Belting - bitte nicht so!

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    Re: Belting - bitte nicht so!

    Eponine - 30.04.2010, 21:41

    Belting - bitte nicht so!
    Ich wusste nicht genau, unter welche Rubrik dieses Thema am Besten passt, daher einfach mal hier:

    Nun ist es ja so, dass die Literatur zum Thema Belting gerade im deutschen Raum recht sparsam gesaet ist. Nach wie vor muss jede/r, der das Thema vertiefen moechte, sich vor allem mit englischsprachiger Literatur begnuegen: Ich nenne da mal exemplarisch Estill, Sadolin, Kayes, Soto-Morettini (die beiden letzteren kenne ich auch persoenlich und kann mich daher fuer die Qualitaet ihrer Arbeit verbuergen - nicht zuletzt von Gillyanne habe ich wirklich viel gelernt), aber es gibt noch einige andere.
    Alle diese Autoren haben gemeinsam, dass sie auf dem neusten Stand sind, was schonendes Belting angeht und absolut wissen, wovon sie reden. An denen sind auch nicht die letzten 40 Jahre Stimmforschung spurlos vorbeigegangen. Nicht unter diesen Kanon faellt fuer mich z.B. Seth Riggs und sein "Speech Level Singing", weil da permanent mit tiefgestelltem Kehlkopf gearbeitet wird und man u.a. bei Alicia Keys hoert, wozu das fuehrt, wenn man dann versucht, zu Belten: Luft auf der Stimme und permanentes Zutiefsingen.

    Nun war ich hoch erfreut, letztens ueber ein deutschprachiges Buch zu stolpern, welches sich "Belt-Voice-Training" nennt, Autorin ist Christin Bonin. Ich dachte mir: Klasse, endlich eine deutschspachige Autorin, die sich exclusiv mit Belting beschaeftigt und nicht nur, wie z.B. Karin Ploog, ene halbklassische Poptechnik verkauft. Wie sehr sollte ich mich jedoch getaeuscht haben!

    Ueber Frau Bonins Qualitaten als Gesangspaedagogin kann ich nichts sagen, und bestimmt ist sie als klassich orientierte Lehrerin ganz gut (auf ihrer HP schreibt sie, dass sie Opernsaengerin ist). Was in diesem Buch geschrieben wird, ist jedoch hoechst fraglich.

    Als Hauptliteraturangaben bezieht Frau Bonin sich auf die Lohmanns (die haben ja auch echt viel gebeltet!) und Wikipedia. Sie schreibt zwar, dass sie in ihrem Leben viele Fachbuecher ausser diesen gelesen habe - alle Beltingliteratur aus dem amerikanischen oder englischsprachigen Raum lehnt sie aber scheinbar ab.
    So behauptet sie, dass die angeratene Hochstellung des Kehlkopfes gefaehrlich sei, und dass man dem ganz bewusst entgegenarbeiten solle. Das ist beim Belten das Falscheste, was man machen kann!
    Im besten Fall klingt man dann so wie eine ihrer Beispielschuelerinnen auf der CD, die naemlich ueberhaupt nicht beltet, sondern alles halbklassisch mit tiefgestelltem Kehlkopf und weitem Pharynx singt.
    Im schlimmsten Fall verbruellt man sich total, weil man den Kehlkopf wirklich tiefstellt und gleichzeitig mit viel zu viel Masse singt - das loest Vocal Fold-Trauma aus, und das ist kein Witz! Ich habe mal eine ihrer Uebungen so ausprobiert, wie sie es beschreibt, und musste sofort aufhoeren, da es anfaengt, zu kratzen. Nun weiss ich GsD, worauf ich achten muss - der unbedarfte "Neubelter" weiss das aber nicht, und ich finde das ehrlich gesagt ganz gefaehrliches Halbwissen, was mit diesem Buch verbreitet wird.

    Auch raet sie von "neck anchoring" ab, weil es angeblich zu Verspannungen fuehrt. :shock: Ich hoffe mal einfach, dass sie nicht wirklich weiss, was neck anchoring ist, sonst wuerde sie sowas nicht schreiben.
    Dann soll die Kehle weit gehalten werden - wieder so ein Ding, im besten Falle missverstaendlich. Was weit sein muss, sind die Taschenfalten. Je hoeher man beltet, desto mehr Verengung braucht man allerdings auf Twanger-Ebene (aryepiglottische Region), sonst kann man nach oben nicht blenden. Resultat: Entweder, es klingt sofort klassisch, oder der Klang kippt um.
    Oder aber, es wird von "mehr Luft" geredet. Ja, der subglottische Druck ist beim Belten hoeher, das hat aber nichts mit mehr Luft durchschieben zu tun, sondern mit der laengeren Schlussphase der Stimmlippen. Ganz im Gegenteil, die Atmung ist beim Belten die flachste von allen Singarten, und man muss aufpassen, dass man nicht treibt.

    Ganz ehrlich, das ist so mit das Fragwuerdigste, was ich in letzter Zeit zum Thema gelesen habe, und ich wuerde jedem ganz, ganz dringend abraten. Die Uebungen, die sie beschreibt (alle auf ni-a :roll: ) kann man theoretisch schon machen, aber nicht mit den Anweisungen, die dazu gegeben werden. Da wundert es wenig, dass die Schueler auf ihrer CD tw. nicht wirklich Belten. Mag ja sein, dass sie im persoenlichen Unterricht besser demonstriert, aber als Lehrbuch ist das wirklich fragwuerdig und teilweise auch ganz einfach falsch.

    Daher mein gutgemeinter Rat: Sollte jemand von Euch ueber dieses Buch stolpern: Bitte nicht, wenn Ihr lernen wollt, wie man wirklich stimmschonend beltet.



    Re: Belting - bitte nicht so!

    melusine - 01.05.2010, 06:47


    Liebe Epo,gut dass Du so klar und deutlich unterscheidest und kein X für ein U vormachst. Beim Belting ist der Kehlkopf hoch gestellt, im klassischen Gesang wird jahrelang darauf trainiert, dass er tief liegt. Davon können sich klassisch geschulte Lehrer wohl offensichtlich nciht definitiv trennen und machen damit dann mehr an der stimme kaputt als sie ahnen. Wie schaffen es Leute die klassisch singen und nur mal einen Ausflug ins Belting machen wollen, dann diese technik immer wieder umzustellen? Der Körper hat doch bekanntlich sein eigenes Gedächtnis, das sich in Lernprozessen einprägt. Kommt der nciht dann in totale Verwirrung? Geht das nur mit jahrelanger Erfahrung, ist das relativ einfach oder geht das gar nciht?
    Würdest du also klassischen Gesangsschülern raten, Belting zu versuchen, wenn sie Lust drauf haben oder nur weit Fortgeschrittenen oder nur denen, die sowieso die Technik und das Repertoire wechseln wollen?
    Ich kenne mich mit dem Thema gar nciht aus und stelle mir vor ich hâtte eine Schülerin, die einen Belting Kurs machen wollte, um mal in andere Gesangstile reinzuschnuppern. Was soll ich der raten?
    M



    Re: Belting - bitte nicht so!

    Eponine - 01.05.2010, 12:03


    Liebe melusine,

    der Koerper hat natuerlich ein Gedaechtnis. Man braucht schon seine Zeit, um sich umzustellen, aber es geht. Je nachdem, wo man langfristig seinen Schwerpunkt haben moechte, kann man auch "schummeln". Als vorrangig klassischer Saenger, der nur mal hin und wieder Pop oder Musical singen moechte, ohne zu opernhaft zu klingen, kann man z.B. Mixbelt singen, da ist der Kehlkopf tiefer. Der Klang ist allerdings weit weniger aggressiv. Ich empfehle das auch nur, weil die Umstellung einfacher ist und schneller geht (sogar innerhalb eines Konzerts ohne Qualitaetseinbussen).

    Generell braucht aber auch der klassische Saenger keine Angst zu haben, wenn er es denn richtig lernt. Ein Workshop ist ja immer unter Anleitung, und ein guter Lehrer wird hoeren und sehen, wenn was nicht sauber ausgefuehrt wird, und sofort eingreifen. Und so wie sich klassische Technik nicht an einem Wochenende setzt, setzt sich auch Belting nicht an einem Wochenende. Es gibt aber Anregungen und hilft einem bei der Entscheidung, ob man es vertiefen moechte.

    Ein schoener Nebeneffekt ist allerdings, dass selbst stratosphaerische Soprane oft schon nach ein paar Stunden viel besseren und tragfaehigeren Zugang zu ihrer tiefen Lage finden. Die klassische Stimme kann also absolut vom Belten profitieren, so wie dem Belter auch klassische Technik nicht schadet. Langfristig wird man sich natuerlich fuer eine Hauptrichtung entscheiden, um nicht staendige Umstellungsphasen planen zu muessen.

    Gillyanne z.B. kommt wie ich urspruenglich aus der klassischen Ecke und kennt daher gerade die Umstellungsprobleme recht gut. Sie kennt aber auch die Unterschiede in der Ausbildung und weiss, dass man mit klassischer Einstellung nicht Belten kann. Das ist etwas, was Frau Bonin z.B. abzugehen scheint. Aber die glaubt ja sogar immer noch, dass die Nebenhoehlen signifikant zur gesanglichen Klangentwicklung beitragen, obwohl das wirklich seit Jahren widerlegt ist...



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