Maddys 2. Medicopter-Story

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    Re: Maddys 2. Medicopter-Story

    Maddy1985 - 13.11.2006, 23:22

    Maddys 2. Medicopter-Story
    2. Freundschaft


    A-Crew: Thomas Wächter, Michael Lüdwitz, Peter Berger

    B-Crew: Biggi Schwerin, Gabi Staller, Ralf Staller

    C-Crew: Jens Köster, Mark Harland, Katja Heinemann

    D-Crew: Gina Harland, Karin Thaler, Enrico Cortini

    E-Crew: Michaela Dellner, Darius Rosner, Florian Lenz

    F-Crew: Simon König, Tanja v. Schönfeld, Xenia Edel

    Sonstige: Lisa Wächter (16), Laura Wächter (14), Anna Köster (19), Lena Dellner (5), Chiara Becker (Ginas Vertretung), Annetraut + Dieter (Thomas' Eltern), Irma Dellner (Michaelas Oma)

    ine kühle Nacht Ende August.
    Auf der Medicopter-Basis ist Ruhe eingekehrt. Die meisten der Kollegen sitzen im Aufenthaltsraum und dösen vor sich hin.
    Es ist ruhig heute Nacht und jeder von ihnen genießt diesen Zustand, der viel zu selten ist. Denn so sehr sie ihren Beruf auch lieben, die Nachtschicht setzt immer zu, besonders in der trüben Herbst- und Winterzeit und als Sommer kann man diesen August wirklich nicht bezeichnen, seit Tagen ist es kühl und regnet fast ohne Unterlass. Nur gerade hat es etwas aufgeklart.

    Michaela Dellner, die Pilotin der E-Crew ist eine der wenigen die sich nicht ausruht, sie hat ihre schwarze Lederjacke übergezogen und schlendert um die Basis herum.
    Es herrscht die absolute Stille, nur das Rauschen der Salzach und das Rascheln der Blätter die vom Wind bewegt werden ist zu hören. Vom Himmel strahlt der Mond und spiegelt sich in dem kleinen Fluss.

    "Na, kannst Du auch nicht schlafen?", unbemerkt ist Tanja, die Ärztin vom F-Team zu ihr getreten.
    Michaela schüttelt sanft den Kopf: "Ich will gar nicht schlafen… es ist so schön hier draußen, so friedlich und ruhig, richtig idyllisch… ich brauch das gerade irgendwie…!"
    Tanja von Schönfeld sieht ihre Kollegin prüfend an: "Hattet ihr Streit? Jens und Du?"
    "Nein, es läuft bestens… aber in letzter Zeit war die Arbeit einfach immens stressig…!", sie lässt sich ins Gras sinken, verschränkt die Arme hinterm Kopf und blickt in die Sterne. Auch Tanja setzt sich und überkreuzt die Beine.

    "Darf ich Dich etwas fragen?", meint Michaela nach einer Weile.
    "Gerne…!"
    "Wie kommt es, dass Du im Rettungsflug arbeitest? Wenn ich richtig informiert bin, dann gehört den von Schönfelds doch eine große Möbelkette, die sehr gut läuft?!"
    Tanja lacht bitter und nickt: "Ja, ja das Imperium derer von Schönfeld und die böse Tochter, die die Pläne der Eltern durchkreuzt… ja ich gehöre zu diesen von Schönfelds… aber ich bin nicht stolz drauf… der Name hat mir von Anfang an nur Ärger gemacht… in der Schulzeit, in der Jugend und auch heute noch… eine Weile versuchte ich es zu verheimlichen, nannte mich nur Tanja Schönfeld, das ging natürlich nicht lange gut und danach war das Getue um meine Person noch größer… ich war 20 als ich meinen Eltern verkündigte, dass ich Ärztin werden will, sie waren begeistert, ihre Tochter eine Akademikerin, bis ich sagte, dass ich in den Rettungsflug will… was ich mir denn einbilden würde… das könnte doch nicht angehen… ich hab meine Sachen gepackt und weg war ich… hab mir in München ein Zimmer in einer WG gemietet, an der LMU studiert und mir das alles durch Kellnern finanziert… ich war gerade fertig mit dem Studium als ich Felix, meinen Mann kennen lernte… wir haben schon nach einem halben Jahr geheiratet!"
    "Warum hast Du nicht seinen Namen angenommen?", fragt Michaela – berechtigter Weise – nach.
    Tanja lächelt: "Ich wollte es, aber dann passierte etwas, was mich diese Entscheidung überdenken ließ, auch wenn der Name von Schönfeld mir oft geschadet hatte, im Beruf half er mir… eigentlich mach ich es nicht gerne, aber es ging immer um lebensnotwendige Dinge… ich erinnere mich noch an das erste Mal, ich war ganz neu in der Rettungsstaffel, wir siezten uns noch… der Patient war kurz vor einem Kollaps aber die Klinik wollte uns nicht aufnehmen, ich aber hab nicht aufgegeben und immer weiter genervt, unserem Sani war es zu viel, er hat mich an den Schultern gepackt und geschrieen Frau Dr. von Schönfeld es geht nicht… weißt Du was passiert ist?"
    Michaela zieht die Augenbrauen hoch: "Ich ahne es… Dein Patient wurde mit Kusshand genommen!"
    Tanja lacht bitter: "Genau DAS… ich mache es nicht gerne…. Aber wenn es meine Patienten rettet…!"
    "Grausam aber wahr!", stimmt Michaela zu.

    Da meldet sich die Funkanlage. "Rettungsleitstelle für Medicopter 117, bitte kommen!"
    Im Basisgebäude greift Simon verschlafen zum Mikro: "Medicopter 117 hört!"
    "Fliegen Sie nach St. Johann in die Gymnasiumstrasse, GPS-Koordinaten sind 47°20'58.06 N zu 13°12'06.41 E. Laut Anrufer handelt es sich um einen epileptischen Anfall!"
    "Verstanden Rettungsleitstelle, wir übernehmen!", Simon schnappt sich seine Jacke und rennt zum Heli, die Sanitäterin Xenia folgt ihr. Tanja, die über das Walkie alles mitgehört hat springt ebenfalls auf und sprintet zur Heli.
    Simon jagt die Turbinen hoch, und fliegt dann in einem weiten Bogen davon.
    "Munich Tower, this is Medicopter 117, we're on rescue mission destination St. Johann!"
    "Roger Medicopter, go ahead!"
    "Medicopter 117 an Rettungsleitstelle, sind im Anflug auf St. Johann, eintreffen am Unfallort in ca. 1 Minute!"
    "Verstanden Medicopter, over and out!"

    Wenig später setzt Simon auch schon zur Landung an und stellt die Maschine mitten auf der Straße ab.
    Ein Wohnhaus ist hell erleuchtet und eine Menschentraube hat sich davor versammelt und die Retter haben Mühe durchzukommen.
    "Ich hätte gute Lust die wegzufegen!", murmelt Simon und schiebt unbarmherzig zwei alte Frauen auseinander.
    Xenia nickt augenrollend.
    "Machen Sie Platz, ich bin Ärztin!", schreit Tanja plötzlich in die Menge.
    Endlich geben die Leute nach und die Retter können zu ihrem Patient durchkommen.
    Als sie die Haustüre passiert haben, betreten sie eine große helle Diele, eine Wendeltreppe führt in den ersten Stock, der jedoch verdunkelt ist, aber aus dem Wohnzimmer dringt Stimmengewirr. Langsam treten Tanja und Xenia ein, Simon bleibt mit der Trage im Flur stehen und versperrt damit gleichzeitig den immer noch gaffenden Nachbarn die Sicht.
    "Guten Abend, ich bin Dr. von Schönfeld, was ist passiert?", Tanja beugt sich über das weiße Sofa, auf dem ein ca. 12jähriges dünnes Mädchen liegt und immer noch leicht zuckt.
    "Soraya war alleine daheim und als wir wieder gekommen sind, da lag sie da und hat wie verrückt gezuckt und Schaum vor dem Mund… was ist das? Sie hat das noch nie gehabt!", eine ca. 40jährige Frau, groß, schlank und mit langem blonden Haar sieht misstrauisch zu Tanja, die das Mädchen abhört, ihren Puls fühlt
    "Xenia, Zugang, eine Ringer, 10mg Diazepam und dann ab mit uns!", meint Tanja zu der Sanitäterin.
    Xenia gibt der Ärztin die Medikamente und geht dann zu Simon um die Trage zu holen.
    "Xenia auf Drei, nimm die Beine!", Tanja greift dem Mädchen unter den Oberkörper, während Xenia die Füße nimmt "Eins, zwei, drei!", dann liegt das Mädchen auf der Trage.
    "Wo bringen sie Soraya hin?", fragt die Mutter und klimpert mit den Wimpern.
    "Nach Salzburg in die Christian Doppler-Klinik! Falls sich was ändern sollte geben wir Bescheid! Und nun lassen Sie und durch, Ihre Tochter muss ins Krankenhaus!", Tanja fasst die Trage an und nickt Xenia zu, diese fasst auch an und dann tragen die Frauen das Mädchen zum Heli. Simon hat schon begonnen die Turbinen hochzufahren, was die Umstehenden nicht zu stören scheint, der Wind, der von den Rotoren verursacht wird zerrt an ihren Kleidern und Haare, trotzdem scharren sie sich um die Maschine.
    Dem Piloten reicht es, als die Frauen mit der Patientin an Bord sind, reißt er den Stick an sich und zieht die Maschine somit in die Luft, erschrockenes Aufkreischen der Gaffer ist die Reaktion.
    ""Medicopter 117, an Rettungsleistelle. Wir brauchen eine Anmeldung für die Christian-Doppler-Klinik in Salzburg. Patient weiblich, 12 Jahre alt, epileptischer Anfall, nach Behandlung mit Diazepam wieder stabil!", Simon hat zum Mikro gegriffen.
    "Verstanden Medicopter 117, Sie haben die Freigabe für die Christian-Doppler-Klinik!"
    "Danke Rettungsleitstelle, over and out!", Simon beendet den Funkverkehr und wird schneller. "Alles okay bei euch da hinten?"
    Tanja nickt und meint: "Ja, alles okay… aber hat dieser Start sein müssen? Was glaubst Du was da wieder kommt, von wegen wir gefährden ja mehr Leben als dass wir retten…!"
    "Sorry Tanja, aber es ging nicht anders… die wären nie weggegangen… ich tu das auch nicht gerne, aber so 'ne Gaffer rauben mir einfach den letzten Nerv!", meint der Pilot entschuldigend.
    "Schon okay… wie lang brauchen wir noch?", fragt die Ärztin nach.
    "10 Minuten!"

    Knapp 10 Minuten nachdem sie den Patienten in der Klinik abgeliefert haben treffen die Drei wieder auf der Basis ein.
    "Na? Alles glatt gegangen?!", fragt Michaela als die Drei in den Aufenthaltsraum kommen.
    "Bis auf ein paar umgewehte Passanten ja!", meint Simon
    Michaela lacht: "Was war denn wieder los? So schlimm gewesen?"
    "Der Einsatz war Routine, aber die Nachbarn, die wollten uns schier nicht ins Haus lassen und beim Abflug haben sie sich um den Heli gescharrt… na ja Simon hat sie dann kurzerhand weg gefegt!"
    "Du kannst es wohl nicht lassen!", meint Michaela
    Simon zuckt mit den Schultern: "Die standen im Weg, aber was turnst Du eigentlich hier draußen rum? Ist doch drinnen viel gemütlicher… hier kann es ja jeden Moment anfangen zu schütten!"
    "Eben darum geht es! Ich hab gerade mit dem Wetteramt telefoniert, die melden eine Regenwahrscheinlichkeit von 95% und gewittern soll es auch!", meint die Pilotin zu ihrem Kollegen.
    "Was meint die Rettungsleitstelle?"
    Michaela rollt mit den Augen: "Die wollten uns sofort abmelden… aber so lange es nicht oder nur schwach regnet können wir ja weitermachen, oder?"
    Simon nickt: "Klar, aber jetzt brauch ich erst mal nen Kaffee…!"
    "Ich hab gerade welchen gemacht und wenn ihr Glück habt dann finden sich vielleicht sogar noch ein paar Kekse!", meint Michaela.

    Die beiden Teams haben es sich gerade im Aufenthaltsraum bei Kaffee und Keksen gemütlich gemacht als es draußen wie aus Eimern anfängt zu schütten und die Blitze nur so über den Himmel zucken. In der Ferne ist das Donnergrollen zu hören.
    "Na dann scheint unser Dienst für heute ja doch zu Ende zu sein!", meint Florian.
    "Scheint so… na ja die Rettungsleitstelle weiß Bescheid und wenn es aufhört mit regnen dann geht es nach Dienstplan weiter…!", Michaela sieht ihre Kolleginnen und Kollegen viel sagend an: "Aber ihr wisst ja wie das ist, wenn es längerfristig gewittert, dann müssen die Helis in den Hangar, also je mehr wir sind umso besser geht es. Meldet sich jemand freiwillig oder muss ich wen bestimmen!"
    "Na jedes Team einen, das ist nur fair, dann sind wir alle gleich nass!", meint Darius.
    Verwundert wirft Michaela dem Notarzt einen kurzen Seitenblick zu. Kaum zu glauben wie sehr er sich in den knappen drei Monaten die er erst auf der Basis arbeitet verändert hatte, inzwischen gehörte er fest zum Team und hielt von Höpplers Sparmaßnahmen und ähnlichem Geschwätz genauso wenig wie die Anderen!
    "Na dann mal los!"

    Gemeinsam schaffen sie es tatsächlich recht schnell die beiden Maschinen in den trockenen Hangar zu schieben, danach sind sie aber alle klatschnass. Daher fliegen in den Umkleidekabinen die Overalls nur so in die Ecken.
    "Also, bis morgen dann, schlaft gut!", ruft man sich noch schnell zu bevor jeder geduckt durch den Regen zu seinem Auto rennt.

    Als sie im Auto sitzt merkt Michaela wie müde sie ist. Nun noch fast 30 km nach Hause fahren und das bei dem Regen?
    Sie schüttelt sich und seufzt leise. Aber anderseits wartete in Radstadt ein schönes warmes Bett auf sie und vor allem Jens! Langsam fährt sie mit den Fingerspitzen ihren Nacken entlang und lehnt mit dem Kopf kurz gegen die Nackenstütze. Dann rafft sie sich auf und startet das Auto.
    Aufgrund des Regens braucht sie fast eine Stunde für die Strecke, die sie sonst in einer halben Stunde zurücklegt. Aber bei dem Regen fuhr nun mal keiner gern.
    Als Michaela vor dem Mehrfamilienhaus hält verflucht sie zum wiederholten Male ihren Vermieter, seit fast einem Vierteljahr wohnte sie nun schon hier und der Kerl hatte es immer noch nicht geschafft ihr einen Stellplatz in der Tiefgarage zu besorgen, noch immer türmte sich auf dem Platz, der ihr eigentlich zustand, das Gerümpel des Vormieters.
    Aber das ist jetzt wirklich das Letzte was die Pilotin interessiert, darüber kann sie sich auch noch morgen Gedanken machen.
    Leise schließt sie die Türe zu Jens' Wohnung auf.
    Fipsend kommt Momo ihr entgegengelaufen und stupst ihr die Nase ans Knie. Michaela lässt sich in die Hocke sinken und krault die Hündin sanft: "Na mein Mädchen, hast Du auch schön auf meine Drei aufgepasst?"
    Michaela richtet sich auf und wirft kurz einen Blick in Annas Zimmer. Wie sie es erwartet hatte – Jens' Tochter schlief und hatte Lena bei sich im Bett.
    Lächelnd schließt Michaela die Türe wieder, dieses Mädel war einmalig. Andere in ihrem Alter waren jetzt noch in der Disko oder soffen sich irgendwo die Birne weg, nicht so Anna, trotz ihrer Ferien war sie regelmäßig früh daheim, tagsüber jobbte sie im Krankenhaus und sammelte so Erfahrung für ihr berufliche Zukunft.
    Nach langem hin und her hatte Jens endlich sein OK gegeben, dass sie sich zur Rettungssanitäterin ausbilden lies. Und Anna tat wirklich alles um ihm zu beweisen, dass sie auch das Zeug dazu hatte. Aber bis jetzt hatte es auf ihr Bewerbungen entweder noch keine oder keine zufrieden stellende Resonanz begeben.
    Michaela zittert leicht und ihr ist kalt, kein Wunder ihre Klamotten sind von den kurzen Strecken zum Auto und zum Haus richtig durchweicht. Sie tastet sich im Dunkeln ins Bad, schält sich aus den Kleidern, die sofort in der Maschine landen und zieht sich nur ein altes T-Shirt über, das an einem der Hacken hängt. Dann tapst sie weiter ins Schlafzimmer.
    Sie hört Jens' regelmäßige Atemzüge, die ab und an von einem kurzen Schnarchen unterbrochen werden. Grinsend rutscht Michaela unter die Decke und kuschelt sich an ihn. Verschlafen dreht Jens sich zu ihr um und murmelt: "He, was machst Du denn schon hier"", er drückt ihr einen Kuss auf und umarmt sie: "Du bist ja ganz nass und kalt!"
    Sie wispert: "Draußen regnet es ja auch wie aus Kübeln… wir sind erst mal abgemeldet… mhhh!", mit einem sanften Kuss verschließt Jens ihr die Lippen, zieht sie enger an sich und fährt mit den Fingerspitzen unter ihre T-Shirt.
    "Was wird das?"
    "Ich wärm Dich nur ein bisschen auf!", meint Jens viel sagend.
    Seufzend rückt Michaela noch enger an ihn….

    Zwei Wochen später.
    Inzwischen ist es richtig herbstlich geworden, zwar regnet es nicht mehr, aber es ist unangenehm kühl und ein Wind pfeift um die Häuser. Die ersten Blätter färben sich schon braun und beginnen langsam von den Bäumen zu fallen.
    Es ist kurz nach 04:00 Uhr und somit Schichtwechsel zwischen der D-Crew und dem Team um Michaela.
    Seitdem Gina und Mark aus ihren Flitterwochen wieder da sind fliegt für die quirlige Pilotin eine Vertretung. Und dieses Mal war sie ganz nach dem Geschmack der Truppe – Höppler schien lernfähig zu sein oder er wusste wenigstens inzwischen, dass er sich selber am meisten Ärger machte, wenn er wieder jemanden wie Anette Köhler als Vertretung organisierte.
    Ginas Vertretung hieß Chiara Becker und kam gerade aus dem Mutterschutz zurück und war froh über den Job.
    Vor der Geburt ihres Kindes hatte sie in Rosenheim gearbeitet und war dort geflogen, aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen hatte man ihr dort aber keinen Job mehr anbieten können.
    Zwar war diese Vertretungssache auch nicht ganz nach ihren Vorstellungen, aber es war natürlich besser als zu Hause zu sitzen.
    Ihr Flugstil stand dem von Jens oder Thomas in nichts nach und auch sonst passte sie einfach perfekt ins Team.
    "Nachher wollt ihr mich gar nicht mehr wieder haben!", murmelte Gina und beißt sich auf die Unterlippe. Sie muss Tränen unterdrücken. Die hormonelle Umstellung der Schwangerschaft macht ihr gerade sehr zu schaffen, zwar muss sie sich nicht übergeben, aber sie ist ungewöhnlich sensibel und verletzlich.
    "He, das ist doch Blödsinn… Süße!", Mark umarmt sie und küsst sie sanft auf die Stirn.
    "Ehrlich?", fragte Gina und die Frage war keineswegs als Scherz gedacht, sie wirkte sehr ernst!
    "Sag mal, was denkst Du denn von uns? So einfach geben wir Dich schon nicht her!", Michaela lässt sich vor ihrer Kollegin in die Hocke sinken und legt sanft ihre Arme auf deren Knie ab.
    "Ach Mist, was ist eigentlich los mir mit… ich bin doch sonst keine solche Heulsuse!", murmelt Gina.
    Chiara tritt dazu: "Das sind die Hormone, manche kotzen sich die ganze Zeit die Seele aus dem Leib und die andere hat Gefühlschwankungen, genau wie Du und ich… glaub mir, mein Mann konnte einem leid tun, bei der kleinsten Kleinigkeit hab ich ihn angegiftet und bin an die Decke gegangen, er konnte mir nichts recht machen…!" Zu Mark meint sie: "Werden harte Monate für Dich!"
    "Ist er nicht anders gewohnt, ich bin von Natur aus anstrengend!", murmelt Gina.
    "Nun stell Dich nicht schlimmer hin als Du es bist…! Du bist nämlich 'ne ganz Tolle und das weißt Du ganz genau", meint Michaela
    Gina vergräbt ihr Gesicht kurz in Marks Brust: "Nun hör doch mal auf, das ist ja peinlich!"
    "Meiner kleinen Pilotin ist etwas peinlich? Na so kenne ich Dich ja gar nicht!", Mark legt sanft die Hände auf Ginas Bauch und legt seinen Kopf auf ihre Schulter.
    "Du bist so ein Idiot!", murrt Gina und drückt ihm einen Kuss auf die Wange.
    Die Anderen haben sich währenddessen zurückgezogen und sind in den Aufenthaltsraum zurückgegangen.

    Es ist Sonntag und somit hat heute für jedes der Teams eine neue Schicht begonnen.
    Die Hälfte der Zeit ist schon rum – Mark hat sich gerade auf den Nachhauseweg zu seiner Frau gemacht und Katja ist auf dem Weg zu ihrem Freund – und von einem Einsatz noch nicht die Spur. Aber wie das nun mal so ist, wenn man gerade davon spricht, dann kommt es dazu und so tönte es durch die Lautsprecher der Basis: "Rettungsleitstelle für Medicopter 117, fliegen Sie nach Freilassing GPS-Koordinaten sind 47°50'30.57 N zu 12°59'10.29 E, das ist ein Sportplatz, der Sanka ist schon unterwegs wird Ihnen den Patienten dort hinbringen!"
    Michaela blickt kurz zu "ihren" Männern Darius und Florian, die springen auf und rennen mit ihr zum Heli. Gekonnt schwingt Michi sich auf den Sitz und jagt die Turbinen hoch – mal wieder viel zu schnell! "This is Medicopter 117 to Munich Tower, we're on a rescue mission destination Freilassing!"
    "Roger Medicopter 117, go ahead", kommt es durch das Mikro zurück.
    "Michi? Kannst Du mal anfragen was uns da genau erwartet? Die Rettungsleitstelle war ja mal wieder sehr sparsam mit ihren Auskünften!", meint Darius.
    "Klar mach ich. Medicopter 117 an Rettungsleitstelle, bitte kommen!"
    "Rettungsleitstelle für Medicopter, was gibt es?"
    "Wir würden gerne wissen was in Freilassing anliegt...!"
    "Im Industriegebiet hat es eine Explosion gegeben und einen der Arbeiter hat nun schwerste Verbrennungen! Ihr könnt dort aber nicht direkt runter… "
    "Verstandnen Rettungsleitstelle, Over and out!"
    "Na geht doch…!", meint Darius "Und wenn die uns das mal gleich sagen würden…!"
    "… wären wir trotzdem nicht schneller!", meint Michaela "… der Regen ist kriminell… man wir haben Sommer…!"
    "Als es heiß war haben wir auch geschumpfen!", meint Flo.
    "Auch wieder wahr…. Jungs ich mach langsamer, sonst kommen wir gar nicht mehr an… der Regen macht mich noch ganz kirre!", murmelt Michaela und starrt aus dem Fenster.
    "Alles klar bei Dir?", fragt Darius nach.
    "Alles okay, aber eine längere Strecke wollte ich nicht fliegen, der Regen ist verdammt nervig...!"
    "Geht es noch? Sonst brechen wir ab, dann sollen die den Verletzten mit dem Sanka in die Klinik bringen!", mein Darius fürsorglich.
    "Nee schon okay… sind noch ca. 5 Minuten dann sind wir da… aber danke!", murmelt Michaela und verringert abermals etwas das Tempo der Maschine.

    Als sie in Freilassing zur Landung auf den Sportplatz ansetzen fährt auch der Krankenwagen schon heran. Die Verladung des Patienten geht schnell, die Erstversorgung hat schon im Sanka stattgefunden und so müssen die Medicopter-Leute nur noch ein Krankenhaus anfliegen.

    Als die Drei wieder auf der Basis ankommen und gerade aus dem Heli steigen rennt plötzlich ein kleines Mädchen, vielleicht sieben Jahre alt, um die Ecke und stürmt auf Darius zu.
    "Hallo Papi!", ruft sie strahlend und springt dem Notarzt um den Hals.
    "Matea, mein Schatz, was machst Du denn hier?", Darius drückt das Mädchen an sich.
    Der kleine Rotschopf grinst breit: "Bin mit Mama gekommen!"
    "Wie? Carmen ist auch da? Aber, lass uns erst mal reingehen, sonst wirst Du ja ganz nass!", Darius nimmt mit diesen Worten seine Tochter auf den Arm und rennt dann, gefolgt von Michi und Flo in den Hangar und geht von da, dann weiter in den Aufenthaltsraum.
    Dort sitzt auf dem Sofa bereits eine Frau mit kurzem braunem Haar. Sie ist vielleicht einen Kopf größer als Michaela: "Sie hat sich einfach nicht umstimmen lassen, wollte Dich unbedingt besuchen! Ich hoffe wir stören nicht zu sehr?"
    Darius schüttelt den Kopf und stellt seine Familie dann seinen Kollegen vor, abschließend meint er: " "Das zweite Team ist wohl bei einem Einsatz, aber irgendwo müsste auch noch Jens rumschwirren, außer er hat von Michi doch die Nase voll und ist heim!"
    Michaela grinst ihn schelmisch an: "Herr Doktor, Herr Doktor, werden Sie hier mal nicht so frech… ich sitz am längeren Hebel, besonders, wenn Du an der Winsch bist!"
    "Na, was schimpfst Du hier wieder wie ein Rohrspatz?", Jens umarmt Michaela von hinten und zwickt ihr ins Ohrläppchen.
    "Alles bestens… schön, dass Du noch da bist!", meint Michaela und sieht Darius breit grinsend an.
    "Was gibt es da zu grinsen?", fragt Jens nach.
    "Teaminterna, nix für neugierige Piloten!", gibt Michaela ihm zur Antwort.
    "Du hast heut wohl wieder nen Clown gefrühstückt…!", murmelt Jens in Michaelas dichtes Haar, dass ihr in den Nacken fällt.

    Eine Woche später – Anfang September 2006.
    Wettertechnisch ist es inzwischen wieder richtig schön, die Sonne scheint wärmend vom Himmel und von Regen keine Spur.
    Besonders die Mädels genießen diesen Zustand, in ein paar Tagen geht die Schule wieder los und dann ist es vorbei mit der Freizeit, dann heißt es büffeln. Bei Lisa geht es um den Abschluss der Mittleren Reife, den sie im nächsten Frühjahr machen wird und Laura hat von der Realschule aufs Gymnasium gewechselt, was auch einiges an lernen mit sich bringt.

    Nun ist es später Vormittag und die Mädchen sind mit Michaela und Gina auf dem Reiterhof, auf dem Michaela ihr Pferd Hopeful stehen hat.
    Da das Tier noch immer sehr schreckhaft ist, kann Michaela von einem Ausritt nur träumen, das Einzige was möglich ist, ist in der Halle mit der Stute zu arbeiten oder spazieren zu gehen. Bei dem tollen Wetter natürlich eher letzteres.
    Neben den Wächter-Mädels ist auch Gina Harland mit dabei.
    Sie und Michaela sind inzwischen richtig gute Freundinnen geworden und verbringen immer wieder die Freizeit gemeinsam. Gina wird das ständige herumsitzen auf der Basis manchmal auch zu öde und natürlich ist dort die Sehnsucht nach dem Fliegen noch größer, als sie es eh schon ist. Manchmal wird ihr dann die Nähe zu Mark – nach der sie sich aber auch sehr oft sehnt – zu viel und bevor ein Streit vom Zaun bricht, unternimmt sie dann lieber was für sich alleine oder eben etwas mit ihrer Freundin Michi.
    Nachdem diese ewig gebraucht hat, bis sie das Pferd von der Koppel geholt und geputzt hat, ging das Aufzäumen relativ schnell. Nun steht die Gruppe abmarschbereit auf dem Hof, sie wollen ein bisschen in dem kleinen Wäldchen spazieren gehen, das unmittelbar an den Hof angrenzt.
    Langsam zupft Michaela am Führstrick und fährt ihrer Stute Hopeful über die Nase: "Na komm meine Schöne, wir gehen ein bisschen spazieren!" Die fuchsfarbene Stute gibt ein leises Brummen von sich und folgt ihrer Besitzerin dann.
    "Sie ist wirklich ein wunderschönes Tier…!", meint Lisa die neben Michaela herläuft.
    Michaela lacht: "Ja, eine wunderschöne kleine Schießerin!"
    Gina sieht ihre Kollegin fragend an: "Was hat Dich bewegt, Dir so einen verrückten Gaul zu kaufen?"
    Michaela sieht Gina an: "Mitleid… sonst wäre sie heute tot…!"
    Verwundert sieht Laura die blonde Frau an: "Warum das denn? War sie krank?"
    "Mit Nichten, ein gesünderes Pferd findest Du kaum, aber nach einem Unfall beim Springtraining ließ sie sich nicht mehr reiten und ihre Besitzerin wollte Turniere reiten, sonst nichts. Das konntest Du aber vergessen, sobald Hope das Mädel auch nur sah ist sie in die hinterste Ecke der Box geflohen und hat um sich gebissen und ausgeschlagen, kurz bevor der Schlachter sie holen konnte habe ich die Familie überreden können, dass sie Hopeful an mich verkauft…!"
    "Und dann?", fragt Gina nach
    "Stand sie erst mal ein halbes Jahr nur auf der Koppel und sonst nichts, danach haben wir dann langsam angefangen sie wieder zu trainieren, longiert, spazieren gehen und ganz zum Schluss hat sie sich sogar wieder reiten lassen, aber nun ist das alles halt wieder hin, das ist alles fremd für sie, sie hat ihren Leithengst, dem sie sich angeschlossen hat nicht mehr, aber das kriegen wir alles wieder hin, nicht wahr meine Schöne?!", sanft fährt sie der fuchsbraunen Stute über den Nasenrücken.
    "Sag mal, was ist denn da vorne los?", Gina deutet auf eine Frau die in einer komischen Haltung am Boden kauert.
    "Sieht nach einem Unfall aus… komm wir sehen mal nach, Lisa, Laura ihr bleibt mit Hope hier!", schnell drückt Michaela einem der Mädchen den Führstrick in die Hand und rennt los. Gina folgt ihr "Gina mach langsam…!", schreit Michaela der Pilotin zu. Sie selbst hat die Frau inzwischen erreicht und kann erkennen über was sie sich beugt – einen Mann, der mit weißem Gesicht am Boden liegt und seine Hand an die Brust presst.
    "Was ist passiert?", fragt die blonde Frau.
    "Er hat sich ans Herz gefasst und ist umgefallen...!", meint die Frau zitternd.
    "Hatte er das schon öfter?", will Michaela wissen, die Frau schüttelt weinend den Kopf
    "Gina, sag den Jungs Bescheid, sieht nach einem Herzinfarkt aus…!"
    Gina nickt und greift zum Handy um Basis anzurufen: "Mark? ... Ich bin es…. Nein mit uns ist alles klar, aber wir haben hier einen Mann mit Verdacht auf Herzinfarkt… im Wäldchen beim Reiterhof … okay … bis gleich dann!", sie legt auf und geht zu Michaela.
    "Sie kommen!"
    Michaela ist immer noch über den Mann gebeugt, wirklich helfen kann sie ihm nicht, da sie ja keinerlei Medikamente bei sich hat: "Okay… die Mädels sollen zurück laufen, wenn Jens mit der Mühle kommt dreht der Gaul uns durch…!"
    Gina hat verstanden und geht zu den Mädchen zurück.
    Mit ruhiger Stimme spricht Michaela nun auf den Mann ein: "Versuchen Sie ruhig zu atmen, es kommt gleich Hilfe, wir haben unser Kollegen von der Luftrettung informiert, sie sind in ein paar Minuten da!"

    Und tatsächlich ist keine zwei Minuten später das wohl bekannte Rotorengeräusch der BK 117 zu hören.
    Unweit des Unfallortes ist eine kleine Lichtung auf der Jens nun die Maschine absetzt. Die Rotoren drehen sich noch, da kommen Mark und Katja auch schon mit den Notfalltaschen angerannt.
    Kopfschüttelnd meint Mark: "Euch kann man echt keine fünf Minuten alleine lassen…!", dann beugt er sich zum Patienten.
    "Sieht nach einem Herzinfarkt aus… seine Frau meint, dass er so was noch nie hatte!", raunt Michaela dem Arzt zu. Der nickt und sieht dann kurz zu seiner Gina hinüber. Die hat verstanden und zieht die Frau des Patienten sanft von diesem weg: "Kommen Sie, Ihr Mann ist jetzt in den besten Hände… es wird alles gut werden!"
    "Brauchst Du mich?", fragt Michaela
    Mark schüttelt den Kopf: "Hau ab… und sag Jens er soll uns in der Marienklinik anmelden… Katja null-eins Fenta, und gibt mir das Nitro-Spray!"
    Die blonde Sanitäterin reicht dem Arzt das Gewünschte.

    Michaela ist unterdessen zu Jens an den Heli gelaufen: "Hallo mein Lieber… Du sollst euch in der Marienklinik anmelden meint Mark!"
    "Okay mach ich…!", Jens nickt und klemmt sich hinters Funkgerät.
    Wenig später kommen Mark und Katja mit dem Patienten auf der Trage angerannt.
    "Willst Du gleich mit?", fragt Jens seine Freundin.
    Michaela schüttelt den Kopf: "Nee lass mal… außerdem muss sich ja wer um die Frau des Patienten kümmern!"
    Jens nickt ihr kurz zu und zieht dann die Maschine in die Luft.

    Als Michaela wieder zu Gina kommt hört sie wie die versucht auf die Frau einzusprechen, aber nicht viel Erfolg hat.
    "… aber es ist doch wohl verständlich, dass ich bei meinem Mann sein will!", protestiert die Frau.
    "Natürlich ist es das, aber es ging wirklich nicht… im Hubschrauber ist es sehr eng und der Arzt und die Sanitäterin brauchen allen Platz um den Patienten zu versorgen, da wären sie wirklich nur im Weg. Außerdem muss es ja bei so einem Flug oft schnell gehen und dann sind die Piloten oft nicht zimperlich was das Fliegen angeht und wenn Ihnen dann etwas passieren würde, dann hätte keiner die Zeit um sich um Sie zu kümmern!", versucht nun auch Michaela auf die Frau einzureden.
    "Und wie komme ich nun zu meinem Mann?", fragt die Frau aufgelöst.
    "Ich fahre sie…. Das ist kein Problem…!", meint Gina
    "Oh, das ist ja…. Vielen Dank und entschuldigen Sie, dass ich gerade so…!", die Frau ist sichtlich gerührt.
    Gina lächelt ihr entgegen: "Schon okay… ich kann mir ja vorstellen wie es Ihnen geht! Mein Wagen steht vorne beim Reiterhof, in ca. 10 Minuten sind wir dort."

    Auf dem Parkplatz des Reiterhofes verabschieden Gina und Michaela sich von den Mädels, die noch etwas bei Hopeful bleiben wollen.
    Nachdem sie Frau Graser – so der Name der Gattin des Patienten – in der Marienklinik abgeliefert haben, machen sich die beiden Frauen auf den Weg zur Basis. Michaelas Dienst beginnt in kurzer Zeit und Gina kommt mit, wie sie es so oft tut, auf der Basis hat sie wenigstens Gesellschaft und sitzt nicht stundenlang alleine daheim herum.

    In der Woche darauf.
    Michaela und Jens, sind bei Gina und Mark zum brunchen. Da die Paare auch privat super klar kommen, machen sie so etwas immer mal wieder, mal in Form eines netten Brunchs wie heute oder auch mal einen gemeinsamen Abend mit Video schauen oder der gleichen.
    Heute war es wie gesagt ein Brunch, zu dem Gina einiges aufgefahren hat, aber auch Michaela hat es sich nicht nehmen lassen und gebacken und gewerkelt.
    "Wir haben so viel Zeug, das reicht für die ganze Basis!", meint Mark und betrachtet lachend den vollen Tisch.
    "Ich muss schließlich auch für Zwei essen!", rechtfertigt sich Gina und zieht eine Schnute.
    "Eben und für den ganzen Tag muss das dann ja auch reichen, zumindest bei uns Drei!", stimmt Michaela zu.
    "Ihr Zwei seid echt um keine Ausrede verlegen!", erwidert Jens und duckt sich vorsichtshalber, weil Michaela sich, mit einem Kissen in der Hand, wurfbereit positioniert hat. "Ich hab nichts gesagt!", meint er schnell.
    Michi lässt das Kissen sinken: "Das will ich Dir auch geraten haben!"
    "Lasst den Quatsch ihr Zwei und setzt euch. Michi möchtest Du einen Kaffee?", meint Mark und sieht die blonde Pilotin fragend an.
    ….
    ….
    ….
    Das Essen ist beendet, der Tisch abgeräumt, das Geschirr in der Spülmaschine.
    Die Vier sitzen auf dem Sofa.
    "Habt ihr eigentlich schon einen Namen?", fragt Michaela und sieht die werdenden Eltern prüfend an.
    "Einen? Nein, aber duzende dafür und da das Kleine uns einfach nicht sagen will ob es nun ein Mädchen oder ein Junge wird, wird es noch schwerer!", meint Gina seufzend.
    "Sag bloß man hat gestern beim Ultraschall immer noch nichts erkennen können…?", fragt Jens nach.
    Gina schüttelt den Kopf: "Nee, es hat uns wunderschön seinen Rücken gezeigt, genau hier!", meint Gina und fährt sich mit der Hand über den Bauch, der sich nun schon deutlich unter ihrem Pulli abzeichnet.
    "Ist doch auch egal, Hauptsache das Baby ist gesund und alles ist okay!", meint Mark und lässt sich neben Gina auf dem Sofa nieder.
    "Kein Wunsch nach einem Stammhalter?", fragt Jens.
    Mark schüttelt den Kopf: "Lieber noch mal so einen kleinen Engel!", liebevoll schaut er Gina an, die knallrot wird, die Hormone spielen immer noch verrückt.
    "Och Gina, nun werd doch nicht schon wieder rot…! Sag mal… Du bist mir vielleicht ein Hormonwunder!", meint Michaela und zwinkert der Pilotin zu.
    "Und Du bist saudoof!", knurrt Gina.
    Michaela lacht und haucht ihr einen Kuss zu.
    "Oh ihr Zwei… ihr seid unmöglich!", dieses Mal hat Mark den Mut.
    "Danke gleichfalls…. Nee, aber Gina, jetzt sag mal… ich kenn Dich doch, Du hast Dir doch Gedanken gemacht… und eine Auswahl getroffen!", meint Michaela.
    "Klar haben wir uns Gedanken gemacht… aber so wirklich auf einen grünen Zweig sind wir noch nicht gekommen, es gibt so viele schöne Namen, da fällt die Auswahl verdammt schwer… Das weißt Du doch sicher selber noch oder?", meint Gina.
    Michaela schüttelt leicht den Kopf: "Bei uns war das ja ein bisschen anders, wir wussten recht bald, dass es ein Mädchen wird und na ja wir hatten eine Lisa und eine Laura, da kamen wir dann ganz schnell auf Lena… für die Kinder mit den Namen Lo und Lu ist dann aber jetzt Biggi zuständig!"
    "Wenn das bei uns auch mal so einfach wäre… na ja bei Nummer 2 dann!", meint Gina und blickt kurz schief grinsend zu Mark.
    "Jetzt warte erst mal bis Nummer 1 da ist, vielleicht hast Du da dann schon die Nase voll!", meint Michaela
    "Ach was… das kriegen wir schon hin… und vielleicht ist das Kleine beim nächsten Termin auch gnädig und zeigt sich uns etwas besser!"
    "Wann habt ihr denn wieder einen Termin?", fragt Jens.
    Gina meint: "In zwei Tagen schon!"
    "Ist alles okay? So schnell hintereinander zwei Termine ist ja nicht gerade alltäglich…!", fragt Michaela nach.
    "Ja, alle bestens, aber ich will dieses Mal einfach nichts riskieren…!", Gina senkt den Blick, Mark fährt ihr sanft über die Wange.
    "Wie spät haben wir es eigentlich? Nicht, dass ihr zu spät kommt Jungs!", meint Michaela, vom Thema ablenkend.
    "Oh, gut dass Du es sagst, wir sind ja in 'ner knappen Stunde schon dran... also, nichts wie los!", meint Mark und steht auf.
    "Kommt ihr Zwei gleich mit oder wollt ihr hier noch weiter tratschen?", fragt Jens die Pilotinnen.
    "Du kennst doch die Zwei… die würden doch auf der Basis einziehen, wenn wir sie ließen!", gluckst Mark.
    Michaela und Gina stehen nebeneinander und stemmen die Arme in die Hüften: "Ihr seid ganz schön frech!", meinen die Frauen wie aus einem Mund.
    "Na kommt ihr Zwei…!", Mark nimmt Gina bei der Hand, während Jens den Arm um Michaelas Hüfte legt.

    Auf der Basis werden die Vier von Max begrüßt.
    "Ach, da ist ja unser vierblättriges Kleeblatt!", meint der Mechaniker lachend.
    "Hallo Max!", rufen die Vier wie aus einem Mund.
    Während die Jungs in der Basis verschwinden um sich umzuziehen, begeben sich Michaela und Gina an die Salzach und lassen sich nebeneinander ins Gras sinken.
    Während Michaela auf dem Bauch liegt und mit den Beinen hin- und herwackelt, hat sich Gina auf den Rücken gedreht und die Hände hinterm Kopf verschränkt.
    "Du Michi, ich wollte Dich mal was fragen!", Gina dreht den Kopf zu Michaela
    "Klar, schieß los!"
    "Also, auch wenn wir uns noch nicht so lange kennen, Du bist mir eine sehr gute Freundin geworden und sehr wichtig für mich, ich hab auch mit Mark drüber geredet… also, ich wollte Dich fragen… ob Du vielleicht die Patin für unser Kind sein möchtest!", Gina sieht Michaela aufmerksam an.
    "Oh Gina… natürlich, ja!", Michaela sieht die Freundin glücklich an und umarmt sie.

    Zwei Tage später.
    Michaela ist eben auf der Basis eingetroffen und muss mit Verwunderung feststellen, dass von Gina noch nichts zu sehen ist. Mehr als ungewöhnlich, normalerweise kam die Pilotin doch jeden Tag mit zur Basis. Da fällt es ihr wieder ein, Gina hatte doch erzählt, dass sie einen Termin bei ihrer Frauenärztin hatte. Aber anderseits, war es jetzt kurz vor 19 Uhr – Michi war mal wieder früher da -, da hatte doch keine Frauenärztin mehr die Praxis geöffnet.
    Genau in dem Moment fährt Ginas Wagen mit quietschenden Reifen auf den Hof der Basis. Wenig später kommt die werdende Mutter mit einem breiten Grinsen auf Michaela zu gelaufen.
    "Na Du, schon da?", Gina umarmt Michaela übermütig und drückt ihr einen Kuss auf die Wange.
    "Und Du? Erst da…. Du strahlst ja wie ein Honigkuchenpferd, ja sag mal, was ist denn mit Dir los?"
    "Wo ist denn Mark?", fragt Gina, ohne auf die Frage einzugehen.
    "Hier bin ich Liebes, ist alles okay?", Mark, der gerade aus dem Hangar tritt, geht auf Gina zu und umarmt sie sanft, fährt dabei mit den Fingerspitzen über ihre Wange.
    "Alles bestens, schau mal!", mit leuchtenden Augen hält sie ihm einen kleinen Zettel unter die Nase – ein Ultraschallbild.
    Marks Finger streichen sanft über das Bild, sein Blick ruht auf Ginas leuchtenden Augen, erwartungsvoll sieht er sie an.
    "Mädchen!", flüstert sie und kreischt gleich darauf erschrocken auf, weil Mark sie durch die Luft wirbelt.

    In dem Moment meldet sich die Rettungsleitstelle. Seufzend setzt Mark Gina ab und rennt mit Jens und Katja zum Heli.
    "Na Du Mama?", Michaela umarmt Gina.
    Diese zieht gerade zwei Zettel aus der Gesäßtasche ihrer Jeans und beginnt den blauen in kleine Stücke zu reißen: "So, nun hab ich nur noch 12 Namen zwischen denen wir uns entscheiden müssen…!", seufzend blickt sie auf den kleinen roten Zettel in ihrer Hand.
    "Darf ich mal?", fragt Michaela
    "Klar!", Gina gibt ihr den Zettel.
    Michaela beginnt zu lesen: "Audrey, Carlotta, Delia, Desiree, Felicitas, Joyce, Judith, Melina, Marisa, Pia, Soraya, Vicky", zu Gina meint sie: "Sind wirklich alles sehr schöne Namen...!"
    Das ist ja mein Problem, oder unseres besser gesagt, wir finden die alle toll, aber entscheide Dich da mal!"
    Michaela legt Gina abermals den Arm um die Schulter: "Ihr findet schon noch was, hat ja auch noch ein bisschen Zeit!"
    "Hmm! Du bist mir eine große Hilfe!", Gina schieb schmollend die Unterlippe vor.
    Michi lacht: "He, es ist euer Kind!"

    In der darauf folgenden Woche
    Es ist kurz vor 8:00 Uhr – also kurz vor Schichtwechsel – als der Alarm los geht und für Michaela und ihr Team noch mal einen Einsatz einläutet.
    "Rettungsleitstelle an Medicopter 117, bitte kommen!" Michaela greift zum Mikro: "Medicopter hört?" "Autounfall auf der B159 auf der Höhe Ausfahrt Bichofshofen, benötigen Sie die GPS-Koordianten?" "GPS ist, bekannt, danke Rettungsleitstelle, Medicopter übernimmt!" Während die Pilotin noch ins Mikro gesprochen hat sind Arzt und Sanitäter bereits zum Heli gerannt.
    "This is Medicopter 117 to Munich Tower, we request to enter your controll zone from east to west!" "Roger Medicopter..."
    An ihre Kollegen gewandt meint sie: "Kann mir einer sagen wie da ein Unfall passieren kann? Die Straße ist auf der Höhe des Wäldchens schnurgerade...!"
    Darius meint: "Vielleicht hatte der Fahrer das Handy am Ohr, oder sonst etwas gemacht, das ihm vom Fahren ablenkt!"
    "Na ja wir werden es ja gleich sehen!", meint Michaela und wirkt dabei seltsam nervös. Sie weiß selbst nicht recht was mit ihr los ist, normalerweise verschwindet diese Nervosität - die sich durch ein leichtes Zusammenkrampfen im ganzen Körper zeigt - wieder, sobald die Maschine ganz in der Luft ist. Aber nicht so heute, fast scheint es ihr so als würde es immer schlimmer werden, je näher sie dem Unfallort kommen.
    "Wie lang brauchen wir noch?", die Frage des Sanitäters Florian reißt Michaela aus ihren Gedanken
    "Ca. 3 Minuten!", meint sie und klingt dabei leicht abwesend.
    "Alles okay?", fragt Darius
    Michaela nickt zögernd.
    Als der Unfallort unter dem Heli sichtbar wird, zuckt Michaela zusammen, das Auto, welches da unten im Straßengraben liegt kennt sie, nur zu gut... sie ist vor vier Jahren oft genug darin mitgefahren.
    Auch Florian erkennt den schwarzen PKW: "Oh mein Gott das ist ja..."
    "... Thomas' Wagen!", hektisch lässt Michaela den Heli sinken, der mit einem Rumpler auf der Wiese landet.
    Sofort springen Arzt und Sanitäter heraus und rennen zu dem ziemlich mitgenommenen Auto.
    Die wenigen Sekunden bis die Rotoren still stehen und die Turbinen herunter gefahren sind erscheinen Michaela unendlich langsam zu vergehen und trotzdem wartet sie und steigt erst aus als die Maschine still steht, nimmt Notfalltrage und Vakuummatratze und rennt dann hinter den Männern her.
    Als sie am Auto angekommen sind Florian und Darius schon bei der Erstversorgung
    "Wie geht es ihm?", fragt sie besorgt.
    Darius antwortet nicht auf ihre Frage: "Welche Klinik liegt am nächsten? Funk die an und sag, dass wir nen Patienten bringen Not-OP und Intensivbett."
    Michaela beißt sich auf die Lippen, rennt dann aber zum Heli und funkt die Klinik in Bad Reichenhall an, bis zu dieser sind es ca. 12 Minuten.
    Da kommen ihre Männer - mit Thomas auf der Trage - auch schon angerannt.
    "Welche Klinik?", fragt Darius und klettert durch die Winschtür in den Hubschrauber.
    Mit Schwung setzt Michaela sich auf den Pilotensitz und wirft die Turbinen an: "Bad Reichenhall"
    Die junge Pilotin fliegt wie gejagt und erreicht die Klinik fast in der Hälfte der Zeit.
    Als die Kufen der BK auf dem Dach der Klinik aufsetzen traut sie sich zum ersten Mal zu fragen: "Wie geht es ihm?"
    Zögernd antwortet Darius: "Schädelhirntrauma, offener Oberschenkelbruch, diverse Prellungen, Zerrungen und wahrscheinlich hat sein Rücken auch was abbekommen..."
    "Scheiße", entfährt es ihr.

    Als die Drei gerade mit dem Klinikpersonal, welches Thomas in Empfang genommen hat, mitgehen will, erklingt das Funkgerät - ein Folgeeinsatz. Schweren Herzens lassen sie den verletzten Kollegen zurück und starten wieder.
    "Wie stehen seine Chancen?", Michaelas Stimme zittert als sie Darius diese Frage stellt.
    "Ich brauch Dir nichts vormachen… es sieht nicht gut aus… ganz ehrlich, am meisten Sorgen macht mir, dass er so absolut nicht ansprechbar war…!"
    "Ich frag mich vor allem, wie es zu dem Unfall gekommen ist! Thomas ist ein guter Autofahrer und er kennt die Strecke doch wie seine Westentasche…. Da muss irgendwas gewesen sein!", meint Michaela und lässt den Heli leicht sinken, sie haben die andere Unfallstelle bereits erreicht. Eine Massenkarambolage auf der Autobahn. Überall blinken blaue Sirenen, rennen Polizisten, Notärzte und Sanitäter herum, ziehen aus zusammengedrückten Autos Menschen heraus, Menschen die oft schwer verletzt sind.
    Für Michaela und die beiden Männer bedeutet das Rekordarbeit, Patient notdürftig versorgen, in den Heli, Klinik anfliegen, zurück zum Unfall, nächsten Patienten aufnehmen und immer so weiter.

    Auf dem Rückflug muss Michaela sich richtig zusammenreißen um sich und ihr Team heil auf die Basis zu bringen, sie fliegt im Schleichflug und ist froh, dass sie mit Florian einen verlässlichen Kartenleser hat, sich jetzt auch noch nach einem Weg zu orientieren würde sie nicht schaffen.
    Als der Heli endlich auf der Plattform still steht ist es vorbei mir ihrer Beherrschung, sie schafft es noch sich los zu schnallen und auszusteigen, dann sackt sie zusammen, schlägt mit dem Kopf gegen die Türe und bliebt dann halb benommen auf der Kufe hocken.
    "He, Michi, alles okay?", Darius beugt sich über sie und sieht sie besorgt an.
    "Alles okay!" murmelt die Pilotin und steht auf und läuft ins Basisgebäude.
    Jens, der sie gerade begrüßen will sieht ihr verwundert nach, als wie in Trance, an ihm vorbei in die Duschräume, der Frauen läuft. Jens will ihr nach, wird aber von Darius aufgehalten, der ihn kopfschüttelnd ansieht: "Lass sie, sie muss jetzt glaub ich alleine sein!"
    Jens starrt den Notarzt an: "Was ist passiert?"
    "Setzt euch besser…!", meint Darius tonlos, auch an Mark und Gina gerichtet, die eben von draußen hereinkommen.
    "Nun sag schon, was ist los mit meiner Kleinen?!", fragt Jens besorgt.
    "Mit Michaela direkt nichts, aber der erste Einsatz hat sie sehr mitgenommen, uns alle…!", beginnt Darius stockend "… war Thomas… Autounfall!"
    "Das ist jetzt nicht wahr oder?", Ginas Stimme klingt panisch.
    "Doch… es ist wahr Gina!", murmelt Florian.
    "Was ist passiert? Wie geht es ihm?", fragt Mark
    "Oberschenkelbruch, Prellungen, das volle Programm, genaueres wissen wir nicht, wir haben gleich einen Folgeeinsatz gehabt…!"
    "Wo ist Michi?", fragt Gina leise.
    "Hier!", murmelt die Pilotin und tritt in den Aufenthaltsraum.
    Langsam geht Jens auf sie zu und schließt sie stumm in die Arme.
    "Irgendwer muss es Biggi sagen...!", flüstert sie "Und die Mädels müssen Bescheid wissen, dass...!", Tränen fließen ihr über die Wange.
    "Das regeln wir alles, jetzt sollten wir erst mal wissen was mit Thomas ist… lasst uns die Klinik anrufen!", schlägt Mark vor.
    In dem Moment klingelt das Telefon. Darius, der am nächsten an Höpplers Büro – das heute unbesetzt ist, der Basisleiter ist auf einer Tagung – steht, geht hinein und nimmt das Gespräch entgegen.
    "Wir müssen eine Vertretung für Thomas organisieren, wir müssen…!" Jens nimmt Michaelas Gesicht in die Hand und stoppt so ihren Redeschwall: "Jetzt mach mal langsam… und beruhige Dich etwas!"
    Darius kommt wieder in den Aufenthaltsraum: "Das war die Klinik, Thomas ist jetzt raus aus dem OP… sein Rücken ist okay, ansonsten können sie nichts sagen…!"
    "Kann man zu ihm?", fragt Michaela
    "Noch nicht… und es gibt da noch was... also er…. Er liegt im Koma…!"
    "Scheiße!", entfährt es Jens.
    "Und nun?", Katja sieht in ausdruckslose Gesichter.
    "Wir melden uns ab, es hat keinen Sinn so zu fliegen und wir haben so oft für Rosenheim übernommen, jetzt sind die mal dran!", entscheidet Jens.
    "Du hast Recht…. Aber wer sagt es Biggi? Und wer Lisa und Laura?", fragt Mark berechtigter Weise nach.
    "Um die Mädels kümmere ich mich… wir fahren gleich zu ihnen, bitte Jens!"
    Jens nickt: "Klar, das machen wir…!"
    "Ich sage den Anderen Bescheid und Höppler und rufe bei der Zentrale an, wegen des Erstazpiloten, die Klinik hält mich auf dem Laufenden, sobald es etwas Neues von Thomas gibt rufe ich euch an!", sagt Darius.
    Michaela nickt ihm dankbar zu und steht dann auf.

    Jens sitzt am Steuer, als sie in Richtung der Villa fahren. Auch ihm fällt die Konzentration schwer, aber Michaela ist noch um einiges mehr aufgewühlt als er. Sie zittert am ganzen Körper und schluchzt immer wieder leise auf.
    Nach ca. einer Viertelstunde kommt der Wagen vor der abseits gelegenen Villa zu stehen.

    Mit zitterndem Finger drückt Michaela auf die Klingel und hört gleich darauf ein Poltern, dann wird die Tür aufgerissen und sie sieht in Lisa lachendes Gesicht: "He Michi, Du kommst genau richtig, wir…!", sie stockt als sie das verweinte Gesicht sieht.
    "Michi? Was ist los?", fragt sie ängstlich und lässt die Beiden eintreten.
    "Ist Laura auch da?",
    "Oben!", flüstert Lisa.
    "Dann lass uns zu ihr gehen!", meint Michaela.
    Lisas Blick wird immer ängstlicher.
    Oben im Zimmer der Mädchen herrscht das absolute Chaos, dazu wäre Michi also richtig gekommen – Kissenschlacht.
    Laura kommt gar nicht erst dazu Worte der Begrüßung zu sagen, da fängt Michi schon an zu sprechen: "Mädels? Ich muss mit euch reden, es geht um...!", ihr versagt die Stimme
    Alarmiert sehen die Schwestern sich an und hängen sich an die blonde Frau.
    "Was ist mit Papa?", fragt Lisa, die ahnt, dass etwas sehr schlimmes passiert sein muss.
    "Thomas hatte einen Unfall… er…!"
    "Ist er tot?", presst Laura hervor
    "Nein… Süße, um Gottes Willen… er liegt im Krankenhaus, aber es sieht nicht gut aus…!"
    "Was ist passiert?", fragt die Ältere der Schwestern.
    "Wir haben keine Ahnung, fragen konnten wir ihn nicht… er war nicht bei Bewusstsein… es tut mir leid!", sie drückt die Mädchen an sich.
    "Und jetzt? Was ist jetzt mit uns? Wir sind ganz alleine… Michael und Karin sind in der Stadt, in einer Kino Matinee und Dirk ist bei Conny, die richten ihre Wohnung ein!", murmelt Lisa.
    "Wenn ihr wollt, dann könnt ihr mit zu uns… in mein Gästezimmer passen zwei Matratzen oder ihr bekommt mein Bett und ich geh zu Jens… auf jeden Fall müsst ihr nicht alleine hier bleiben!", fest drückt Michaela die Mädchen an sich.
    "Danke Michi…!"
    "He… ihr seid doch meine zwei Großen…!"

    Schnell werden die nötigsten Dinge für die Mädchen zusammengepackt und dann machen sich die Vier auf den Weg zu Michaela nach Hause. Für Karin und Michael hat man eine Nachricht hinterlassen, dass sie bei Michi oder Jens anrufen sollen, wenn sie zu Hause wären.

    Bei Michaela in der Wohnung.
    Während Jens, sie um die Tochter seiner Freundin kümmert, hat Michaela sich zu den Wächter-Mädchen ins Gästezimmer begeben. Zwar wird es hier verdammt eng, aber sie wollen nicht alleine in Michaelas Wohnung sein, während diese unten bei Jens ist, zwar ist es nur ein Stockwerk, aber in dieser Situation…
    "Habt ihr es bequem?", fragt Michaela und blickt auf das Lager aus Kissen, Matzratzen und Decken.
    "Ja, alles okay soweit!", meint Laura.
    "Bleibst Du noch ein bisschen bei uns?", flehend sieht Lisa die Pilotin an.
    "Klar, natürlich, macht mir ein bisschen Platz, dann lege ich mich zu euch!", meint Michaela
    Die Mädchen rutschen auseinander und Michi legt sich in die Lücke dazwischen, um jedes der Mädchen einen Arm gelegt.
    "So sind wir mit Papa auch dagelegen, als Mama gestorben war…!", flüstert Laura.
    "He! So was darfst Du nicht mal denken, Thomas packt das schon...!", Michaela wundert sich selber, wie fest ihre Stimme ist.
    "Du hast ja Recht… weißt Du was? Wir sind auch mal so dagelegen, also Du, Papa und wir Zwei… da habt ihr uns erzählt, dass Du schwanger bist…!", meint Lisa.
    "Stimmt und dann hatte ich den ganzen Tag einen von euch mit dem Kopf auf dem Bauch liegen… wir hatten wirklich eine verdammt schöne Zeit wir Vier oder Fünf und ich will keinen Tag davon missen…!"
    "Wirklich gar nichts? Auch nicht, als wir am Anfang so fies zu Dir waren?", meint Laura.
    "Ihr wart doch nicht fies… ihr hatte Angst, eueren Papa zu verlieren… ich hab das verstanden und das ging ja alles auch so schnell!", sanft fährt Michaela über die Köpfe der Mädchen, die an ihrer Brust lehnen. Die Augen sind geschlossen.
    Leise beginnt Michaela zu summen: "Guten Abend, Gute Nacht…!". Sie weiß wohl, dass die Mädels dafür viel zu alt sind, aber ihr tut das Singen gut und auch auf Lisa und Laura scheint es beruhigend zu wirken, bald sind beide eingeschlafen. Leise schließt Michaela die Türe ihres Schlafzimmers und schleicht zu Jens der nachdenklich auf dem Sofa sitzt.
    "Sie schlafen jetzt… endlich!", müde lässt die Pilotin sich neben ihren Freund sinken und schmiegt sich an ihn.
    Dieser legt den Arm um sie. "Das ist gut…. Wenn sie schlafen können sie wenigstens nicht weinen oder sich unsinnige Gedanken machen, es genügt doch, dass wir Erwachsenen am Rad drehen…!"
    "Ich hab eine riesen Angst um Biggi, sie hat immer noch nicht auf meinen Anruf reagiert und Gabi hat gesagt, dass sie die Türe auch nicht aufgemacht hat!", Michaela beißt sich auf die Lippen und verkrampft die Hände ineinander.
    Jens fährt ihr über die Wange und küsst sie in den Nacken: "Mach Dir nicht so viele Sorgen... Biggi kriegt das hin und wir sind ja alle für sie da...! Karin und Michael haben vorher angerufen… wollten dann sofort kommen, aber ich hab gesagt sie sollen erst mal in der Villa bleiben. Dann hat Darius gesmst, morgen ist normal Dienst, die Zentrale hat nicht mit sich reden lassen!"
    "Ja, haben di denn schon eine Vertretung?", fragt Michaela verwundert.
    Jens zuckt mit den Schultern: "Ich hab keine Ahnung, mehr hat Darius nicht geschrieben! Werden wir ja morgen sehen… jetzt ist erst mal wichtig, dass die Mädchen versorgt sind… aber das schaffen wir schon!", Jens küsst sanft Michaelas Augen, in denen sich schon wieder Tränen gesammelt haben.
    Michi legt ihre Arme um seinen Hals und drückt ihr Gesicht in seine Halskuhle: "Ich bin so froh, dass ich Dich habe...!"

    Zwei Tage später auf der Basis – am frühen Morgen, es ist gerade mal kurz nach 8 Uhr.
    Ungewöhnlich schnell hat man für Thomas eine Vertretung gefunden, die heute kommen soll. Thomas' Schicht vom gestrigen Tag hatten Jens, Simon und Michaela untereinander aufgeteilt.
    Geschlossen sitzt das Team nun im Aufenthaltsraum. Jeder will wissen wer den Piloten (vorläufig) ersetzen soll, das hat sich keiner nehmen lassen, auch wenn die Nachtschicht noch so anstrengend gewesen ist
    Nur Biggi steht völlig unbeteiligt im Türrahmen und nippt an ihrem Kaffee. Lässt sie das alles wirklich so kühl oder will sie einfach ihre Gefühle überspielen? Michaela hat mehrmals erfolglos versucht sie anzusprechen. Biggi war einfach davon gelaufen, oder hatte keine Antwort gegeben.

    Da kommt auch schon Höppler herein, gefolgt von einem kleinen Mann.
    Die Kollegen reißen die Augen auf, jeder kennt den kleinen Mann mit den braunen Locken. Sie hatten teilweise jahrelang mit ihm zusammengearbeitet, nur war er damals ihr Chef gewesen. Thomas' Vertretung ist kein geringere als der ehemalige Basisleiter Frank Ebelsieder!
    Höppler spart sich eine große Begrüßungsansprache, die Retter würden ihm ja sowieso nicht zuhören.
    Keine weiß so recht was er sagen soll, irgendwie ist die ganze Situation etwas unangenehm.
    Da rafft Michael die Schulter und geht auf den neuen Piloten zu: "Willkommen im Team… schön Sie wieder zu sehen!"
    Ebelsieder nickt: "Ja, aber eine andere Situation wäre mir lieber gewesen… wie geht es Wächter?"
    Die betretenen Gesichter sprechen Bände und so wechselt er schnell das Thema: "Ich zieh mich kurz um und dann würde ich gerne wissen wie es euch so ergangen ist…."
    Die Anderen nicken schwach.

    "Wusstet ihr, dass Ebelsieder einen Pilotenschein hat?", fragt Gina in die Runde.
    Michael antwortet: "Auch nicht von Anfang an, aber irgendwann kam es heraus, als Katja zur Vertretung da war, da sind hier ein paar Typen aufgetaucht die uns für eine Entführungssache brauchten, Biggi war nicht mehr da und Thomas haben sie kurzerhand umgehauen, Ebelsieder ist damals dann geflogen, verdammt gut sogar!"
    "Warum leitet er eine Basis, wenn er selber fliegen kann?", fragt Gina perplex nach.
    "Weil ich nicht fliegen durfte, Gina!", meint Ebelsieder, der – nun mit rotem Overall und schwarzer Lederjacke bekleidet – wieder im Raum steht.
    Erwartungsvolle Blicke treffen ihn.
    "Ich hatte dass Schneeberger zu verdanken, Lüdwitz, Ihnen müsste der Name eigentlich noch etwas sagen…"
    Der Notarzt nickt: "Ich erinnere mich nur zu gut, ein verdammtes Arschloch war das, aber was hat der mit Ihrer Fluglizenz zu tun?"
    "Bevor ich hier die Basis übernommen habe, habe ich in München gearbeitet. Schneeberger war damals der Assistent von irgendeinem TV-Menschen, Moderator, Sänger, was weiß ich… auf jeden Fall war richtig dichter Nebel, aber Schneeberger bestand darauf, dass ich seinen Chef vom Fernsehstudio heim fliege, was ich noch sagen muss, ich war damals nicht in der Luftrettung, sondern bei einem Heliunternehmen das nur Taxi und Charter und so Zeug geflogen ist. Ich hab mich geweigert, hab gesagt dass das Irrsinn ist, dass wir da schneller tot sind als wenn wir gleich aus dem Fenster springen. Drei Tage später hat man mich dann ins Büro bestellt, mir wurden Vorwürfe gemacht ich hätte mich nicht um die Wartung der Helikopter gekümmert und von meinen Flugstunden waren plötzlich keine mehr über. Ich musste ja eine gewisse Anzahl an Flugstunden vorweisen, doch alle Aufzeichnungen waren verändert worden, sodass ich einfach keine Flugstunden mehr hatte, obwohl ich in dem Jahr mehr als zehnmal so viel geflogen bin wie ich gebraucht hatte. Die Firma hat mich dann gekündigt, aber dann sah ich die Anzeige "Stützpunktleiter für Rettungshubschrauberbasis gesucht" und hab mich beworben und bin genommen worden!"
    "Wahnsinn… der Kerl schreckt wirklich vor nichts zurück!", murmelt Michael tonlos.
    "Und was machst Du…. Ähm was machen Sie jetzt?", fragt Karin nach.
    "Das mit dem Du passt schon… ich bin Frank!", er nickt den Frauen und Mannen zu. "Ja, was habe ich gemacht… ein guter Freund von mir hat eine Flugschule, der hat mich erst mal wieder fit gemacht und dann bin ich bei ihm eingestiegen!"
    "Und wie kommt es dann, dass Du Thomas' Vertretung bist?"
    Frank meint: "Purer Zufall, ich war bei einem Freund in der Hauptverwaltung zu Besuch, als der Anruf von Höppler rein kam, als ich Medicopter und Vertretung hörte haben bei mir alle Alarmglocken geschrillt und mit einiger Überredungskunst hab ich es geschafft, dass ich bei euch fliegen kann…!"
    "Ich muss mich erst mal setzen, das ist gerade alles ein bisschen viel auf einmal!", murmelt Michaela und lässt sich aufs Sofa sinken.
    Frank hat diese Gelegenheit nicht, da just in diesem Moment der Alarm losgeht: "Rettungsleitstelle ruft Medicopter 117"
    Michael greift zum Mikro: "Medicopter 117 hör!"
    "Fliegen Sie nach Bad Reichenhall an den Bahnhof, Jugendlicher nach Selbstmordversuch schwer verletzt. Die GPS-Koordianten sind 47°43'56.21"N 12°53'0.49"E, Landemöglichkeiten auf einem in der Nähe gelegenen Parkplatz!"
    "Medicopter 117 hat verstanden, wir übernehmen, over and out!", ruft Michael ins Funkgerät und meint zu Frank: "Dann zeig mal was Du kannst!"
    Dann rennen die drei Männer auf den Heli zu, der wenig später mit einem Gewaltstart abhebt.
    "Aber uns zusammenscheißen!", murrt Jens gespielt.
    Michaela lacht und drückt ihm einen Kuss auf die Wange: "Damals war er Chef, nun ist er Pilot!"
    "Ist ja gut…! Können wir dann wieder? Oder wie läuft das jetzt mit der Schicht?!"… und nun komm, ich will heim, sonst schlaf ich im stehen ein!"
    "Na das wollen wir ja nicht…!", Jens legt seiner Freundin den Arm um die Hüfte und gemeinsam schlendern sie zum Auto.

    Ebelsieders erste Schicht verläuft ruhig, nur zweimal muss die Crew ausrücken.
    Während Michael und Peter die ruhige Zeit genießen und im Aufenthaltsraum sitzen streift Frank in und im der Basis hin und her.
    Das alles ist irgendwie absurd, vor kurzem hatte er diesen Stützpunkt noch geleitet, war dann gegangen, mit dem festen Willen nie mehr in den Pongau zurück zukommen und nun war er wieder da und das als Kollege für die Anderen. Das war doch völlig absurd.
    Aber wie er es vorher auch den Crews gesagt hatte, als er "Medicopter 117" gehört hatte, da hatte er nicht anders handeln können, er hatte hier her gemusst, das war er ihnen schuldig. Oft genug hatte er die Retter maßregeln müssen, den Druck von oben weitergeben, was er mehr als einmal nicht mit sich selber hatte vereinbaren können, vielleicht hatte er nun – durch seine Vertretung für Wächter – die Chance wenigstens einen Teil wieder gutzumachen.
    Er genoss es wieder hier zu sein. Sie alle wieder zu sehen, zu sehen wie sie sich entwickelt hatten.
    Dass Harland und Aigner geheiratet hatten, hatte er in der Zeitung gelesen, war aber doch überrascht gewesen zu sehen, dass die Pilotin nun schon schwanger war.
    Um Frau Thaler und Dr. Lüdwitz machte er sich Sorgen, sie wirken irgendwie nicht wirklich glücklich, während er die einsatzfreie Zeit mit dem Kollegen Berger im Aufenthaltsraum verbrachte saß die Notärztin im Hangar und las. Seltsam war das, die Beiden hatten immer so glücklich gewirkt.
    Dass die Pilotin Dellner mit Jens Köster zusammen war wunderte ihn nicht wirklich, er hatte schon zu Anfang gemerkt, dass die impulsive Blondine den Piloten beeindruckte, er freut sich, für Beide. Die Dellner gehörte hier her, auch wegen der Tochter Lena…
    Zum Rest konnte er nicht viel sagen, beim Ehepaar Staller schien pure Harmonie zu herrschen und wie es bei den Restlichen um die private Situation bestimmt war, das wusste er nicht.
    Aber Biggi Schwerin galten seine Sorgen, dass die hübsche Frau und Wächter irgendwann einmal ein Paar werden würden, war ihm klar gewesen, zu Anfang hatte er das nicht gern gesehen, er hatte ja selbst ziemliches Interesse an ihr gehabt, nun galt das einer Anderen…
    Und jetzt? Biggi Schwerin wirkte so kühl und abwesend, als ginge sie das was um Wächter geschieht, was hier passierte, als ginge sie das gar nichts an, das war nicht gut…
    Da zerreißt die Alarmsirene die Stille, Frank springt auf und rennt mit Lüdwitz und Berger zur Maschine…

    Es ist früher Nachmittag.
    Michaela Dienst war um 8 Uhr zu Ende und nachdem sie einige Stunde geschlafen hat, steht sie nun in ihrer Küche und kocht für sich, Jens und die Kinder. Spagetti haben die Mädels sich gewünscht und die sollen sie bekommen…
    Da wird mit Schwung die Tür geöffnet und Lisa und Laura kommen herein, ihnen vornweg rennt Lena ins Wohnzimmer
    "He Mädels, na habt ihr Hunger?"
    Ein Nicken von allen Dreien.
    "Die Nudeln dauern noch einen Moment, Hände waschen und Tisch decken, dann sind wir soweit…!"

    Wenig später sitzen alle zusammen in der Küche.
    "Wo ist Jens denn?", will Lisa wissen und sieht Michaela fragend an.
    "Er musste heute zur Flugtauglichkeitsuntersuchung und danach wollte er sich mit einem alten Freund treffen…!"
    "Und wo ist der Papa?", mit großen Augen sieht Lena zu ihrer Mutter und den Halbschwestern.
    Lisa und Laura werden merklich blass und schauen ängstlich zu Michaela, die nervös wird.
    "Lena, komm mal zu mir her!", Michaela streckt die Arme aus und zieht sich ihre Tochter auf den Schoss.
    "Also, was ist jetzt?", fragt Lena
    "Der Papa kann gerade nicht kommen Maus, weil er im Krankenhaus ist…!"
    "Ist er krank…. Darf ich ihn besuchen?"
    "Nee, krank ist er nicht… aber er schläft ganz tief und würde es gar nicht merken, wenn Du ihn besuchst…!", Michaela blickt unsicher zu den großen Schwestern der Kleinen.
    "Und wann wacht der Papa wieder auf…!"
    Michaela atmet tief durch: "Du weißt doch, dass er ein Langschläfer ist, das kann noch eine ganze Weile dauern!"
    "Find ich doof, das ist doch total langweilig, immer nur schlafen… da soll er lieber mit mir spielen!", Lena steckt sich einen ihrer Zöpfe in den Mund und saugt daran.
    Michaela zieht ihrer Tochter den Zopf aus dem Mund: "Na, das sollst Du doch nicht… und nun isst weiter, sonst werden die Nudeln kalt!"
    Lena klettert vom Schoß ihrer Mutter, setzt sich wieder an ihren Platz und isst weiter.
    Michaela sieht zu Lisa und Laura, die ihr leicht zunicken.



    Re: Maddys 2. Medicopter-Story

    Maddy1985 - 13.11.2006, 23:23


    Zwei Wochen sind nun bereits vergangen und noch immer ist bei Thomas keine Besserung aufgetreten. Biggi tut noch immer so als ginge sie das alles nichts an. Sie gibt sich locker, lacht, reißt Witze und wendet jeden Gesprächsversuch der auf Thomas und seinen Zustand führen könnte kategorisch ab.
    "Lange hält sie das nicht mehr durch. Irgendwann kippt sie uns um!", meint Gabi und sieht ihrer Freundin besorgt nach, als diese in der Dusche verschwindet.
    Tanja nickt und folgt dem Blick der Kollegin: "Ich glaub nicht, dass ich das könnte... ich wollte in der Situation einfach nur bei meinem Mann sein...!"

    Wenn sie ehrlich war, dann wollte Biggi das auch, aber der Weg ins Krankenhaus fällt ihr so verdammt schwer. Sie hasst Krankenhäuser, mehr als alles andere.
    Schon der Geruch machte sie wahnsinnig, die weißen Wände, die lange Gänge, das alles bewirkte, dass sich ihr die Nackenhaare sträubten. Und dann die Vorstellung, dass Thomas dort war, an diesem verhassten Ort, hilflos, an Maschinen hängend, das machte sie verrückt, panisch und es bereitet ihr eine unvorstellbare Angst, Angst um den Menschen den sie liebt, Angst vor der Zukunft, was wäre denn wenn….
    Zitternd lässt Biggi sich an ihrer Wohnungstüre nach unten auf den Fußboden rutschen und vergräbt das Gesicht in den angezogenen Knien.
    Wie ist sie eigentlich nach Hause gekommen? Sie weiß es nicht einmal, gerade stand sie mit ihrem Motorrad doch noch vor der Basis… und jetzt war sie hier, in ihre Wohnung, in der sie jeder Millimeter an Thomas erinnerte, auf dem Sofa lag sein Pullover, im Schlafzimmer, sein Pyjama, überall lag oder stand etwas, dass sie an Thomas erinnerte.
    Mit schweren Schritten schleppt sie sich zum Sofa, presst den Pullover an sich und rollt sich auf der Couch zusammen.
    Das alles will immer noch nicht so richtig in ihren Kopf, Thomas, ihr Thomas… das konnte doch nicht sein, das durfte nicht sein…Nicht er, nicht diese Diagnose. Denn, auch wenn sie kaum etwas von Medizin verstand, das was Darius gesagt hatte, klang schlecht, sehr schlecht…
    Womöglich stand seine Karriere auf dem Spiel, ach was Karriere, seine Leidenschaft, sein Leben, die Fliegerei war doch Thomas' Ein und Alles, genau wie es bei ihr der Fall war. Was sollte er denn machen, wenn er das nicht mehr könnte? Was sollte er ohne die Fliegerei machen? Wie ohne sie leben? Biggi weiß keine Antwort auf diese Fragen. Aber genau diese Fragen würde Thomas ihr stellen, wenn… ja wenn er wieder aufwachte. Falls er wieder aufwachte…

    Ein paar Tage später.
    Michaela hat noch etwas Zeit bis ihrer Schicht auf der Basis beginnt und verbringt die Stunden heute nicht auf der Basis sondern hat sich auf den Reiterhof verzogen und streicht mit Hopeful durch die Gegend. Seit ein paar Tagen lässt die Fuchsstute sich reiten, was Michaela ziemlich genießt. Auf dem Pferderücken sitzen und sich durch die Gegend tragen lassen.
    Eigentlich hatten Lisa und Laura mitgewollt, aber da Anna sie eingeladen hat mit ihr und ihrer Clique an den Badesse zu gehen haben die Mädchen sich dafür entschieden und sind – mit Klein-Lena im Schlepptau – am frühen Mittag zum Badesee aufgebrochen.
    Michaela ist schon etliche Kilometer vom Reiterhof entfernt als sie das Pferd zum ersten Mal zum Stand durchpariert.
    Langsam rutscht sie aus dem Sattel, führt das Pferd zum Fluss und tränkt es, während sie selber sich ins Gras sinken lässt und die Hände im Nacken überkreuzt.
    Verträumt schaut sie in die Wolken und lässt ihre Gedanken fließen.
    Früher war sie oft hier gewesen, besonders in der Zeit, als sie sich so oft wegen Lena mit Thomas gestritten hatte. Dann hatte sie genauso im Gras gelegen und an die schöne Zeit gedacht die sie mit Thomas gehabt hatte. So ging es ihr auch jetzt, sie dachte an die vergangenen Wochen, wie sie wieder hier her gekommen war und an das erlösende Gefühl, als sie gemerkt hatte, dass Thomas ihr verziehen hatte. Lena hatte ihren Vater doch gerade erst wieder bekommen, da durfte er doch jetzt nicht schon wieder weg sein. Genauso Biggi und Thomas, es hatte so lange gedauert bis sie zueinander gefunden hatten, zu lange fast schon und nun das.
    Aber was Michaela am meisten zu schaffen macht ist die Frage, wie es zu diesem Unfall überhaupt kommen konnte. Thomas war ein guter Autofahrer, fuhr die Strecke seit Jahren mehrmals täglich, noch dazu war die Strecke schnurgerade, da konnte doch gar nichts passieren. Aber es war etwas passiert und keiner konnte sich erklären warum und weshalb.
    Das Brummen ihres Handys reißt sie aus ihren Gedanken. Sie hat sich den Wecker gestellt um nicht zu spät zum Dienst auszubrechen. Da sie aber ihr Pferd Hopeful nicht erschrecken will, hat sie das Mobiltelefon auf lautlos eingestellt.
    Langsam richtet sich die Pilotin auf, reibt sich den Nacken und geht zu Hopeful die friedlich grasend dasteht.
    "Na komm meine Hübsche, wir müssen wieder, ich muss arbeiten!", langsam fährt sie ihrer Stute am Hals entlang, steckt den Fuß in den Steigbügel und schwiegt sich dann auf den Rücken des Pferdes.

    Am nächsten Tag.
    Müde schließt Michaela die Tür zu Jens Wohnung auf. Der Dienst war heute mal wieder Stress pur gewesen und die Pilotin will eigentlich nur noch eins, sich ins Bett legen und schlafen – daraus soll aber nichts werden, denn schon im Flur kommt ihr Jens' Tochter Anna entgegen und sie sieht nicht gerade fröhlich aus.
    "Anna... was ist los?", fragt sie alarmiert.
    "Du hast Besuch, im Wohnzimmer!"
    Michaela beeilt sich ihre Jacke an die Gardarobe zu hängen und aus den Schuhen zu schlüpfen. Dann betritt sie das Wohnzimmer. Lisa und Laura sitzen auf dem Sofa und sehen ihr mit ängstlichen Augen entgegen. Ihnen gegenüber sitzen zwei Erwachsene.
    "Guten Abend zusammen!", sagt Michaela und versucht heiter zu klingen.
    Die Mädchen bringen nur ein stotterndes "Hallo" heraus. Der Besuch schweigt ganz, dreht sich aber um und sieht Michaela entgegen. Diese zuckt leicht zusammen, denn ihr sitzt niemand geringeres als Thomas' Eltern gegenüber. Was wollten die den bitte hier?
    "Annetraut, Dieter, was macht ihr denn hier? Wollt ihr Thomas eine Besuch abstatten?", Michaela beißt sich auf die Lippe, was labert sie hier eigentlich für einen Müll.
    "Nein, wir wollen die Mädchen hier raus holen... jetzt wo ihr Vater...!"
    Michaela unterbricht Frau Wächter: "Mädels? Was haltet ihr davon, wenn ihr euch die Momo schnappt und noch ein bisschen spazieren geht?"
    Lisa und Laura sehen erst einander und dann Michaela viel sagend an, nicken dann aber, leinen den Hund an, schlüpfen in ihre Jacken und verlassen die Wohnung.
    "So, sie müssen das hier ja nicht unbedingt mitbekommen, sie sind eh schon durcheinander genug!", meint Michaela und lässt sich aufs Sofa sinken.
    "Also, warum seid ihr hier, wenn nicht um eueren Sohn zu besuchen? Was meint ihr damit, dass ihr die Mädchen raus holen wollt?"
    Dieter Wächter, ein bulliger Mann Anfang 60 fixiert Michaela von oben bis unten und bleibt mit seinem Blick schließlich an ihrem Ausschnitt hängen. Michaela bemerkt es und verschränkt die Arme vor der Brust.
    "Also! Ich höre!"
    Annetraut sieht Michaela an, herablassend und abschätzig: "Was glaubst Du? Dass wir unsere einzigen Enkelkinder hier lassen, bei euch? Bestimmt nicht! Sie kommen mit uns nach Karlsruhe, das hier geht ja gar nicht, Du arbeitest den ganzen Tag und überhaupt...!"
    Michaelas Hände verkrampfen sich ineinander, sie beißt sich auf die Lippe und muss sich zusammenreißen um nicht laut los zu schreien: "Nach Karlsruhe? Was sollen sie denn da? Hier ist ihr Zuhause, hier sind ihre Freunde, ihre Familie...!"
    "Das sind ja wohl eher wir!", unterbricht Dieter sie.
    Michaela braust auf: "Ich rede nicht von den Genen, sondern von Gefühlen wie Geborgenheit, Liebe, Sicherheit, Schutz, Vertrauen, Wärme... das könnt ihr ihnen doch gar nicht geben!"
    "Schwachsinn, für eine gute Erziehung braucht es das nicht… was die Kinder brauchen ist Disziplin und Gehorsam!"
    "Warum tut ihr ihnen das an…?", Michaela ist nahe daran die Beherrschung zu verlieren.
    "Wir tun ihnen nichts an, wir tun etwas für sie… es ist zu ihrem eigenen Besten…! Wenn sie wiederkommen werden ihre Sachen gepackt und dann geht es zu uns… falls Thomas wieder aufwacht könnt ihr euch ja melden, wenn nicht bleiben Lisa und Laura bei uns bis sie für sich selber sorgen können!"
    "Was seid ihr nur für Menschen, euer Sohn, euer einziges Kind liegt im Koma und ihr denkt nur daran wie ihr ihm schaden könnt…!"
    "Halte Dich aus Dingen raus die Dich nichts angehen und die Du eh nicht verstehst!", will Annetraut sie zurechtweißen.
    "Ich habe sehr wohl eine Ahnung… Thomas hat mir so einiges erzählt…!"
    "Alles Lügen werden das gewesen sein…!", schnauzt Dieter.
    Annetraut steht am Fenster: "Wo bleiben die Mädchen? Es ist ja schon dunkel…! Wir fahren noch mindestens vier Stunden."
    Michaela atmet einmal tief durch und meint dann: "Könnt ihr nicht erst morgen fahren? Ich will den Beiden alles in Ruhe erklären und sie müssen ja packen und sich von allen verabschieden… bitte!"
    "Pah… sentimentaler Schwachsinn… morgen um 11 Uhr holen wir sie!", murrt Thomas' Vater.
    "Danke!", murmelt Michaela dem Ehepaar hinterher, das bereits aus der Wohnung gerauscht ist.

    Mit Tränen in den Augen sinkt Michaela auf das Sofa, das durfte doch alles nicht wahr sein, als wäre es nicht schon schlimm genug für die Mädchen, dass ihr Vater im Krankenhaus war und keiner wusste was mit ihm werden würde, nein dann kamen auch noch ihre Großeltern, zu denen sie noch nie einen guten Kontakt gehabt hatten und wollten die Kinder zu sich holen!
    Und warum das alles? Wegen der Mädchen bestimmt nicht, das war Michaela klar, sie wusste, dass Thomas' Eltern mit der Lebensgestaltung ihres Sohnes absolut nicht einverstanden gewesen waren und sich von ihm losgesagt hatten. Der Grund war also ganz klar; Thomas hatte vor einer Weile eine hohe Lebensversicherung abgeschlossen, damit die Mädchen falls im etwas passieren sollte abgesichert wären, aber solange Lisa und Laura noch nicht volljährig waren würde ein Vormund das Geld verwalten.
    Thomas Eltern hatten es nie zu viel gebracht und immer voll Neid zu denen aufgeblickt die Geld hatten und Thomas oder die Mädchen hatten Geld…
    "Sind sie weg?", kommt da eine dünne Stimme aus dem Flur.
    Einander im Arm haltend stehen die Mädchen im Türrahmen.
    Michaela nickt und breitet die Arme aus, die Mädchen kommen auf sie zu und kuscheln sich an sie.
    Schniefend meint Laura: "Ich will hier nicht weg…!"
    Verwundert blickt Michaela sie an: "Habt ihr gelauscht?"
    "Ihr wart so laut, da mussten wir das gar nicht!", meint Lisa.
    "Können die uns wirklich mitnehmen?", Laura hat Tränen in den Augen.
    "Ich glaub ja meine Süße… sie sind eueren nächsten Verwandten…!"
    "Aber wir kennen die doch kaum!", Lisa sieht trotzig zu Michaela.
    "Nun beruhigt euch, uns fällt da schon was ein!", Michaela klingt wenig überzeugt.
    Das Klingeln des Telefons durchbricht die Stille. Michaela löst sich von den Mädchen und geht in den Flur.
    "Michaela Dellner", meldet sie sich mit müder Stimme.
    "Hallo mein Schatz!", klingt eine fröhliche Stimme vom anderen Ende.
    "Omi…. Hallo!", murmelt Michaela und lässt sich an der Wand auf den Fußboden rutschen.
    "Ich freue mich auch sehr, Dich zu sprechen mein Kind!", Irma Dellner klingt noch immer fröhlich.
    "Entschuldige, aber mir geht es nicht so gut… hier läuft zurzeit einiges gewaltig schief!"
    "Was ist los?"
    "Thomas hatte einen Unfall, liegt im Koma und Thomas' Eltern wollen die Mädchen zu sich holen und das morgen früh um 11 Uhr…", Michaela beißt sich auf die Lippe und versucht vergeblich die Tränen zurückzuhalten.
    "Was macht ihr denn für Sachen…!", Irmas Stimme klingt besorgt.
    Michaela schluchzt auf: "Bist Du mir böse, wenn wir das mit dem telefonieren für heute lassen? Ich bin so müde… ich melde mich dann bei Dir, ja?!"
    "Natürlich mein Kind…!", meint Irma verständnisvoll.

    Die Nacht wird für Michaela sehr kurz, sie kann einfach nicht einschlafen, dazu jagen ihr viel zu viele Gedanken durch den Kopf.
    Da sie Jens nicht wecken will, steht sie irgendwann auf und rollt sich im Wohnzimmer auf dem Sofa zusammen. Durch das große Wohnzimmerfenster scheint der Mond ins Zimmer und erhellt den Raum leicht.
    Michaela tritt ans Fenster und starrt in den Himmel, unzählige Sterne glitzern und funkeln da oben.
    Sie wirft einen kurzen Blick auf die Uhr, die über der Türe hängt, kurz nach 4:00 Uhr, in acht Stunden soll sie wieder fliegen und eine Stunde vorher würden Annetraut und Dieter die Mädchen holen…
    "Kannst Du nicht schlafen?", leise ist Jens zu ihr getreten und hat ihr die Arme um die Tallie gelegt. Michi schüttelt den Kopf: "Nee… und ich wollt Dich nicht wecken, darum bin ich raus gegangen und nun bist Du doch wach…!"
    "Schon okay, ich hab auch nur gedöst…. Mach Dir nicht so viel Gedanken, vielleicht haben es sich Thomas' Eltern ja noch mal überlegt bis morgen früh…!"
    "Die? Nie!", murmelt Michaela tonlos.
    Jens sagt nichts, drückt ihr einfach nur einen Kuss in den Nacken und schiebt sie dann wieder ins Schlafzimmer.

    Als Jens am Morgen gegen 7 Uhr aufsteht, ist Michaela gerade erst eingeschlafen.
    Jens bemüht sich so leise wie möglich zu sein um sie ja nicht zu wecken.
    Als kurz nach halb 8 die Tür ins Schloss fällt wird Michi dann aber trotzdem wach und reibt sich den schmerzenden Nacken. Sie fühlt sich wie durch den Fleischwolf gedreht.
    Blinzelnd sieht sie zur Uhr, die auf dem Nachttisch steht und lässt sich seufzend wieder in die Kissen sinken. Am liebsten würde sie heute den ganzen Tag im Bett bleiben und erst morgen wieder aufstehen, denn heute kann kein guter Tag werden, nie und nimmer.
    Die Mädchen schienen noch zu schlafen, jedenfalls ist es ganz still in der Wohnung, na ja vielleicht waren sie auch unten bei Anna – in Jens' Wohnung. Trotz des Altersunterschiedes kamen die Drei sehr gut miteinander klar.
    Michaela lässt sich seufzend wieder in die Kissen sinken und zieht sich die Decke über den Kopf.
    Als sie etwas später wieder wach wird ist es mit der Ruhe vorbei. Ins Schlafzimmer dringt das Geräusch von klapperndem Geschirr und es riecht verführerisch nach Kaffee und frischen Brötchen. Michaela schiebt die Decke beiseite und setzt die Beine auf den Boden.
    "Guten Morgen Michi!", ruft Anna ihr entgegen, als sie ins Wohnzimmer kommt.
    "Morgen meine Große… das riecht ja herrlich hier…! Wo sind die Mädels denn?"
    "Lisa und Laura sind mit Momo Gassi gegangen und Lena schläft noch!", meint Anna.
    "Okay… ich geh dann mal duschen… am besten eiskalt, sonst kann ich das Fliegen heute vergessen, mir tut wirklich alles weh...!", seufzend schlurft sie ins Bad, dessen Türe hinter ihr krachend ins Schloss fällt.
    Mit besorgter Miene sieht Anna ihr nach.

    Die Mädchen sind schon wieder da, als Michaela wieder aus dem Bad kommt und auch Lena sitzt am Tisch.
    "Guten Morgen Mädels, hallo mein Spatz!", Michaela drückt ihrer Tochter einen Kuss auf die hellbraunen Haare und setzt sich dann neben sie.
    Michi will gerade in ihr Brötchen beißen als es an der Wohnungstüre klingelt.
    "Muss das denn jetzt sein?", murrend geht die Pilotin zur Türe.
    Als sie die Türe öffnet verfliegt ihre schlechte Laune jedoch sofort und ein Leuchten huscht über ihr Gesicht: "Omi, he wie kommst Du denn hier her?"
    "Mit dem Flugzeug, heute Morgen um zwei vor 6 in Madrid abgeflogen, um kurz nach 9 in Salzburg gelandet und mit dem Mietwagen nun hier her gefahren! Du klangst gestern am Telefon so, als könntest Du Hilfe gebrauchen!"
    "Komm erst mal rein…!", Michaela tritt zur Seite und lässt ihre Großmutter eintreten.
    "Irma!", ruft Lisa und rennt auf die Frau zu. Etwas zögernd folgt Laura.
    Lachend umarmt Irma Dellner die Mädchen: "Lisa! Laura! Mein Güte seid ihr groß und hübsch geworden, lasst euch mal ansehen! Richtig fesche junge Frauen, ja da stehen die Jungs ja sicher Schlange!"
    Michaela schüttelt lachend den Kopf: "Du bist unmöglich… jetzt erzähl mal in Ruhe… setz Dich… willst Du einen Kaffee!"
    Irma setzt sich: "Ja, aber Dir machst Du einen Beruhigungstee, sonst kann man Dich ja nicht fliegen lassen!", da fällt ihr Blick auf Anna: "Oh, noch eine hübsche junge Dame!"
    Michaela legt Anna den Arm um die Schulter: "Das ist Anna, die Tochter von meinem Jens!"
    "Und wo ist Dein Jens, willst Du mir den Burschen nicht mal vorstellen?!"
    "Dürfte schwer werden, keine Ahnung wo der gerade rumkrebst, irgendwo zwischen Himmel und Erde wird er sein!"
    "Dann lerne ich ihn eben später kennen!"
    "Du bleibst also länger…? Komm klär mich bitte auf… Du bist nie und nimmer ohne Grund hier, nicht wenn es so spontan ist!", Michaela mustert Irma aufmerksam.
    "Na ja, nach dem Telefonat gestern Abend haben bei mir alle Alarmglocken geschrillt und ich hab mich sofort an den PC gesetzt und nach einem Flug geschaut, schlussendlich musste Rolf mich um 5:00 Uhr auf den Flughafen fahren… er wäre gern mitgekommen, aber es gab nur noch einen Platz in der Maschine, er kommt vielleicht in den nächsten Tagen mit dem Auto nach! Mein Gott Michaela nun sieh mich nicht so an… ich musste kommen, nachdem was Du gestern gesagt hast und vor allem WIE! Wann wollen Thomas' Eltern da sein?!"
    Michaela blickt auf die Uhr: "Um 11 Uhr… was hast Du vor?"
    "Mit ihnen reden… und nein, ich will Dich nicht dabei haben… geh mit Deinem Hund spazieren, fahr noch kurz zu Deinem Gaul oder tu sonst was, aber verschwinde hier!"
    "Okay… dann geh ich zu Hope, die ist in den letzten Tagen eh zu kurz gekommen… Momo lass ich euch da!", Michaela verabschiedet sich reihum von allen und verschwindet dann aus der Wohnung.

    Die Zeit bei ihrem Pferd fällt kurz aus, es ist trüb draußen und es sieht – mal wieder – nach Regen aus und so belässt Michi es bei ein bisschen putzen und longieren in der Halle und macht sich dann auf den Weg zur Basis.
    Mit einem liebevollen Kuss und "Ja was machst Du denn schon hier?", wird sie von Jens begrüßt.
    "Meine Omi hat mich aus der Wohnung geworfen!"
    Mit großen Augen sieht Jens sie an, darum fängt Michi an zu erklären…
    "… und nun versucht sie, das Unmögliche möglich zu machen und es zu schaffen, dass die Mädels hier blieben können!", endet Michaela mit ihren Erzählungen und lässt sich im Aufenthaltsraum aufs Sofa sinken.
    "Warum panikt ihr eigentlich so?", fragt Katja nach "Die Mädels sind über 12, da haben sie doch das Recht mit zu entscheiden und Thomas hat doch auch bei seinem Anwalt was hinterlegt, wenn ihm mal was passiert!"
    "Das ist ja das Problem… ich hab ja mit dem Anwalt telefoniert… weil ich das mit seinen Eltern schon befürchtet hatte, Thomas war am Tag seines Unfalls auf dem Weg zum Anwalt um die neue Verfügung zu unterzeichnen, laut der ist Biggi bevollmächtigt…. Aber da das Teil noch keine Unterschrift trägt ist sie noch nicht gültig und die alte, die auf Michael lief ist nicht mehr gültig und somit sind die nächsten Verwandten für die Mädchen zuständig und das sind nun mal leider Gottes Thomas' Eltern…!", murrt Michaela.
    "Nun warte mal ab, vielleicht erreicht Deine Oma ja was!", Jens drückt ihr einen Kuss auf die Schläfe.
    In die Ruhe quäkt plötzlich das Funkgerät: "Rettungsleitstelle an Medicopter 117, bitte kommen!"
    Chiara tritt ans Mikro: "Medicopter 117 hör?!"
    "Fliegen Sie nach Hallein, GPS-Koordinaten sind 47°41'26.38"N 13° 5'59.53"E, ein LKW ist zu schnell in einen Kreisverkehr gefahren, hat dabei eine Gruppe Radfahrer erwischt, fliegen Sie mit zwei Teams an, Lademöglichkeiten auf einem Parkplatz gleich nebenan!"
    "Verstanden Rettungsleitstelle, Medicopter 117 übernimmt! Over and out!", Chiara schnappt sich ihre Jacke und rennt zum Heli, nach und nach kommen auch Jens, Mark, Katja, Karin und Enrico hinterher und fast hintereinander fliegen die Helis in Richtung Unfallort.
    Michaela zieht sich erst mal um, in ihrem roten Overall fühlt sie sich immer noch mit am wohlsten und die schwarze Lederjacke hält schön warm.
    Danach geht sie in den Hangar und trifft dort, wie erwartet auf Gina.
    "Na Du, was hockst Du denn so allein hier rum?", Michaela legt der Freundin sanft die Arme um die Schultern und drückt ihr zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange.
    Gina erwidert mit einem Händedruck die Begrüßung: "Ich hab gar nicht gemerkt, dass Du schon da bist! Aber schön, dann bin ich nicht so ganz alleine! Hast Du Lust ein paar Schritte mit mir zu gehen? Ich brauch ein bisschen frische Luft, mir war gerade wieder ganz schwindlig!"
    "Geht es jetzt denn wieder?", fragt Michaela und zieht Gina nach oben.
    Die nickt und hängt sich bei der blonden Frau unter.

    Als die zwei Frauen nach ca. einer Stunde wieder auf der Basis eintreffen setzten auch Jens und Chiara zur Landung an.
    Die beiden Teams sehen zwar ziemlich fertig aus, aber auch zufrieden.
    "Alles glatt gegangen?", fragt Michaela und legt Jens den Arm um die Hüfte, während Gina sich an Mark schneckelt.
    Jens nickt: "Ja… die Pedaltreter hatten alle zusammen mehr als Glück! Sah aus der Entfernung übler aus als es war, schlussendlich mussten wir jeder nur einmal fliegen! Aber vor Ort war halt einiges los, Presse, Schaulustige…. Halt die mal im Zaum!"
    "Das die das immer noch nicht gecheckt haben… jedes Jahr sterben so viele Leute, weil die Schaulustigen die Ersthelfer nicht durchlassen!", murmelt Michaela.

    Als die Vier den Aufenthaltsraum betreten sitzt zu ihrer Verwunderung Tanja von Schönfeld, die Notärztin der F-Crew bereits auf dem Sofa.
    "He, was machst Du denn hier? Bist Du aus dem Bett gefallen?", fragt Michaela die Kollegin "Du hast doch noch gute vier Stunden Zeit bis Dein Dienst anfängt, es sind ja noch nicht mal meine Jungs da!
    "Ich hatte mal wieder eine Auseinandersetzung mit meinen Eltern, am Wochenende ist irgend so eine Gala und sie wollen mich da unbedingt dabei haben, aber ich hab da erstens keinen Bock drauf und zweitens hab ich ja eh Dienst… na ja dann hat es wegen der ganzen Sache auch noch Stress mit meinem Mann bekommen, er hat halt gemeint, dass ich doch zu der Gala sollte, einer von euch würde mich schon vertreten und na ja das hat sich dann halt hochgeschaukelt… er hat es gut gemeint, das weiß ich, aber er weiß auch genau, dass ich auf so was keinen Bock habe, im Nachhinein tat es mir schon wieder leid! Aber wenn ich schon mal hier bin, dann kann ich auch Deinen Dienst übernehmen Mark, Felix ist jetzt eh in seinem Weinberg und schmollt!"
    "Das Angebot nehme ich dankend an, ich mach dann wann anders länger für Dich!", meint Mark und ist schon in der Umkleidekabine verschwunden.
    "Dann kannst Du Dich ja heute mal wieder richtig verwöhnen lassen!", lachend zwinkert Jens Gina zu.
    "Warum auch nicht?", Gina strahlt, sie ist unheimlich froh über die unverhofften Stunden mit Mark, seit ihrer Schwangerschaft braucht sie ihn noch mehr als früher, der Halt den er ihr gibt, bringt ihr wenigstens ein bisschen ihrer alten Stärke zurück.

    Kaum, dass der Wagen von Gina und Mark vom Hof gerollt ist, fährt der nächste heran. Weder Kennzeichen noch Fahrzeugen kommt Michaela bekannt vor.
    "Bekommen wir Besuch?", fragt Jens und legt ihr den Arm um die Schulter.
    "Ich erwarte niemand…!", meint Michaela, fängt aber an zu grinsen, als sie sieht wer da aus dem Wagen steigt.
    "Omi, ich hätte es mir ja denken können!", strahlend geht Michaela auf ihre Großmutter zu und umarmt sie.
    Jens sieht ihr mehr als baff hinterher, DAS war Michaelas Großmutter?
    Die Frau sah ja aus, als wäre sie gerade mal Ende 50, groß und schlank, sportlich gekleidet mit Jeans, Sneakern und einer weißen Bluse. Die kurzen wuscheligen dunkelbraunen Haare quollen leicht unter einer Baskenmütze hervor.
    Aus dem Hintern des Wagens steigen nun auch Lisa und Laura, sowie Lena aus.
    "So wie ihr strahlt ist alles gut gegangen!", meint Michaela und drückt die Mädchen an sich.
    "Die hatten keine Chance gegen Irma…!", gluckst Lisa.
    "Ich will jetzt gar nicht wissen, wie Du es geschafft hast, ich bin einfach nur froh, dass es geklappt hat!", Michaela umarmt ihre Großmutter.
    "Und nun komm mit, ich will Dir meinen Engel zeigen!", Michaela hängt sich bei Irma unter.
    "Welchen? Den zum kuscheln oder den der Lüfte?"
    "Ich hab nur einen Engel, Jens ist ehr mein Teufel!", Michaela duckt sich lachend, weil der "Teufel" drohend die Hand gehoben hat.
    Mit ein paar Worten stellt Michi Jens und Irma einander vor und eilt dann zum ausrangierten Heli zu. Höpplers Verkaufsversuche für die Maschine waren mehr als schlecht verlaufen, was nicht sehr verwunderlich war, der Heli war fast 10 Jahre alt und konnte unmöglich noch den Preis einbringen den Höppler versuchte zu erwirtschaften, momentan war er in Verhandlungen mit einer privaten Flugschule und zum Missfallen der Piloten schien sich eine Einigung heraus zu kristallisieren. Klar, sie genossen es alle einen Helikopter zur privaten Verfügung zu haben und hätten es alle gerne gesehen wenn sich dieser Zustand noch eine Weile gehalten hätte. Da das Ende des Zustands nun aber absehbar war nutze jeder von ihnen die freie Zeit um ab und an einen Rundflug oder dergleichen zu unternehmen.
    "Du hast Glück, dass das Baby da ist, Simon hatte gemeint, dass er mit seiner Frau einen Rundflug macht, sie ist Fotografin und von da oben kannst Du tolle Bilder machen, wenn….", sie blickt in den wolkenverhangenen Himmel "… das Wetter mal so wäre, wie es sein soll! Aber ich kann ne kleine Runde mit euch drehen, wenn ihr wollt!"
    "Klaro", riefen Lisa und Laura wie aus einem Mund.
    "Omi? Du kommst mit oder?!"
    "Glaubst Du ernsthaft, dass ich mir das entgehen lasse? Sieh zu, dass Du anfängst!"
    Michaela lässt die Drei einsteigen und schwingt sich dann vorn auf den Pilotensitz, greift über sich, legt den Hebel vor, löst die Rotorenbremse, zieht den Stick zu sich und den Pitch hoch und bringt die Maschine langsam in die Luft. Bei einer Höhe von ca. 300 ft stoppt sie kurz und lässt die Maschine von nun an nur noch durch die Luft gleiten.
    "Wenn das Wetter in den nächsten Tagen besser ist, dann mach ich vor meinem Dienst mal eine größere Tour mit euch, die Gegend hier ist wunderschön Omi… das musst Du gesehen haben!"
    "Das was ich gerade sehe ist auch sehr schön!"
    "So? Was siehst Du denn?!"
    "Meine Enkeltochter, die ich über alles lieb habe und wie glücklich und zufrieden sie gerade wirkt, du hast wirklich nichts Besseres machen können als mit der Fliegerei zu beginnen!"
    Michaela senkt den Blick, sie merkt wie ihr das Blut in die Wangen schießt.
    "Michi? Hörst Du mich?", kommt da Jens Stimme aus dem Funkgerät
    "Klar und deutlich… was ist los?"
    "Höppi ist im Anmarsch…!"
    "Okay, ich komm runter, danke Dir!", zu ihren Passagieren meint sie: "Das war es dann wohl… wir machen weiter, wenn ich keinen Dienst habe… sonst gibt es mit dem Big Boss nur Ärger!"

    Irma hat sich entschieden für längere Zeit bei ihrer Enkelin zu bleiben, ihr gefällt die Gegend, sie hat sonst nichts zu tun und außerdem hätte Michaelas Haushalt es mal nötig, dass er auf Vordermann gebracht würde. Und so wuselt die agile Rentnerin schon früh am Morgen durch Michaelas Wohnung, versorgt Lena, ebenso wie Lisa und Laura und auch Anna wird mal richtig verwöhnt.
    Heute allerdings war Anna mit zwei Freundinnen in den Urlaub gefahren. Das hatte sie schon Anfang des Jahres gebucht, 14 Tage Ferienclub.
    Wirkliche Lust hatte sie darauf zwar nicht mehr gehabt, aber irgendwie hatte ihr Vater ja auch Recht, mit der freien Zeit war es bald zu Ende und dann sollte sie die Ferien doch genießen.
    Und eigentlich tat sie das auch, in Spanien war es wunderschön und vor allem warm! Die Gedanken an Sonne, Strand und Meer machten es dem Mädchen etwas einfacher, auch wenn es zu Hause einiges gab, dass sie ziemlich vermissen würde und das war nicht nur ihre Familie, da gab es noch mal jemanden, aber das wusste noch keiner, dazu war das alles noch viel zu frisch, neu und ungewohnt. Aber auch genau so schön…
    Natürlich waren da auch die Gedanken an Thomas, dem es immer noch nicht besser ging, aber da Irma alles unter Kontrolle hatte, war sie ja sozusagen überflüssig.

    Es ist der 12. September 2006 – Michaelas Geburtstag.
    Schon Tage zuvor hatte sie gesagt, dass sie nicht feiern will, nicht in der Stimmung dazu sei. Aber so einfach machen ihr Lieben es ihr da nicht. Am Morgen zwar, als sie zum Dienst ist, hatten sie so getan als sei nichts, aber als die Pilotin kurz vor 17 Uhr die Wohnung von Jens betritt bleibt ihr vor Staunen der Mund offen stehen.
    "Habt ihr es mal wieder nicht lassen können?", meint die Pilotin lachend und lässt sich von ihrer Großmutter umarmen.
    "Kennst uns doch mein Schatz!", meint Jens, umarmt Michaela und gibt ihr einen langen Kuss.
    Nun kommen auch Lisa und Laura, Gina und Mark auf sie zu und gratulieren ihr.
    "Man, ich hab doch gesagt, dass ich keine Lust habe, in der Situation!", murmelt Michaela, während sie wieder in Jens' Armen liegt.
    "Du weißt genau, dass Papa sauer wäre…!", meint Lisa
    Michaela nimmt die 16jährige in die Arme: "Weiß ich meine Große… dann macht einfach mal… ich will lieber gar nicht fragen, was ihr wieder alles angestellt habt!"
    "Kaffee und Kuchen mit uns und der Rest des Abends liegt in Jens' Hand!", erwidert Laura.
    "Na dann lass ich mich mal überraschen!"

    Später.
    Michaela steht im Schlafzimmer und starrt etwas ratlos in ihren Kleiderschrank.
    "Na Geburtstagskind, was ist los?", Gina stellt sich hinter sie und legt ihr die Arme auf die Hüften.
    "Ich hab nicht die geringste Ahnung was ich anziehen soll… wie ich solch spontanen Aktionen liebe!"
    Gina tritt an den Schrank: "Wie wäre es mit dem hier? Schwarzes Kleid ist immer gut zieh mal an!"
    Michaela nickt und schält sich aus ihrem Bademantel unter dem sie schon schicke Unterwäsche trägt.
    Gina pfeift durch die Zähne: "Ja sauber…!"
    Kopfschüttelnd zieht Michaela das Kleid an. Die blonden Haare fallen lang und seidig glatt auf die Schultern, die – bis auf die dünnen schwarzen Träger des Kleides – unbedeckt sind.
    "Du siehst toll aus!", meint Gina und streicht Michaela eine Strähne hinters Ohr.
    Michaela dreht sich um und umarmt ihre Freundin vorsichtig: "Dankeschön…!"
    "Ich sag nur die Wahrheit und nun komm, da draußen wird sonst einer nervös!", Gina zieht Michi sanft mit sich.
    "He, Du siehst ja super aus!", meint Jens und gibt seiner Michi einen sanften Nasenstüber.
    "Das Kompliment gebe ich gerne zurückt!"
    "Dann macht euch mal einen schönen Abend ihr Zwei, wir sind dann weg!", Mark nimmt Gina bei der Hand und verlässt mit ihr die Wohnung.
    "Und was machen wir jetzt?", fragt Michi und sieht Jens neugierig an.
    "Lass Dich überraschen!", Jens tritt hinter sie und legt ihr ein Tuch über die Augen.
    "Och nö, das ist gemein…!"
    Jens haucht ihr ins Ohr: "Vertrau mir einfach mein Schatz!"
    Langsam schiebt er sie aus der Wohnung und in den Fahrstuhl, befördert sie in sein Auto und fährt los, ohne ihr auch nur einen einzigen Tipp zu geben.

    Als der Wagen endlich hält, hält Michi es vor Nervosität kaum noch aus und so hat Jens, nachdem sie ausgestiegen sind, ein Einsehen und nimmt seiner Freundin die Augenbinde ab und haucht ihr ein: "Happy Birthday" ins Ohr. Michi muss erst mal blinzeln, bis sie sich wieder an die Helligkeit gewöhnt hat und sieht sich dann um.
    "He, das ist ja…!", gerührt sieht sie Jens an.
    "Genau!", meint er nickend und drückt ihr einen Kuss auf die Lippen.
    Jens hat sie an das Insellokal entführt, an dem sie damals ihren ersten gemeinsamen Abend - der der Beginn ihrer Beziehung werden sollte – verbracht haben…

    Am Tag darauf.
    Es ist kurz nach 16 Uhr und die Schicht von Michaela ist zu Ende.
    Während Jens bereits nach Hause gefahren ist, da er ziemlich müde war – die letzte Nacht ist etwa kurz geworden - sind Gina und Mark noch auf der Basis.
    Gina hat – nachdem die Schicht der Jungs zu Ende war – ewig herumgetrödelt und so war es 16 Uhr geworden und sie waren immer noch auf der Basis.
    Nun sitzen die Drei – Gina, Mark und Michi – an der Salzach und lassen sich von den Sonnenstrahlen, die in den letzten Tagen wieder vom Himmel scheinen, wärmen.
    "Komapatienten bekommen doch mit was um sie passiert? Reagieren auf bekannte, vertraute Geräusche usw.!", meint Michaela plötzlich.
    Mark nickt: "Ja, sagt man zumindest... wie viel dran ist weiß ich nicht, aber manche die wieder aufgewacht sind haben erzählt, dass sie gehört haben was man ihnen während der Zeit im Koma erzählt hat!"
    Gina schaut Michaela aufmerksam an: "Was hast Du vor?", sie folgt dem Blick der blonden Pilotin.
    "Kommst Du mit?", fragt diese sie.
    Gina nickt, wird aber von Mark festgehalten: "Stopp ihr Zwei, was genau habt ihr vor?"
    "Nur ein bisschen mit dem Heli vor Thomas' Zimmer rum fliegen...!", meint Michaela
    "Und wofür brauchst Du da Gina?"
    Michaela lächelt, Mark und sein Beschützerinstinkt "Ich will rein zu ihm und ihm mal die Meinung geigen... keine Angst wir machen keinen Mist, kannst uns vertrauen, kennst uns ja!"
    Mark rollt mit den Augen: "Eben drum mach ich mir ja Sorgen!"
    Gina löst sich aus seiner Umarmung: "Dann komm mit, ich jedenfalls tu es!"
    "DAS war mir eh klar... also gut, lasst es uns probieren!"

    Wenig später sitzen die Drei im ausrangierten Heli, der immer noch auf der Basis herumsteht. Auf den 1. Oktober jedoch geht die BK in den Besitz einer Flugschule über.
    Michaela hat Gina den Steuerknüppel überlassen und da diese versprochen hatte langsam zu fliegen hat Mark ein Einsehen gehabt und zugestimmt.
    Da keiner von ihnen mehr im Dienst ist und die Maschine auch nicht gebraucht wird lassen sie sich Zeit und gondeln ganz langsam durch die Luft.
    "Gibt es eigentlich was Neues im Bezug auf die Mädels?", fragt Gina.
    Michaela hackt nach: "Du meinst wegen Thomas' Eltern? Ich habe keine Ahnung wie sie es fertig gebracht hat, aber meine Oma hat es tatsächlich geschafft, Annetraut und Dieter dazu zu bringen, dass die Mädchen erst mal hier bei uns bleiben können!"
    "Dann muss sie ja ein wahres Wunder vollbracht haben!", meint Mark.
    Gina stimmt zu: "Aber wirklich... man ich würde sie irgendwie gerne kennen lernen, was Du so von ihr erzählt hast... das klingt nach einer Frau mit einem total interessanten Leben!"
    Michaela sieht zu ihrer Kollegin hinüber: "Dann kommt doch nachher einfach mit zu uns, wir wollen gemeinsam kochen und dann einen Spielabend machen und je mehr wir sind desto lustiger wird es doch!"
    "Gut, dann kommen wir mit, wenn das hier vorbei ist!", meint Mark.
    Michaela dreht sich zu ihm um: "Du hältst nichts von der Aktion oder?"
    "Ich bin skeptisch und will einfach nicht, dass ihr euch zu viel davon versprecht... natürlich ist es möglich, dass Thomas darauf anspricht, aber genauso gut kann es sein, dass er keine Reaktion zeigt!"
    "Mark, ich weiß das, aber ich will es verdammt noch mal wenigstens versuchen, das sind wir ihm schuldig!"
    "Hast ja Recht...!", meint Mark kleinlaut.

    Nach ca. einer Viertelstunde landet Gina den Heli in einiger Entfernung der Klinik und lässt Michaela aussteigen, drückt ihr aber vorher noch ein Funkgerät in die Hand.
    Die blonde Frau trägt Zivilkleidung und wird sich somit ohne Probleme in der Klinik bewegen können.
    Mit festen Schritten geht sie auf die Klinik zu und schlägt den Weg zur Intensivstation ein. Inzwischen kennt das Personal sie und lässt sie ungehindert passieren.

    "Hallo Tom, na wie geht es Dir heute?", Michaela stellt sich an Thomas Bett und drückt seine Hand.
    "Schau mal aus dem Fenster, ich hab Dir Dein Baby mitgebracht...!", sie greift zum Funkgerät: "Gina? Wir können anfangen, ich bin bei ihm...!"
    "Okay, ich starte!", meint Gina und wirft die Turbinen an.
    Wenig später hört man vor Thomas' Fenster einen ohrenbetäubenden Lärm, der vom Drehen der Rotoren verursacht wird, Gina schwebt direkt vor dem Fenster.
    "Da, sieh mal, da ist Dein Baby, es wartet auf Dich!", Thomas zeigt keine Reaktion.
    "Na komm schon... wie wäre das denn? Jetzt eine Runde fliegen? ... verdammt Thomas wach auf!", schreit Michaela und drückt seine Hand sehr fest. "Du bist ganz schön feige, das will ich Dir mal sagen, einfach hier herumliegen und schlafen, während wir da draußen Dich brauchen!" Nun überschlägt sich ihre Stimme: "Verdammt noch mal Wächter, wach auf!" Aber der Mann bleibt bewegungslos liegen. Zitternd beißt Michaela sich auf die Lippe und verlässt das Zimmer. Ins Funkgerät sagt sie: "Gina... sammelst Du mich im Park ein... hat nichts gebracht...!"
    Stumm steigt Michaela in den Heli und schnallt sich an...
    "Einen Versuch war es wert!", versucht Mark seine Kollegin zu trösten obwohl er genau weiß, dass es sowieso nichts bringt.

    Langsam lässt Gina den Heli auf die Plattform sinken, die etwas abseits von der Basis steht.
    Während Gina schon zum Auto läuft schieben Michaela und Mark die ausgediente Maschine unter den provisorischen Heliport, der eigentlich nur ein Bretterverschlag ist… aber im Hangar war einfach kein Platz für eine dritte Maschine gewesen. Als der Heli verstaut ist machen sich auch die beiden auf den Weg zum Auto.
    Sanft legt Mark ihr den Arm auf die Schulter: "Lass den Kopf nicht hängen, wir haben es wenigstens versucht… und vielleicht hat er es ja wenigstens gehört!"
    "Lieb, dass Du mich trösten willst, danke… aber sag nachher nichts zu den Mädels ja!"
    Mark nickt: "Quatsch…!"
    "Na! Kommt ihr auch schon…!", lacht Gina und sieht die Beiden viel sagend an.
    Mark tippt ihr an die Stirn: "Was Du schon wieder denkst!", zu Michaela gewandt meint er: "Du fährst bei uns mit oder?"
    "So sieht es aus, Jens hat meinen Wagen, wir sind ja mal wieder gemeinsam gekommen…!"
    "Na dann einsteigen bitte!"

    Eine halbe Stunde später parkt Mark seinen Wagen vor Michaelas Wohnhaus.
    "Omi, wir sind da!", ruft Michaela und schließt die Tür zu Jens' Wohnung auf.
    "Wer ist wir?", Jens kommt in den Flur und begrüßt Michi mit einem sanften Kuss auf die Stirn. "Ach ihr Zwei, hätte ich mir ja denken können… Irma ist gar nicht da... wollte einkaufen gehen, für heute Abend zum Kochen, müsste aber jeden Moment kommen…!"
    "Na dann, kann ich ja noch schnell zu mir hoch und mir etwas Bequemes anziehen, bin gleich wieder da!", schnell verschwindet Michaela in ihre Wohnung und kommt wenig später wieder – bekleidet mit Schlabberpulli und Jogginghose.
    "Na, da bist Du ja…!", Irma ist inzwischen nach Hause gekommen.
    "Grüß Dich Omi!", Michaela drückt Irma einen Kuss auf die Wange. "Darf ich Dir vorstellen? Das sind Gina und Mark Harland… Pilotin und Notarzt, also nicht nur meine Freunde, sondern auch Kollegen!"
    "Guten Abend, freut mich sie kennen zu lernen!"; Irma hält den Beiden die Hand hin "Gina? Sie sind die Hamburgerin, habe ich Recht?"
    Gina nickt: "Ja, woher…?"
    Michaela stellt sich neben sie und legt ihr den Arm um die Schulter: "Ich telefonier doch regelmäßig mir und geredet haben wir schon immer so gut wie über alles!"
    "Genau und nun kochen wir erst mal… und Sie Gina, setzen sich aufs Sofa, machen es sich gemütlich und lassen sich verwöhnen! Keine Widerrede!", bestimmend sieht Michaelas Großmutter die dunkelhaarige Pilotin an.
    Gina zieht eine Schnute, wehrt sich aber nicht, was ihr wohl auch bei dieser Frau nicht viel gebracht hätte!
    Also macht es sich die Pilotin auf dem Sofa bequem, während Michaela mit den Mädchen, Mark, Jens und Irma in der Küche herumwerkelt.
    Lena hat sich zu Gina gekuschelt und drückt fasziniert ihren Kopf auf den kleinen Bauch.

    Nach dem Essen.
    Michaela hat sich eben zu Gina und Mark aufs Sofa gesetzt und an Jens gekuschelt, der neben ihr Platz genommen hat.
    Lisa und Laura sitzen auf dem Fußboden und spielen ein Kartenspiel um die Zeit zu überbrücken, bis Irma kommt und man gemeinsam etwas machen würde. Die agile alte Dame hat es sich – seit sie da ist – nicht nehmen lassen und jeden Abend ihre Urenkelin ins Bett gebracht, so auch an diesem Abend.
    Gina meint, mit baffen Unterton zu Michaela: "Ich hab mir ja einiges vorgestellt, aber dass Deine Oma so ist, hätte ich nie, nie und nimmer gedacht!"
    "Sie hatten wohl eher eine alte zitterige Frau am Stock erwartet, habe ich Recht?", Irma kommt just in dem Moment aus Annas Zimmer, in dem Lena schläft und sieht Gina prüfend an.
    Diese nickt und wird rot.
    "Das muss Ihnen gar nicht peinlich sein, ich mein wenn man so eine alte Enkelin hat, dann ist man normalerweise ja auch eine alte Frau, aber bei mir ist eben vieles anders… aber das werden Sie schon noch merken Gina!", Irma setzt sich in den breiten Ohrensessel, der der Couch genau gegenübersteht.
    "Könnt ihr mal bitte mit der bescheuerten Siezerei aufhören…?", brummt Michaela.
    "Hab ich nicht im Geringsten etwas dagegen…!", meint Irma.
    Auch Mark und Gina stimmen nickend zu.
    "Dann hätten wir das ja nun geklärt… wo wart ihr? Ach so, bei der junge Oma, mit der alten Enkelin!"
    "Freche Enkelin trifft es wohl eher… du gehörst mal wieder übers Knie gelegt Fräulein!", drohend hebt Irma die Hand
    Michaela lacht: "Du hast mit in 34 Jahren keine gescheuert…!"
    "Dann ändern wir das eben im 35!", Irma grinst breit.
    Michaela umarmt sie: "Du bist unmöglich…!"
    "Du auch mein Mädchen… und nun lass mich mal weiter mit Gina reden!"
    "Okay… ich bin schon weg…!", meint Michaela und setzt sich zu Jens aufs Sofa.
    "Also, Gina… ich war – als Michaelas Mutter geboren wurde – gerade mal 15 Jahre alt und Marlene meine Tochter war auch sehr jung als sie Michi bekam, ich glaub 20 und als ich Michaela zu mir holte war das kleine Biest 4 Jahre alt!"
    "Oma!", meint Michaela empört
    Irma bleibt ihrer Enkelin eine Antwort schuldig, da in genau diesem Moment das Telefon zu läuten beginnt.
    Seufzend steht Michaela auf und nimmt ab: "Dellner…! Was ist los… das ist nicht wahr oder…?", Michaela zittert und in ihren Augen schwimmen Tränen " Mark und Gina sind auch hier… okay… ja bis morgen dann…. Tschüß und danke!", Michaela zittert immer noch als sie auflegt. Die Tränen fließen ihr über die Wangen als sie zu den anderen schaut.
    "Michi, was ist los… ist er…?", Mark traut sich nicht weiter zu sprechen und sieht seine Kollegin alarmiert an.
    "Das war Tanja! Thomas ist wach und schimpft rum…. Alles in Ordnung!", meint Michaela und sackt dann halb lachend, halb weinend in sich zusammen. Jens springt zu ihr und schließt sie in die Arme. Gina drückt sich heulend an Mark und Lisa und Laura klammern sich an Irma fest.
    "Wenn ich noch einmal was gegen euere Ideen sagen ihr Zwei, dann dürft ihr mir eine scheuern!", meint Mark
    Gina umarmt ihn: "Das hast Du gesagt…!"
    "Geht es wieder?", Jens zieht seine Freundin langsam hoch und führt sie zum Sofa.
    Michi nickt: "Ja… das war einfach nur der Schock…!"
    "Können wir zu ihm?", fragt Lisa flehend.
    "Nicht mehr jetzt Süße, schau mal wie spät es ist und er ist bestimmt noch ziemlich müde, aber wir gehen morgen früh sofort hin, ganz fest versprochen!"
    Ängstlich fragt Laura: "Und jetzt doch alles wieder gut oder? Wir können hier bleiben nicht wahr!"
    "Natürlich Maus… niemand kann euch mehr hier weg holen!"

    Einige Zeit später auf der Basis. - Die B-Crew hat Dienstschluss.
    "Biggi? Kommst Du mit? Ich wollte noch kurz bei Thomas vorbei sehen?", Gabi ahnt zwar, dass ihre Versuche die Pilotin zu einem Besuch bei Thomas zu überreden nichts bringen wird, aber sie gibt nicht auf.
    Biggi zeigt die erwartete Reaktion: "Nee, ich bin hundemüde und hab Kopfweh… will nur noch ins Bett… vielleicht morgen, oder so! Gute Nacht ihr Beiden!"
    Ehe Gabriele und ihr Mann Ralf reagieren können ist die Pilotin aus dem Aufenthaltsraum verschwunden.
    "Man, so kann das doch nicht weiter gehen, sie tut nun seit Wochen so als ginge sie das nicht an…. Das geht doch nicht gut!", murmelt Gabriele und schließt ihre Jacke.
    Ralf zuckt überfordert mit den Schultern: "Du kennst doch Biggi, nur keine Gefühle zeigen, immer die Starke spielen… ist nicht gut, schon klar, aber du kannst es nicht ändern… leider! Und nun komm!"
    Sanft legt Ralf seine Frau den Arm um die Schulter und gemeinsam gehen sie zu ihrem Auto, das vor der Basis steht.
    Als die Beiden weg sind, macht auch Biggi sich auf Weg, sie hatte sich bis gerade an die Salzach gesetzt und wie schon so oft in der letzten Zeit aufs Wasser gestarrt.
    Auf den Weg in die Klink, zu Thomas, dem Mann, den sie über alles liebt… heute will sie es schaffen, aber alleine, ohne Gabi, Ralf oder Michi, die ihr zwar Trost geben wollten, aber ihr ja doch nicht helfen konnten….
    Mit ihrem Motorrad, hat sie die Klinik in Bad Reichenhall nach einer knappen Stunde erreicht.
    Schon beim absteigen macht sich in ihr ein unangenehmes Gefühl breit und die Knie schlottern ihr.
    "Reiß Dich zusammen!", herrscht sie sich selber an und betritt das Krankenhaus.
    Langsam läuft den Flur entlang, es ist still nur die Deckenleuchte flackert ab und zu etwas. Je näher sie der Intensivstation kommt, desto langsamer werden ihre Schritte. Biggi bleibt stehen und lehnt sich gegen die Wand, wie oft soll das noch so laufen? Jedes Mal ist sie kurz davor, kurz davor zu ihm zu gehen und dann haut sie immer wieder ab.
    Allein die Vorstellung ihn, Thomas, ihren Thomas, den Mann den sie so sehr liebte, da liegen zu sehen, an Apparate angeschlossen, diese Vorstellung machte sie einfach verrückt und tat ihr bis ins Mark weh. Aber sie sehnte sich so nach ihm, wollte ihn wieder sehen, einfach nur bei ihm sein. Sie atmet tief durch und drückt die Klinke zum Zimmer hinunter. Als sie in den Raum blickt wird sie blass. Das Zimmer ist leer, das Bett abgezogen.
    "Nein, nein…!", flüstert Biggi und sackt auf dem Boden in sich zusammen. Ihr Schluchzen wird immer lauter und vor lauter Tränen bekommt sie kaum Luft.
    Durch den Flur hallen nun Schritte, aber das bekommt Biggi gar nicht mit, sie sitzt einfach nur da und gibt sich ihrem Schmerz hin.
    Da beugt sich jemand über sie: "He, was haben Sie denn?!"
    Aus verschleierten Tränen sieht Biggi nach oben und erkennt eine junge Krankenschwester.
    "Mein Freund, Thomas Wächter, das ist doch sein Zimmer… was ist mit ihm? Ist er…?"
    "Sie müssen Biggi sein, er hat schon ein paar Mal nach Ihnen gefragt, kommen Sie mit mir"
    Biggi hat die Worte gar nicht verstanden, sie folgt einfach nur wie hypnotisiert der jungen Frau. Diese stoppt nach einer Weile vor einem anderen Krankenzimmer. Biggi bleibt hinter ihr stehen.
    "Na gehen Sie schon rein…. Aber bitte seien Sie leise, die Besuchszeit ist schon lange vorbei…!"
    Biggi hat immer noch nicht verstanden. Die Schwester sieht sie mitleidig an, öffnet die Tür und schiebt die Pilotin ins Zimmer.
    Als die Türe hinter ihr ins Schloss fällt schreckt Biggi zusammen und sieht sich verwirrt um. Ihre Augen blieben am Fenster hängen, oder besser im Bett das davor steht.
    Mit einem Lächeln sieht Thomas ihr entgegen.
    "Thomas!!", flüstert Biggi und stolpert auf ihn zu. Kurz vor seinem Bett verliert sie vollends den Halt und kippt nach vorn. Sie landet auf seinem Bett.
    "He, so eine stürmische Begrüßung muss es nun auch nicht sein!", meint er, stellt aber fest, dass Biggi ihm überhaupt nicht zuhört. Sie liegt einfach nur da weint, wimmert und zittert am ganzen Körper. Der ganze Druck, der Schmerz und die Angst der letzen Wochen kommen nun zum Vorschein. Thomas zieht sie langsam und mit großer Mühe an sich, er ist noch ziemlich schwach.
    "He Biggi, es ist doch alles gut…. Ich bin doch da!", er zieht sie in seine Arme.

    Am nächsten Morgen, bei Michaela in der Wohnung.
    Gina und Mark hat bei Michaela und Jens übernachtet, nach der erfreulichen Nachricht waren sie alle noch ewig zusammen gesessen und dann hatte es sich für Mark nicht mehr gelohnt nach Hause zu gehen, er hatte ja um 04:00 Uhr bereits wieder Dienst und Gina wollte eh mit zu Thomas ins Krankenhaus. Und Michaela und Jens bewohnen von ihren zwei Wohnungen ja so gut wie nur eine, daher hatten Gina und Mark in Michaelas Wohnung Asyl gefunden.
    "Eigentlich könntest Du Deine Wohnung wieder hergeben, Du bist doch eh nur bei Jens!", meint Gina und nippt an ihrem Früchtetee, Kaffee haben ihr die anderen untersagt!
    Michaela schüttelt den Kopf: "Ich muss ja irgendwo meine Möbel parken und manchmal schlaf ich sogar bei mir oben, wenn ich richtig kaputt bin… wir haben da auch schon drüber geredet so wegen gemeinsamer Wohnung, aber so lange sind wir ja dann doch noch nicht zusammen…!"
    "Stimmt… na ja aber so ist es ja auch schön, dann könnt ihr immer Überraschungsgäste aufnehmen… sag mal wie spät ist es denn? Nicht, dass Du nachher noch zu spät zum Dienst kommst!"
    "Ach was, jetzt ist gerade mal kurz nach 9 Uhr und ich muss um 11 Uhr auf der Basis sein, Chiara ist ja so lieb und macht noch drei Stunden für mich … das passt schon, ich kann mir dann ja ein Taxi nehmen, dann habt ihr meinen Wagen...!"
    "Ich wollte eigentlich mit zur Basis, die Mädels kann ich dann ja abholen, wenn sie nicht mehr wollen oder so!"
    "Können wir vielleicht erst mal zu ihm, bevor wir drüber reden, dass wir wieder gehen?", meint Lisa nervös.
    Michaela nickt: "Gleich, lasst uns nur noch das Geschirr in die Spülmaschine räumen, dann zischen wir ab!"
    "Ich mach das schon, geht ihr nur… und Lena bring ich auch in den Kindergarten und dann mache ich mir hier einen gemütlichen Tag.", meint Irma.

    Wenig später in der Klinik.
    "So, Zimmer 117...!", Michaela lacht… "Wenn das kein Zeichen ist, dass euer Vater hier liegt!"
    "Bringt bestimmt Glück!", gluckst Gina.
    "Guten Morgen!", flüstert Thomas seinem Besuch entgegen, als die Frauen die Türe öffnen.
    "Papa…!", Lisa und Laura stürmen auf das Bett zu, stoppen aber als sie den braunen Haarschopf sehen, der unter der Bettdecke hervorragt.
    "Hallo!", flüstern die Mädchen und drücken ihrem Vater einen Kuss auf die Wange.
    "He ihr Mäuse!", Thomas drückt seine Mädchen an sich und stößt dabei mit dem Ellenbogen leicht an Biggis Kopf. Erschrocken fährt diese hoch und sieht sich verwirrt um.
    "He Du Schlafmütze….", liebevoll fährt Thomas ihr durch die Haare.
    "Dann war das ja doch kein Traum!", Biggis Augen füllen sich mit Tränen.
    "Nein, alles harte Realität!", scherzt Thomas
    Michaela rollt mit den Augen und sieht die Mädchen viel sagend an: "Kaum ist er wach, da hat er schon wieder nur Blödsinn im Kopf!"
    "Du kannst Dir gar nicht vorstellen was für Sorgen wir uns um Dich gemacht haben Papa!", meint Laura.
    "Weißt Du denn überhaupt was passiert ist?", will ihre Schwester Lisa wissen.
    Thomas nickt: "Ja, zwar nicht im Detail, aber die Ärzte haben mir gesagt, dass ich im Koma lag und wohl ziemlich für Aufruhr und Sorgen bei euch verantwortlich bin!"
    "Und wie geht es Dir nun? Ich mein ist alles okay? Was sagen die Ärzte?", hackt Michaela nach
    "Der Arzt war nur kurz da vorher, er meint, dass ich verdammtes Glück gehabt hätte, dass ich wieder so fit bin…. Aber ich muss auf jeden Fall noch in die Rhea damit ich wieder ganz fit werde, aber erst mal bleib ich wohl noch ne Weile hier und dann mal sehen…!"
    "Man, man… mach so was nie wieder ja… wir sind wirklich fast gestorben vor Angst und nun geht es Dir so gut…!", Michaela wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
    "Nun heul hier mal nicht rum, ich bin nicht aus Zucker, so schnell haut mich nix um und schon gar nicht so ein kleiner Unfall!"
    "Kleiner Unfall? Ich glaub bei Dir piept es…. Der Wagen sah aus wie aus der Schrottpresse!"
    "Michi, übertreib nicht so…!", meint Thomas cool.
    "Jetzt hört auf…. Hauptsache Papa ist wieder wach und es geht ihm gut… ist doch jetzt egal wie schlimm der Unfall war!", meint Laura.
    "Sag ich doch!", feixt Thomas.
    "Ist ja gut, ich sag ja nix mehr. Aber kannst Du mir vielleicht mal erklären wie es zu dem Unfall kommen konnte?", fragend lässt Michaela sich auf die Bettkante sinken und sieht Thomas fragend an. "Ich mein du fährst zwar noch schlechter als Du fliegst, aber auf schnurgerader Straße sollte selbst Dir nichts passieren!"
    "Sei hier mal nicht so frech!", Thomas hebt drohend die Hand und holt aus.
    "Untersteh Dich!", wütend funkelt Michaela ihn an.
    "Jetzt aber mal ernsthaft…!", Biggi kuschelt sich an Thomas und sieht ihn auffordernd an.
    "Gegen Aquaplaning hat auch der beste Autofahrer keine Chance, schon gar nicht, wenn ihm noch ein Haufen Pedaltreter entgegenkommt, ich wollte denen nur ein bisschen ausweichen, weil die zu Viert nebeneinander gefahren sind und na ja dann ist der Wagen durchgedreht und ab in den Graben. Danach weiß ich nichts mehr, das heißt doch…. Michi hat zu mir gesagt, dass ich feige wäre…!"
    "Ich ehm…!", Michaela fährt sich verlegen durch die langen Haare "Ich hab ja das erreicht was ich wollte…! Ich pack es dann jetzt auch, ihr wollt sicher ungestört sein…. Mädels, gönnt den Beiden mal ein paar ruhige Minuten, kommt!"
    Mit einem leichten Murren folgen die Schwestern Michaela aus dem Zimmer und verlassen dann das Krankenhaus.

    Zwei Wochen später.
    Thomas ist inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen worden und soll nun in die Rhea. Aber bevor es soweit ist haben es sich seine Kollegen natürlich nicht nehmen lassen, seinen zweiten Geburtstag gebührend zu feiern. Während Biggi ihn mit dem Heli aus dem Krankenhaus abholt bereiten die anderen auf der Basis einen kleinen Empfang vor und wirklich alle sind da. Die kompletten Teams, ebenso die Kinder: Lisa, Laura, Lena, Jonas, Oliver, Anna und Dirk mit seiner Freundin Conny.
    Gerade wird das letzte Sektglas auf den Tisch gestellt, da hört man auch schon das wohlbekannte Rotorengeräusch der BK und dann schweb die Maschine herbei. Mit einer schwungvollen Drehung um die Längsachse setzt Biggi das Baby dann schließlich zur Landung an. Als die Kufen der BK den Boden berührt haben scharren sich alle um die BK und Thomas kann sich vor Umarmungen und Begrüßungs-Küsschen nicht retten.
    "He, he, es geht mir gut soweit, belasst es dabei…!", witzelt der Pilot.
    Als wenig später alle ein Glas Sekt in der Hand haben – die Kinder, so wie die sich im Dienst befindeten Kollegen natürlich Orangensaft – erhebt Frank das Wort: "Mein lieber Herr Wächter, auch wenn ich die Zeit hier genossen habe, das nächste Mal wäre es mir lieber rein als Besucher auf die Basis zu kommen und nicht als ihre Vertretung. Ich erhebe also mein Glas, auf Sie und Ihre Gesundheit!"
    Klirrend treffen die Gläser aufeinander.
    "Auf Thomas und seine Gesundheit!", wiederholt Peter und die anderen stimmen ein.
    Jedem von Ihnen ist bewusst, welches Glück Thomas hatte und das muss nun gefeiert werden.
    ENDE



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