ADS+ADHS, infos

Riven by Grief
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    Re: ADS+ADHS, infos

    redtears - 30.08.2006, 10:20

    ADS+ADHS, infos
    Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) (auch als Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom oder Hyperkinetische Störung bezeichnet) ist eine bereits im Kindesalter beginnende psychische Störung, die sich primär durch leichte Ablenkbarkeit und geringes Durchhaltevermögen, sowie ein leicht aufbrausendes Wesen mit der Neigung zum Handeln ohne nachzudenken, häufig auch in Kombination mit Hyperaktivität (ADHS), auszeichnet.

    Etwa 3-10% aller Kinder zeigen Symptome im Sinne einer ADHS. Jungen werden dreimal häufiger diagnostiziert als Mädchen, neuere Forschungen gehen aber von einem eher ausgewogenen Verhältnis aus. Der Schweregrad der Störung ist individuell sehr unterschiedlich. Bei bis zu 70% der betroffenen Kinder können die Symptome mit unterschiedlicher Ausprägung bis in das Erwachsenenalter hinein fortbestehen.

    Unbehandelte Betroffene und ihre Angehörigen stehen meist unter erheblichem Leidensdruck. Versagen in Schule oder Beruf und die Entwicklung von weiteren psychischen Störungen sind häufig.

    Die Aufmerksamkeitsdefizitstörung ist nach derzeitigem Stand (2005) ein hauptsächlich genetisch bedingtes Störungsbild, das auf neurobiologischer Ebene unter anderem als striatofrontale Dysfunktion erklärt wird. Für den Verlauf und die individuelle Ausprägung spielen daneben psychosoziale Faktoren eine wichtige Rolle.

    Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad, den jeweiligen Symptomen sowie dem Alter des Betroffenen. Wegen der Komplexität der Störung wird angestrebt, verschiedene Therapieformen zu einer auf den Patienten zugeschnittenen Therapie zu kombinieren.

    Es existieren verschiedene alternative Bezeichnungen und Abkürzungen welche jedoch weitestgehend übereinstimmende Krankheitsbilder beschreiben. Verbreitet sind: Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS), Hyperkinetische Störung (HKS), Minimale Cerebrale Dysfunktion (MCD), in der Schweiz: Psychoorganisches Syndrom (POS).

    International sind die Bezeichnungen Attention Deficit Disorder (ADD) bzw. Attention Deficit/Hyperactivity Disorder (ADHD) üblich.

    Vorkommen und Entwicklung

    Die Hyperaktivität war ehemals das einzige sichere Leitsymptom. Forschungsergebnisse zur Genese von ADHS seit 1990 führten dazu, dass heute mehr Betroffene als früher diagnostiziert werden können und sich das Geschlechterverhältnis zwischen betroffenen Frauen und Männern von 1:9 auf 1:3 verringerte. Die Rate der insgesamt Betroffenen, früher mit 3-6% angegeben, wird heute mehrheitlich auf 6% geschätzt. Verschiedene Autoren, die leicht betroffene und nicht therapiebedürftige Personen mit berücksichtigen, sprechen auch von Raten bis zu 25%.

    ADHS betrifft nach den Kriterien des DSM-IV ca. 4-8% aller Schulkinder in Deutschland. Nimmt man die Bemessungsgrundlagen des ICD-10 für das Hyperkinetische Syndrom, so erhält man Schätzraten von 1-3 %. Rein rechnerisch bedeutet das, dass in jedem Klassenzimmer durchschnittlich etwa ein betroffenes Kind sitzt. Jungen werden gegenüber Mädchen häufiger diagnostiziert. Bisher wird ein Geschlechterverhältnis von 3:1 angenommen. Aktuelle Hypothesen vermuten ein ausgeglicheneres Verhältnis.

    Die Prävalenz von ADHS im Erwachsenenalter wird mit 1,3% bis 4,7% angegeben (Quelle: Deutsches Ärzteblatt Ausgabe 37 vom 10. September 2004). Zwischen 30% und 70% der ADS-betroffenen Jugendlichen behalten die Störung auch im Erwachsenenalter bei (Persistenz); hierzu ist die Forschung aber noch nicht abgeschlossen. Im Erwachsenenalter bildet sich die Hyperaktivität stark zurück und ADHS wird häufig von Folgeerkrankungen begleitet, zumeist sind es Depressionen, Angststörungen und Störungen des Selbstbildes und Selbstwertgefühls, da der Betroffene oft von sozialen Gruppen zurückgewiesen wird. So entstehen nicht zuletzt auch soziale Phobien. Bei Frauen werden auch Essstörungen beobachtet. Betroffene beiderlei Geschlechts können Bulimie als Begleiterkrankung haben.

    ADHS im Erwachsenenalter ist seit 1995 bekannt und seit 2003 auch in Deutschland anerkannt.<--! Quelle: Berger Psychische Krankheiten, Klinik + Therapie -->

    Nach der übereinstimmenden Meinung vieler Neurologen und Psychologen sind heutzutage nicht mehr Kinder und Erwachsene betroffen als früher. ADHS tritt aber aktuell verstärkt und offensichtlicher zu Tage, so dass sich die Grenze zwischen nicht behandlungsbedürftigen und behandlungsbedürftigen Betroffenen in den letzten Jahrzehnten in Richtung der behandlungsbedürftigen Betroffenen verschoben hat. Ursächlich hierfür ist einerseits die weiter fortschreitende Vernetzung der Gesellschaft und die damit einhergehende Reizüberflutung durch ein Überangebot an Informationen, Kommunikation und medialen Reizen wie Fernsehen, Computer und Mobiltelefon und andererseits die deutlich erhöhten Anforderungen an jeden Einzelnen durch die immer schneller zunehmende Komplexität im privaten und beruflichen Leben sowie die immer häufiger vorzufindende Strukturlosigkeit in Familie, Schule und Gesellschaft. Aufgrund dieser Gegebenheiten sehen sich ADHS-Betroffene im Allgemeinen einer größeren Herausforderung gegenüber, ihr Leben zu gestalten.

    Problematisch ist die Diagnosestellung, da die Kernsymptome auch als völlig normale Erscheinungen in den Entwicklungsphasen des Vorschulalters auftreten und die Unterscheidung zwischen Variationen der Norm und Auffälligkeit Eltern und Erziehern daher oft sehr schwer fällt. In einer Studie von Manfred Döpfner (Universität Köln) konnten einzelne Symptome bei bis zu 31% der Jungen festgestellt werden. Die notwendige Anzahl der Kriterien für eine ADHS-Diagnose erreichten hier aber nur 6% aller Kinder.

    In den letzten 30 Jahren wurden zumeist Erziehungsfehler, Elternproblematik, Vernachlässigung und frühkindliche Traumata für die Ursachen von ADHS gehalten und die Störungen grundsätzlich als soziales und pädagogisches Problem angesehen. Diese Ansichten werden von neueren Untersuchungen jedoch ausgeschlossen.

    Ursachen

    Nach derzeitigen Forschungsstand (Sommer 2006) ist von einer multifaktoriellen Verursachung von ADHS auszugehen, also dem Zusammenwirken mehrerer Faktoren. Bei ca. 50% der darauf untersuchten ADHS-Betroffenen besteht eine genetisch bedingte Anormalität der neuronalen Signalverarbeitung im Gehirn.
    Links: Gehirnaktivität einer Person ohne ADS. Rechts: Aktivität einer Person mit ADS.
    Links: Gehirnaktivität einer Person ohne ADS. Rechts: Aktivität einer Person mit ADS.

    Davon sind insbesondere neuronale Regelkreise betroffen, die für die Regulation bzw. das Zusammenwirken von Motivation, Kognition, Emotion und dem Bewegungsverhalten verantwortlich sind. Da das Frontalhirn und das sogenannte Striatum (ein Teil der Basalganglien) in diesen Regelkreisen eine bedeutende Rolle spielen, spricht man auch von einer Striatofrontalen Dysfunktion. Diese ist zu einem Teil vererbt, eventuell aber auch pränatal, also während der Schwangerschaft erworben. Geschwister haben 3 bis 5 mal so häufig ADHS wie Nicht-Geschwister; die biologischen Eltern von ADHS-Erkrankten sind in etwa 18 Prozent der Fälle ebenfalls betroffen.

    Persönlichkeitsbefragungen von ADHS-Patienten an den „Official Medical Centers“ der großen amerikanischen Universitäten ergaben, dass die Entwicklung des Krankheitsbildes bei den Befragten fast ausnahmslos davon abhing

    * in welchem Alter die Erkrankung diagnostiziert wurde
    * wie das Umfeld im familiären bzw. privaten Bereich, in der Schule und am Ausbildungsplatz bis zum Zeitpunkt der Diagnose reagierte.

    Diese Bedingungen werden für den Verlauf der Erkrankung bis zum Zeitpunkt der Aufnahme medizinischer Maßnahmen in der ADHS-Forschung heute als sehr wesentlich eingeschätzt.

    Im Laufe der Lebensentwicklung der ADHS-Betroffenen führt die Symptomatik oft zu verschiedenen psychosozialen Folgeerscheinungen, die wiederum Rückwirkungen auf den Störungsverlauf haben und die Entstehung von Folgeerkrankungen erheblich beeinflussen. Durch die neurobiologisch bedingte Störung der Selbstregulation und Impulskontrolle kommt es beispielsweise immer wieder zu Konflikten mit Eltern, Gleichaltrigen und Lehrern, was durch ungünstige Bedingungen in Familie und Schule noch verstärkt werden kann.

    Dadurch wird oft eine Verstärkung der Symptomatik bewirkt sowie die Entstehung komorbider Symptome begünstigt (wie Leistungsdefizite, aggressives Verhalten und emotionale Störungen). Oft entsteht ein regelrechter Teufelskreis. Moderne Therapieansätze von ADHS streben daher neben der medizinischen und psychologischen Behandlung auch eine positive Veränderung des Umfelds der Betroffenen an, da dieses für den Krankheitsverlauf mitverantwortlich ist.

    Bislang sind jedoch keine Faktoren bekannt, die eindeutig belegen, dass psychosoziale Bedingungen eine primäre Rolle für die Entstehung einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung spielen. Zur Ausprägung der Störung im Entwicklungsverlauf tragen sie jedoch offenbar bei.


    Diagnostik

    Voraussetzung für jede Behandlung von ADS ist eine fundierte Diagnose durch einen mit der Materie vertrauten Arzt, in erster Linie Kinder- und Jugendpsychiater oder Pädiater – sog. Klinische Diagnose. Dabei müssen auch Differentialdiagnosen und eventuelle begleitende Krankheiten (Komorbiditäten), wie z. B. eine Störung des Sozialverhaltens, Angststörungen, Zwangsstörungen, Depressionen, eine Bipolare Störung, das Tourette-Syndrom, das Asperger-Syndrom oder Autismus, sowie bei älteren Kindern/Erwachsenen Sucht/Abhängigkeit/Stoffmissbrauch (insbesondere Zigarettenrauchen) berücksichtigt werden.

    Es hat sich bei Betroffenen sehr häufig als schwierig herausgestellt, einen kompetenten Facharzt für ADHS zu finden und sehr viele Betroffene werden erst in relativ fortgeschrittenem Alter diagnostiziert. Kirsten Stollhoff, Autorin des Buches "Hochrisiko ADHS", rechnet vor, dass bei den etwa 5% schwer Betroffenen, von denen man realistischerweise ausgehen könne, 1999 584.700 Kinder in Deutschland behandlungsbedürftig gewesen seien. Behandelt wurden davon nur 10%.

    Hinweise für ADHS können leicht gefunden werden, beispielsweise durch Konzentrationstests wie den BP-Konzentrationstest nach Esser, der von jedem Lehrer im Klassenrahmen durchgeführt werden kann. Kinder, die in solchen Tests auffallend schlecht abschneiden, sollten zur weiteren Abklärung einem Facharzt vorgestellt werden. Namen von mit ADHS befassten Fachärzten finden sich in vielen Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland, die häufig eigene ADS-Netzwerke unterhalten. Es muss betont werden, dass ein schlechtes - oder gutes - Abschneiden in einem bestimmten Test nicht automatisch eine oder keine ADHS bedeutet, aber als Hinweis dienen kann.

    Die Diagnose wird dadurch erschwert, dass es keinen spezifischen ADHS-Test gibt, weswegen eine seriöse Diagnose sich auf Informationen aus unterschiedlichen Quellen stützen sollte. Zur grundlegenden Diagnostik gehören daher neben der Befragung des betroffenen Kindes, der Eltern/Erzieher und Lehrkräfte auch eine Testdiagnostik und eine Verhaltensbeobachtung in mindestens zwei Situationen, die für den Alltag des Kindes typisch sind.

    Klinisch auffällig ist die paradoxe Reaktion auf Benzodiazepine (Valium u.a.), daher Achtung bei Narkosemitteln. Leicht beobachtbar sind Komorbiditäten wie Einnässen, Hörstörungen, Überempfindlichkeit auf grelles Licht, leichte Erregbarkeit bei Schwierigkeiten und Probleme, wieder ruhig zu werden.

    Als Voraussetzung für die Diagnose ADHS müssen die Symptome mindestens seit sechs Monaten vorliegen und erstmals schon vor dem siebten Lebensjahr aufgetreten sein. Nach Krause ("ADHS im Erwachsenenalter", 2005) kann sich ADS allerdings bei Frauen auch erst in der Pubertät zeigen. Auf jeden Fall müssen die Symptome deutliche Beeinträchtigungen für das tägliche Leben der betroffenen Person mit sich bringen. Ein Ausschluss von möglichen anderen Störungen, welche die hyperkinetischen Symptome besser erklären würden, ist dabei unerlässlich. Es darf zum Beispiel keine tiefgreifende Entwicklungsstörung, keine Schizophrenie oder keine andere psychotische Störung vorliegen.

    Für die Fremdurteile (Lehrkräfte, Eltern) steht eine Reihe von Fragebogenverfahren zur Verfügung. Besser ist jedoch die direkte Beobachtung des Kindes in der Schule und zuhause; diese sollte zusätzlich erfolgen.

    Eine testpsychologische Untersuchung sollte mindestens ein bis zwei Stunden dauern, um auch eine gründliche Verhaltensbeobachtung in der Testsituation zu gewährleisten. Reine Konzentrationstests wie etwa der d2-Test (Brickenkamp) oder der BP-Konzentrationstest nach Esser reichen alleine nicht aus, um eine Aussage über die Konzentrationsfähigkeit eines Kindes im Alltag zu treffen, zusätzlich müssen eine Reihe weiterer Tests, z. B. der Denkfertigkeiten ("Intelligenztest") durchgeführt werden.

    In Kliniken oder ärztlichen Praxen wird aus Kostengründen selten zusätzlich eine MRT angefertigt. Ein EEG wird durchgeführt, um Auskunft darüber zu geben, ob andere Erkrankungen vorliegen. Vor allem im Falle einer Medikation soll auf diese Weise ausgeschlossen werden, dass etwa eine Epilepsie vorliegt.

    Klassifizierung nach ICD und DSM

    Unterteilung nach ICD-10

    * Störung von Aktivität und Aufmerksamkeit (F90.0)
    * Hyperkinetische Störung mit Störung des Sozialverhaltens (F90.1)
    * Andere hyperkinetische Störungen (F90.8 oder F.90.9)
    * Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität (F.98.8)


    Das Diagnostische Manual DSM-IV unterteilt in drei ADS-Erscheinungsbilder:

    * ADS, kombinierter Typ (häufigste Erscheinungsform mit allen drei Kernsymptomen) (314.01)
    * ADS, vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ (primär Hyperaktivität und Impulsivität, geringe Aufmerksamkeitsstörung) (314.01)
    * ADS, vorwiegend unaufmerksamer Typ (primär Aufmerksamkeitsstörung, geringe Hyperaktivität und Impulsivität) (314.00)

    Durch ihre motorische Hyperaktivität fallen die beiden ersten Typen mit Aufmerksamkeitsdefizitstörung eher auf als der nach außen nicht hyperkinetisch wirkende, unaufmerksame Typus. Dieser Typ scheint eher verträumt und ruhig zu sein. Innere Unruhe beziehungsweise gedankliche Umtriebigkeit und Impulsivität können jedoch genauso auftreten wie bei den anderen Typen. Oft kommt es erst relativ spät zu einem scheinbar unerklärlichen Versagen in der Schule oder im Beruf. Es wird vermutet, dass Mädchen in dieser Gruppe stärker vertreten sind als in den beiden anderen und deshalb seltener diagnostiziert werden. Von Frau Dr. Simchen wird der Begriff Hypoaktiv für den unaufmerksamen Typ der ADS benutzt.

    ICD-10

    A. In Bezug auf Alter und Entwicklungsstand nachweisbare Abnormität von Aufmerksamkeit und Aktivität zu Hause. Gekennzeichnet durch mindestens drei dieser Aufmerksamkeitsschwierigkeiten:

    1. Kurze Dauer spontaner Aktivitäten.
    2. Mangelnde Ausdauer beim Spielen.
    3. Überhäufiges Wechseln zwischen verschiedenen Aktivitäten.
    4. Stark beeinträchtigte Ausdauer bei der Bewältigung von Aufgaben, die von Erwachsenen gestellt werden.
    5. Ungewöhnlich hohe Ablenkbarkeit während schulischer Arbeiten wie Hausaufgaben oder Lesen.
    6. Ständige motorische Unruhe (rennen, hüpfen, Füße wippen etc.).
    7. Bemerkenswert ausgeprägte Zappeligkeit und Bewegungsunruhe während spontaner Beschäftigungen.
    8. Bemerkenswert ausgeprägte Aktivität in Situationen, die relative Ruhe verlangen (wie z. B. Mahlzeiten, Reisen, Besuche, Gottesdienst).
    9. Schwierigkeiten, sitzen zu bleiben, wenn es verlangt wird.

    B. In Bezug auf Alter und Entwicklungsstand nachweisbare Abnormität von Aufmerksamkeit und Aktivität im Kindergarten oder in der Schule (falls zutreffend). Gekennzeichnet durch mindestens drei dieser Aufmerksamkeitsschwierigkeiten:

    1. Außergewöhnlich geringe Ausdauer bei der Bewältigung von Aufgaben.
    2. Außergewöhnlich hohe Ablenkbarkeit, d.h. häufiges Zuwenden zu externen Stimuli.
    3. Überhäufiger Wechsel zwischen verschiedenen Aktivitäten, wenn mehrere zur Auswahl stehen.
    4. Extrem kurze Dauer von spielerischen Beschäftigungen.
    5. Beständige und exzessive motorische Unruhe (Rennen, Hüpfen, Füße wippen etc.) in Situationen, in denen freie Aktivität erlaubt ist.
    6. Bemerkenswert ausgeprägte Zappeligkeit und motorische Unruhe in strukturierten Situationen.
    7. Extrem viel Nebenaktivitäten bei der Erledigung von Aufgaben.
    8. Fehlende Fähigkeit, auf dem Stuhl sitzenbleiben zu können, wenn es verlangt wird.

    Daneben darf es sich nicht um eine tiefgreifende Entwicklungsstörung (F84), Manie (F30), Depression (F32) oder Angststörung (F41) handeln, die Symptomatik sollte vor dem 6. Lebensjahr beginnen und mindestens 6 Monate andauern und der IQ muss einen Wert von 50 überschreiten.

    DSM-IV

    Für eine Diagnose nach den Kriterien des DSM IV, müssen in den Bereichen der Unaufmerksamkeit oder der Hyperaktivität und Impulsivität, jeweils sechs (oder mehr) Symptome in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessen Ausmaß vorhanden gewesen sein.

    Symptome der Unaufmerksamkeit
    Sechs (oder mehr) der folgenden Symptome von Unaufmerksamkeit sind während der letzten sechs Monate in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessen Ausmaß vorhanden gewesen:

    1. beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schularbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Tätigkeiten
    2. hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten
    3. scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn/sie ansprechen
    4. führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen (nicht aufgrund oppositionellen Verhaltens oder Verständigungsschwierigkeiten)
    5. hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren
    6. vermeidet häufig oder hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die länger dauernde geistige Anstrengungen erfordern (wie Mitarbeit im Unterricht oder Hausaufgaben)
    7. verliert häufig Gegenstände, die für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt werden (z. B. Spielsachen, Hausaufgabenhefte, Stifte, Bücher oder Werkzeug)
    8. lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken
    9. ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich

    Der hyperaktive Zappelphilipp aus Struwwelpeter von H. Hoffmann
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    Der hyperaktive Zappelphilipp aus Struwwelpeter von H. Hoffmann

    Hyperaktivität und Impulsivität
    Sechs (oder mehr) der folgenden Symptome der Hyperaktivität und Impulsivität sind während der letzten sechs Monate beständig in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß vorhanden gewesen:

    Symptome der Hyperaktivität

    1. zappelt häufig mit Händen oder Füssen oder rutscht auf dem Stuhl herum
    2. steht in der Klasse oder in Situationen, in denen Sitzen bleiben erwartet wird, häufig auf
    3. läuft herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist (bei Jugendlichen oder Erwachsenen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt bleiben)
    4. hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen
    5. ist häufig "auf Achse" oder handelt oftmals, als wäre er/sie "getrieben"
    6. redet häufig übermäßig viel

    Symptome derImpulsivität

    1. platzt häufig mit Antworten heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist
    2. kann nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist
    3. unterbricht und stört andere häufig (platzt z. B. in Gespräche oder Spiele anderer hinein)

    Für eine Diagnose ist es wichtig, dass einige Symptome vor dem 7. Lebensjahr und in zwei oder mehr Bezugssystemen (z. B. Schule, Arbeitsplatz oder Zuhause) auftreten, sowie eine Beeinträchtigung im sozialen, Lernleistungs- oder beruflichen Bereich mit sich führen und nicht durch ein anderes psychisches Störungsbild besser erklärbar ist.

    Behandlungsbedürftigkeit

    ADS kann in drei Schweregrade eingeteilt werden:

    * Der leicht Betroffene hat zwar die biologische und genetische Prädisposition, bei ihm ist die Symptomatik aber nicht so stark ausgeprägt, dass er behandlungsbedürftig ist. Er besitzt eine höhere Kreativität, ist etwas weniger impulsgehemmt als normal und kann sich nicht so gut konzentrieren wie andere Menschen. Dafür bekommt er aber am Rande liegende Details sehr viel besser mit. Trotzdem ist eine frühzeitige Information des Betroffenen und seines Umfeldes über ADS sowie eine psychosoziale Hilfestellung wichtig. Hierdurch kann ein Betroffener in seiner Entwicklung günstig beeinflusst werden und die negativen Symptome werden abgeschwächt.
    * Der mittelschwer Betroffene ist behandlungsbedürftig und leidet neben ADS zunehmend unter Folgeerkrankungen. Er entwickelt aber keine Störung des Sozialverhaltens oder andere soziale Auffälligkeit. Unter Umständen ergreift er einen Beruf, für den er geistig deutlich überqualifiziert ist. Das Suizidrisiko ist ohne Behandlung erhöht, und die Wahrscheinlichkeit von Schulversagen und Versagen im Beruf nimmt zu.
    * Ein schwer Betroffener hat ein gestörtes Sozialverhalten und ein stark erhöhtes Risiko, ein Suchtverhalten zu entwickeln oder in die Kriminalität abzurutschen. Ohne Behandlung ist er nur schwer zu (re-)sozialisieren.

    Mit einer umfassenden Prophylaxe und der Information des Umfeldes über die Störung kann man unter Umständen erreichen, dass sich die einzelnen Symptome weniger deutlich ausprägen, so dass ursprünglich schwerer Betroffene in eine schwächere Kategorie fallen. Hierbei ist aber zu bedenken, dass ein Großteil des Schweregrades neurobiologisch bedingt ist und daher nur begrenzt beeinflussbar ist.

    Behandlung

    Ziel der Behandlung ist es, das individuell unterschiedlich vorhandene Potential auszuschöpfen, die sozialen Fähigkeiten auszubauen und eventuelle Begleitstörungen zu behandeln. Die Behandlung sollte multimodal erfolgen, das heißt, es sollten parallel mehrere Behandlungsschritte durchgeführt werden (z. B. Psychotherapie, Psychosoziale Interventionen, Coaching, Pharmakotherapie).

    Vorsorge

    Für die Behandlung von Klein- und Schulkindern mit ADS hat sich das Marburger Konzentrationstraining (MKT) als positiv und hilfreich herausgestellt. Ähnlich dem Autogenen Training beruht es auf verbaler Selbstinstruktion und ist auch für vollkommen gesunde Kinder oder für Kinder mit ungesicherter Diagnose geeignet. Autogenes Training kann ebenfalls als unterstützende "sanfte" Maßnahme bei älteren Kindern und Erwachsenen hilfreich sein.

    Information

    Eingehende und umfassende Information aller beteiligten Personen über ADS ist ein wesentlicher Bestandteil jeglicher Therapie. Betroffene sollten über die Art der Störung (ADS ist keine Geisteskrankheit, kein Schwachsinn und keine Faulheit), die Symptome, die möglichen Schwierigkeiten im Alltag und etwaige Behandlungsmöglichkeiten in Kenntnis gesetzt werden.

    Neben dem ärztlich-psychologischen Gespräch gibt es einschlägige Literatur, sowohl für Eltern als auch für betroffene Erwachsene und Kinder, wobei diese Bücher im Aufbau oft auf die Art der Störung Rücksicht nehmen (wenig Fließtext, viele Zeichnungen, usw.).

    Medikamentöse Einstellung

    Eine Medikation ist bei mittel und schwer Betroffenen in vielen Fällen angezeigt. Die Medikation soll die Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Selbststeuerungsfähigkeit verbessern. Sie kann den Leidensdruck der Betroffenen mindern. In manchen Fällen werden so erst die Voraussetzungen für weitere therapeutische Arbeit geschaffen.

    Grundmedikation

    Zur medikamentösen Behandlung der ADS werden in erster Linie Stimulanzien eingesetzt, die den Dopaminstoffwechsel im Gehirn beeinflussen. Dazu gehören insbesondere Methylphenidat und Amphetaminderivate (D-L Amphetamin), in der Schweiz auch Dexamin. Beide Medikamente werden seit Jahrzehnten eingesetzt und mindestens 70 % der Betroffenen sprechen darauf an, wobei Methylphenidat heute in der Medizin als Mittel der ersten Wahl gilt.

    Bereits nach einer halben Stunde zeigt sich die Wirkung der Stimulanzien bei vielen ADS-Patienten. Sie werden gewöhnlich ausgeglichener, aufmerksamer und fühlen sich zentrierter. Allerdings hält die Wirkung bei den Kurzzeit-Präparaten nur wenige Stunden an. Da die optimal wirksame Dosis unterschiedlich sein kann, ist es wichtig, die Dosierung individuell einzustellen. Es sind auch retardierte Präparate (z. B. Medikinet® retard 10mg, 20mg, 30mg, 40mg und Concerta®) erhältlich, die nur einen Teil des Wirkstoffes sofort abgeben und den Rest über Stunden verteilt. Damit lassen sich morgendliche Einmalgaben erreichen. Die Einnahme bzw. Wirksamkeit von Retardpräparaten setzt aber eine regelmäßige Aufnahme von Nahrungsmitteln voraus!

    Zusätzlich können Antidepressiva zur Behandlung eingesetzt werden.

    Methylphenidat

    Methylphenidat wird seit 1959 eingesetzt und ist im Rahmen der Kurzzeitwirkung umfangreich untersucht worden. Langzeitanwendungen werden kontrovers diskutiert, bisherige Studien mit Kontrolltomographien haben aber keine Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung durch Methylphenidat ergeben. Trotzdem sollte der Wirkstoff nur nach sorgfältiger ärztlicher Indikationsstellung im Rahmen eines Gesamtbehandlungskonzeptes verordnet werden. In Deutschland wird Methylphenidat unter den Handelsnamen Ritalin, Ritalin SR, Ritalin LA, Medikinet, Concerta, Methylphenidat Hexal und vielen weiteren vertrieben, da der Produktschutz abgelaufen ist (siehe Generikum). Das bekannteste Methylphenidat-Präparat ist Ritalin. Alle diese Präparate enthalten den gleichen Wirkstoff, jedoch gibt es Unterschiede wie z. B. bei den Füll- und Zusatzstoffen. Ritalin hat beispielsweise eine andere Wirkdauer als Concerta oder Medikinet retard, denn bei retardierten Medikamenten wird der Wirkstoff über Depots zeitversetzt und kontinuierlich über den Tag an den Körper abgegeben. Dies kann sich je nach Patient unterschiedlich auswirken. Daher sind Wirkung und Nebenwirkung bei jedem Patienten zu kontrollieren um gegebenenfalls ein anderes Präparat auszuprobieren.

    Die Einstellung auf das Medikament erfolgt nach der so genannten Titrationsmethode, in dem der Arzt zunächst die notwendige Einzeldosierung (in der Regel zwischen 5 und 20 mg) und die individuelle Wirkungsdauer (ca. 3-5 h) bestimmt. Anhand von Beobachtungsbögen wird die Wirkung von Eltern, ggf. Lehrern oder Therapeuten beurteilt und danach die Dosierung angepasst. Die notwendige Dosis variiert individuell stark. Während man früher davon ausging, dass die Regeldosis nicht über 1 mg pro Kilogramm Körpergewicht liegen sollte, wird diese Empfehlung nicht mehr vertreten.

    Aufgrund der kurzen Wirkzeit kann an deren Ende ein Rückschlag (rebound) auftreten. Hierbei nehmen die Patienten wieder Symptome der Unruhe bzw. Hyperaktivität wahr. Eine zu hohe Dosis von Methylphenidat führt ebenfalls zu Unruhegefühl oder innerer Anspannung, selten auch zu einem deutlichen Rückgang der Aktivität mit Mattigkeit und einem verminderten Antrieb. Diese Erscheinungen halten nur für die Wirkdauer an und sind reversibel. Durch angemessene Dosisfindung können sie korrigiert werden.

    Nebenwirkungen der Behandlung mit Stimulanzien sind normalerweise auf die Einstellungsphase begrenzt und kurzzeitig. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören Appetitminderung oder Magenbeschwerden, Kopfschmerzen und seltener Ticstörungen. Während bei einigen Kindern zunächst Schlafprobleme auftreten können, benötigen andere Kinder sogar eine kleine Dosis Methylphenidat um ihre gedankliche Unruhe und Reizfilterschwäche behandelt zu bekommen und zum Schlaf zu finden.

    ADS-Patienten weisen ein erhöhtes Suchtrisiko auf, weshalb die Gabe von Stimulanzien lange als Risiko für eine spätere Suchtentwicklung galt. In Studien wurde jedoch gezeigt, dass die Gabe von Methylphenidat nicht zu einer Abhängigkeitsentwicklung führt und beiträgt. Vielmehr scheint sich das Risiko für eine frühzeitige Nikotin-, Alkohol- bzw. Drogenabhängigkeit zu vermindern. Nur bei bewusst missbräuchlicher Verwendung oder extrem hohen Dosierungen besteht die Gefahr einer Toleranz- und einer Abhängigkeitsentwicklung.

    Auch bei Erwachsenen stellt die Behandlung mit Methylphenidat nach den geltenden Leitlinien in Deutschland die medikamentöse Behandlung der ersten Wahl dar. Allerdings ist derzeit kein derartiges Präparat in Deutschland für die Behandlung bei Erwachsenen zugelassen, dieses kann jedoch vom Arzt im Rahmen eines Heilbehandlungsversuches verordnet werden (sog. „off-label“-Verordnung). Bei einigen Krankenkassen ist die Kostenübernahme noch nicht geklärt. In der Schweiz wird Methylphenidat von der Krankenkasse auch für Erwachsene bezahlt, Dexamin jedoch weder für Erwachsene noch für Kinder.

    Amphetaminpräparate

    Für Patienten, die auf Methylphenidat nicht ausreichend positiv ansprechen oder gar depressive Verstimmungen entwickeln, kann eine Behandlung mit Amphetaminsulfat sehr erfolgversprechend sein. Dies zeigt sich bei komorbiden aggressiven Verhaltenstörungen in erhöhtem Maße. Wenn ein Kind unter Methylphenidat eine Ticstörung entwickelt, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese unter Amphetaminsulfat nicht auftritt, und umgekehrt. Des Weiteren ist Amphetaminsulfat günstig bei sozialen Störungen. Bei der Behandlung von ADHS-Patienten mit komorbider Borderline-Störung hat sich eine geringe Dosis (1-2 mg täglich) bewährt und zeigt häufig stimmungsstabilisierende Wirkung.

    Während in den USA Fertigpräparate unter Markennamen wie Adderall oder Benzedrine erhältlich sind, gibt es Amphetamine in Deutschland und in der Schweiz gegenwärtig nur als Rohsubstanz, welche deshalb als Saft oder in Form von Kapseln rezeptiert werden muss.

    Atomoxetin

    Strattera (Wirkstoff Atomoxetin) ist ein seit März 2005 in Deutschland erhältliches Antidepressivum (sog. Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer), der sich in internationalen Studien ebenfalls als wirksam in der Behandlung von ADS erwiesen hat. Der Wirkeintritt kann jedoch im Gegensatz zu Stimulanzien erst nach einigen Wochen beurteilt werden, da das Medikament schrittweise auf die Wirkdosis (in der Regel 1,2 mg/kg Körpergewicht) eingestellt werden muss.

    Ferner liegen zur Wirkung und den Nebenwirkungen von Atomoxetin noch keine Langzeitstudien vor, da das Medikament erst seit kurzem auf dem Markt ist.

    Weitere Medikation

    Darüber hinaus kommen Trizyklische Antidepressiva und Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer in Frage, die jedoch nur bei einem wesentlich kleineren Prozentsatz der Betroffenen, bei denen Methylphenidat nicht den gewünschten Effekt hat, eingesetzt werden. Aufgrund des, zumindest bei Trizyklische Antidepressiva, ungünstigeren Nebenwirkungsprofils finden sie nur in Ausnahmefällen Verwendung. Mit relativ großem Erfolg werden Antidepressiva eingesetzt, wenn Depressionen als Begleit- oder Folgeerkrankungen auftreten, da diese Mittel dann nicht nur die Depression, sondern auch die ADS-Symptomatik positiv beeinflussen können. Hierbei haben sich folgende Mittel als besonders geeignet herausgestellt.

    * Mirtazapin (Handelsname Remergil) ist ein Antidepressivum aus der Klasse der Noradrenalin- und Serotonin-Agonisten (NaSSA), das die Bildung von Serotonin und Noradrenalin anregt.

    * Venlafaxin (Handelsname Trevilor) ist ein Selektiver Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer.

    * Fluoxetin (Handelsname Fluxet, besonders bekannt geworden unter dem US-Handelsnamen Prozac) ist ein Selektiver Serotonin Wiederaufnahme-Hemmer. In hohen Dosen kann Fluoxetin auch die Noradrenalin- Wiederaufnahme hemmen (Individuell verschieden, Einnahme bis max. 80 mg zulässige Höchstdosis pro Tag).

    * Reboxetin (Handelsname Solvex) ist ein hochselektiver Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer, welcher bei depressiven Patienten vor allem der Antriebslosigkeit entgegenwirken soll. Neben anfänglichem Schwindel, Impotenz und sexueller Unlust tritt häufig ein Gewöhnungseffekt ein und die Wirkung lässt nach. Auch bei schleichendem Absetzen können Entzugserscheinungen wie starke innere Unruhe und Albträume auftreten. Reboxtin soll im Gegensatz zu trizyklischen Antidepressiva nicht zu einer Gewichtszunahme führen.

    * Häufig haben sich sog. Betablocker, wie sie bei Kopfschmerzen und v. a. Migräne eingesetzt werden, als wirksam erwiesen, da auch sie auf den Noradrenalinhaushalt wirken und Spannungskopfschmerzen häufig Begleitsymptome von ADS sind.

    Die Mittel wirken durch die Beeinflussung des Serotoninhaushaltes nicht nur gegen Manien und Depressionen, sondern durch die Noradrenalin-Komponente auch auf Antriebskraft und Konzentration des ADS-Betroffenen.

    Psychotherapie

    Verhaltenstherapie

    Psychotherapeutische Behandlungsmethoden gelten als ein wesentlicher Bestandteil im Rahmen der multimodalen Therapie. Zielsetzung ist dabei, eine möglichst angemessene Kompetenz im Umgang mit den ADS-Besonderheiten und -Problemen zu erwerben.

    Im Kindesalter orientieren sich verhaltenstherapeutische Therapieprogramme daran, in einem Elterntraining Informationen zu ADS und geeignete Hilfen zum Aufbau von festen Regeln und Strukturen zu vermitteln (z. B. Verstärkersysteme mit einem Token-System oder Response-Cost, Hilfen im Umgang mit Problemverhalten). Weitere Zielsetzungen können die Verbesserung der Selbststeuerung (z. B. durch Coaching, Selbstinstruktionstraining oder Selbstmanagement-Methoden) und der Aufbau bzw. die Stärkung des Selbstwertgefühls der Kinder und Jugendlichen sein.

    Im Erwachsenenalter fehlen bisher Untersuchungen, die einen Wirkungsnachweis der Psychotherapie bei ADS zeigen. Derzeit laufen jedoch Forschungen, die unter anderem ein spezielles Fertigkeitentraining bei ADS-Erwachsenen untersuchen. Es ist zu erwarten, dass auch bei Erwachsenen verhaltenstherapeutische Therapieangebote wirksam sind. Dr. med Doris Ryffel-Rawak, die in der Schweiz hauptsächlich mit erwachsenen Betroffenen arbeitet, sieht die Verhaltenstherapie allerdings zumindest bei Erwachsenen, neben medikamentöser Einstellung und Coaching, als wesentlich zur Behandlung mittlerer bis schwer Betroffener an.

    Tiefenpsychologie

    Zur Behandlung von Komorbiditäten entsprechend der Klasse zur Behandlung dieser Symptomatik

    Betroffene Erwachsene weisen häufig Begleitstörungen und Folgeerkrankungen (z. B. Ängste, Depressionen, Essstörungen, Suchtprobleme, Persönlichkeitsstörungen) auf. Liegen erhebliche Selbstwertprobleme und negative Selbstüberzeugungen vor, können auch tiefenpsychologische Behandlungsmethoden zur Stärkung der Ich-Strukturen hilfreich sein.

    Familientherapie

    Da häufig das gesamte Familiensystem betroffen ist, haben auch systemische Behandlungskonzepte einen Stellenwert in der Therapie. Die Berücksichtigung der selbst betroffenen Elternteile hinsichtlich der Bindungsstrukturen und Interaktionsverhalten in der Familie gewinnen zunehmend an Bedeutung. Besonders hilfreich sind die Angebote, die als Elterntraining direkt im psychosozialen Umfeld des Kindes stattfinden.

    Weitere Behandlungsunterstützung

    Hilfen zur Erziehung

    Die Jugendhilfe bietet interessierten Eltern als unterstützende Maßnahmen Hilfen zur Erziehung, zum Beispiel Erziehungsberatung, Sozialpädagogische Familienhilfe, Tagesgruppen. Dabei wird versucht, mit modernen erzieherischen Methoden und einer speziellen Förderung die oft existierenden Defizite im Verhalten zu verringern und darüber auch eine Verbesserung der schulischen Leistungen zu bewirken.

    Eltern haben auch die Möglichkeit, selbst gewählte Hilfen über das regional zuständige Jugendamt zu beantragen. Nach §5 SGB VIII besteht für die Eltern ein Wunsch und Wahlrecht hinsichtlich der Art des Hilfeangebotes und des Anbieters / Beraters. In der Regel reicht es, einen formlosen Antrag auf Hilfe zur Erziehung zu stellen.

    Coaching

    Doris Ryffel-Rawak sieht Coaching neben Medikamenten und Verhaltenstherapie als wesentlich für die Behandlung ADS-Betroffener an. Hierbei steht dem Betroffenen neben dem Therapeuten und Neurologen noch eine Vertrauensperson zur Verfügung, die ihn unterstützt, mit ihm Ziele entwirft und mit ihm gemeinsam Strategien entwickelt, wie diese Ziele zu erreichen sind. Somit arbeitet der Coach fast permanent mit dem Betroffenen und hilft ihm, die getroffenen Vorsätze umzusetzen.

    Ergotherapie

    Mit ADS ist häufig eine Neigung zur Grobmotorik und eine Störung der Feinmotorik verbunden. Abhilfe hier kann eine Ergotherapie schaffen.

    Nährstofftherapie

    Relativ neu ist ein Behandlungsansatz mittels Nährstofftherapie. Dabei werden neben den Medikamenten Omega-3-Fettsäure, Magnesium, Zink und Vitamin E als Lebensmittel- oder Nahrungsergänzungspräparate gegeben. Ebenfalls wird empfohlen, den Konsum von Lebensmitteln mit hoher glykämischer Last zu vermeiden und möglichst proteinhaltige und kohlenhydratreiche Nahrung zu verzehren. Ob es sich dabei um einen wissenschaftlichen Ansatz oder um eine diätetische Mode handelt, sei dahingestellt. Ältere, mittlerweile verworfene Ansätze führten ADS auf einen Phosphatüberschuss in der Nahrung zurück, was jeglicher wissenschaftlichen Grundlage entbehrt.

    Behandlung Erwachsener mit Nikotinpflastern

    In neuerer Zeit wurde eine Studie darüber erstellt, ADS-betroffene Erwachsene mit Nikotinpflastern zu behandeln. Hierbei trat eine deutliche Besserung der Symptomatik auf. Dies könnte erklären, warum viele ADS-Betroffene so früh mit dem Rauchen beginnen.

    Alternative Behandlungen

    Neurofeedback-Training

    Neurofeedback ist eine Spezialform eines Biofeedback-Trainings, bei der eine trainierende Person computerunterstützt optische oder akustische Rückmeldung über Veränderungen der EEG-Signale ihres Gehirns erhält. Die Theorie des Neurofeedback-Trainings zur Aufmerksamkeitsdefizitstörung geht davon aus, dass eine von ADS/ADHS betroffene Persone eine vom Optimum abweichende Frequenzverteilung ihrer EEG-Wellen (z. B. zu viel high-Beta = Überaktivierung bzw. zu viel low-Theta = zu wenig Aufmerksamkeit) hat, die mittels operanter Konditionierung in eine gewünschte Richtung trainiert werden kann und somit eine Befindlichkeitsverbesserung bewirkt.

    Insbesondere seit der Verfügbarkeit von zur realtime-Frequenzanalyse genügend leistungsfähigen Personalcomputern - beginnend ab den 1990er Jahren - hat das Neurofeedbacktraining eine weitere Verbreitung ausgehend von Forschen und Geräteentwicklern in den USA gefunden. Weitergehende Forschungen, Studien zur Klärung noch ungelöster Fragen und Erfahrungsaustauch auf Fachtagungen auf den Gebieten des Neurofeedbacks werden angestrebt.

    Bislang liegen vereinzelt Wirksamkeitsstudien [6] und -vergleiche zu herkömmlichen Behandlungsmethoden bei der Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizitstörungen vor.

    Oligo-Antigene Diät

    Die Oligo-Antigene Diät ist ursprünglich ein Verfahren zur Behandlung von Neurodermitis und wirkt in 10-20% der Fälle auch bei ADS-Betroffenen. Hierbei wird dem Patienten vier Wochen lang eine Diät aus allergisch unbedenklichen Nahrungsmitteln verabreicht.

    Kommt es zu einer Besserung der Symptome, so werden nach und nach im Viertagesrhythmus weitere Nahrungsmittel zugesetzt und geprüft, ob sich die Symptomatik wieder verschlechtert, danach wird dieses Nahrungsmittel vollkommen ausgesetzt. Nach einiger Zeit soll sich so zeigen, welche Nahrungsmittel beim Patienten unbedenklich sind.

    Homöopathische Behandlung

    Eine homöopathische Behandlung von Kindern mit ADHS zeigt sich in aktuellen Studien als der Gabe von Placebos nicht[2] oder nur sehr gering[3] überlegen. Sie ist daher ungeeignet, eine konventionelle Therapie zu ersetzen und lediglich als eine mögliche Ergänzung zu betrachten.

    Wirkungslose und umstrittene Ansätze

    Andere Ansätze können aufgrund der Ergebnisse von Untersuchungen und Doppelblind-Studien als wirkungslos gegenüber ADS angesehen werden. Auch sind sie häufig gesundheitlich bedenklich.

    Die Behandlung mit so genannten AFA-Algen ist gefährlich, da Blaualgen im allgemeinen Toxine beinhalten, die sowohl die Leber als auch das Nervensystem nachhaltig schädigen können. Das kanadische Gesundheitsministerium hat sich nach entsprechenden Untersuchungen veranlasst gesehen, eine entsprechende Meldung herauszugeben und vor der Einnahme zu warnen.

    Seit den 90ern gibt es den NLP-Ansatz (D. Blackerby). Die Grundannahme für die Anwendung von NLP-Wissen besteht darin, dass die Symptome durch die "innere Wahrnehmung" des Einzelnen verursacht werden. Mit NLP-Wissen soll die Struktur der inneren Wahrnehmung erforscht und auch gezielt beeinflusst werden. NLP heilt nicht, sondern soll nur helfen, mit der Besonderheit besser klar zu kommen, sie zu verstehen und Fehlreaktionen zu vermeiden.

    Non-Responder

    Ein Non-Responder ist ein Mensch, der auf ein bestimmtes Medikament keine oder nicht die erwartete Wirkung zeigt. Dies gibt es auch bei ADS in bis zu 30% der Fälle.

    Krause et al. fasst den Stand der Forschung zusammen, dass zur Entstehung der striatofrontalen Dysfunktion, und damit ADS, eine Schwelle von verschiedenen defekten Genen überschritten werden muss. Einige dieser Gene sind ebenfalls für andere Erbkrankheiten wie das Fragile X-Syndrom, das Restless-Legs-Syndrom oder das Tourette-Syndrom verantwortlich, sodass hier häufig ein Zusammenhang besteht. Klinische Studien ergaben auch teils verschiedene Gendefekte bei den einzelnen Typen der Aufmerksamkeitsdefizitstörung. Krause et al. schließen daraus, dass sich verschiedene Symptome verschiedenen Defekten zuordnen lassen.

    Dies erklärt auch die Raten an Non-Respondern bei Methylphenidat (greift in den Dopamin-Haushalt ein) und Atomoxetin (greift in Noradrenalin ein). Wenn bei einem spezifischen ADS-Patienten der Dopamin-Haushalt nicht gestört ist, weil die Schwelle durch andere Gene überschritten wurde, zeigt er keine ADS-typische Wirkung auf Methylphenidat; entsprechendes gilt für Atomoxetin. In allen Fällen wurde aber eine signifikante Störung des Serotonin-Haushalts festgestellt, was zu einer Neigung zu Ängsten und Depressionen führt.

    Krause et al. schließen mit einem Ausblick, dass eine sichere Medikation und Behandlung erst dann möglich sein wird, wenn man alle an der Störung beteiligten Gene identifizieren und deuten kann.

    Auswirkungen auf die Biographie

    Stärken durch ADS

    Neben den negativen Symptomen haben ADS-Betroffene auch viele Stärken oder positive Eigenschaften. Manche Menschen sehen ein richtig eingestelltes ADS sogar als Gabe. Diese wurden beispielsweise von Bernd Heßlinger aufgelistet und den Schwächen gegenübergestellt. In der Psychotherapie wird versucht solche Stärken zu fördern.

    Zu den häufigen Stärken von ADS-Betroffenen gehört ihre Hypersensibilität, die sie Veränderungen sehr schnell erfassen lässt, was sich meist in einer besonderen Empathie und einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn äußert. Ihre Begeisterungsfähigkeit, die sich in besonderer Kreativität und Offenheit äußern kann, ihre Impulsivität, die sie richtig dosiert zu interessanten Gesprächspartnern macht oder z. B. der Hyperfokus, der zu langem ausdauerndem und konzentriertem Arbeiten an bestimmten Themen führen kann. Hyperaktivität kann auch zu besonderer Begeisterung am Leistungssport führen.

    Alle diese Stärken sind ADS-Symptome, die sich Betroffene mit leichter bis mittlerer ADS und in Grenzen auch schwer Betroffene nutzbar machen können. Am ehesten gelingt dies im Rahmen einer Verhaltenstherapie.

    Thom Hartmann hat in seinem Buch "Eine andere Art die Welt zu sehen" die These aufgestellt, Betroffene seien aus genetischer Sicht die Nachfahren der steinzeitlichen Jäger und Sammler (Hartmann nennt sie Hunter). Ihm zufolge ist die heutige moderne Gesellschaft eine Weiterentwicklung der Gesellschaft sesshaft gewordener Farmer. Um sich in dieser Gesellschaftsform leicht zurechtzufinden, benötigt man andere Voraussetzungen und Fähigkeiten als in einer von Huntern geprägten Gesellschaft. Dieser Unterschied zwingt Hunter dazu, sich mit ihren anderen Fähigkeiten und Voraussetzungen einer Farmer-Gesellschaft anzupassen. Wie ein Farmer zu leben, stellt für Hunter jedoch eine permanente potentielle Belastung dar. Daher stehen sie vor der Aufgabe, einen Weg zu finden, sich ihre Fähigkeiten trotz der ungünstigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zum Vorteil machen zu können. Das Ziel ist, Anerkennung für ihre besonderen Talente zu erlangen, anstatt permenent nur "anzuecken".


    In seinem 2000 erschienenen Buch ADD: Veränderungen selbst bewirken plädiert Hartmann dafür, ADS als eine Eigenschaft zu sehen, die durchaus verändert bzw. behoben werden kann.

    Auch Lynn Weiss gibt in ihrem Buch ADS im Job Tipps, wie man die Schwächen der Störung in den Griff bekommt und die Stärken gewinnbringend im Berufsleben einsetzt.

    ADS und Hochbegabung

    Intelligente und speziell hochbegabte Kinder sind nach einer Auffassung von ADS oft schwerer betroffen als normal begabte ADS-Kinder. Außerdem kommen nach Beobachtung von behandelnden Ärzten hochbegabte Kinder mit ADS proportional häufiger vor als ohne ADS. Dies konnte allerdings noch nicht bestätigt werden.

    Dank ihrer Intelligenz können sie sich über einen längeren Zeitraum anpassen und integrieren, jedoch fallen die Auswirkung der Störung bei ihnen umso höher aus, wenn sie damit fehlschlagen. Lebenskrisen und Depressionen können die Folge sein.

    Bekannt ist dieses Phänomen unter anderem aus der Schule, wo immer wieder hochbegabte Schüler in fortgeschrittenen Klassenstufen einen erheblichen Leistungseinbruch zeigen, ohne dass sonstige äußere Gründe dies erklären könnten.

    Es bleibt allerdings unklar, ob die Störungen der Kinder primär von ADS oder dem falschen Umgang mit ihrer Hochbegabung herrühren.

    Komorbiditäten und Folgeerkrankungen

    Wird ADS nicht diagnostiziert bzw. wird auch sonst keinerlei Hilfe und Therapie durchgeführt, hat dies Auswirkungen auf das Umfeld. Der Betroffene wirkt "desinteressiert", "faul", "dumm" oder "arrogant", er macht die Erfahrung des Schulversagens, und im Kindesalter erlebt er immer wieder Sanktionen für sein Verhalten durch Eltern, Lehrer und andere Gruppen. Erst nach der ADS-Diagnose können diese Personen und das Umfeld erfahren, wie sie sich dem Betroffenen gegenüber verhalten sollen.

    Hierdurch kommt es sehr häufig zu den weiter oben angesprochenen Folgeerkrankungen, die zu einem Karriereknick mit sozialem Abstieg führen können. Ein Betroffener, der immer die Erfahrung machen musste, seine Fähigkeiten nicht optimal einsetzen zu können, wird irgendwann resignieren und eine Karriere weit unter seinen Fähigkeiten einschlagen, wenn er nicht durch einen suchtgeprägten Lebensweg den sozialen Abstieg erlebt.

    Die Impulsivität vieler Betroffenen kann zu Berufsversagen führen.

    Lebensläufe als Kriminelle sind ebenfalls ein Problem vieler schwer ADS-Betroffener. Einerseits kann sich dies äußern als Beschaffungskriminalität bei Drogensucht. Andererseits kann die kriminelle Handlung selbst den ADS-Betroffenen die Stimulation geben, die sie benötigen; verringerte Impulskontrolle erhöht die Wahrscheinlichkeit von Körperverletzung, Sachbeschädigung, Vandalismus, Vergewaltigung und Diebstahl. Dies gilt besonders bei Betroffenen mit Störungen des Sozialverhaltens.

    Ob die oft mit schwerem ADS einhergehenden Störungen des Sozialverhaltens eine Ausprägung von ADS sind oder ob sie durch die gestörte Eltern-Kind-Beziehung und die Isolation von Gleichaltrigen entstehen, wird unter Neurologen noch diskutiert.

    Sucht

    Bei unbehandelten ADS-Betroffenen ist die Gefahr, eine Sucht auszubilden, um ein vielfaches größer als bei Nichtbetroffenen. Auf dem 9. Suchtmedizinischen Kongress 2000 in München stellte M. Huss eine Studie vor, dass behandelte Betroffene ein signifikant geringeres Suchtrisiko als unbehandelte haben. Ihr Suchtrisiko ist auf das Maß von Nichtbetroffenen reduziert. Dies wird von vielen Neurologen auf versuchte Selbstmedikation geschoben. Alkohol, Nikotin und viele Drogen wirken auch auf den gestörten Dopaminhaushalt des Betroffenen. Dieser macht dann die Erfahrung, dass er sich unter dem Einfluss dieser Stoffe besser fühlt. Da diese Mittel unverhältnismäßige schlecht kontrollierbare Nebenwirkungen haben und eine Abhängigkeit durch die Gewöhnung entwickelt werden kann, ist dies oft der Weg in die Sucht.

    Wie Sucht "funktioniert"

    Alle Phasen der Sucht spielen sich primär im gleichen kleinen Hirnareal ab: im Nucleus accumbens, dem so genannten "Belohnungssystem". Er verbindet lebenswichtige Vorgänge wie Essen, Trinken und Sex mit einem Lustgefühl. Dazu schütten die Nervenzellen Botenstoffe aus, vor allem Dopamin. Sämtliche Drogen jedoch stören den Mechanismus so, dass mehr freies Dopamin übrigbleibt:

    * Nikotin steigert die Ausschüttung
    * Kokain blockiert die Wiederaufnahme;
    * Opiate hemmen Nervenzellen, die die Dopaminmenge begrenzen;
    * Cannabis benutzt einen anderen körpereigenen Steuerkreis, den es wie mit einem Nachschlüssel starten kann;
    * Alkohol greift so umfassend in die Steuerung der Nervenzellen ein, dass ebenfalls mehr Dopamin ausgeschüttet wird.
    * Koffein hemmt Adenosin, auch hierdurch wird mehr Dopamin (und Adrenalin) frei
    * Kakao enthält Theobromin, einen präselektiven Noradrenalinwiederaufnahmehemmer. Ihm kommt die Hauptwirkung zu. Weiterhin sind die dopaminfreisetzenden Koffein und Phenethylamin in geringen Anteilen vorhanden. Außerdem können Polyphenole und Anamid enthalten sein, die stimulierend auf das zentrale Nervensystem wirken. Eine untergeordnete Rolle spielt die Serotoninvorstufe Tryptophan, womit Kakao auf vier Komponenten gleichzeitig wirkt. Deshalb greifen viele bei "Frustfressen" zu Schokolade.

    Beispiel Nikotin

    Ein Großteil Suchtkranker, vor allem Drogenabhängige, ist gleichzeitig nikotinabhängig.

    Nikotin dockt an den Acetylcholinrezeptoren der Nervenzellen des Gehirns an. Dadurch werden die Ausschüttung mehrerer Neurotransmitter wie Dopamin, Serotonin, Noradrenalin (also sämtliche ADHS-relevanten) und Endorphinen induziert und das dopaminerge Belohnungssystem beeinflusst. Nikotin führt dadurch unmittelbar zu einer kurzfristigen Verbesserung von Hirnleistungen wie Gedächtnis und Aufmerksamkeit. Schon nach wenig Nikotinkonsum kommt es zu einer Toleranzentwicklung, da auch die Anzahl Nikotinrezeptoren zunimmt, so dass die Nikotinzufuhr gesteigert werden "muss". Auf diese Weise entsteht sehr schnell eine starke psychische und körperliche Abhängigkeit, ein so genanntes Suchtgedächtnis.

    Messie-Syndrom

    Mehrere Experten gehen davon aus, dass Messies - wenn sie nicht an einer Psychose, schweren Depression oder Senilität leiden - in der Regel eine mindestens mittelschwere Aufmerksamkeitsdefizitstörung haben. Die Symptome sind sehr ähnlich, und Tests ergeben bei Messies immer wieder einen extrem hohen Anteil an ADS-Betroffenen. Unter Methylphenidat o.ä. bessert sich die Symptomatik auch bei ihnen mitunter deutlich.

    Burnout-Syndrom

    Auch sind Betroffene generell einer erhöhten Gefahr des Burnout-Syndroms ausgesetzt, da sie für durchschnittliche Arbeitsleistung mitunter einer überdurchschnittlichen Anstrengung bedürfen, besonders wenn sie bislang untherapiert gewesen sind.

    Zwanghafte Persönlichkeitsstörung

    Übertriebener Perfektionismus, einhergehend mit übertriebener Rationalität, Moralität und Kritikempfindlichkeit einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung sind mögliche Kompensationsmethoden unbehandelter ADS-ler zur vermeintlichen Prävention von Misserfolgen, weshalb sich eine solche Störung auch erst entwickeln kann.

    Essstörungen

    „Häufig trifft der Magerwahn Mädchen, die sowieso verletzlich und perfektionistisch sind. Sie wollen ihr minimales Selbstwertgefühl mit maximaler Dünnheit ausgleichen. Ihr Denken kreist nur noch ums Essen. Viele isolieren sich.“ (Zitat Prof. Dr. Fritz Poustka, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Uniklinikum Frankfurt/M)

    ADS-Betroffene können auch hier als besonders gefährdet gelten (siehe auch Magersucht, Essstörung).

    Angststörungen

    Bei unbehandeltem ADS kann es wegen der ständigen sozialen Konflikte zu Angststörungen wie der Sozialphobie kommen. Häufiges Versagen in Schule und Beruf kann zu der Entwicklung von Leistungsangst beziehungsweise einer Anpassungsstörung beitragen.

    Schlafstörung

    Beinahe typisch sind Ein- und/oder Durchschlafstörungen.

    Analphabetismus

    Stark Betroffene sind auch gefährdet zu sog. funktionalen Analphabetisten zu werden.

    Bipolare Störung

    Bei etwa zwei Dritteln der Kinder und Jugendlichen mit Bipolarer Störung ist vermutlich auch eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) vorhanden. ADS ist sowohl die wohl häufigste Komorbide Störung bei dieser Gruppe, als auch eine der am schwierigsten abzugrenzenden Differentialdiagnosen.

    Posttraumatische Belastungsstörungen

    Wegen der störungsbedingten Impulsivität der Beteiligten können Konflikte, auch solche innerhalb der Familie, leicht eskalieren. Zudem sind von einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung betroffene Kinder oft neugieriger und ungehemmter. Sie vergessen in neuen und interessanten Situationen schneller Verbote und Hinweise auf Gefahren. Deshalb wird ein erhöhtes Risiko für traumatisierende Erlebnisse und damit auch für posttraumatische Belastungsstörungen angenommen.

    Borderline-Syndrom

    Wenn der/die Betroffene sich in der Kindheit extrem unverstanden und allein gelassen gefühlt hat, kann sich schlimmstenfalls ein Borderline-Syndrom entwickeln.

    Sonstige Störungen

    Häufig beobachtete Störungen bei unbehandeltem ADS sind u.a. auch psychosomatische Störungen wie chronische Schmerzen vor allem in Form von Kopfschmerzen, Verhaltensstörungen wie Essstörungen und Persönlichkeitsstörungen wie Minderwertigkeitskomplexe (nicht selten kompensiert durch Narzissmus) sowie selbstverletzendes Verhalten.

    Politische und psychologische Diskussion

    ADS ist zwar lange bekannt, und es existieren auch Langzeitstudien zur Behandlung mit Methylphenidat und zur Biographie unbehandelter Betroffener, die Durchbrüche in der Erforschung der Genese von ADS und das Begreifen als neurobiologische Störung folgten aber erst seit Alan Zametkins PET-Studie von 1990. So ist ADS immer noch nicht vollständig erforscht, und der aktuelle Forschungsstand auch außerhalb der Neurologie ist leider nicht immer ausreichend bekannt, um Fehlinformationen und unsachlichen Argumenten vorzubeugen.

    Auch werden häufig Ängste vor dem unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Methylphenidat und die vermeintliche Persönlichkeitsveränderung von ADS-Betroffenen durch Medikation und Verhaltenstherapie aufgegriffen. Die daraus resultierende Verunsicherung von Eltern Betroffener und folgende Verweigerung einer medikamentösen Behandlung kann ein ADS-Kind, sofern es medikationsbedürftig ist und ein Coaching offenkundig nicht ausreicht, den erweiterten Risiken von Sucht, Depression und gesellschaftlichen und sozialem Abstieg aussetzen.

    Kirsten Stollhoff zeigt ebenfalls die Möglichkeit auf, dass viele ADS-Betroffene nach ihrer Diagnose bei medikamentöser Einstellung keiner Therapie durch Psychoanalyse, - mit Einschränkungen - durch die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die sich mit den Folgeerkrankungen befasst, bedürfen. Dadurch ist ein Kompetenzstreit entbrannt der die neurobiologische Genese der Störung in Zweifel zieht und die medikamentöse Therapie in Misskredit bringen will. Als Argumentationshilfe dienen hier die Aussagen des umstrittenen Göttinger Neurobiologen Gerald Hüther, der sich sehr häufig gegen eine medikamentöse Therapie von ADS in psychoanalytischen Fachzeitschriften äußert und 2002 mit einer Untersuchung von fünf Ratten einen Zusammenhang zwischen Methylphenidat und der Parkinson-Krankheit herstellte, der mittlerweile widerlegt ist und von dem sich der Arbeitskreis Neurobiologie der Universität Göttingen nachdrücklich distanziert.

    Ist ADS eine Krankheit?

    ADS kann als eine Form der Wahrnehmung und des Denkens aufgefasst werden, die Stärken und Schwächen mit sich bringt. Eine Behandlung führt nicht zu einer "Heilung", sondern ermöglicht es dem Betroffenen, mit den Schwächen umzugehen, die Stärken auszubauen und gezielt einzusetzen.

    Wenn der Betroffene jedoch unbehandelt bleibt und Schwierigkeiten hat, sich in sein Umfeld zu integrieren, können Folgeerkrankungen wie Depressionen oder soziale Phobien entstehen. Diese kann man durch geeignete Methoden therapieren, aber eine vollständige "Heilung" in dem Sinne, dass die für ADS typische Wahrnehmung und das typische Denken verändert werden, gibt es nicht.

    Ob ADS als Krankheit, Störung oder als Gabe angesehen werden muss, hängt hauptsächlich von den individuellen Defiziten, der sozialen Situation, und der Intensität des Leidensdruckes ab.

    ADS ist nicht spezifizierbar

    Kritiker gehen davon aus, dass es sich bei ADS nicht um ein abgrenzbares und spezifisches Syndrom handelt, sondern um eine unspezifische Sammlung von Symptomen, wie sie ihrer Meinung nach auch bei anderen systemischen Erkrankungen, zum Beispiel aus dem rheumatoiden Formenkreis, zu finden seien. Sie nehmen an, dass die Probleme von ADS-Betroffenen einen anderen Hintergrund haben und die Unterordnung unter eine gemeinsame Diagnose somit sehr willkürlich sei.

    Psychoanalytische Thesen

    Aus Sicht einiger Entwicklungspsychologen und Psychoanalytiker wird es für unwahrscheinlich gehalten, dass die entsprechenden Symptome auf einen angeborenen Stoffwechseldefekt basieren. Vielmehr müssten frühkindliche lebensgeschichtliche Faktoren als ursächlich angesehen werden.

    ADS steht mit einem veränderten Stoffwechsel im Gehirn in Verbindung. Dieser veränderte Stoffwechsel müsse jedoch keine ursächliche Erklärung für das Verhalten der Kinder darstellen. Ebenso gut könne man annehmen, dass sich das plastische menschliche Gehirn bei ADS-Kindern so entwickelt hat, weil sie bestimmte Erfahrungen machten. Diese ebenfalls in der Psychologie vertretene These sieht den Grund des Verhaltens eher in den Erfahrungen des Kindes als in der Vererbung.

    Aus tiefenpsychologischer Sicht sind die Eltern und Erzieher also integraler Bestandteil des Phänomens und die Störungen im Verhalten der Kinder nur wiederum Manifestationen der Verhaltensprobleme ihrer Bezugspersonen.

    Ebenso wird hyperaktives Verhalten als Kompensation von Ängsten und Konflikten oder als manische Abwehr depressiver Ängste und der Selbst-Objekt-Abgrenzung verstanden. [4]

    Nach den Temperamenten von David Keirsey

    Der amerikanische Psychologe David Keirsey hat gezeigt, dass eine Tendenz zu ADS sehr gut mit dem Temperament korreliert. Er behauptet, dass 'Utilitaristen' (speziell die so genannten perceiver) stärker dazu neigen, als ADS prognostiziert zu werden, da sie Dinge nur dann machen, wenn sie es wollen oder Sinn darin sehen. Des Weiteren spricht er sich gegen Psychopharmaka aus, die vor allem in Nordamerika häufig eingesetzt werden.

    Indigo-Kinder

    Nach einer in der Esoterik-Szene verbreiteten These der Autoren Lee Carroll und Jan Tober existieren so genannte Indigo-Kinder. Caroll bezeichnet sich selbst als Medium, das im Kontakt mit einem spirituellen Wesen namens Kryon steht. Angeblich haben diese Kinder besondere spirituelle Eigenschaften. Die Autoren verfechten die These, bei Indigo-Kindern würde von Ärzten häufig eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung diagnostiziert. Sie empfehlen Eltern, auch gegen ärztlichen Rat, keine schulmedizinische Behandlung dieser Störung vorzunehmen.

    Modekrankheit

    Einige Kritiker leugnen die Existenz von ADS und gehen sogar so weit die Störung als Modekrankheit zu bezeichnen welche von der Pharmaindustrie und den mit ihr kooperierenden Neurologen und Psychiatern nur konstruiert wurde, um neue Abhängigkeiten und Absatzmärkte zu schaffen.

    „ADS ist eine Krankheit der Gesellschaft, nicht der Kinder“ [Bearbeiten]

    Diese Meinung wird häufig von Politikern und Pädagogen vertreten, unter anderem vom Politiker Reinald Eichholz oder Nicola Raschendorfer in ihrem Buch "ADS - und wenn es das gar nicht gibt?".

    Die Meinung ist, dass ADS-Kinder eigentlich "ganz normal" in einer unnormalen Gesellschaft sind und ihre Medikation die Gesellschaft nur von der nötigen Selbstreformierung und der Reformierung des Schulsystem ablenke. Man solle die Kinder lieber so akzeptieren, wie sie sind, als sie zu medikamentieren. Viele "kranke" Kinder seien auch nur "krank", weil die Gesellschaft ihnen nicht erlaubt, sich zu integrieren.

    Es ist für das Umfeld nicht hilfreich, wenn Betroffene und ihre Eltern aufgrund der vorgenommenen Medikation stigmatisiert werden. Auch wenn entsprechende Änderungen der Gesellschaft durchaus begrüßenswert sind, so sind sie doch von längerfristiger Dauer und helfen dem Betroffenen weniger in seinem momentanen Leidensdruck.

    Liebe Grüße Redtears



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