Eine Geschichte von drei Wasserrohrbrüchen

klaraputzich
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    Re: Eine Geschichte von drei Wasserrohrbrüchen

    Anonymous - 25.04.2010, 17:21

    Eine Geschichte von drei Wasserrohrbrüchen
    Eine Geschichte von drei Wasserrohrbrüchen
    oder:
    Wie Cheshire Cats Schlafzimmer zum "Little Room of Horrors" (wie Tigger sagen würde) wurde

    Das Übel nahm seinen Anfang, als vor - oh je - mittlerweile bestimmt 7 Jahren (furchtbar, wie lange das schon so geht) ein Wasserrohrbruch zunächst unbemerkt eine Wand in meinem Schlafzimmer durchnässt hat und dann langsam meinen großen Schlafzimmerschrank von hinten verschimmeln ließ.
    Der Schrank musste zu zwei Dritteln schnell raus. Ich habe den Inhalt notdürftig in diversen Kisten und Müllsäcken sowie im Rest der Wohnung verteilt.

    Aus irgendeinem blöden Grund habe ich seinerzeit mich nicht schnell um einen neuen Schrank bemüht, sondern vielmehr gelernt, mit diesem Provisorium zu leben.
    Wenn einfach so ein großer Schrank "wegfällt", fehlt natürlich auch sofort jede Menge Stauraum, und so blieb immer mehr Zeug außerhalb in Stapeln liegen.
    Irgendwann breiteten sich die Sachen dann auch auf meinem Bett (genau genommen einer ziemlich ausgelegenen Schlafcouch), und so fing ich an, im Wohnzimmer auf meiner anderen Couch zu schlafen. Nachdem das SCHLAFzimmer seiner eigentlichen Funktion beraubt war, waren bei mir auch die Hemmungen weg, und ich habe es immer mehr zu einem reinen Stauraum umfunktioniert.

    Leider breiteten sich die Stapel und Chaosherde dann auch immer weiter in den Rest der Wohnung aus, und ehe ich mich versah, waren die Böden und alle horizontalen Ablageflächen mit Kram bedeckt. Zunächst durch viele “nützliche” und durchaus funktionale Dinge wie Bücher, CDs, DVDs, Videos, zunehmend aber auch rational betrachtet mit viel Müll wie Zeitungen und Zeitschriften, Wurfsendungen, Fotokopien von Aufsätzen, die ich nie gelesen habe (damals war ich noch an der Uni), etc.
    Und ehe ich mich versah, war meine komplette Wohnung eine absolute No-Go-Area, die niemand betreten durfte oder konnte.

    Die Tatsache, dass niemand mehr außer mir meine Wohnung betreten durfte, führte leider auch zu ihrem weiteren Verfall. So führte z.B. das stete Tropfen eines nicht mehr ganz dichten Wasserzufuhrhahns dazu, dass sich mein Becken-Unterschrank langsam in seine Bestandteile auflöste. Außerdem gingen in zwei Kommoden immer mehr Schubladen kaputt (vermutlich, weil zu viel Zeug drin lag).

    Und dann gab auch noch mein Fernseher seinen Geist auf. Natürlich konnte ich keinen Fernsehtechniker oder einen Lieferanten in mein Chaos lassen, und so schaue ich meine Sendungen seitdem nur noch auf einem Winz-Fernseher - das war der Einzige, den ich selbst tragen und nach Hause transportieren konnte.

    Ach ja, irgendwann “blockierte” dann auch noch der Heißwasserhahn an meinem Waschbecken im Bad, sodass dieser ständig lief. Zur Steuerung des Wasserflusses musste ich fortan den Haupthahn auf und zu machen. Duschen war aufgrund des fehlenden Wasserdrucks nicht mehr möglich. Es ging nur noch Baden oder Waschen am Becken.

    Als dieser Tiefpunkt dann erreicht war, hörte ich auch irgendwann auf zu spülen, überall stand dreckiges Geschirr (in der Küche gab‘s ja auch kein Heißwasser mehr - war viel zu weit weg vom Haupthahn), und ich aß eigentlich nur außerhalb (was an der Uni ja problemlos geht) oder Fertigprodukte, die man direkt aus der Packung verzehren konnte - mit Plastikbesteck, sauberes hatte ich ja nicht.
    Echt grausam. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wie ich diese Zeit ertragen habe.

    Die nächste Veränderung (und den 1. Schritt zur Besserung) brachte dann Wasserrohrbruch Nr. 2 (ich wohne in einem Haus mit schrecklich alten, brüchigen Rohren).
    Er setzte mein Badezimmer unter Wasser und macht den Besuch eines Installateurs unabdinglich.

    So habe ich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mein Badezimmer und die Diele (die mittlerweile auch mit mehreren Kisten voll stand und deren Boden komplett bedeckt war) in einen akzeptablen Zustand gebracht, indem ich alles, was herumlag, in Mülltüten verfrachtete und wahlweise ins “Schlaf”- bzw. “Wohn”-Zimmer brachte. Schnell noch alles geputzt, alle Türen zu, und schon wirkte die Wohnung für Außenstehende sauber und respektabel.
    Ging alles gut, die Spuren des Wasserrohrbruchs Nr. 2 wurden beseitigt, und ich hatte 2 winzige, aber saubere Räume.
    Leider hatte dies aber keine Signalwirkung für die übrigen Zimmer, in denen das Chaos immer noch blühte, wuchs und gedeihte.

    Es bedurfte eines dritten Wasserrohrbruchs, um wieder Bewegung in die Sache zu bringen.
    Diesmal war der Rohrbruch in der Küche in einer Wohnung über mir, dennoch musste der Hausmeister bei mir rein, um den Schaden zu begutachten. Um in meine Küche zu kommen, muss man durchs Wohnzimmer - HORROR!
    Das hieß also zwei absolut chaotische Räume innerhalb von kürzester Zeit (ich habe bei der Hausverwaltung aufgrund einer vorgetäuschten Dienstreise 3 Tage “Puffer” rausgehandelt) nicht nur begehbar, sondern so sauber und normal herzurichten, dass niemand “Verdacht” schöpfte und auch noch mein Chaoszimmer sehen wollte.

    Hinzu kam, dass mittlerweile auch die Toilettenspülung kaputt gegangen war, und auch nur noch mit Hilfe des Hauptwasserhahns zu bändigen war.
    Es folgten also 3 Tage panischen Krempel-Wegsstellens in Müllsäcken (zum richtigen Entrümpeln war ja keine Zeit) gekrönt mit dem Besuch eines Installateurs, der meine Toilette repariert hat, bevor sich Hausmeister und Anstreicher um die Folgen des Rohrbruchs in der Küche gekümmert haben.

    Hat auch wieder funktioniert, niemand hat Verdacht geschöpft und ich habe seitdem (=Februar 2009) wieder eine komplett funktionsfähige Küche und ein funktionsfähiges Bad.
    Leider ist seitdem mein bekanntes “Chaoszimmer” aber auch so voll mit Kram in allen erdenklichen Behältnissen (vor allem Müllsäcke, aber auch Umzugskartons, Plastiktüten etc.), dass sich das Zeug hüfthoch darin stapelt. Das wahre Grauen.

    Seit diesem dritten Wasserrohrbruch ist mein Bad im passablen Zustand, wurde bis ich Euch gefunden habe vielleicht nicht oft genug geputzt, ist aber nutzbar.
    Die Küche ist auch bekochbar, stand aber bislang mit viel zu viel Spülkram voll.
    Die Diele ist OK und ich kann auch ohne besondere Türöffnungstechnik (kennt das einer von Euch? Bis vor einem Jahr habe ich meine Wohnungstür immer nur einen Spalt geöffnet, habe mich dann schwungvoll durch selbigen gezwängt und schnell wieder die Tür geschlossen, damit ja kein Nachbar das Chaos erblickt - furchtbar. Die reinste Slapstick-Einlage.).aufschließen und durchschreiten.
    Das Wohnzimmer ist nach den Maßstäben eines normalen Menschen ziemlich unordentlich, mit viel Papierkram und alten Zeitungen, CDs und DVDs, die rumliegen, aber ekelhaft ist es meines Erachtens nicht mehr.
    Das Chaoszimmer spottet aber wie oben dargelegt jeder Beschreibung.

    So, und damit sind wir im Jetzt und Hier angekommen.

    Tut wirklich gut, diese ganze Entwicklung endlich mit jemandem zu teilen. Bislang weiß wirklich niemand von meinem Chaos. (Obwohl ein, zwei Leute in meinem Umfeld ab und an bemerken, dass sie mal meine Wohnung sehen wollen, was ich immer irgendwie abwiegle. Die hegen vielleicht einen gewissen Verdacht.)

    Dies ist die Vergangenheit und Entwicklung meines Chaos.
    Ich freue mich sehr darauf, es zusammen mit Euch abzubauen, zu beseitigen und hoffentlich langfristig fernzuhalten.
    Seitdem ich diese wunderbare Community gefunden habe, und Eure freundliche und aufmunternde Unterstützung kennen gelernt habe, glaube ich zum ersten Mal seit Jahren, dass ich das wirklich schaffen kann, und dass auch ich irgendwann mal wieder eine völlig normale, komplett begehbare und funktionale Wohnung haben werde.

    Eure Politik der kleinen Schritte funktioniert wunderbar für mich, und auch der tägliche "Kontrolleffekt" mit Zielen, die ich selbst festlege und "vor aller Augen" abhakte, hält mich ganz gut auf Kurs.

    Ein dickes Dankschön schon mal dafür, dass Ihr alle mir seit drei Wochen neuen Mut und täglichen Ansporn gebt, und dass Ihr meine kleinen Fortschritte so aufmerksam und mit so viel Anteilnahme verfolgt.
    Ich weiß es sehr zu schätzen.

    Liebe und zutiefst dankbare Grüße,


    Cheshire Cat.



    Re: Eine Geschichte von drei Wasserrohrbrüchen

    Anonymous - 25.04.2010, 19:07


    Tjo. Ich nenn das das Stossdämpfersyndrom :)
    Schleichend langsam und dann irgendwann so desolat, dass nix mehr geht.

    Nu bekommst aber gerade neue ;)

    Mach weiter so.



    Re: Eine Geschichte von drei Wasserrohrbrüchen

    Anonymous - 26.04.2010, 14:05


    Liebe Cheshire Cat,

    Dein Text hat mich sehr gerührt.
    Ich freue mich sehr, dass Du zu uns gefunden hast und wir Dir helfen können.

    Du bist auf dem richtigen Weg.
    Stück für Stück packst Du es an, jeden Tag ein wenig.
    Und irgendwann wirst Du eine schöne, saubere Wohnung haben!



    Re: Eine Geschichte von drei Wasserrohrbrüchen

    Anonymous - 26.04.2010, 22:24


    @Tigger

    vielen Dank für Deine lieben Worte!!

    Mich hat der Text als er so fertig da stand eigentlich eher schockiert. Schon krass, noch einmal Schwarz auf Weiß nachzulesen, wie das Chaos seinen Lauf nahm.
    Besonders schlimm ist, dass ich im Nachhinein Zeitpunkte erkenne, zu denen ich das Fortschreiten vielleicht hätte stoppen können - naja, hinterher ist man immer schlauer.

    Ich bin wirklich froh, dieses Forum gefunden zu haben, und bin mir ziemlich sicher, dass ich damit irgendwann das Chaos vertrieben haben werden.

    Liebe Grüße von Katze zu Katze,

    Cheshire Cat.



    Re: Eine Geschichte von drei Wasserrohrbrüchen

    Anonymous - 26.04.2010, 22:27


    @Trümmerjette
    "Stossdämpfersyndrom" trifft es glaube ich sehr gut - ist das ein offizieller Begriff?
    Wirklich erschreckend, wie schnell und zunächst unbemerkt sich die Dinge verselbständigen können. Ich hoffe, dass ich jetzt den Rückwärtsgang gefunden habe.

    1000 Dank für die Aufmunterung und
    LG,

    Cheshire Cat.



    Re: Eine Geschichte von drei Wasserrohrbrüchen

    Trockenfisch - 26.04.2010, 22:49


    Ein Satz bei den lovely ladies hat mich mal sehr aufhorchen lassen..jemand wurde gefragt, wie es denn gekommen sei, in solchen Umständen zu leben...
    und die Antwort war "It was a slow slide downward..."

    Ich habe das sofort wiedererkannt und es hat mir ne Gänsehaut beschert..
    Das sachte, langsame Abrutschen...und ab einem gewissen Punkt hat das Abrutschen ne Eigendynamik....und gewinnt an Fahrt...

    Gut ist, so wie es den slow slide downward gibt, gibt auch das slow climbing upward...bei manchen geht das sogar richtig schnell..

    Du bist auf jeden Fall auf dem guten Weg, Cheshirecat

    :blume:



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