Stimmen und ihre Rollen

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    Re: Stimmen und ihre Rollen

    rugero - 19.09.2006, 01:00

    Stimmen und ihre Rollen
    Hallo,
    es gibt doch sicher Komponisten, die Neuland erobern möchten.

    Die klassische Oper kennt die Tenöre als die Liebhaber, und die Baritone als Widersacher und die Bässe als Schlichter, um nur eine klassische Version aufzuzeigen - die Rollenspiele der Frauen lasse ich jetzt mal außen vor, soll aber keine Wertung bedeuten.
    Wie ist es erklärbar, psychologisch, wie auch musikalisch-technisch ,dass es hier keine anderen Ansatzweisen gibt ?
    Kann man die Rollen nicht mal vertauschen oder verschieben ? Wäre das nicht auch mal eine neue Form und somit eine Belebung.
    Tannhäuser als Bariton wäre nicht so falsch und Wolfram als Tenor ging wohl auch noch durch ! Stolzing als Bariton und lieber Beckmesser als Tenor! Posa als Bariton ist ideal besetzt. Don José als Bariton mit einem glücklichen Schluss wäre doch toll.

    Nur mal so ein paar Überlegungen...

    Mein 1. Gesangslehrer hatte mal die Idee (er war auch Komponist) den Stoff "Des Teufels General" als Opernstoff zu vertonen.
    Der Harras sollte wieder Tenor werden und Lütje Johann natürlich Bariton, warum das. Es ist nie zu dieser Oper/Komposition gekommen, ich bedaure das, es wäre dramaturgisch ein Stoff der sich super als Oper eignen würde.

    Domingo hat ja "La ci darem la mano" auch gesungen. Die Tenöre klauen einem auch noch das letzte Stückchen Selbstbewußtsein.

    Liebe Grüße rugero



    Re: Stimmen und ihre Rollen

    Anonymous - 19.09.2006, 08:24


    Lieber Rugero, da bin ich sofort dabei!
    Ich will unbedingt Dalilah für hohen Sopran "Mon coeur s'ouvre à ta voix" und die Margarethe bei Berlioz ist mir auch als richtiger hell klingender Sopran viel sympathischer, schliesslich war sie original keine 2O Jahre alt und dann kann ich endlich "D'amour, l'ardente flamme' singen. Und überhaupt, ich finde, es soll auch eine Königin der Nacht für Dola geben :dafür: Und Du musst nicht mehr der böse Graf Luna sein sondern wirst als Manrico wirklich von Leonora geliebt :love:
    Ich bin VOLLSTENS dafür!!!!!
    Apropos: das "La ci darem" singt mein hiesiger Tenor-Partner auch mit mir...... die wollen einfach ALLES für sich! :d_neinnein:
    Lieben Gruss
    Canti :hearts:
    P.S. ich nehme Dein statement trotzdem sehr ernst und mir fällt vielleciht auch noch was Schlaueres dazu ein.... :oops:



    Re: Stimmen und ihre Rollen

    Anonymous - 19.09.2006, 08:49


    Lieber rugero,
    an dieser misslichen Konstellation ist hauptsächlich einer schuld : Giuseppe Verdi ! Die späteren Italiener haben es ihm nachgemacht.
    In der russischen Oper sieht es da schon anders aus, bestes Beispiel Eugen Onegin ! Sein tenoraler Widersacher Lenski ist, wie Don Ottavio, ein eher schwächlicher Typ. Im Boris sind Schuisky und der falsche Dimitri feige Intriganten, Boris Godunow und Fürst Igor die Helden. Der Pelleas in Debussys Meisterwerk wird meist von einem hohen Bariton gesungen.
    Dies sind ein paar Beispiele, die mir spontan einfallen.
    Ich hoffe, dir ein wenig von meinem baritonalen Selbstbewusstsein vermittelt zu haben !
    Ciao. Gioachino :dafür:



    Re: Stimmen und ihre Rollen

    Anonymous - 19.09.2006, 08:53


    Ach ja : Wer zählt die Damen, welche sich dem betörenden göttlichen Charme eines Wotan nicht entziehen konnten ? Dagegen verblassen alle Siegmunds, Stolzings, Siegfriede dieser Welt !
    Ciao. Gioachino :grin:



    Re: Stimmen und ihre Rollen

    Anonymous - 19.09.2006, 12:09


    Natürlich ist dies einer Überlegung wert. Es liegt aber dann nicht nur an Verdi, dass man sich von solchen Überlegungen distanziert, sondern auch am Schubladendenken der Menschheit. Wenn man an jemanden denkt, der gut im Herzen ist, treu und liebevoll und noch singen soll, dann wird es wohl die strahlende Kraft eines Tenors oder eines Sopranes sein, die den Menschen einfällt. Und bei intriganten Figuren denkt man an tiefe, düstere Geschehnisse, Dinge. Perfekt für eine tiefe dunkle Stimme.
    Das umzukehren oder einfach nach Lust und Laune zu besetzen wäre großartig (und ich bin stark dafür, das Liebespaar in der Oper von Sopran und Tenor zu Mezzo und Bariton zu senken... ist doch viel wärmer!). Aber um eine zeitgenössische Oper zeigen zu können, müssen die Zuhörer auch Gefallen daran finden. Und leider wollen die meisten beim Alten bleiben.



    Re: Stimmen und ihre Rollen

    Anonymous - 22.09.2006, 20:52


    sopranist hat folgendes geschrieben: Es liegt aber (...) auch am Schubladendenken der Menschheit.

    Moment mal: Das wurde denen so anerzogen... - die Typisierung fand auf diese Weise statt und die meisten Kompositionen greifen auf HOCH=HEHR, EDEL zurück;

    sopranist hat folgendes geschrieben:
    Wenn man an jemanden denkt, der gut im Herzen ist, treu und liebevoll und noch singen soll, dann wird es wohl die strahlende Kraft eines Tenors oder eines Sopranes sein, die den Menschen einfällt. Und bei intriganten Figuren denkt man an tiefe, düstere Geschehnisse, Dinge. Perfekt für eine tiefe dunkle Stimme.

    ... mittlerweile hat sich aber doch auch die Gesellschaft geändert und der Wunsch nach Innigkeit und Wärme sind wesentlich konkreter im Bedürfnis der heutigen Menschen verankert, haben jetzt quasi den Stellenwert des Ätherischen, Reinen, Vergeistigten von zuvor !?
    Das Fleischliche Verlangen wird im heutigen Liebesbegriff nicht mehr ausgeklammert und somit sehe ich auch eine steigende Berechtigung, tiefere, voluminösere, "organischere", wärmere Stimmen für Liebespaare zu besetzen!


    Mal abgesehen davon ist gerade im deutschen Sprachraum auffällig, dass die Sprechstimmen in der Öffentlichkeit immer tiefer angelegt sind/ausgewählt werden (siehe z.B. Nachrichten im Vergleich zu Britischen Nachrichten); das resultiert aus dem Empfinden, tiefere Stimmen (=erwachsener, =erfahrener?!) strahlten mehr Seriosität aus.
    Übertragen auf moderne Oper muss man also fragen: Welche Stimme könnte wahre, aufrichtige, tief empfundene Liebe glaubwürdiger vermitteln als eine tiefe, erdige, ruhige!?


    Auf Hörgewohnheiten (der Allgemeinheit) würde ich mich da nicht verlassen - bzw. mich davon nicht einschränken lassen. - Man muss die Figuren überzeugend musikalisch entwickeln, dann passt das schon.





    Soviel zu meiner bescheidenen Meinung.
    (Und nein - ich bin LEIDER keine solche herrlich warme, saftige, tiefe Stimme. Es handelte sich also nicht um ein eigennütziges Plädoyer!)



    Re: Stimmen und ihre Rollen

    Anonymous - 23.09.2006, 14:15


    Lieschen hat folgendes geschrieben: Mal abgesehen davon ist gerade im deutschen Sprachraum auffällig, dass die Sprechstimmen in der Öffentlichkeit immer tiefer angelegt sind/ausgewählt werden (siehe z.B. Nachrichten im Vergleich zu Britischen Nachrichten); (...)

    Es gilt mittlerweile auch nicht mehr fuer die britischen Nachrichten, kann ich nur aus eigener, taeglicher Erfahrung sagen. Saemtliche Sprecher/innen, die ich bislang gesehen habe, haben eindeutig eher tiefere Stimmen. Das einem das bisweilen trotzdem im Vergleich zu Deutsch hoeher vorkommt, liegt einfach an der voellig anderen Sprachmelodie. Die Bandbreite ist hier wesentlich hoeher, man spricht nicht auf zwei oder drei Toenen, was ich persoenlich eigentlich angenehm finde (so es nicht ohnehon schon eine Quietschestimme ist) ...

    Der Trend der britischen Singstimmen hingegen geht immer noch eindeutig in Richtung hell, glatt und relativ vibratolos ...

    Das aber nur ein Einwurf am Rande ;-) :love:



    Re: Stimmen und ihre Rollen

    dola - 23.09.2006, 17:56


    Um auf die Rollenbesetzungen zurückzukommen:

    Wäre echt überlegenswert, auch mal was für die jüngere Tiefenspezies zu komponieren. So alte Schlachtrösser wie ich haben ja wenigstens ein paar Verdi- und Wagnerfiguren, aber jugendlichere Figuren fehlen da völlig.

    Mir fällt dazu ein, dass sich vor Jahren mal in der Opernwelt ein Beitrag sich damit befasst hat, dass Altistinnen in Konservatorien sich kaum opernmäßig befriedigend betätigen können, weil die passende Optik nur mit Sopranstimme kombiniert ist oder einfach ältere Leute darzustellen sind.

    Andererseits verbinde ich Neukompositionen auch immer mit Atonalität, schwierigsten Notensätzen und als am Rande der technischen Unsingbarkeit, und ferner mit der Gefahr behaftet, dass das Publikum während der Aufführung geht. Beliebt sind solche Einsätze eben nicht gerade. Ob das dann die Alternative ist?

    Zu den Mediensprechstimmen:
    leider beschränken sich die angenehm dunklen Moderationsstimmen auf die Nachrichten und Sendungen wie Sabine Christiansen. Aber bei den Magazinen, speziell für das jüngere Publikum, sieht es schon wieder anders aus.

    Grüße,
    dola



    Re: Stimmen und ihre Rollen

    Anonymous - 20.11.2006, 15:11


    Oh... jetzt hab ich aber schon länger nicht mehr geschrieben... tut leid.

    Wegen den Sprechstimmen... auch in älteren Filmen kann man gut hören, dass Frauen wesentlich höher gesprochen haben, weil eben nicht die Stimme im Vordergrund stand...

    Und das mit dem englischen Gesangsstil... das geht auf die gregorianische Musik zurück (und davor)... als die damaligen Briten mit geistlichen Werken aus Italien entschwanden und man damals wert darauf gelegt hat, dass die Stimme ruhig und glatt klingt (nachdem damals die hohen Stimmen von Knaben gesungen wurden und fast alle Knaben eine vibratolose Stimme haben...).



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