm zu hören und fragte sich, weshalb sein Geist ihm solche Streiche spielte. Er fürchtete sich vor kriegerischen Auseinandersetzungen- wer es nicht tat war ein Narr oder dem Blutrausch verfallen. Beides traf auf ihn nicht zu. Aurelius aber fürchtete sich nicht so sehr, dass seine Nerven ihn im Stich lassen würden und er damit Gefahr lief, das Leben seiner Männer zu gefährden.

    Jetzt war das Herannahen der Berittenen nicht länger zu überhören. Aus langsam aufziehenden Nebel heraus drangen dumpf die Geräusche von klirrenden Zaumzeug- lediglich der Klang des Galopps vieler Pferde vermochte es nicht an Relis Ohr zu dringen.
    Eine Armee von Geistern, dachte er unwillkürlich und unterdrückte ein Schaudern. Seine Züge verschlossen sich, die verschiedenfarbigen Augen glitzerten unter dem Helm hervor, der seinen Kopf schützen sollte, wie alles eine filigrane und gleichzeitig widerstandsfähige Arbeit, die sein Gesicht schmaler wirken ließ und ihm selbst etwas seltsam Feenhaftes gab.

    Aurelius hob die rechte Hand, welche in einem festen Handschuh aus Leder steckte und er hörte wie die Sehnen der Bogen gespannt und Pfeile in Fässern von Öl versenkt wurden, bevor ihr Feuer den beginnenden Abend mit dem Schein von Blut begrüßte.
    Als sich der erste Reiter aus dem Nebel schälte, gab er das Zeichen zum Angriff. Die Luft war augenblicklich erfüllt vom Zischen und Sirren der Geschosse, doch Aurelius konnte nicht erkennen, ob sie ihre Ziele trafen, da der Nebel, wie von Geisterhand geführt, alles und jeden zu umschließen schien.

    Mehr und mehr schwarze Gestalten wurden sichtbar und blieben gleichzeitig unsichtbar und instinktiv wusste Reli, dass hier etwas nicht stimmte. Das waren keine Piemont-Reiter. Das waren Wesen, die er nicht kannte- und die kein Mensch kennen sollte!
    Er ersetzte seine Überlegung von einer Geisterarmee durch die von einem Dämonenheer. Die Reiter in ihren schwarzen Rüstungen glichen so sehr einem Albtraum wie sie nichts menschliches an sich zu haben schienen und Aurelius blieb nichts anderes übrig, als akzeptieren zu müssen, dass viele Pfeile ihre Ziele verfehlten.

    Mit dem Aufziehen der Nacht schienen die Reiter an Macht und Entschlossenheit zu gewinnen und auch wenn sie noch eine Zeitlang standhalten konnten, so wusste Aurelius doch, dass sie das Stdttor erreichen würden.
    Und so war es auch.
    "Mir nach!" rief der Stadtherr entschlossen, auch wenn er innerlich dumpfe Furcht empfand. Irgendetwas sagte ihm, dass die Waffen seiner Männer keinen Nutzen haben würden, aber wie immer so glaubte der Graf auch nun, dass es irgendeine Lösung geben musste und er gut daran tat sie lieber jetzt zu finden als später.

    Der Mann in der silbernen Rüstung hetzte die Holzstufen des Wehrgangs hinunter und gerade als er einen Fuß auf den Erdboden setzte, sah er den ersten Reiter in die Stadt einfallen und zwei Soldaten mit einem mächtigen Schwerthieb fällen.
    Aurelius stockte der Atem, es schnürrte sich ihm die Kehle zu. Wie sollten sie gegen diese Monstren bestehen?

    "Herr Jesu steh uns bei!" murmelte Laurim, hob dann sein Schwert und stürzte auf den ersten Angreifer zu. Das Aufeinanderprallen von Metall auf Metall erinnerte Aurelius an das schmerzerfüllte Schreien eines Kindes.
    Mit einem Zischen glitt seine Waffe aus ihrer Hülle und augenblicklich begann sich der rötliche Widerschein von Feuer auf der silbernen Klinge zu bilden. Aurelius spürte wie ihn das Grauen erfasste, während das Schwert einen Triumphgesang anzustimmen schien.

    Der Graf schritt auf seinen Freund zu, um ihn zur Seite zu stehen, doch da streifte ihn ein eisiger Hauch im Nacken, ergriff ihn eine namenlose Furcht und langsam wandte er sich um.
    Das Ungeheuer auf das sein Blick fiel, hatte obwohl er keinerlei Anzeichen dafür erkennen konnte, nichts Menschliches mehr an sich. Die Rüstung obwohl aus schwarzem Metall, schimmerte nicht. Die Schwertklinge schien das Licht geradezu aufzusaugen. Nichts war von seinen Zügen zu sehen, nur zwei blasse, starre Augen blickten aus dem Sehschlitz hervor, doch sie erinnerten Aurelius in keinster Weise an die Augen eiens Lebenden.

    Der Graf schluckte und wich einen Schritt zurück, so groß war die Furcht vor dem Gegner, den er nicht kannte. Dieser jedoch näherte sich ihm mit entschlossenen Schritten, das Knarren seiner Rüstung jagte Aurelius einen Schauder über den Rücken. Der Mann war mindestens zwei Meter groß und überragte den Savoyen-Sohn damit um einiges. Entschlossen hob Aurelius das Schwert, auch wenn ihm nicht ganz klar war, wie er etwas bekämpfen sollte, von dem er nicht einmal wusste, was es war.
    Unbeeindruckt schlug der Krieger seine Klinge zur Seite, so dass die Wucht des Hiebes selbst noch in Aurelius' Arm widerhallte, packte dann zu, ergriff den Mann an der Kehle und hob ihn hoch.

    Aurelius würgte und spürte grauenhaften Schmerz durch seine Wirbelsäule schießen, er legte die Hände um diejengie des Fremden und rang nach Luft, während er auf Augenhöhe mit dem Monster gehoben wurde.
    "Du bist mein!" wisperte er und Aurelius hatte niemals eine Stimme gehört, die keinen Klang besaß und dennoch zu verstehen war.
    Der Graf starrte den Fremden an und machte sich innerlich bereit dazu, dem Tod ins Auge zu sehen.
    Aber es kam anders.
    Ein höllischer Schmerz durchpflügte seinen Leib, Knoten bildeten sich und verwüsteten in Sekundenschnelle seinen Körper, Aurelius schrie auf, spürte wie er starb, fühlte einen Schmerz an der Schulter, erneut fuhr etwas durch ihn hindurch und veränderte seinen Körper, ließ ihn anders werden, übernahm heiße Wut die Kontrolle, kehrte der Menschenverstand zurück.
    Unzählige Male erfuhr Aurelius die Qual von Verletzungen, die er nicht verstand und kehrte immer wieder zu seinem Ich zurück, bis er schließlich fallen gelassen wurde wie ein wertloses Kleidungsstück.
    Dann versank die Welt in Dunkelheit und Graf von Savoyen wusste, dass er um viele Jahre gealtert sein würde, wenn er wieder erwachte, denn das, was er gesehen hatte, war seine Zukunft gewesen.

    Aurelius schloss die Augen und hörte dem Echo seiner gschwächten Stimme zu, während es langsam von den Wänden des Raumes aufgesogen wurde.
    "Ich habe mich immer gefragt, ob das alles ein Traum gewesen sei, denn das, was ich sah, konnte ich nicht festhalten, konnte mich bald schon nicht mehr daran erinnern."
    Er hob zitternd die gesunde Hand und machte eine andeutungsweise wegwischende Bewegung.
    "Prophezeihungen, Vorhersagen. Das Schicksal. Der liebe Herr Gott- alter Schwerenöter. Sie alle bedeuten mir nichts, sind mir gleich." Aurelius blickte ihn an und das helle Auge glitzerte so mysteriös wie das andere ein Meer an Nebel und Geheimnissen zu sein schien.
    "Aber als ich dich getroffen habe und einen winzigen Blick auf dein Leben werfen durfte, da war ich mir sicher..."

    Waiting for tomorrow, for a little ray of light

    "Dass ich hier einen Aufgabe zu erfüllen habe, die vielleicht mit viel Leid verbunden ist..."

    Waiting for tomorrow, just to see your smile again

    "Das es mir aber, sollte es auch nur einen winzigen Ausgleich für die Ungerechtigkeit geben, die deiner Familie angetan worden ist, mehr als wert ist."

    Take away your sorrow from the blistered heart of yours

    Und ein Lächeln malte sich auf das weiße Gesichtl.


    Time telling me to say farewell
    but I knew that I would fight hell
    and I knew: We will
    go for another time we can see,
    for another time we'll be free
    for no more farewell



    Re: Gästezimmer

    Alexander Corvinus - 28.11.2006, 00:20


    Alexander lehnte sich zurück, als das Blut in die Schale zu tropfen begann und der Körper des Lycaners sich gegen die Prozedur auflehnte, indem er sich aufbäumte.
    Aurelius ächzte, keuchte, unterdrückte ein Stöhnen, stieß einen Knurrlaut aus, und schaffte es dann, den Lycaner in sich wieder zu bezwingen und in seine Schranken zu weisen.

    Stumm beobachtete Alexander den Vorgang und ein Teil von ihm empfand Wehmut, als er dem Schauspiel beiwohnte.
    Aurelius war schwach und die Bestie in ihm stark, aber dennoch hielt der zierliche Mann das Monster in ihm zurück, überließ ihm keine Kontrolle.
    Trauer schlich sich in sein Wort, als er daran dachte, dass William womöglich niemals die nötige Disziplin aufbringen würde, den Wolf in seinem Körper zu bezwingen.
    Anders als für Aurelius gab es für seinen Sohn weder Zukunft, noch Erlösung. Nur die Ewigkeit, und an ihrem Ende der Tod.
    Und zwischen beidem lag eine lange Zeit voller Qual, Wut und Schmerz.
    Alexander hatte sich Aurelius nicht angenommen, weil er in ihm Hoffnung gesehen hatte.
    Er hatte sich um ihn gekümmert, weil er es als seine Pflicht erachtet hatte, so wie es immer seine Pflicht gewesen war, zu verbergen, was Markus und William schufen und zerstörten.
    Aber er war auch ehrlich genug, sich einzugestehen, dass seine Zuneigung zu Aurelius nicht allein aus Verantwortung erwuchs.
    Er hatte den jungen Mann kennen und schätzen gelernt, und ihn liebgewonnen.
    Selbstverständlich war da auch der Hoffnungsschimmer gewesen, den Aurelius ihm durch sein Sein geschenkt hatte, doch mit der Zeit gab es Dinge, die wichtiger wurden.
    Und Dinge, die unmöglicher wurden.
    Alexander wusste, dass William gefangen war, und dass an ihn kein Herankommen war.
    Aber auch, dass dies vielleicht der einzige Weg war, die Bestie in ihm zu zähmen.

    Aurelius bäumte sich erneut auf, der dumpfe Klang des tropfenden Blutes verstummte, nur um Sekunden später wieder in die Schale zu fallen, und Alexander griff vorsichtig nach der Hand des Lycaners, um sie behutsam in seine zu schließen.
    Dann begann der Werwolf zu sprechen, leise und konzentriert, und er erzählte die Geschichte eines Lebens.
    Seines Lebens.
    Eine Geschichte, die für Alexanders Ohren gleichsam befremdend als auch vertraut klang.
    Und schweigend lauschte er all dem, was Aurelius ihm anzuvertrauen wagte, folgte seinen Worten, die sich in seinem Kopf zu Bildern formten, und ihm zeigte, was Aurelius berichtete.
    Was er hörte, stimmte ihn nicht traurig, war ihm nur ein weiterer Beweis dafür, wie bemerkenswert dieser unscheinbare, zierliche und jugendlich wirkende Mann vor ihm tatsächlich war.
    Aurelius von Savoyen tat sich durch nichts hervor - und war dennoch so anders, als alle Menschen, Lycaner oder Vampire, die Alexander bis jetzt hatte kennenlernen dürfen.
    Und er war dankbar für das Vertrauen, welches ihm der Mensch Aurelius zu jeder Zeit entgegengebracht hatte.
    Für die Zuneigung, die er zu jeder Zeit öffentlich bekundet hatte.
    Aurelius war so vieles mehr, als ihm selbst bewusst war, und es waren Situationen wie diese, die es Alexander umso klarer zeigten.

    Das Buch Aurelius von Savoyen war begonnen worden.
    Und es hatte an Umfang gewonnen.
    Doch es würde niemals fertig werden.
    Denn Alexander würde dieses Buch nicht zu Ende bringen.
    Weil er die Erkenntnise nicht niederschreiben würde, die er in den letzten Jahren oder auch jetzt über Aurelius gewonnen hatte.
    Weil diese Erkenntnisse nichts mit dem Lycaner Aurelius zu tun hatten.
    Es war der Mensch, den Alexander in sein Herz geschlossen hatte.
    Und das Buch Aurelius beschäftigte sich nicht mit dem Menschen.
    Nur mit der Bestie.
    Und diese, so wusste Alexander, existierte nicht fort, solange Aurelius es tat.

    Die wässrigen blauen Augen verengten sich ein klein wenig, als er Aurelius letzte Worte vernahm, doch es war kein Zeichen von Zorn, sondern eines tiefster Rührung.
    Dieser Mann hatte soviel schlechtes in seinem Leben erfahren und vieles verloren, so wie auch Alexander selbst.
    Und dennoch schenkte er ihm seine Kraft, um sein Leid zu mindern.
    "Ich weiß, dass du einst eine Familie hattest, Aurelius von Savoyen." Sagte er schließlich sanft, als der Lycaner geendet hatte, und eine zweite Hand schloss sich um die des Werwolfs.
    "Und ich weiß auch..." Fuhr er leise, und mit aufrichtiger Trauer in seiner Stimme fort.
    "dass sie dir... von meiner genommen wurde." Der alte Mann senkte die Lider und Kummer schlich sich auf die wissenden, in diesem Augenblick unendlich weich wirkenden Züge.
    Trauer und Verantwortung lasteten auf der Schulter dieses Mannes, beständig darum bemüht, ihn zu Boden zu drücken.
    Und tatsächlich wirkte Alexander für einen kurzen Moment unendlich alt und erschöpft.
    Dann allerdings straften sich seine Schultern wieder, hoben sich die Augenlider, und fanden Geduld und Festigkeit ihren Weg zurück in die hellen Augen.
    "Daher..." Erklärte er leise. "Bedeuten mir deine Worte mehr, als du erahnen magst."
    Er blickte Aurelius an, und der Lycaner sah zurück, aus dieses seltsam anmutenden Augen, die so vieles zu geben hatten.
    Und bereits so vieles gesehen hatten.
    Alexander sah, wie Aurelius den Mund öffnete, um etwas zu sagen, wie seine Lippen Worte formten, doch bevor sie erklangen, wurde die Tür zum Gästezimmer mit einem leisen Knarren geöffnet und ohne sich umdrehen zu müssen, wusste Alexander wer es da war, der in der Türe stand.
    "Entschuldigt die Störung." Sagte Marius mit heller, wohlklingender Stimme.
    "Aber Yuki wollte einfach nicht mehr an sich halten..." Zwischen seinen Beinen hindurch schlüpfte ein kleines, felliges Knäuel mit Schnauze und Schwanz, dessen grüne Augen sich unsicher in dem Zimmer umsahen, um dann einen weiten Bogen um Alexander zu schlagen, und stattdessen auf das Bett zu hüpfen, wo er ein leises, fragendes Winseln ausstieß während er ein wenig bedröppelt zu Aurelius sah.



    Re: Gästezimmer

    Aurelius - 28.11.2006, 10:04


    Aurelius spürte die Hände des alterslosen Mannes sich um seine legen und innerlich lächelte er. Es war schon immer so gewesen. Alexander glaubte, selbst nicht mehr viel zu geben zu haben und dass das, was er gab, seine Pflicht war, da seine Söhne die Welt mit Tod und Chaos überzogen.
    Reli hatte es schon immer anders empfunden. Zwar hatte es einst einen Zwist gegeben, in dem er ihm Verantwortungslosigkeit vorgeworfen hatte- und auch jetzt nahm Reli keinen Abstand davon, dass Alexander mainpulativ war- aber dass sich der Mann für etwas bestrafte und ihn selbst als bestraft ansah von etwas, das Aurelius nur als Schicksal sehen konnte, hatte der Lycaner immer sanft bestritten.

    Selbstverständlich hatte er Höllenqualen erlitten, aber er gab nicht William, noch Markus die Schuld dafür. Beide Männer, so nahm er an, waren Spielbälle des Schicksals geworden und der Sinn, der dahinter stand, würde sich ihnen allen vermutlich bin in alle Ewigkeit verschließen. Das war es, was schmerzte. Wo war der Sinn in der Quälerei? Welchen Zweck sollte sie haben? Weshalb war geschehen, was geschehen war und konnte man sich überhaupt nicht dagegen wehren?

    Aurelius hatte sich diese Fragen bereits vor langer Zeit gestellt und war zu keinem Ergebnis gekommen. Was ihn betraf jedoch, so konnte oder wollte er weder Will noch Markus die Schuld am Vergehen seiner Familie anlasten. William hatte ihn gebissen und damit vor dem Tod bewahrt- auch wenn es ein harter Weg gewesen war, soweit zu kommen, wie er jetzt war. Und noch viel weniger Markus, weil er ein Wesen erschaffen hatte, dass gelinde gesagt nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. Selbstverständlich hätte Reli dem Mann Viktor einige Dinge zu sagen, auch wenn er wusste, dass es nicht so weit kommen würde, aber seiner Meinung nach, war Markus nicht für seinen geradezu unverschämt manierlosen Charakter oder dessen Handlungen verantwortlich- lediglich vielleicht dafür, dass dieser unglaublich tugendhafte Mann ihnen jetzt wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit auf die Nerven gehen würde, aber wer hatte mehr unter diesem Umstand zu leiden, als Markus Corvinus selbst? Zumindest glaubte Aurelius das, denn sich vorzustellen, dass ein Mann wie der Sohn seines Mentors, der ihn hatte ziehen lassen anstatt ihn zu richten, die Gesellschaft von jemanden genoss, der vermeintliche Lycaner (die in einer Kutsche reisten) dahin metzeln ließ, genoss, überstieg Aurelius' Fähigkeiten und daher konnte er an die Richtigkeit dieser Annahme nicht glauben.

    Gerade wollte Aurelius Alexander antworten, als die Tür erneut aufging und ein etwas verschüchtert dreinblickender Marius mit einem noch mehr verschüchterten Welpen den Raum betrat.
    "Yuki..." sagte Aurelius leise, als sich das Tier vor ihm niederließ und ihn mit hängenden Öhrchen ansah.
    "Ihr habt einen schönen Namen ausgewählt." fuhr er fort und schenkte Marius ein entkräftetes Lächeln, während Alexander ungewollt komisch versuchte, das dunkel verfärbte Blut vor seinem Sohn zu verbergen.
    Der Welpe bellte einmal leise, um Aurelius' Worte zu bestätigen, sah schwanzwedelnd zu Marius und ließ dann die Öhrchen wieder hängen, als er erneut auf Aurelius blickte.

    "Na, na, wer wird denn gleich die Ohren hängen lassen, mh? Alles halb so wild." lächelte der ehemalige Graf und stubste mit einem Finger der gesunden Hand nach dem kleinen Wolfskind. Überrascht wich es zurück und begann dann den Finger zu beschnüffeln und skeptisch zu mustern, als die Hand wieder auf der Decke zur Ruhe kam.
    "Hehe, überrumpelt." sagte Reli leise und lächelte schwach.
    Dann sah er zurück zu Alexander und dachte einen Moment lang über dessen Worte nach, noch immer lächelnd.

    Wie viel auch immer diese Worte dir bedeuten mögen, ich gebe jedes Bisschen davon her. Wie viel auch immer sie dir geben mögen, ich glaube, dass sie nicht einmal die Hälfte von dem widerspiegeln, was ich zu sagen wünsche. Du kämpfst und arbeitest so entschlossen und bitter an dem Los, das dir zuteil wurde, dass dir vorzustellen, jemand könnte dich für unschuldig halten, nicht mehr möglich ist.
    Für mich aber bist du das- denn wir wären keine Menschen mehr, könnten wir verhindern, was das Schicksal für uns vorsieht.

    Und wenn das Schicksal uns einmal erreicht hat, müssen wir lernen mit ihm Entscheidungen zu fällen. Könnten wir deren Konsequenzen absehen, ich glaube dann würden wir uns fürchten überhaupt noch welche zu treffen- deswegen entstehn Fehler. Aber sie sind es, die uns helfen, das nächste Mal zumindest ein bisschen über unseren Horizont hinauszusehen und einen anderen Weg einzuschlagen.

    Daher gibt es für mich nichts, das ich dir oder den deinen vorwerfen könnte.



    Re: Gästezimmer

    Alexander Corvinus - 05.12.2006, 01:22


    Als die Türe geöffnet wurde und Marius hereinkam, zuckte Alexander unmerklich zusammen.
    So geschmeidig und geschwind man es einem Mann seines Alters gerade noch zu zutrauen vermochte ohne misstrauisch zu werden erhob er sich von seinem Stuhl.
    Nachdem der kleine Wolfswelpe auf das Bett gehüpft war, und die Aufmerksamkeit aller auf sich gezogen hatte, bewegte sich Alexander auf den kleinen Tisch neben dem Bett zu, griff geschickt nach dem kleinen Tintenfässchen, nahm es in die Hand, näherte sich wieder der Schale mit dem Blut, vergewisserte sich, dass Marius gerade anderweitig okuppiert war und schraubte dann den Deckel von dem Fläschchen um es Tropfen für Tropfen in die Schale zu schütten und mit dem ohnehin dunklen Blut zu vermengen.

    Beinahe versunken starrte er auf das dunkle Blut, welches nun da es sich mit der Tinte vermengte eine fast schwarze Färbung annahm.
    "Vater, was tust du da?" Riss ihn Marius Stimme aus den Gedanken, und er schaute auf, und bemerkte, dass sein Sohn ihn verwirrt ansah.
    "Ich... oh was?" Fragte er, sah auf seine Hand, die Tinte und die Schale.
    "Oh. ich wollte... etwas... schreiben... da ist mir doch tatsächlich die Tinte ausgelaufen..." Sagte er, und die Verwirrung - die eigentlich eher der Schrecken des Ertapptwerdens war - stand ihm ganz vorzüglich zu Gesicht - ließ ihn glaubhaft wirken.
    Auch wenn jeder, der ihn gut kannte, das viel eher belächelt hätte.

    Marius schüttelte leicht den Kopf, wollte sich schon wieder auf Yuki konzentrieren, als er bemerkte, dass das Blut bereits dunkelgefärbt aus Aurelius Arm kam.
    "Und Aurelius hat ein Tintenfass verschluckt?" Fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
    Alexander folgte seinem Blick und schüttelte dann energisch den Kopf.
    "Nein." Erwiderte er.
    "Und warum ist das dann..."
    Alexanders Augen verengten sich ein wenig.
    "Blutvergiftung." Wiederholte er sich.
    "Eine manchmal auftretende Begleiterscheinung ist dass das Blut des Betroffenen sich verfärbt." Erklärte er geduldig und ziemlich überzeugend aber Marius gab sich noch nicht geschlagen.
    "Das steht aber nicht in den Büchern..." Erwiderte er und Alexanders Mundwinkel begannen zu zucken.
    "Nicht alle Weisheit der Welt findest du in Büchern, Marius." Antwortete er.

    Einige Erfahrungen wirst du selbst machen müssen.
    Und bei Gott, ich wünschte, ich könnte dich davor bewahren.

    "Und woher...?" Begann Marius aber Alexander unterbrach ihn.
    "Ich habe das schon häufiger beobachten können Marius. Das ist nicht die erste Blutvergiftung, die ich sehe." Sagte er, lächelte kurz und daraufhin gab sich Marius tatsächlich geschlagen.
    Er nickte und wandte sich nun endgültig wieder dem Welpen zu, bemerkte nicht, wie die Last des Wissens von Alexander abfiel, und dieser tief ausatmete.
    Es war anstrengend und kräftezehrend vor Marius zu verbergen, was er nicht wissen durfte und jedes einzelne Mal, wenn er es tat, starb etwas in ihm.
    Aber es war besser, ein Stück seiner selbst wegzugeben, um Marius das Leben bewahren zu können, welches er sich für William und Markus vergeblich gewünscht hatte.
    Und Alexander war bereit es zu tun, ohne mit der Wimper zu zucken.

    Die Aufmerksamkeit beider Corvinusmänner wandte sich wieder ihrem Gast zu, der sie ein wenig verwundert ansah.
    Alexander lächelte erneut warum, sah er doch in Aurelius' Gesicht dessen sanften Spott, aber auch das Verständnis für das, was Alexander tat.
    "Geht es Euch besser?" Fragte Marius besorgt, während er den Mann mit dem blassen Gesicht und den merkwürdigen Augen betrachtete.
    Alexander schwieg.
    Seine Hände hatte er ineinander geschoben, und wieder presste er Daumen und Zeigefinger der linken Hand auf den Ring, den er an der Rechten trug, und der deutlich die Initialen seines Namen zeigten.
    Williams Ring befand sich in der Vitrine hinter seinem Schreibtisch, so verborgen, dass niemand ihn finden konnte, der nicht gezielt danach suchte.
    Marius Ring sah er in diesem Augenblick an seiner Hand aufblitzen.
    Und Markus nachtschwarzen Ring... nun, als er diesen Ring das zuletzt gesehen hatte, hatte sich dieser ebenfalls an der Hand des Vampirfürsten befunden.

    Alexander seufzte leise.
    Er konnte nicht mehr ändern, was nicht zu ändern war.
    Er konnte nur versuchen, Schadensbegrenzung zu betreiben, und das tat er in jeder Minute seines endlosen Lebens.
    Und er gab nicht auf.

    Denn außer ihm gab es niemandem, der es tun konnte.
    Alexander hatte lange nach etwas gesucht.
    Nach dem Schicksal.
    Einer höheren Macht.
    Einem Gott.
    Gefunden jedoch hatte er nur Leere.
    Und Hoffnung.
    Und letztere hatte er tief in sein Herz geschlossen und sie war es, die ihm Marius geschenkt hatte.
    Und einen neuen Lebenssinn.
    Jemanden, den er lieben konnte, den er nicht verstoßen brauchte und der ihn nicht verstieß.
    Marius.


    Its getting cold picked up the pace
    How our steps make hard noises in this place
    Our clothes are stained
    We pass many, starcrossed people
    And ask many questions
    Getting no answer at all.

    Tell me all your thoughts on God
    'Cause I would really like to meet him.
    And ask him why we're who we are.
    Tell me all your thoughts on God?
    'Cause I am on my way to see him.
    So tell me am I very far?
    Am I very far now
    Am I very far now
    Am I very far now

    [Dishwalla - Counting Blue Lyrics - edited by Markus]



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