Ketani heisst miteinander

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    Re: Ketani heisst miteinander

    breakout - 09.09.2006, 13:16

    Ketani heisst miteinander
    Zitat: Ketani heisst miteinander - Sintiwirklichkeiten statt Zigeunerklischees
    AT 2006 , 71 min, DF
    Regie: Ludwig Laher



    Seit dem Spätmittelalter leben die Sinti, immer wieder brutal verfolgt, unter uns. Jenseits der Operettenklischees von verführerischen Zigeunermädchen und gemütvollen Zigeunerweisen beschäftigt sich Ludwig Lahers filmische Annäherung sensibel mit Geschichte und Gegenwart dieser autochthonen Minderheit.
    In etlichen Gemeinden Oberösterreichs hatten Sintigroßfamilien schon ab dem 18. Jahrhundert Heimatrecht, alte Menschen erinnern sich noch an das oft problemlose Mit- und Nebeneinander im Dorf vor dem Völkermord unter den Nazis, zeigen Fotos von SchulkollegInnen, SpielkameradInnen, die plötzlich verschwunden waren. Sinti aller Generationen kommen ausführlich zu Wort, berichten von den Schrecken der Verfolgung und der Ignoranz der Zweiten Republik gegenüber ihrem Leid und ihrer Not, aber auch von Zusammenhalt und Glück in den Zeiten des Auf-der-Reise-Seins, von Kulturtraditionen und der eigenen Sprache, die sie all die Jahrhunderte begleitet hat.
    Obwohl an die 90% (!) der im Heimatgau des Führers ansässigen Sinti ermordet wurden, begegnen ihre Geschwister, Kinder, Enkel der Mehrheitsbevölkerung ohne Hass und Anklagegestus. Sie sagen einfach, wie es war, und dieses Entgegenkommen erleichtert es dem Publikum, sich auf ihre Erzählungen ohne innere Abwehr einzulassen.
    An verschiedenen Orten im Land werden ihre Spuren aufgenommen, in Buchkirchen bei Wels und Bad Ischl, in Hochburg-Ach und Enns, in Haigermoos und Ebensee. Im Süden von Linz finden sich alte, liebevoll konservierte hölzerne Wagen, in denen man noch nach dem Krieg lebte; das letzte erhaltene Vorkriegsgrab auf dem Dorffriedhof in Ach hat symbolische Bedeutung gewonnen.
    Nach dem Krieg haben die wenigen versprengten Überlebenden unterschiedliche Konsequenzen aus dem rassistischen Terror gezogen: Während die einen ihren Kindern weder die eigene Sprache noch kulturelle Traditionen vermittelten, in der völligen Assimilation ihr Heil suchten und dies zum Teil heute bereuen, beharrten andere umso konsequenter auf ihrer Herkunft und schickten die Kinder gar ganz ohne Deutschkenntnisse in die Schule. Heute leben die meisten Sinti in Mietwohnungen, nur noch wenige reisen in den Sommermonaten auf alten Routen durch Bayern, Böhmen, Südtirol und Österreich. Sie üben die verschiedensten Berufe aus, Mischehen mit Gadsche (=Nichtsinti), vor dem Krieg praktisch undenkbar, sind alltäglich geworden. In letzter Zeit besinnen sich jedoch mehr und mehr von ihnen ihrer Herkunft und bekennen sich als moderne, aufgeschlossene Menschen öffentlich dazu: Kürzlich wurde der erste Sinti-Fußballklub Oberösterreichs gegründet, in Mauthausen arbeitete der erste Sinti-Zivildiener, und der VEREIN KETANI vertritt die Interessen der Minderheit im Land.
    Schließlich gibt der Film deutliche Antworten auf klassische (Haben Zigeuner ein Reisegen? Rauben sie Kleinkinder?) wie speziellere Fragen (Was hat es mit den Mulo/Mulno-Traditionen auf sich? Warum war der rasierte Igel lange Zeit eine beliebte Bereicherung des Speisezettels?). Prominente und weniger prominente OberösterreicherInnen sprechen davon, wie sie den Sinti zum ersten Mal begegnet sind, von ihren Vorurteilen und was davon geblieben ist.
    „Ketani heißt miteinander“ ist eine Expedition in die unbekannte Heimat, ein Aha-Erlebnis, ein Plädoyer gegen einfache Antworten auf die komplexe Frage nach dem Fremdsein.

    filmvorführungen hier: http://www.iphpbb.com/board/posting.php?nxu=27894863nx52507&mode=newtopic&f=2



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