Sniping-Jack hat geschrieben:
Dazu noch etwas Senf aus der Jack-Tube - Walter checkt, ob's richtig ist:
Denke für Walter ist einfach so viel schon so selbstverständlich, da fällt es dann schwer, den Punkt zu treffen, wo der Laie auch gut einsteigen kann.
Bei dem, was Walter sagt, ist vor allem eines als Grundlage aller Überlegungen zu beachten: Das Zeitfenster, in dem eine Turbine im Alleingang den Heli manövrierfähig halten kann. Dieses Zeitfenster ist natürlich je nach Triebwerk und dann auch noch je nach Heli, in dem sie eingebaut wurde sowie dessen Gewicht/Zuladung abhängig. Wir reden hier von ein paar Dutzend Sekunden bis zu wenigen Minuten. Bei einer MD z.B. sind es etwa 2,5 Minuten. Betreibt man die Turbine länger mit mehr als 100%, treten Schäden auf, bis hin zum Totalversagen.
Das was du meinst ist die Einmotoren
NotLeistung, üblicherweise als 2 1/2 Minuten Leistung bezeichnet. Diese Leistung darf nur im Ausfall des anderen Triebwerks und dann nur für eine Dauer von 2 1/2 Minuten "gezogen" werden.
Die EC 135 hat allerdings ein 2 Minuten und 30 Sec Notleistungskonzept.
Das heisst im Falle eines Triebwerksausfalls darf für 30 Sek. Dauer die 30-Sekundenleistung gezogen werden. Danach muss die Leistung auf die 2-Minutenleistung abgesenkt werden. Diese kann dann 2 Minuten lang gezogen werden.
In Zahlen ausgedrückt: Maximale Dauerleistung 2-motorig 2x69% Torque (TRQ, Drehmoment), Startleistung 2x78% Torque begrenzt auf 5 Minuten und unter 65 kts. Maximale Dauerleistung einmotorig 1x89,5% TRQ, 2-Minuten Notleistung 1x125% TRQ, 30 Sekunden Notleistung 1x128% TRQ. Bei einem Triebwerksausfall darf die 2-Minutenleistung und die 30 Sekundebleistung jeweils 3 mal gezogen werden, weil ein Fehlanflug (oder ein zweiter) auch noch abgedeckt sein muss. Danach ist das Triebwerk abgelaufen, was aber nicht heisst, dass es auseinanderfällt.
Sniping-Jack hat geschrieben:
Nun mag sich einer fragen, wieso dann weiterfliegen, wie Walter oben schrieb? Weil der Translationsauftrieb , den auch wir beim Rundflug deutlich spüren (weniger Pitch/Energieverbrauch) dafür sorgt, dass die Leistung der verbliebenen Turbine so weit zurückgenommen werden kann, dass wieder ein dauerhafter Betrieb möglich ist. Möglich, nicht anzustreben. Man hat ja nun keine Redundanz mehr, das versucht man so schnell wie möglich abzustellen.
Nein, das hat damit nichts zu tun, denn gelandet werden muss ja irgendwann. Der Grund, warum man bei einem VTOL Start bei einem Triebwerksausfall nach oder am TDP den Start fortsetzt ist eher folgender: Ein VTOL CAT. A Start ist kein leichtes Manöver und verlangt vom Piloten viel Training, ausserdem muss das Gewicht des HS genau bekannt sein. Aus Sicherheitsgründen würde ich als Pilot daher lieber zu einem nahe gelegenen Flugplatz fliegen, als eine Einmotorlandung auf einem Krankenhausdach zu riskieren. Beim Anflug auf eine Ölplattform weit entfernt von der Küste kann es anders aussehen.
Sniping-Jack hat geschrieben:
Aber: Es macht - je nach Start oder Ziel Situation auch Sinn, weiterzufliegen. Meistens, um den Flugbetrieb eines Airports nicht unnötig zu stören (clear Airport).
Es soll also nicht immer und nicht überall einfach wieder gelandet werden, "nur" weil eine Turbine grätscht.
"Nur" weil ein Turbine grätscht ist gut!
Ein Triebwerksausfall ist kein harmloses Event, sondern immer ein
Notfall besonders bei hohem Gewicht, hoher Temperatur und Passagieren an Bord. Überlegungen, eine Flugplatzbetrieb nicht zu stören haben hier keinen Platz.
Sniping-Jack hat geschrieben:
Ich fasse zusammen: Ein Turbinen-Heli mit 2 getrennten Turbinen kann auch mit einer Turbine operieren. Aber ohne Translationsauftrieb (je nach Typ unterschiedliche Mindestgeschwindigkeit erforderlich) kann der Heli nur begrenzte, sehr kurze Zeit sicher manövrieren, ohne einen Schaden auch an der zweiten Turbine zu riskieren. Daher und u.U. wegen der Interressenslage des jeweiligen Start/Landeplatzes muss ebendieser TDP und LDP herhalten.
Nein. der Pilot im kommerziellen Personentransport
muss sich an CAT. A Verfahren halten.
Sniping-Jack hat geschrieben:
Diesen "virtuellen" Punkt muss der Pilot zumindest beim Start nicht erraten, sondern bekommt ihn mittels Warnlampe angezeigt. Wenn die ausgeht oder umspringt, kann er in den Horizontalflug übergehen. Auf dem Video kann man also auch als Beobachter "sehen", wann der TDP überschritten wurde.
Beim Anflug hingegen dürfte es keine Warnlampe geben, aber das weiß ich nicht genau.
Nein, dafür gibt es keine Warnlampen. Der Pilot muss entweder auf seinen Fahrtmesser und auf den Radarhöhenmesser schauen, oder sich den TDP von seinem Co-Piloten (falls er einen hat) durchsagen lassen.
Sniping-Jack hat geschrieben:
Hoffe, es wurde deutlich, dass ein bestimmter Effekt, den wir auch beim Modellheli kennen und schätzen, beim 1:1 noch von weit größerer Bedeutung ist als nur Energie zu sparen.
Der Translationsauftrieb spielt zumindest beim VTOL Startverfahren keine Rolle, weil hier die Geschwindigkeiten so gering sind und der HS auf einer Plattform wegen der Größe (20mx20m) letztendlich nahezu senkrecht gelandet werden muss. Eine Rutschlandung mit Vorwärtsfahrt ist hier nur sehr begrenzt möglich. Hier spiel eher das Ausnützen der Rotorenergie eine Rolle.