Krümels-Bücherwelt ...

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Roth, Philip - Jedermann




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Roth, Philip - Jedermann

Beitragvon Pippilotta » 30.07.2006, 17:15

Der neue Roman von Philip Roth ("Der menschliche Makel", "Verschwörung gegen Amerika") erscheint im August 2006.

Inhalt lt. Amazon

Philip Roth erzählt die Geschichte eines Lebens, wie es normaler nicht sein könnte und das uns gerade deswegen besonders berührt. Von der ersten schockierenden Konfrontation mit dem Tod in den Sommerferien seines Helden über die familiären Wirren und die beruflichen Erfolge in seinem Erwachsenenleben als Designer in einer Werbeagentur bis hin zu der Zeit, als ihm die eigenen Gebrechen zusetzen. Er ist der Vater zweier Söhne aus erster Ehe, die ihn verachten, und einer Tochter aus einer späteren Ehe, die ihn vergöttert. Er liebt, hasst und neidet und muss am Ende erkennen, dass er das wirklich große Glück nie erreicht hat.

Eine Leserpobe gibt es ebenfalls auf Amazon

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von Anzeige » 30.07.2006, 17:15

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Beitragvon Krümel » 07.09.2006, 12:06

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Beitragvon Pippilotta » 28.09.2006, 07:13

Inhalt: amazon

Philip Roth erzählt die Geschichte eines Lebens, wie es normaler nicht sein könnte und das uns gerade deswegen besonders berührt. Von der ersten schockierenden Konfrontation mit dem Tod in den Sommerferien seines Helden über die familiären Wirren und die beruflichen Erfolge in seinem Erwachsenenleben als Designer in einer Werbeagentur bis hin zu der Zeit, als ihm die eigenen Gebrechen zusetzen. Er ist der Vater zweier Söhne aus erster Ehe, die ihn verachten, und einer Tochter aus einer späteren Ehe, die ihn vergöttert. Er liebt, hasst und neidet und muss am Ende erkennen, dass er das wirklich große Glück nie erreicht hat.

Meine Meinung:

Das Buch beginnt mit dem Begräbnis des "Jedermanns". Viele Leute sind nicht gekommen, einige kamen aus ehrlicher Trauer, andere schlicht aus Anstand, doch jeder der Anwesenden steht symbolisch für eine Phase seines Lebens.

Der namenlose Protagonist, mittlerweile über 70 Jahre alt, von Krankheit gezeichnet, schaut auf sein Leben zurück. 3 Ehen hat er hinter sich gebracht, 2 Söhne, die ihn verachten, 1 Tochter die nun sein Lebenshinhalt ist. Er hat betrogen, gelogen und verraten, alle Möglichkeiten, die das Leben bietet, ohne Rücksicht auf Verluste ausgenützt.

Umso schwerer fällt es ihm nun, mit den Einschränkungen durch Krankheit und Alter zurecht zu kommen. Er überdenkt sein Leben - nachher ist man immer schlauer - erkennt seine Fehler und Vergehen, möchte manches wieder gut machen bzw. manches ungeschehen machen. Er erkennt, dass es das Leben an sich gut gemeint hat mit ihm, dass er aber durch seine eigene Schuld vieles zerstört hat. Und doch wage ich zu behaupten: Hätter er nochmals die Gelegenheit, würde er es genau so wieder machen!

Ein Buch über das Altern, über Tod und Vergänglichkeit, über ungenutzte Chancen, über Freunde, Liebe, Werte. Themen, die schon oft behandelt wurden doch m.E. noch nie in einer so brillanten Form! Ohne Kitsch, ohne Sentimentalitäten, voller Bilder und Schonungslosigkeit!
Traurig und schön, sehr traurig und sehr schön!

Ein Buch, das ich aus der Bibliothek geliehen habe, aber unbedingt in meinem Regal stehen haben möchte und deshalb kaufen werde!

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern: [schild=5 fontcolor=000000 shadowcolor=C0C0C0 shieldshadow=1 nxu=47363231nx34148]Buchtipp![/schild]

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Beitragvon Voltaire » 24.10.2006, 11:59

Dieses Buch wird sich mit 20 anders lesen als es sich mit 54 liest. Philip Roth hält Rückschau auf ein Leben, welches sich am Ende doch als mehr oder weniger große Enttäuschung entpuppt. Irgendwann erkennt man die Endlichkeit des eigenen Lebens, sieht die eigenen Lebensentscheidungen vielleicht im neuen Licht. Das, wo man in früheren Jahren sehr von überzeugt war, stellt sich in der Rückschau vielleicht als falsch heraus, kann aber auch dann nicht mehr geändert werden, Irrtümer, Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen sind ein Teil des Lebens. Manchmal hatte ich schon den Eindruck, Philip Roth schrieb auch in einigen Passagen über Philip Roth. Mit „Jedermann“ ist Philip Roth nach einigen literarischen Irrfahrten wieder ein Buch gelungen, dass ist frei ist von dem weinerlichen Altmännergeschwätz, was wir in vielen Alterswerken prominenter Autoren gefunden haben. Philip Roth liefert diesmal eine unsentimentale Bestandsaufnahme eines gelebten Lebens, zeigt trotzdem Gefühl, da wo es am Platze ist. Philip Roth vielleicht noch nicht wieder in absoluter Hochform, aber in jedem Fall mit steil ansteigender Formkurve. Philip Roth macht mit diesem Buch deutlich, dass das Leben nicht zum Vergeuden da ist, sondern zum Leben. „Jedermann“ kann uneingeschränkt zur Lektüre empfohlen werden.
Voltaire
 

Beitragvon wolves » 10.12.2006, 09:45

Bei so vielen positiven Äußerungen zu diesem Buch, konnte ich auch nicht mehr widerstehen und habe mir "Jedermann" gekauft.
Als ich mit dem Buchhändler ins Gespräch gekommen bin, hat er mir noch "Der menschliche Makel" von Roth empfohlen. Kennt das Buch jemand von euch?
Liebe Grüße
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Beitragvon Pippilotta » 10.12.2006, 10:16

@wolves: "Der menschliche Makel" subt bei mir (und ich habe das Buch in die SUB-Liste für 2007 aufgenommen). Ich kenne Teile aus dem Film, dadurch wurde ich darauf aufmerksam!
Herzliche Grüße
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Beitragvon Krümel » 10.12.2006, 11:26

Bei mir subt "Der menschliche Makel" ja nun auch, das wird eine schöne Leserunde :D
BildLiebe Grüße,
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Beitragvon wolves » 10.12.2006, 21:42

Also einer Leserunde wäre ich auch nicht abgeneigt. :D
Liebe Grüße
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Beitragvon Katia » 20.12.2006, 21:39

Voltaire hat geschrieben: Manchmal hatte ich schon den Eindruck, Philip Roth schrieb auch in einigen Passagen über Philip Roth.


Tut er das nicht in allen seinen Büchern :P

Roth Jedermann erlebt das wovor sich vielleicht die meisten Menschen fürchten: ein einsames Alter voller Krankheiten und voll Angst vor dem Tod. Dabei sah es gar nicht so schlecht aus für ihn: er hat genug Geld um sorglos leben zu können, er ist auf eigenen Beschluss ans geliebte Meer in eine Seniorensiedlung gezogen, er kann seinem Jugendtraum nachgehen und den ganzen Tag malen. Und doch ist er zutiefst unglücklich und einsam, vorgeblich weil er einige falsche Entscheidungen im Leben getroffen hat, die Scheidung von seiner zweiten Frau, aber auch wegen Fehlverhaltens in seinem jetzigen Leben (Howie). Er will leben, aber er will nicht so leben, er will nicht krank sein, er will nicht alt sein.

Jedermann ist Jedermann genug um dem Leser Identifikationspotential zu bieten. Roth stellt ihm und seiner Vergänglichkeit, die unvergänglichen Diamanten seiner Kindheit entgegen. Jedermanns Dilemma beginnt in gewisser Weise, als er der falschen Frau Diamanten schenkt, der jungen Frau, die ihn wieder jung werden lässt, aber an seinen Krankheiten scheitert.
Der letzte Roth, den ich gelesen habe, war "Mein Leben als Sohn" - auch dies ein Buch über den Tod, aber über den Tod des Vaters nicht den eigenen. In diesem Sinne passten die beiden Bücher gut zusammen, die Perspektive hat sich Roth höherem Alter angepasst.

Sehr traurig und sehr schön, das trifft es sehr gut, Pippi!

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

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Beitragvon tom » 03.02.2008, 13:00

Nun habe ich - ohne recht aufzupassen - dieses Buch direkt im Anschluss an Banvilles "Die See" gelesen. Mir liegt nicht das Vergleichen, doch ich sehe es jetzt als Fehler, zwei Buecher mit aehnlicher Problematik hintereinander zu lesen. Und kann man nach dem Banville noch ansteigen? Ich meine nicht. Und so bin ich, insbesondere von den letzten zwanzig, dreissig Seiten des Jedermann guter Meinung, doch koennte mich selber nicht der platten Amazonmeinung anschliessen von einem "Leben wie es normaler nicht sein koennte". Dieser Mann hat nicht nur mehrmals in seinem Leben danebengeschossen, sondern steht dafuer auch nicht ein. Vielleicht trifft das fuer viele Zeitgenossen zu? Ich bin dabei betroffen... und moechte daran glauben, dass es sicherlich die allgegenwaertige Furcht oder Gegenwart des Todes in unserem Leben gibt, aber auch dass man diesem etwas stehender entegensehen kann, mit offenen Augen. Sehr versoehnt hat mich uebrigens der einfache Totengraeber, tolle Figur, wo der Tod einen Platz im Leben hat... Fuer mich Banvillegeschaedigten so IM MOMENT nur ***/*.
tom
 

Beitragvon Pippilotta » 03.02.2008, 18:55

"Banvillegeschädigt" finde ich gut! :thumright:
nein, an Banville reicht es nicht ran, da hast Du schon recht.

Sein Leben würde ich auch nicht als "wie es normaler nicht sein könnte" bezeichnen. Gott sei Dank. Er war in der Tat kein Feiner, hat alles ausgenützt, war egoistisch, eigennützig, gemein. Doch seine Gedanken im Alter, die sind echt nachvollziehbar. Die späte Reue, der Wunsch, vieles gutmachen zu wollen, die späte Einsicht. Leider zu spät. Mit diesen Gedanken setzt sich wohl fast jeder - spätestens nach Ausbruch einer schweren Krankheit, nach der Gewissheit, dass es bald zu Ende geht - auseinander. Und das fand ich extrem gut beschrieben!
Herzliche Grüße
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