Verlorene Seelen

Untitled
Verfügbare Informationen zu "Verlorene Seelen"

  • Qualität des Beitrags: 0 Sterne
  • Beteiligte Poster: Wesen
  • Forenurl: Klick
  • Forenbeschreibung: www.shortstory-online.de
  • aus dem Unterforum: Seltsames
  • Antworten: 1
  • Forum gestartet am: Mittwoch 31.08.2005
  • Sprache: deutsch
  • Link zum Originaltopic: Verlorene Seelen
  • Letzte Antwort: vor 17 Jahren, 6 Monaten, 17 Tagen, 22 Stunden, 56 Minuten
  • Alle Beiträge und Antworten zu "Verlorene Seelen"

    Re: Verlorene Seelen

    Wesen - 05.10.2006, 13:49

    Verlorene Seelen
    Die folgende Geschichte spielt im Jahr 1827 in England.
    Langsam wurde es Herbst. Es nieselte und leichter Nebel kroch träge über den Boden. Zwei Polizisten waren aus der Stadt raus geritten. Sie wollten zum Strand hinunter um dort nach dem rechten zu sehen. Denn um diese Zeit gab es oft Schmuggler oder Strandräuber.
    Doch als sie an den ersten Bäumen des Waldes vorbei ritten, sahen sie ein kleines Mädchen. Es stand hinter einem Baum, halb versteckt. Beinahe hätten sie es übersehen. Es war ärmlich angezogen, barfuss und man merkte, dass sie lange nichts gegessen hatte.
    „He!“ rief der eine Polizist. „Warum treibst du dich denn hier allein im Wald herum?“
    „Ich weiß nicht“, sagte das blonde Mädchen verwirrt. „Ich kann mich an überhaupt nichts erinnern!“
    Die beiden Beamten ahnten nicht, dass es ein besonderes Kind war.
    „Arme Kleine!“ sagte der Polizist und zog die Kleine zu sich aufs Pferd. „Wahrscheinlich ist sie ausgesetzt worden! Der Schock wird ihr die Erinnerung geraubt haben!“
    Die Polizisten brachten die Kleine ins nächste Waisenhaus. Es wurde von einem Mr. Miller geleitet. Alle fanden ihn nett und lobten ihn. Er stand in dem Ruf, nett zu seinen Zöglingen zu sein.
    Das stimmte aber nicht!
    Als sie das Kind zu Mr. Miller brachten, sagten sie, dass die Kleine nicht wusste, wer sie war.
    „Dann werde ich sie zuerst einmal Rosie nennen“, sagte er.
    Der Regen war stärker geworden, als Rosie im Hof stand und den beiden netten Polizisten nachwinkte.
    Dann gingen die beiden ins Haus. Dort zeigte Mr. Miller sein wahres Gesicht. Die Leute hätten gestaunt, was für brutale Züge der „Manchenfreund“ jetzt annahm.
    Er packte Rosie bei den Haaren und zog sie auf eine dunkle Tür zu.
    Rosie schluchzte vor Schmerzen, aber der Mann achtete nicht darauf.
    Er öffnete die Tür.
    „Los rein mit dir“, schnappte er und stieß sie in den ärmlichen Raum. „Du wirst bald eine Aufgabe bekommen. Und merk dir eins, wenn du essen willst, musst du hier auch arbeiten! Bei mir gibt’s nichts umsonst!“
    „Aber Mr. Miller!“ schluchzte Rosie verzweifelt. Sie konnte nicht begreifen, dass der „nette“ Mann plötzlich sein wahres Gesicht zeigte.
    „Nichts da!“ sagte er und stieß sie weiter. In einer Ecke saßen mehrere Kinder. Es waren Mädchen und Buben. Alle waren genauso in Lumpen gehüllt und barfuss wie sie selber.
    „Dass hier sind deine Geschwister!“ lachte der Mann höhnisch. *Und jetzt pass auf, was ich euch sage, damit du Bescheid weißt!“
    Er setzte sich an einen Tisch und zog eine leere Zigarrenschachtel heraus.
    „Alle Kinder, die bei mir leben wollen, gehen in die Stadt!“ sagte Mr. Miller zu Rosie. „Ihr bettelt um Geld, weil’s umsonst nichts gibt.“
    Ein Kind nach dem anderen ging nun an Mr. Miller vorbei und jedes legte ein Geldstück auf den Tisch, das Miller rasch in die Zigarrenschachtel legte.
    Manchmal war es mehr, manchmal weniger. Einer der Buben wirkte stolz, weil er heute ein ganzes Pfund bekommen hatte.
    Mr. Miller sagte nichts, grinste nur und kassierte. Ein Geldstück nach dem anderen verschwand in der Schachtel.
    Dann kam ein blasser, dünner Bub an die Reihe. Mit zitternden Fingern legte er eine kleine Münze auf den Tisch.
    „Nanu Tom, nur ein Shilling?“ fragte Mr. Miller in gespielter Verwunderung.
    „Ich hab mich so bemüht, Mr. Miller!“ sagte der Kleine. „Aber mehr konnte ich nicht kriegen!“
    Der Mann griff in ein Fach des Tisches und zog einen Stock heraus.
    „Du weißt, was wir hier mit Versagern machen?“ sagte er und grinste ihn böse an.
    „Bitte, nicht schlagen, Mr. Miller!“ flehte der Bub. „Das tut so weh!“
    Aber es half alles nichts!
    Später gab es dann Abendessen, aber Rosie war enttäuscht!
    Es gab nur trockenes Brot und ein paar Schluck Wasser.
    Einer der Buben setzte sich neben sie.
    „Ich bin Ben. Morgen wirst du auch rausmüssen zum Betteln“, sagte .er. „Und alles Geld, das wir bekommen, behält Mr. Miller!“
    „Das ist ja furchtbar!“ sagte Rosie. „Habt ihr schon einmal versucht, wegzulaufen?“
    „Zwecklos!“ sagte Ben und kaute an dem Stück harten Brotes herum. „Miller ist gut Freund mit der Polizei. Wenn einer von uns ausreißt, fängt sie ihn im Nu wieder ein.“
    Er stand auf.
    „Komm mit, ich zeig dir, wo die Mädchen schlafen!“ sagte er.
    Doch in der Nacht wurde Rosie von Ben geweckt.
    „Pssst!“ machte er und hielt sich den Finger an den Mund. Dabei schielte er zu dem anderen Mädchen, das noch in Rosies Bett schlief.
    „Wenn du still bist und schweigen kannst, zeige ich dir was.“ Sagte er.
    Sie kletterten hintereinander aus dem Fenster und gingen auf dem schmalen Sims weiter.
    „Ich habe einen geheimen Weg entdeckt, den kenne nur ich und du jetzt auch!“ sagte er, als sie leise durch die Nacht schlichen.
    „Warum verrätst du mir den Weg?“ fragte das Mädchen.
    „Weil ich dich mag“, sagte Ben kurz.
    Aber er machte überhaupt nicht viele Worte. Er sagte das, was zu sagen war und schwieg meistens.
    Rosies Gesicht glühte ein bisschen auf vor Stolz. Sie fand, es war eine Auszeichnung, dass der Bub soviel Vertrauen in sie hatte.
    „Aber bemüh dich leise zu sein“, sagte Ben noch. „Wenn der alte Miller erfährt, dass wir sein Geheimnis kennen, geht’s uns schlecht!“
    „Miller?“ flüsterte Rosie fragend.
    Sie konnte sich nicht denken, was der miese Waisenhausleiter für ein Geheimnis hatte.
    Ben führte sie an dem Mauersims entlang bis zu einem großen Fenster.
    „Schau da rein, dann weißt du, wofür er das Geld braucht, das wir für ihn zusammenbetteln!“ sagte Ben.
    Aufgeregt schaute Rosie durchs Fenster und sah Miller auf einer Couch sitzen. Links und rechts von ihm eine Frau, mit denen er Wein trank. Auf dem Tisch standen ein paar Leckerbissen auf mehreren Tellern.
    „Er gibt das Geld für Frauen aus“, sagte Ben das, was Rosie dachte.
    In dem Augenblick aber machte Ben einen unvorsichtigen Schritt. Er rutschte auf der nassen Mauer aus und fiel runter.
    Sein Schrei gellte durch die Nacht.
    Aber da geschah das Wunder! Im letzten Moment konnte sich der Bub am Mauervorsprung festhalten.
    Aber natürlich hatte man seinen Schrei auch in dem Zimmer gehört, in dem Miller mit deinen „Damen“ saß.
    Er öffnete die Fensterflügel und sah hinaus.
    Er sah das Mädchen zitternd dastehen. Dann merkte er, in welcher Lage sich Ben befand. Rasch griff er hinunter und zog Ben in die Höhe. Ben sah schlimmes auf sich zukommen. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich helfen zu lassen, egal, von wem.
    Wenig später standen die beiden Kinder in dem Raum.
    „Bitte Sir“, stammelte Ben und wurde abwechselnd rot und bleich. „Es war alles meine Schuld! Ich habe Rosie dazu verleitet. Sie dürfen sie nicht schlagen!“
    Miller bemühte sich, sein gutmütigstes Gesicht zu machen.
    „Aber ich bitte euch“, sagte er lachend. „Es kann doch keine Rede sein, dass euch jemand schlägt. Ihr seid sowieso schon gestraft genug durch den Schrecken!“
    Die beiden Frauen bewunderten ihn wegen seiner Geduld und Güte. Er war wirklich der geborene Erzieher!
    Doch kaum waren seine beiden Freundinnen weg, ließ er seine Maske fallen.
    Sein Gesicht war vor Wut verzerrt, als er in den Schlafsaal der Kinder ging. Grob packte er Rosie an den Haaren.
    „Los, raus mit euch!“ keifte er. „Ihr habt doch nicht geglaubt, dass ihr mir ungestraft davonkommt!“
    Brutal zerrt er die beiden aus der Tür raus und in den Keller hinab. Mit einem unguten Lächeln in seinem verkommenen Gesicht dreht er sich Rosie zu.
    Er hebt den Stock.
    Und hält betroffen inne!
    Was war das? Was ging mit Rosie vor? Ein kalter Schauer rieselte ihm den Rücken hinab.
    Rosie stand direkt vor ihm und sah ihm in die Augen. Keine Spur von Angst war ihr mehr anzumerken. Ihre Augen schimmerten blau und schienen zu strahlen. Der blaue Strahl wurde immer stärker und traf schließlich Millers Kopf.
    Ben glaubte seinen Augen nicht trauen zu dürfen.
    Miller griff sich schreiend an den Kopf!
    Dann sank er zusammen und rührte sich nicht mehr. Der blaue Strahl aus Rosies Augen erlosch und sie sah wieder ganz normal aus.
    „Er hat es nicht anders verdient!“ sagte Rosie still. „Ich habe ihm eine kleine Chance gegeben, aber er hätte sich nicht mehr geändert!“
    Ben sah sie an wie ein Wundertier.
    „Der Strahl“, sagte er. „Was war denn das?“
    Rosie zuckte mit den Schultern.
    „Ich habe so etwas immer schon gekonnt. Vielleicht haben meine Eltern mich deswegen ausgesetzt.“
    „Ja, weil sie sich vor die gefürchtet haben“, meinte Ben.
    Rosie wusste, das Ben ihr Geheimnis bewahren würde. Und die Waisenhauskinder brauchten keine Angst vor Misshandlungen und Hunger mehr zu haben.
    Nicht solange Rosie über sie wachte!
    Ein paar Tage später bekam das Waisenhaus einen neuen Leiter.
    Es war ein junger Mann, der sehr nett aussah.
    „Ich bin Delmont Lacoste!“ Sagte er freundlich. *Ihr habt wohl noch keine schönen Tage hier erlebt? Man sieht es euch an. Aber ich werde gut zu euch sein, darauf könnt ihr euch verlassen!“
    Rosie lächelte.
    „Das will ich für Sie hoffen, Mr. Lacoste!“ dachte sie.
    ENDE



    Mit folgendem Code, können Sie den Beitrag ganz bequem auf ihrer Homepage verlinken



    Weitere Beiträge aus dem Forum Untitled

    Eine kleine Burg in einer grossen Stadt - gepostet von Wänna am Samstag 26.08.2006
    Sunny, die Neue... - gepostet von Sunny am Montag 25.09.2006
    Saskat geht zum Zahnarzt.....(+) - gepostet von saskat am Mittwoch 07.03.2007
    Auch ich brauch mal ein Hilfe ;-) - gepostet von saskat am Sonntag 12.03.2006
    Meine Seiten - gepostet von Ginger am Dienstag 26.12.2006



    Ähnliche Beiträge wie "Verlorene Seelen"

    Pyramide der Seelen überarbeitet [UPDATE] [W1-8;RP] - tauli (Samstag 29.07.2006)
    Früh verletzte Seelen Wie Märchen Halt geben - Iivi (Montag 12.02.2007)
    Hütte der toten Seelen verändert [W1] - tauli (Freitag 21.07.2006)
    verlorene inseln - change (Dienstag 10.07.2007)
    Navid's "Das sind die Seelen!" Teil1 & 2 - Navid (Montag 26.06.2006)
    7.16- Der verlorene Leo - balthasar0051 (Dienstag 28.11.2006)
    der verlorene sohn.......[Tryout] - kallisto (Donnerstag 03.01.2008)
    Verlorene!! - Nomander (Dienstag 29.08.2006)
    9. Nächstenliebe / Der verlorene Körper - kitt.E.KATT (Mittwoch 11.07.2007)
    der verlorene Blick - heimatskind (Sonntag 24.09.2006)