Großkonzern klagt Werkstatt-Aktivisten

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    Re: Großkonzern klagt Werkstatt-Aktivisten

    T.H. - 08.10.2006, 20:02

    Großkonzern klagt Werkstatt-Aktivisten
    Zitat: Großkonzern klagt Werkstatt-Aktivisten wegen Artikel über Rohstoffausbeutung im Kongo - Kostenrisiko bis zu 240.000,- Euro!

    Der Kärntner Großkonzern Treibacher Industrie AG klagt Aktivisten der Werkstatt Frieden & Solidarität. Die Treibacher Industrie AG ist an einem Unternehmen beteiligt, an das strategisch wichtige Rohstoffe aus dem Kongo von einem Geschäftsmann geliefert wurden, der von der UNO des illegalen Rohstoffabbaus und der Bürgerkriegsfinanzierung beschuldigt wird.

    Kritischer Journalismus darf nicht mundtot gemacht werden - Start einer Spendenaktion.

    Werkstatt Frieden & Solidarität fordert parlamentarischen Untersuchungsausschuss über die Rolle österreichischer Unternehmen im Kongo.

    Am 30. Mai 2006 erschien im Online-Standard ein „Kommentar der anderen“ von Gerald Oberansmayr, einem Aktivisten der Werkstatt Frieden & Solidarität, zur geplanten EU-Militärmission in der DR Kongo. Unter dem Titel „Der Bock als Gärtner“ beschäftigt sich dieser Beitrag mit der Rolle von EU-Staaten und Konzernen bei der Ausbeutung der Bodenschätze in der DR Kongo. Er kritisiert, dass ausgerechnet jene Staaten, deren Konzerne maßgeblich den Bürgerkrieg im Kongo am Laufen gehalten haben, nun als militärische „Friedensstifter“ auftreten. In einem Satz wird dabei aus einem Gerichtsurteil des Landesgerichts Korneuburg zitiert, in dem es um den Kärntner Großkonzern Treibacher Industrie AG geht (siehe weiter unten).

    UNO: Illegaler Rohstoffabbau hat „Bürgerkrieg maßgeblich finanziert“

    Hintergrund ist der illegale Abbau von Pyrochlor aus der Mine Lueshe im Osten Kongos. Pyrochlor ist eine extrem hitzebeständige Kombination verschiedener strategischer Metalle (u. a. Niobium und Tantal) und findet z. B. für Flugzeug- und Raketentriebwerke Verwendung. Lueshe gilt als die weltweit größte Fundstätte von Pyrochlor in hoher Konzentration und Reinheit. Der deutsche Geschäftsmann Karl-Heinz Albers wird in UNO-Berichten beschuldigt, als Geschäftsführer des Unternehmens SOMIKIVU die Mine in Lueshe viele Jahre hindurch illegal ausgebeutet zu haben.(1) Da diese Mine im Einflussbereich der gegen die Zentralregierung in Kinshasa kämpfenden Rebellenarmee RCD-Goma lag, hätte Albers - laut Profil vom 17.1.2005 - rund 300.000 US-Dollar Schutzgeld im Monat an die Rebellen abgeliefert. Besonders pikant ist, dass die deutsche Regierung treuhänderisch an SOMIKIVU beteiligt ist, über die die Mine in Lueshe ausgebeutet wurde. Deutschland ist bekanntlich jetzt die Lead-Nation bei der EU-Militärmission im Kongo, die daran teilnehmenden österreichischen Soldaten sind damit direkt der Bundeswehr unterstellt.

    Gegen Karl-Heinz Albers wird wegen des illegalen Abbaus von Rohstoffen im Kongo und der damit in Verbindung stehenden Finanzierung des Bürgerkrieges von der Generalstaatsanwaltschaft Kinshasa/Kongo, der Interpol Kinshasa(2) ermittelt. Bereits im Jahr 2001 wird in einem Bericht des UNO-Expertengremiums zur illegalen Ressourcenausbeutung im Kongo im Jahr 2001 Albers beschuldigt, in den illegalen Rohstoffabbau und -handel verwickelt zu sein, „dessen Erlöse den grausamen Bürgerkrieg maßgeblich finanziert haben“.(3) Der UNICEF-Direktor für den Ostkongo, Johannes Wedenig, stellt laut Tagesschau fest, dass „Waffenschieber, wie die auf der Mine in Lueshe, dafür verantwortlich seien, dass der Kongo nicht zur Ruhe komme“.(4)

    Welche Rolle spielte die Treibacher Industrie AG?

    Folgende Zusammenhänge zwischen der Treibacher Industrie AG und dem schwer beschuldigten Geschäftsmann Karl-Heinz Albers ergeben sich aus der Durchsicht verschiedener Urteilssprüche(5) und Medienberichte:

    Die Treibacher Industrie AG hat im Jahr 2000 eine von Karl-Heinz Albers angebotene aus Lueshe stammende Pyrochlor-Probe in ihrem Kärntner Werk untersucht. In einer Gegendarstellung der Treibacher Industrie AG im Online-Standard vom 1. Juli 2006 stellt diese u. a. fest: „Die Treibacher Industrie AG hat nachweislich eine Laborprobe Pyrochlor von 1 kg erhalten und sich aufgrund der (durch die Bürgerkriegswirren resultierenden) unklaren Eigentumsverhältnisse an den Minen in Lueshe in weiterer Folge zurückgezogen“.

    Worauf die Treibacher Industrie AG in ihrer Gegendarstellung jedoch nicht hinweist: Die Treibacher Industrie AG war ab 2002, als tonnenweise Lieferungen aus der Mine Lueshe an die estnische Firma Silmet erfolgten, mit 25 % (mit der Option auf weitere 25 % plus eine Aktie) an Silmet beteiligt. Diese Lieferungen sind dem Vorstand der Treibacher Industrie AG laut seiner eigenen Zeugenaussage beim Handelsgericht Wien bekannt gewesen.

    Die Treibacher Industrie AG hat gemeinsam mit Karl-Heinz Albers ein Joint-Venture, die Niobium Resources B.V., gegründet, deren Direktoren Karl-Heinz Albers und Reinhard Iro (Vorstandsvorsitzender der Treibacher Industrie AG) gewesen sind. Der 50 %-Eigentümer der Niobium Resources B.V., eine weitere Firma von K.-H. Albers in England, finanzierte nachweislich die illegale Tätigkeit von Somikivu.

    Aufgrund dieser Zusammenhänge ist die Treibacher Industrie AG seit längerem in Rechtsstreitigkeiten verwickelt. Gerald Oberansmayr zitierte im Standard-Kommentar aus dem Beschluss des Landesgerichts Korneuburg (11 Cg 85/05 z) vom 30.11.2005, in dem es heißt: „Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, es wolle dem Beklagten verboten werden, gegenüber Dritten [...] die Behauptung aufzustellen, die Klägerin [= Treibacher AG, Anm. Werkstatt] habe den verbrecherisch handelnden Karl-Heinz Albers bei der ab 2000 erfolgten illegalen Ausbeutung der Mine ´Lueshe´ laufend unterstützt [...] wird abgewiesen.“ Im Umkehrschluss folgerte Gerald Oberansmayr deshalb, dass diese Behauptung gegenüber Dritten - also der Öffentlichkeit - vertreten werden darf. So findet man auch immer wieder Zitate aus diesem Urteilsspruch in anderen Medien. Das Zitieren aus diesem Urteilsspruch wird von der Treibacher Industrie AG jedoch für unzulässig gehalten, da sie davon ausgeht, dass der Urteilsbeschluss in der Urteilsbegründung dadurch zurückgenommen wird, dass diese Aussagen in dieser Form „nicht mehr festgestellt werden konnten“. Um den Gesamtzusammenhang zu erschließen, kann der komplette Beschluss des Landesgerichts Korneuburg im Internet über www.werkstatt.or.at eingesehen werden (siehe folgenden Link).

    Dokument:
    Beschluss des Landesgerichts Korneuburg (11 Cg 85/05 z) vom 30.11.2005

    Aufgrund dieses Sachverhalts machte Gerald Oberansmayr das Angebot, das Zitat im engeren Sinn zu widerrufen, wenn gleichzeitig über die ebenfalls in der Urteilsbegründung festgehaltenen Fakten der Verbindung von Karl-Heinz Albers mit der Treibacher Industrie AG im Widerruf berichtet wird, damit sich die LeserInnen selbst ein Urteil bilden können. Dieses Angebot wurde von der Treibacher Industrie AG nun mit einer Klage beantwortet. Der Streitwert beträgt EUR 19.620,-. Die Gesamtkosten des Widerrufs, wie ihn die Treibacher Industrie AG fordert, würden laut Auskunft des Standard sogar bis zu 240.000,- Euro (!) ausmachen! (Leider kein Tippfehler.)

    Parlamentarischer Untersuchungsausschuss notwendig!

    Wir halten auf Grund der oben angeführten Informationen das Agieren dieses Konzerns für aufklärungsbedürftig. Das gilt umso mehr, als laut aktuellen Medienberichten(6) sich die Treibacher Industrie AG darum bemüht, die Bayer AG-Tochterfirma HC Starck zu übernehmen, die wegen ihrer Kongogeschäfte ins Kreuzfeuer der Kritik von Menschenrechtsorganisationen gekommen war. Für Einzelpersonen oder kleine Vereine ist diese Aufklärungsarbeit schwierig. Denn einerseits ist sie mit hohem Aufwand verbunden und andererseits auch sehr risikoreich, weil Großkonzerne - wie wir nun gesehen haben - rasch mit Klagen zur Hand sind, deren finanzielle Belastungen für die Betroffenen existenziell bedrohlich sind, für einen Großkonzern wie die Treibacher Industrie AG aus der Portokasse bezahlt werden können (Jahresumsatz EUR 600.000.000,-; Eigentümer ist der deutsche Multimilliardär Baron August von Finck, laut Forbes-Liste Platz 70 der reichsten Menschen der Welt). Wir fordern daher den Nationalrat auf, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur allfälligen Involvierung österreichischer Unternehmungen in die Rohstoffausbeutung in der DR Kongo einzurichten, der sich insbesondere auch mit der Geschäftstätigkeit der Treibacher Industrie AG zu beschäftigen hat. Die Republik Österreich muss aus mehreren Gründen ein Interesse an einem solchen Untersuchungsausschuss haben:

    In Bezug auf die illegale Rohstoffausbeutung in der DR Kongo heißt es im UNO-Bericht S/2002/1146 eindeutig: „Die Regierungen der Länder, wo die Personen, Firmen und Banken, die systematisch und aktiv involviert sind, ihren Sitz haben, sollten ihren Beitrag zur Verantwortung, die sie haben, leisten. Die Regierungen haben die Macht diese Firmen und Personen zu maßregeln und Sanktionen zu verhängen“. Laut Leitgrundsätzen der OECD für multinationale Unternehmen machen „Regierungen mit Rechtssprechung über diese Unternehmungen sich selbst zu Komplizen, wenn sie nicht Gegenmaßnahmen treffen“ (UNO-Bericht S/2002/1146).

    Sollten nicht sämtliche Unklarheiten und Verdachtsmomente bezüglich der Verstrickung österreichischer Unternehmungen in die illegale Rohstoffausbeutung im Kongo ausgeräumt sein, so fällt ein schwerer politischer Schatten auf die ohnehin höchst fragwürdige Beteiligung österreichischer Streitkräfte an der Militärmission im Kongo.

    Eine besondere politische Verantwortung ergibt sich zusätzlich bzgl. der Treibacher Industrie AG: Wichtige Organe der Treibacher Industrie AG waren bzw. sind in Unternehmen der Republik Österreich tätig. So wurde der Vorstandsvorsitzende der Treibacher Industrie AG Reinhard Iro 2004 von Minister Gorbach in den Aufsichtsrat der ÖBB entsandt (wo er 2005 wieder auszog, als Ex-Minister Böhmdorfer einzog). Der derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende der Treibacher Industrie AG Erhard Schaschl ist zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der österreichischen Verbund AG und im Aufsichtsrat der Austrian Airlines.

    Kritischer Journalismus darf nicht mundtot gemacht werden - Start einer Spendenaktion

    Die Werkstatt Frieden & Solidarität ruft zu einer Spendenaktion auf. Nur durch die Unterstützung vieler Menschen ist es möglich, die durch die Klage anfallenden Kosten bestreiten zu können. Wir ersuchen um Spenden auf das Konto der Werkstatt Frieden & Solidarität, Kt. Nr. 6274146, BLZ 34777, Raiffeisenbank Perg, Kennwort: Kongo

    Als kleines Dankeschön senden wir allen SpenderInnen, die das wünschen, ein Dossier über die illegale Rohstoffausbeutung im Kongo zu. Zu bestellen: E-Mail office@werkstatt.or.at, Tel. 0732/771094.

    Anmerkungen:
    (1) United Nations Security Council, S/2006/53 vom 26.1.2006: „Am 14. Juli 2000 startete Albers die Operationen in Lueshe erneut, basierend auf einen Pakt, den er mit der Rebellengruppe RCD, später RCD-Goma, gemacht hatte. Der Antrieb dafür war der illegale Anspruch auf Eigentümerschaft und die behauptete lebenslange Befreiung von jeglichen Gebühren, Steuern oder Zöllen.“
    (2) Amtshilfeersuchen der Interpol Kinshasa, 20.3.2004
    (3) Bericht des UN-Expertengremiums zur illegalen Ressourcenausbeutung im Congo, 2001 (Final Report of the Panel of Experts in the Illegal Exploitation of Natural Ressources and Other Forms of Wealth of the Democratic Republic of the Congo)
    (4) Deutsche Kongo-Mine als Stützpunkt für Waffenschieber?, in: Tagesschau, 4.7.2006
    (5) Siehe z. B. Landesgericht Korneuburg (11 Cg 85/05 z) vom 30.11.2005
    (6) Siehe z. B. TAZ, 13.5.2006, „Bayer verkauft HC Starck“

    Werkstatt Frieden & Solidarität, 10.9.2006

    Weitere Information sowie ein Unterstützungsformular sind auf u.a. Link abrufbar:

    www.werkstatt.or.at



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