Die Sache mit Jonathan.

Maya und Domenico
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    Re: Die Sache mit Jonathan.

    mocca - 05.10.2010, 16:16

    Die Sache mit Jonathan.
    Diesen Text habe ich gestern und heute geschrieben. ich weiss er ist nicht besonderrs guet. Trotzdem fände ich es toll wenn ihr mir sagen könntet wie ihr ihn findet...=)

    Die Sache mit Jonathan.
    Sie verurteilen mich, ich sehe es ihnen an. Mit verkrampften Händen und zitternder Stimme fordert mich Jonathans Mutter auf, zu erzählen. Zu erklären. Die Trauer in den Augen der Eltern ist grenzenlos. Sie werden mich nicht verstehen. Ich weiss es. Aber sie stellen mich hier und jetzt zur Rede. Weshalb bist du so grausam? Was hast du dir dabei gedacht? In meinem Kopf schwirren tausend Gedanken. Ich weiss nicht, was es zu sagen gibt. Was sie hören wollen. Was jetzt noch wirklich wichtig ist. Alle Anwesenden warten darauf, dass ich beginne. Dass ich rede. Die Stille zerdrückt mich fast. Viele Erwartungen in einem kleinen Raum. Das Ticken der Uhren, das rasen meines Herzens und immer dieses Gefühl zu spät zu sein. Eine falsche Reaktion hatte alles beendet. Und gleichzeitig so vieles begonnen.
    Sie brauchen einen Schuldigen. Da komme ich gerade recht. Es ist meine letzte Chance zu retten, was zu retten ist, nur für Jonathan kommt jede Hilfe zu spät. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf entscheide ich mich, zu gestehen was getan wurde und mich allem was kommen wird, zu stellen. Für Jonathan.

    „Ich wollte das alles nicht. Wirklich nicht! Für euch bin ich der Täter. Bin ich der Schuldige. Und ja, wahrscheinlich, werde ich es in euren Augen auch bleiben. Jonathan ist weg. Tot. Ich weiss, dass ihr mir das nie verzeihen werdet. Dennoch hoffe ich es.
    Heute werde ich euch erzählen müssen, was mich zu diesen Taten bewogen hat. Und ich weiss, dass ihr die Köpfe schütteln werdet. Mir ist völlig bewusst, dass ihr dieses Zimmer wütend verlassen werdet. Doch wisst ihr, es ist mir egal. Es ist zu spät. Ich kann nichts mehr ändern. So sehr ich es auch will.

    Alles begann, als Jonathan das erste Mal den Schulbus betrat. Er war ein Mensch, der einfach nur da war. Einer, der nicht viel sagte, schnell einmal übersehen wurde, keine eigene Meinung hatte. Und ich glaube, hätte Jonathan an diesem Tag nicht diese roten Gummistiefel getragen, wäre alles anders gekommen. Vielleicht wäre er in seine Klasse spaziert und freundlich begrüsst worden, und er hätte möglicherweise sogar Freunde gefunden.
    Glaubt mir, wenn ich könnte würde ich heute alles anders machen. Aber was geschehen ist, ist geschehen.
    Ich war derjenige der das ganze Spiel ins Rollen brachte. Bitte fragt mich nicht wieso, denn ich weiss es nicht. Möglich, dass ich keinen guten Tag hatte. Möglich, dass ich mich vor meinen Freunden behaupten musste. Aber ist das eine Entschuldigung? Wenn ich in eure Gesichter blicke, wird mir die Antwort bewusst. Es gibt keine Entschuldigung. Es gibt sie nicht.
    An jenem Tag habe ich Jonathan zum ersten Mal gesehen. Ich habe mir nie die Mühe gemacht ihn kennen zu lernen. Von Anfang an war er das willkommene Opfer für mich. Er war die Gelegenheit, allen zu zeigen wie toll ich bin. Ihr habt ja keine Ahnung wie, dumm ich war, und wie sehr ich es bereue.
    Zu Beginn klopften wir nur harmlose Sprüche. Wir zogen ihn auf, wegen seiner knallroten Stiefel. Wir machten uns lustig über ihn und später kam er sogar in unseren Liedchen vor, wenn wir alle zusammen auf unseren Stammplätzen hockten. Wenn er den Bus betrat, wurde es jedes Mal einige Sekunden lang still, und dann ging das Spotten los. Wir jauchzten, wie süss Jonathan heute wieder aussehe, wobei die Ironie in unseren Stimmen unüberhörbar war. Manchmal hielten wir ihm die ganze Fahrt ein Handy vor die Nase und filmten ihn. Fast täglich machten wir uns einen Spass daraus, ihm Rasierschaum in die Haare zu schmieren. Wieso er sich nicht wehrte? Ich weiss es nicht. Es ist mir bis heute ein Rätsel. Das einzige was ich weiss, ist, dass wir nicht aufgehört hätten. Wir hätten weiter gemacht. Denn, ich will ehrlich sein. Es machte uns unheimlichen Spass.
    Es war wie ein Spiel. Tag für Tag ging es darum aufs Neue zu beweisen, wer der Grösste war. Und Tag für Tag erfanden wir neue Varianten ihn zu ärgern. Er liess es sich gefallen. Er wagte nicht ein Wort zu sagen, wenn wir ihn an den Haaren zogen, oder seine Wangen mit wasserfestem Filzstift bemalten. Unser Geschupse und unsere doofen Sprüche liess er über sich ergehen. Ich weiss, ich hätte das beenden können. Ich hätte verhindern können, dass die Sache eskaliert. Doch ich hatte diesen Drang. Dieses Verlangen nach Beachtung. Ein Gefühl, das Jonathan nicht zu kennen schien.
    Ich will nicht behaupten, dass wir nicht bemerkten, wie wir Jonathans Leben Stück für Stück zerstörten. Natürlich wussten wir das. Vielleicht war es uns einfach egal oder wir realisierten nicht, wie ernst die Lage war. Wir waren eine Clique. Zusammen fühlten wir uns stark. Wir glaubten alles durchstehen zu können. Wir hielten uns für die ganz Harten. Für die, die nichts umhauen könnte. Und dann?
    Dann kam der Tag an dem alles ausartete. Ich und meine Leute warteten nach der Schule wieder einmal auf den Bus. Wir waren viel zu früh dran und uns wurde langweilig. Irgendwie kamen wir darauf mit Kastanien auf Autos zu werfen. Das ist schwieriger als man sich vorstellt und trotzdem hatte ich einen LKW voll an der Vordertür getroffen. Ich klatschte die Hände meiner johlenden Mitläufer ab. Ich weiss auch nicht, was wir uns dabei gedacht haben. Wir hatten nicht an den Schaden gedacht, den der Wagen wohl davon getragen hatte.
    Mit quietschenden Reifen bremste das Auto. Der Fahrer stieg aus und schrie uns an, wir seien alles nutzlose, kleine Bengel, und wir könnten uns glücklich schätzen, dass er es eilig habe. Ohne ein weiteres Wort stieg er wieder ein und ich war zuerst ich stand zuerst einfach ein wenig verdattert da.
    In diesem Moment habe ich Jonathan zum ersten Mal lachen hören. Es war ein leises, höhnisches Lachen, das mich unglaublich wütend machte. Und von da an. Wurde es grausam.
    Ich hatte nur noch einen Gedanken. Ich wollte dem Jungen dieses Lachen vom Gesicht prügeln. Die Wut in mir schien unbegrenzt und ich schrie ihn an was das solle. Ich erwartete, dass er nichts antworten würde. Wie immer. Ich habe keine Ahnung wieso, aber an diesem Tag hatte Jonathan anderes im Sinn. Er schrie mich an, so dass mir seine Stimme noch Sekunden später in den Ohren hallte. Ich weiss nicht mehr, was er gesagt hatte.
    Jetzt wünschte ich mir, ich hätte ihm zugehört, aber ich habe nur gelacht. Ich wünschte, ich wäre schlauer gewesen. Ich wünschte, ich hätte anders gehandelt. Aber nun war er nicht mehr aufzuhalten. Es war, als wäre er ein anderer Mensch. Ein Mensch, der sich zu wehren wagte. Und dann schlug er zum ersten Mal zu. Ein gewaltiger Fehler. Denn von da an schlug ich pausenlos auf ihn ein. Angefeuert von meinen Kameraden, die das für lustig hielten. Die es für cool hielten. Die einfach nur da standen und zusahen wie ich einen Jungen verprügelte. Er hat schrecklich geblutet und es muss unglaublich weh getan haben.
    Das wurde mir erst bewusst, als ich aufstand um noch einmal mit voller Kraft auf in ein zu schlagen. Doch dann hielt ich inne. Ich erschrak, denn alles war plötzlich so rot. Jonathans Gesicht war kaum mehr erkennbar. Überall waren seine Tränen, sein Rotz, sein Blut. Meine Schläge hatten sein Gesicht zu tiefst gezeichnet. Und ich hörte wie Jonathan weinte. Wie er Worte stammelte. Ich versuchte erst gar nicht zu verstehen, was er sagen wollte. Und glaubt mir, von da an wollte ich aufhören. Da war ich an meine Grenze gelangt. Es war als hätte eine Stimme in mir laut Stopp gerufen. Ich wusste, dass es so nicht weiter gehen konnte. Für einen Moment war ich bereit mich zu entschuldigen. Alles zu beenden. Völlig schuldbewusst habe ich ihn hoch gerissen. Für irgendeiner meiner Leute musste es so ausgesehen haben, als würde Jonathan die Oberhand gewinnen. Und er machte diese kleine Bewegung, die alles veränderte. Er schupste Jonathan von mir weg, direkt auf die Strasse. Ich weiss noch ganz genau wie das Auto kam. Mir ist klar, dass das alles in Sekundenschnelle abgelaufen sein muss. Doch für mich zog es sich endlos lange dahin. Dieses Gefühl zu langsam zu sein. Nichts mehr tun zu können.
    In diesem kurzen Moment trafen sich unsere Blicke. Und ich erkannte etwas in seinen Augen Es war kein Schock. Nein. Es war auch keine Angst.
    Es war pure Erleichterung.
    Und dann sahen wir zu, wie Jonathan durch die Luft geschleudert wurde. Für einen Moment sah es aus, als würde er fliegen. Noch nie zuvor habe ich so ein schreckliches Geräusch gehört, wie der Aufprall seines Körpers auf dem Boden. Die Zeit stand still. Meine Lippen wurden trocken und meine Augen füllten sich mit Tränen. Niemand hatte es kommen sehen. Niemand hatte es gewollt. Es war keine Absicht. Es war ein Unfall. Es hat doch jeder gesehen. So offensichtlich.
    Und trotzdem schrien sie mich an. Die Verzweiflung in ihren Augen schien sie schier aufzufressen. Sie konnten eins und eins zusammen zählen. Sie sahen damals schon die Konsequenzen die auf uns zukommen würden. Wegrennen wollten sie. Weit, weit weg. Sie versuchten mich mit sich zu ziehen. Doch ich hatte nur noch Augen für Jonathan der am Boden lag. Er atmete nicht mehr. Weinend sank ich neben ihm zusammen. Ich habe das nicht gewollt. Es ist einfach passiert. Ich würde so vieles anders machen, wenn ich könnte. Doch *. Ich kann es nicht. Ganz genau weiss ich noch wie ich in Jonathans tote Augen gesehen habe. Sie waren grün. Kein normales grün. Ein helles grün. Ein Grün voller Hoffnung. Nur: Hoffnung für wen?
    Und nun. Nun stehe ich hier. Muss mich verantworten für Dinge, die ich zu tiefst bereue. Für Dinge die weder ich noch sonst wer ungeschehen machen können. Und wisst ihr, ich bin bereit. Ich bin bereit alles hinzunehmen wie es kommt. Für euch will ich der Schuldige sein. Denn in Momenten wie diesem wünschte ich, ich wäre an Jonathans Stelle. Denn ich, ich hätte es verdient.“



    Re: Die Sache mit Jonathan.

    Loveforgod - 05.10.2010, 16:54


    hey,
    das ist echt gut!
    Weiter so!!!:D
    Übrigens: Hast du irgendwann mal das Buch: Die sache mit Christoph gelesen? Der Anfang kam mir nämlich irgendwie n bissl bekannt vor... :lol:



    Re: Die Sache mit Jonathan.

    noname - 05.10.2010, 20:51


    Hätte heulen können bei der Geschichte! Sehr berührend!!



    Re: Die Sache mit Jonathan.

    mocca - 06.10.2010, 07:40


    Loveforgod hat folgendes geschrieben: hey,
    das ist echt gut!
    Weiter so!!!:D
    Übrigens: Hast du irgendwann mal das Buch: Die sache mit Christoph gelesen? Der Anfang kam mir nämlich irgendwie n bissl bekannt vor... :lol:

    nein, noch nie gehört..
    ist es denn gut? =)



    Re: Die Sache mit Jonathan.

    Pauline - 09.10.2010, 17:32


    ja, ich find auch voll gut geschrieben. echt voll traurig.

    ich kenn auch ein buch wo´s um was ähnliches geht, bin mir aber nicht mehr sicher wies heißt, ich glaub klassenspiel oder so



    Re: Die Sache mit Jonathan.

    Amika - 02.01.2011, 16:22


    :shock: wow, das ist echt gut!!!! total spannend!!!
    dagegen ist meine geschichte [Bis(s) zum Mondlicht] ja gar nichts!!!!!!!!

    RESPEKT, Leute!!!



    Re: Die Sache mit Jonathan.

    Lavinia - 01.07.2011, 18:49


    Das ist ein total berührender Text! Echt! Mann, da muss man ja fast weinen... Ich glaube, cih muss an meiner Geschichte noch etwas arbeiten...



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