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Ackroyd, Peter - Das Tagebuch des Oscar Wilde




Ackroyd, Peter - Das Tagebuch des Oscar Wilde

Beitragvon marilu » 09.07.2006, 12:25

Inhalt:

Klappentext
Paris im Jahr 1900. In einem schäbigen Hotelzimmer beginnt Oscar Wilde ein Tagebuch zu schreiben. Doch es ist nicht der Oscar Wilde, als den ihn die Nachwelt in Erinnerung hat, nicht der elegant gekleidete Dandy, dessen Theaterstücke auf den Bühnen Londons Furore machten. Der Dichter ist ein gebrochener Mann, denn die Welt, die er einst zu erobern glaubte, hat ihn zum verfemten Außenseiter gemacht. Seine homoerotische Beziehung zu dem Sohn des Marquis Queensberry hatte ihm zwei Jahre Zuchthaus eingebracht. Höchste Emfindung und tiefste Abgründe: Dieses fiktive Tagebuch offenbart dem Leser das ganze Drama des Lebens von Oscar Wilde.

Meine Meinung:

Peter Ackroyd gelingt es, den Leser vergessen zu machen, dass es sich hier um fiktive Tagebucheinträge handelt. Während der Lektüre meint man, heimlich in den Gedanken und privaten Aufzeichnung Oscar Wildes zu spitzeln, was das Lesevergnügen noch um den "Reiz des Verbotenen" ergänzt.
Oscar Wilde wird hier als nachdenklicher, enttäuschter und zynischer Mensch geschildert. Eine Person, die nach dem Himmel gegriffen hatte und wegen der Borniertheit der Gesellschaft schmerzhaft zu Boden stürzte. Ein Mann, der sehr genau beobachtet, auf welche Arten ihn seine Mitmenschen betrachten - voller Abscheu, Ekel, Genugtuung und einer heimlichen Freude am Ungesetzlichen - und lernen muss, mit der Abehnung zu leben. Jemand, der sich bemüht, den Kopf oben zu halten und seine Persönlichkeit nicht vollends zu verlieren.

Ein zutiefst berührendes Zeugnis menschlicher Größe.

:stern: :stern: :stern: ( :stern: )

Bild
Zuletzt geändert von marilu am 14.04.2007, 18:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Pippilotta » 09.07.2006, 13:56

Während der Klassikerleserunde zu "Das Bildnis des Dorian Gray" entfachte schon eine kleine Diskusson über Oscar Wilde's Leben und dass viele autobiografische Züge in Dorian Gray einflossen.

Ich habe mir das Buch notiert, tät mich doch sehr interessieren, weil Oscar Wilde wohl eine faszinierende Persönlichkeit mit vielen Facetten war und irgendwie ein bisschen seiner Zeit voraus.
Gibt es eigentlich Hinweise darauf, wie authentisch bzw. wie gut recheriert dieser Roman ist? Hat Peter Achroyd sich "seinen" Oscar Wilde zusammengereimt und etwas geschrieben, wie es gewesen sein könnte oder stützt er sich schon auf genaue Recherchen bzw. echtes Material?
Herzliche Grüße
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Beitragvon marilu » 09.07.2006, 14:12

Soweit ich das beurteilen kann, hat Peter Ackroyd sehr intensiv und ausdauernd recherchiert, die Rahmenbedingungen in seinen Roman einfließen lassen und dann etwas neues erschaffen. Wenn er schreibt, hat man wirklich das Gefühl: "Ja, das könnte von Wilde stammen!". Allerdings sind die Gedanken und Äußerungen nicht unbedingt original. Es handelt sich hauptsächlich um eine Innenschau, also daarum wie Wilde gefühlt, gedacht und bewertet haben könnte. Es ist keine Biografie im eigentlichen Sinne, weshalb ich die Rezension hier eingestellt habe.
Wenn es dir um Jahreszahlen, eine Chronologie und Lebensbeschreibung an sich geht, ist das "Tagebuch" wohl leider der falsche Einstieg.

Mir hat das Buch gut gefallen, weil es versucht, Wildes Persönlichkeit, seine Verzweiflung und verletzte Eitelkeit, seinen Gerechtigkeitssinn und seine Widersprüchlichkeit zu verdeutlichen.

Auf der Seite des Deutschlandradios gibt es einen Artikel zu dem Buch: Das Tagebuch des Oskar Wilde, der sehr informativ ist.

Zum Autoren:
Peter Ackroyd, geboren 1949 in London, wo er bis heute lebt. Er studierte Literaturwissenschaft in Yale und Cambridge und arbeitete viele Jahre für den "Spectator" und die "Times". Mit seinen Romanen, Theaterstücken und Biographien gehört er zu den wichtigsten britischen Gegenwartsautoren. Er erhielt unter anderem den Somerset Maugham Award und den Whitbread Award. Er gilt als brillanter Autor mit einem unverwechselbaren Stil.
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Beitragvon Pippilotta » 09.07.2006, 16:18

Danke, Marilu für die Erläuterungen. Ja, so in die Richtung habe ich es mir vorgestellt, das könnte mir gefallen.
Herzliche Grüße
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