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Feuchtwanger, Lion - Die Geschwister Oppermann




Feuchtwanger, Lion - Die Geschwister Oppermann

Beitragvon Katia » 18.09.2006, 12:43

[center]Lion Feuchtwanger - Die Geschwister Oppermann[/center]

Inhalt: Erzählt wird die Geschichte einer jüdischen Familie in den Jahren 1932/33.
Gustav, der älteste, mit dessen 50. Geburtstag der Roman beginnt, ist eigentlich der Seniorchef des Möbelhauses Oppermann, seine eigentliche Leidenschaft gilt aber der Literatur - er arbeitet an einer Biographie Lessings. Ein Aufruf gegen den Nationalsozialismus, den er mitunterschreibt, zwingt ihn nach dem Reichstagsbrand in die Emigration, er hält es jedoch für seine Pflicht zurückzukehren, um im Untergrund zu arbeiten. Martin kümmert sich um die Geschäfte und versucht die jüdische Firma zu retten, indem er die Fusion mit einem "arischen" Schreinerbetrieb vorrantreibt. Edgar ist ein erfolgreicher Arzt, der eine spezielle Operationsmethode gefunden hat, die schon vielen Menschen das Leben gerettet hat - doch auch er gerät nach der Machtübernahme in Verruf und muß einen Neuanfang wagen. Martins Sohn Berthold gerät mit einem nationalsozialistischen Lehrer in Konflikte, insbesondere wegen eines Vortrags, den er über Hermann und die Schlacht im Teutoburger Wald hält - sein "Fall" wird für den Direktor der Schule und den Lehrer zu einem Machtspiel, das für den Jungen tragisch endet.

Meine Meinung: Feuchtwanger hat diesen Roman (den zweiten Teil der "Wartesaal-Trilogie") in wenigen Monaten 1933 geschrieben, man merkt dem Buch sehr stark das Entsetzen an, das der Jude Feuchtwanger nach der Machtübernahme im Exil über die Nachrichten aus Deutschland empfindet - über die Ungerechtigkeiten die Juden und politisch links denkenden Menschen angetan werden. Bedrückend wieviele der schlimmen Ereignisse der Autor zu diesem frühen Zeitpunkt schon vorgeahnt hat. Eine Familiengeschichte, in der verschiedene Handlungsstränge mal lose mal fester verknüpft sind, mitreissend zu lesen wie verschiedene Menschen, Juden und Nichtjuden, auf die Ereignisse reagieren und mit ihnen umgehen, mal tragisch, mal humorvoll. Die Erzählung wechselt zwischen Präsenz und Imperfekt, ein Stilmittel, das ich in deutschen Romanen eher selten so gesehen habe, das den Leser aber immer wieder direkt in das Geschehen hineinbringt.
Unbedingt empfehlenswert :stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

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Katia
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Beitragvon schnecke » 25.03.2007, 17:31

(ich lese mich gerade etwas wahllos durch das Forum)

Dieses war mein erstes Feuchtwanger - Buch und hat gewissermaßen eine Sucht begründet. Ich habe sie alle im Keller liegen, vor 20 Jahren mit Genuß gelesen, manche bis zu 3 mal. In meinem Bücherzimmer der Zukunft bekommen sie ein Ehrenplätzchen.

An die bedrückende Stimmung erinnere ich mich noch gut und an das Bewußtsein, dass das eigentlich nicht nur ein Roman ist, auch wenn die handelnden Personen frei erfunden sind.
schnecke
 



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