USA - Vom Völkerrecht befreit?

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    Re: USA - Vom Völkerrecht befreit?

    M.M.Hanel - 05.10.2006, 20:43

    USA - Vom Völkerrecht befreit?
    Vom Völkerrecht befreit

    Die USA leisten einem atomaren Krieg und einem globalem Umweltdesaster Vorschub. So pointiert bilanziert Noam Chomsky die amerikanische Politik seit 1945 - und belegt seine These faktenreich

    VON RUDOLF WALTHER
    Der fast 80-jährige Intellektuelle Noam Chomsky gehört nicht nur zu den
    produktivsten, sondern auch zu den provokantesten Intellektuellen. Sein neues Buch
    ist nicht ganz einfach zu lesen, denn es stellt so etwas wie ein Resümee dar - ein
    Buch, voll gepackt mit Fakten, Thesen, historischen Vergleichen und politischen
    Interpretationen. Nicht jeden zitierten Experten wird man umstandslos als solchen
    akzeptieren, aber aufs Ganze gesehen bietet Chomsky eine packende Darstellung
    der amerikanischen Politik nach 1945 und eine überzeugende Indizienkette dafür,
    dass sie propagandistisch "das Gute" beschwört, "das Böse" nicht vernichtet, aber
    die Übel und Gefahren vermehrt.
    Die einfachsten Vorwürfe gegen Chomsky lauten, er vereinfache und er sei ein
    Verschwörungstheoretiker. Beides widerlegt er spielend durch die Herkunft und
    Dichte der Fakten, die er präsentiert und die nicht falsch werden, wenn er deren
    Deutung polemisch zuspitzt. Der seichteste Vorwurf gegen Chomsky lautet
    "Antiamerikanismus", so als ob er pauschal "Amerika" und nicht bloß die
    amerikanische Regierungspolitik und deren Werbeagenturen in Think-Tanks oder
    "Forschungsinstituten" kritisieren würde. Im Übrigen läuft der Vorwurf des
    Antiamerikanismus nur auf die schon etwas ältere Regierungsweisheit hinaus,
    Regierungskritiker seien "vaterlandslose Gesellen."
    Chomskys Grundthese ist im Unterschied zu seiner Analyse, seinen Belegen und
    Vergleichen so kurz wie einfach: Zweierlei bedroht die Menschheit - ein atomarer
    Krieg und ein globales Umweltdesaster, und beidem leistet amerikanische Politik seit
    1945 Vorschub. Was die USA zum Umweltdesaster beitragen, bedarf keiner Belege.
    Auf die Achillesferse im Völkerrecht wies der amerikanische Richter Robert Jackson
    bereits 1946 in Nürnberg hin: "Wenn bestimmte vertragsverletzende Handlungen
    Verbrechen sind, sind sie immer Verbrechen, gleichgültig, ob die Vereinigten Staaten
    sie begehen oder ob Deutschland sie begeht." Genau daran hielt sich das
    Kriegsverbrechertribunal jedoch nicht.
    Chomsky kritisiert, dass es die Luftkriegsführung gegen Zivilisten aus der Anklage
    ausklammerte, weil sonst auch Alliierte auf die Anklagebank geraten wären. Seither
    respektieren amerikanische Regierungen die Allgemeingültigkeit völkerrechtlicher
    Normen immer weniger und interpretieren vertragliche Verpflichtungen nur noch als
    politische Bekenntnisse mit situativ wechselnder Geltung.

    Artikel 51 der UN-Charta bindet die Gewaltanwendung von Staaten gegen andere an
    die Zustimmung des Sicherheitsrates. Chomsky macht deutlich, dass bereits die
    Clinton-Doktrin von 1995 diese Norm ablehnt. Wenn "gescheiterte Staaten" ("failed
    states") solche sind, die sich vom Völkerrecht verabschieden, gehören nach
    Chomsky auch die USA zu ihnen.
    Die Clinton-Doktrin legitimiert "den einseitigen Einsatz von militärischen Mitteln", um
    "den ungehinderten Zugang zu Schlüsselmärkten, Energievorräten und strategischen
    Ressourcen" sicherzustellen. Die momentane Regierung erweiterte diese Doktrin
    2002 durch die Präemptivschlagdoktrin, wonach es den USA erlaubt sei, "auf
    Ereignisse Einfluss zu nehmen, bevor Gefahren anwachsen und immer weniger
    beherrschbar werden" (Donald Rumsfeld).
    Nach dem Motto "illegal, aber legitim" - so Richter Richard Goldstone von der
    Internationalen Kosovokommission - rechtfertigen seit 1999 nicht nur die USA
    einseitige militärische Präemptiv- und Strafschläge. Mittlerweile basteln Legionen von
    Zauberlehrlingen an amerikanischen und europäischen Instituten sowie
    regierungsnahe Agenturen daran, das Völkerrecht nach den wirtschaftlichen und
    politischen Imperativen des "Westens" zu modernisieren, wie Chomsky darlegt. Die
    fantasievolle Beschwörung von Gefahren durch "Massenvernichtungswaffen" und
    "Islamismus" sowie die apokalyptische Überhöhung von "9/11" zur welthistorischen
    Zäsur treiben die Priester der "West-Sekte" um.
    Mit diesem "neuen Denken" (George W. Bush) wird nicht nur auf dem Gebiet des
    Kriegsvölkerrechts operiert. Der Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von
    atomaren Waffen (5. 3. 1970) sieht Überprüfungen im Fünfjahresrhythmus vor. Er
    verpflichtet die Unterzeichnerstaaten dazu, keine Atomwaffen zu verbreiten, und
    dazu, diese abzurüsten (Art. VI.). Bei der Überprüfungskonferenz 2000 verpflichteten
    sich auch die USA zu 13 konkreten Abrüstungsmaßnahmen. Fünf Jahre später
    kündigte Bush diese Verpflichtung einseitig auf und machte Indien im Alleingang zum
    Partner für die nukleare Zusammenarbeit.
    Gleichzeitig gerieten Nordkorea und Iran wegen ihrer Nuklearpolitik auf die
    Anklagebank. Für Chomsky ist das im Falle des Iran pikant, denn 1979 ermunterte
    der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger das Schah-Regime zur
    "Einführung der Atomkraft" und bot an, die Ingenieure am Massachusetts Institute of
    Technology auszubilden. 25 Jahre später meint Kissinger, der Iran besitze genug Öl,
    um auf die Atomkraft verzichten zu können. Seit gut zwei Jahren läuft die gut geölte
    Propagandamaschinerie gegen das ungemütliche Mullah-Regime, das den
    Atomwaffensperrvertrag im Unterschied zu Israel unterschrieben hat, auf Hochtouren.

    Nach der Präemptivschlagdoktrin der USA würde der Iran nur rational handeln, so
    Chomsky, wenn er nach Atomwaffen strebt. Denn das Risiko für den Iran, von den
    USA oder Israel mit konventionellen oder atomaren Waffen angegriffen zu werden,
    ist größer, wenn er keine Atomwaffen besitzt. Und auch das Risiko, angegriffen zu
    werden, ist größer als jenes, dass der Iran die USA oder Israel angreift: Ohne
    Atomwaffen wäre dies aussichtslos, mit Atomwaffen der sichere Selbstmord.
    Chomsky versteht das nicht als ein Plädoyer für die atomare Bewaffnung, sondern
    will mit dem Horrorszenario nur demonstrieren, wie gefährlich und perspektivlos die
    amerikanische "Selbstbefreiung von zentralen Prinzipien des Völkerrechts" geworden
    ist.
    Noam Chomsky: "Der gescheiterte Staat". Aus dem Amerikanischen von G. Gockel,
    B. Jendricke und T.Wollermann. Kunstmann Verlag, München 2006, 399 Seiten,
    24,90 Euro
    4.10.2006 taz Literataz 207 Zeilen, RUDOLF WALTHER S. XVI



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