Krümels-Bücherwelt ...

... ein Literaturforum der anderen Art

Bedford, Sybille - Ein Liebling der Götter




Bedford, Sybille - Ein Liebling der Götter

Beitragvon marilu » 10.07.2006, 14:09

Inhalt:

Kurzbeschreibung (Amazon)
An einem strahlenden Herbsttag der späten zwanziger Jahre reist die junge Flavia zusammen mit ihrer schönen Mutter Constanza von Italien an die Côte. Eigentlich hatten die beiden vor, nach Brüssel weiterzufahren, wo Constanza sich neu vermählen wollte – aber da ihr im Zug ein wertvoller Ring geklaut wird, verzögert sich die Reise erst einmal…. Zeit genug für einen Rückblick, der bei Constanzas Mutter Anna Howland beginnt, einer Amerikanerin aus bestem Hause, die einen exzentrischen römischen Fürsten geheiratet und sich daher in Italien niedergelassen hat. Die mondäne, neugierige, unternehmungs-lustige Amerikanerin aus der neuen Welt erobert das alte, adelige,dekadente Europa….Und Flavia, ihre Enkeltochter, die nun in einem Fischerdorf an der Côte d’Azur festsitzt, hofft inständig, am Ende doch noch nach England gehen zu können, um dort die Schulbildung zu erlangen, von der sie immer geträumt hat, und sich aus dem Bannkreis ihrer weiß Gott extravaganten Familie zu befreien.

Zur Autorin:

Da angeblich viele Inhalte ihrer Bücher auf eigenen Erfahrungen basieren, hier ein paar Daten zu ihrem Leben:

Sybille Bedford, geboren 1911 in Berlin als Tochter des Barons von Schönebeck und seiner englischen Gattin, wuchs in Deutschland, England, Italien und Frankreich auf. Als junges Mädchen lebte sie mit ihrer Mutter und deren zweiten, italienischen Ehemann an der Côte d’Azur, dem Zufluchtsort für viele europäische Künstler und Intellektuelle der Zeit. Alle ihre Romane und Reiseerzählungen schöpfen aus dem reichen biographischen Hintergrund. Sybille Bedford hat außerdem viele Jahre als Gerichtsreporterin berühmten Prozessen beigewohnt und darüber für Esquire und Life berichtet.
Ihre Autobiographie mit dem Titel "Treibsand" (Quicksands) erscheint bei SchirmerGraf im September 2006.

Im Februar 2006 verstarb die Autorin.

Noch mehr Informationen findet ihr in diesem Porträt in der Welt.

Meine Meinung:

Meine Meinung zu dem Buch ist zweispältig. Hochgelobt von Elke Heidenreich und anderen Kritikern machte mich der Inhalt sehr neugierig. Der Stil ist fabelhaft: kurzweilig, spritzig, lebendig, dramatisch und immer auf der Suche nach einem gekonnten Wortspiel. Die Sprache ist so oberflächlich-charmant wie die Charaktere. Und genau darin liegt wohl mein Problem. Ich konnte weder Anna, Constanza noch Flavia verstehen, geschweige denn mich mit ihnen identifizieren. Sie sind Kinder ihrer Zeit und Lebensumstände: Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in einem gewissen Wohlstand erzogen, ohne sorgfältige Schulbildung, aber mit einem differenzierten Wissen zu diesem und jenem. Elke Heidenreich sagte in ihrer Sendung "Lesen!" (hinter diesem Link verbirgt sich der Mitschnitt der Sendung vom 6.12.2005):

»Deren wichtigstes Problem ist, dass man den richtigen Champagner zur Zwiebelsuppe trinkt.«
:wein:

Genau das ist auch der Eindruck, den ich hatte. Ständig reden sie über Rotwein, Weißwein, welches Essen wann zu sich genommen werden soll,... an einer Stelle im Buch kritisiert Bedford dies selbst durch ihre Erzählerin.

Natürlich wird nicht nur gegessen und getrunken, es wird auch gelitten. An Einsamkeit, Ziellosigkeit, Untreue, dem Wandel der Zeiten, fehlender Liebe... Keiner der Charaktere kann wirklich lieben, aber jeder buhlt um Aufmerksamkeit und Trost. Daraus entstehen bittersüße Szenen, die den Roman lebendig und lesenswert machen, aber die Welt, die dort beschrieben wird, ist einfach nicht meine.

Wer jedoch kein Problem mit dieser unkritischen Erzählweise hat und Literatur im Stil Henry James mag, wird sich gut unterhalten fühlen - sagt Elke Heidenreich - ich kann mit Henry James wenig anfangen, deshalb kann ich mir kein Urteil erlauben.
Besonders Annas Auftritte als tragische Heldin sind so durchschaubar und trotzdem herzerwärmend, dass ich froh bin, sie kennengelernt zu haben. :mrgreen:

:stern: :stern: :stern:

Bild
Scharfsinnig bin ich von Montag bis Freitag. Übers Wochenende leiste ich mir den Luxus der Dummheit.
- Henry Slesar: Die siebte Maske -
Benutzeravatar
marilu
Hilfskrümel
Hilfskrümel
 
Beiträge: 2183
Registriert: 23.04.2006, 20:46
Wohnort: Hannover

von Anzeige » 10.07.2006, 14:09

Anzeige
 


Ähnliche Beiträge


Zurück zu Belletristik/Unterhaltungsliteratur/Erzählung

Wer ist online?

0 Mitglieder

cron