Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

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    Re: Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

    LaCastafiore - 12.06.2006, 16:35

    Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????
    Wir haben kürzlich in einem Programm Werke von Clara und Robert Schumann "gegenüber"gestellt.
    Anschliessend hatte ich mit einem Freund, der sehr musikliebend, aber kein Musiker ist, eine spannende Diskussion, ob es weibliche oder männliche Musik gäbe, weil ich auf der Unterscheidung Komponistin/Komponist bestand - er hingegen fand, Musik sei Musik, egal ob von Männlein oder Weiblein komponiert.
    Dementsprechend würde ihn ein Programm "komponistinnen" oder Lieder von Komponistinnen etc. nicht hinter dem Ofen herlocken - während ich das ganze Thema ausgesprochen spannend finde.
    Habt Ihr schon mal darüber nachgedacht?
    Oder Programme rund um "Musik von Frauen" erstellt oder angehört?
    oder ist das alles ein zu "feministischer" Ansatz und nicht mehr zeitgemäss?



    Re: Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

    EmmyNoether - 13.06.2006, 16:11


    Hallo LaCastafiore,

    meine Erfahrungen mit Komponistinnen sind klein:
    einige Chorstücke v. Clara Schumann und Fanny Hensel habe ich gesungen, dann hab' ich früher mal was Instrumentales von Felicitas Kuckuck gemacht, vielleicht auch Felicitas Kuckuck gesungen, das weiß ich nicht mehr genau.
    (Im Alter von 15 Jahren ging mir auf, daß Andrea Gabrieli gar keine Frau ist. Das war eine Enttäuschung!)

    Ob es "weibliche Musik" gibt, weiß ich nicht.

    Ein Programm mit früheren Komponistinnen würde mich schon hinterm Ofen vorlocken - genau wie mich Frauen interessieren, die sich zu Zeiten, zu denen das nicht für sie vorgesehen war, in der Mathematik und den Naturwissenschaften bemerkbar gemacht haben.
    Warum interessieren mich solche Komponistinnen? Eigentlich nicht, um das Weibliche in ihrer Musik zu suchen... Sondern eher, um sie, ihre Werke, ihre Biographie und Lebensumstände kennenzulernen. Was war es, das sie dazu gebracht hat, aufzubrechen, auszubrechen? Wurde sie gefördert? Behindert? Von wem? Warum? Ist es berechtigt, daß man sie nicht kennt? Unberechtigt?

    Hm. Wie formuliere ich nur, was ich noch sagen möchte? Ich versuch's mal:
    Einmal angenommen, es gäbe eine Tagung zu mathematischen FACHtemen, zu welcher nur Frauen als Referentinnen zugelassen wären. Das fände ich spinnert. Überhaupt nicht spinnert finde ich die Frage: wie gehen Frauen an Mathematik heran?
    Nun zur zeitgenössischen Musik: ein Konzert, auf welchem nur Werke von heute komponierenden Frauen aufgeführt würden, käme mir irgendwie "holzhammermäßig" vor, es hat etwas von "Frauenquote" an sich.
    Die Frage, warum auch heute weniger Komponistinnen als Komponisten tätig sind, finde ich aber sehr interessant (bei Spitzenköchen und Springreitern scheint es genauso zu sein),
    genau wie die Frage, ob sich Kompositionen von Männern und Frauen unterscheiden.

    Gruß v. Emmy



    Re: Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

    LaCastafiore - 18.06.2006, 11:02


    Liebe Emmy,

    ich danke Dir sehr, dass Du Dir die Zeit genommen hast, zu diesem etwas "feministisch-intellektuellen" Thema Stellung zu nehmen. Ich finde Deine Ausführungen sehr interessante Denkanstösse.

    An der Pariser Oper wird alljährlich eine bei einem "lebenden" Komponisten in Auftrag gegebene Oper uraufgeführt. Dieses Jahr war des Adriana Mater, ein Werk der finnischen Komponistin Kaija Saariaho, nach einem sehr interessanten Buch - eines Mannes ;-) Ich hatte nicht den Eindruck, nun explizit "weibliche" Musik, selbst wenn vielleicht die Auswahl des Stoffes ein eher "weibliches Thema" war.

    Ganz besonders wichtig ist es natürlich, die komponierenden Frauen im Kontext ihres gesellschaftlichen Umfelds, ihrer Zeit zu sehen. Besonders spannend finde ich in diesem Zusammenhang dann wiederum die unterschiedliche Betrachtung der gleichen Fakten - unter dem Blickwinkel kulturell unterschiedlich geprägter Menschen. Sprich, ich lese gerade viele Bücher über Fanny Mendelssohn (wohl mein nächstes "Opfer") in deutsch, danach werde ich nach französischen Werken schauen. Hier beginnt die "Gender-Forschung" erst, Bücher werden im Zusammenhang mit Thesen (der frz. Doktorarbeit im Rahmen der Promotion) veröffentlicht.

    Ganz liebe Grüsse von LaCastafiore



    Re: Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

    cornettina - 18.06.2006, 17:53


    Hallo, LaCastafiore,

    ich habe bereits vor einigen Jahren einen kompletten Liederabend gesungen nur mit Liedern von Fanny Hensel und Clara Schumann. Die Musik von Fanny Hensel ist spröder, schwieriger zu verstehen und zu lernen, während die von Clara Schumann eingängiger, tiefergehender wirkt und leichter zu lernen ist. Ein erfahrener Musikwissenschaftler könnte sich hier sicherlich treffender äußern. Die gewählten Texte beider Komponistinnen sind so ganz anders als die von Felix Mendelssohn oder Robert Schumann, auch die Kompositionsart. Ich fühlte schon, dass von Frauen komponierte Musik anders ist, aber ob man die Musik kategorisch in Frauen- und Männerabteilungen teilen sollte? Sie bestehen ohne weiteres gleichwertig neben den Männern. Was du und EmmyNoether sagt, denke ich auch. Ich lerne die Lebensumstände der Komponistinnen kennen, überlege, was sie bewegt haben mögen, gerade diese Texte zu vertonen, usw. Und versuche dieses in die Interpretation mit einzubringen.

    Liebe Grüße.



    Re: Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

    Anonymous - 12.08.2006, 20:08


    Ich bin ziemlich sicher, dass es musikalisch gesehen keinen Unterschied gibt (ich komponiere selbst und studiere es auch). Gründe, wieso "weibliche" Musik nicht so oft gespielt wird, gibt es wohl mehrere. Lange Zeit war es für eine Frau unschicklich zu komponieren (wieso auch immer). Und es scheint auch einfach mehr Männer zu geben, die komponieren. Im Grunde aber zerbreche ich mir nie den Kopf über sowas, da ich dieses Ganze Getue um Männlich und Weiblich nur lächerlich finde.
    Ich singe zurzeit bei einer Oper mit (besser gesagt erst im September), die auch von einer Frau komponiert wurde. Ich denke, es kommt nicht auf das Geschlecht des Komponisten an, sondern darauf, was er oder sie mit ihrer Musik ausdrücken wollen und können, wie sie Instrumente einsetzen, Stimmen führen und besetzen.



    Re: Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

    Anonymous - 14.08.2006, 10:32


    sopranist hat folgendes geschrieben: Ich bin ziemlich sicher, dass es musikalisch gesehen keinen Unterschied gibt.

    Und es scheint auch einfach mehr Männer zu geben, die komponieren.

    Ich singe zurzeit bei einer Oper mit (besser gesagt erst im September), die auch von einer Frau komponiert wurde. Ich denke, es kommt nicht auf das Geschlecht des Komponisten an, sondern darauf, was er oder sie mit ihrer Musik ausdrücken wollen und können, wie sie Instrumente einsetzen, Stimmen führen und besetzen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass es in dieser Oper Stellen gibt, die eingentlich fast beleidigend wirken (tiefer Bass, der oft seitenweise um das g1 singen muss... schließlich sogar das as1... ein Bariton hätte das besser drauf).

    Also, ich verstehe jetzt diesen Beitrag nicht ganz... - war das jetzt ein Plädoyer für oder gegen weibliche Komponisten?
    Wenn die einzige Oper, die Du anführst, eine Beleidigung ist, dann widersprichst Du -zumindest latent - dem Statement, dass die Musik als gleichwertig betrachtet werden sollte.

    Aber mal ganz abgesehen davon wird es zum einen daran liegen, dass vermutlich die Frauen noch nciht lange gesellschaftlich so gestellt sind, dass sie a) komposition studieren könnten und b) ihre "weibliche Rolle" verlassen können. - Damit meine ich, dass vermutlich selbst komponierende Frauen früher gewisse Themen bzw. Inhalte nicht angerührt haben (wohl wegen gesellschaftlichen Druckes?). Daraus würde sich erklären, dass große Teile der weiblichen Kompositionen inhaltlich nicht so ergiebig wären; das Ausklammern bestimmter "männlicher Eigenschaften" verstümmelte dann sozusagen das Potenzial und die "Scheuklappen" verhinderten Wahrhaftigkeit.
    Könnte das nicht ein Grund sein?
    Ich muss ehrlich sagen, dass ich herzlich wenig Kompositionen von Frauen kenne, doch einige mir bekannte mag ich durchaus.
    Oft empfinde ich es aber auch eher als "Vor-sich-Hinplätschern" - womit wir wieder bei der typisch-weiblichen Sanftheit der Romantik wären...



    Re: Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

    Anonymous - 14.08.2006, 13:15


    Die Oper die ich singe, na ja, damit meinte ich die Frauen allgemein, die Musik schreiben, sondern eben gerade die Komponistin dieser Oper. Sie hat echt schöne Stellen drin, aber sie hat wohl noch nie gesungen. Denn was die da so geschrieben hat, ist schon ziemlich anstrengend.

    Es war aber im Großen und Ganzen ein Plädoyer dafür, dass es, so meiner Meinung nach, keinen Unterschied gibt. Ein guter Komponist kann mit seiner Musik alles ausdrücken, ein schlechter nicht. Gerade bei kreativen Tätigkeiten kann man nur einen Unterschied von Mensch zu Mensch ziehen. Da spielt das Geschlecht keine Rolle.

    Da mich, wie schon geschrieben, dieses Hin und Her zwischen Mann und Frau gar nicht interessiert, weil es für mich nichts Natürlicheres gibt als Gleichwertigkeit, seh ich das Ganze vielleicht auch einfach nur anders.



    Re: Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

    Gerald - 13.03.2007, 22:30


    Liebe Castafiore,
    Streiten ist müßig: es gibt weibliche Musik von Männern und umgekehrt, gute und weniger gute Musik von beiden Geschlechtern. Für den Herbst bereite ich einen Abend über Fanny Hensel vor, ihr Bruder Felix hat einige Lieder unter seinem Namen herausgegeben, ohne daß dies jemand merkte. Gewiß ist in der Vergangenheit das weibliche Kreativpotential nicht ausgeschöpft worden, das hat sich geändert. Nicht immer rechtfertigen Komponistinnen das Aufsehen das sie erregen. Man muß von Fall zu Fall sich eine Meinung bilden. Morgen treffe ich Adriana Hölszky, die ich schätze. Weiteres vielleicht beim nächsten Treffen. Bis dahin alles Gute
    Gerald



    Re: Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

    LaCastafiore - 19.03.2007, 11:41


    Lieber Gerald,

    streiten wollte ich gar nicht, sondern eine Diskussion anregen.

    Ich komme nunmal aus der Ecke "Gender Studies", interessiere mich für Komponistinnen und finde die Sozialgeschichte drumherum einfach spannend.
    Auslöser für mein Interesse an diesem Thema war übrigens ein Konzert meiner Lehrerin zum 100. Hochzeitstag von Alma und Gustav Mahler, für das sie alle Lieder von Alma Mahler sowie Gustavs Rückert-Lieder sang. Und da sie eine Art öffentlicher Generalprobe bei uns machte, habe ich mich in das Thema reingekniet und ganz viel über Alma und ihr Leben (und ihre Männer) gelesen - und dann 2sprachig präsentiert .... Und schon war ich infiziert....

    Für den Herbst arbeite ich ebenfalls an einem Fanny und Felix Programm. Beide sind im Jahr 1847 gestorben, sodass man das durchaus als kleines Jubiläum begehen kann. Für den Mai hatte ich zuviele andere Projekte. Meine erste Ausgabe der Mendelssohn Lieder aus dem Peters Verlag schreibt übrigens noch alle Lieder Felix zu - 1997 hab ich sie gekauft. Äusserlich der gleiche Band, einige Jahre später erstanden, weist wenigstens mit Sternchen an einzelnen Werken auf die Autorenschaft Fannys hin.

    Der Furore Verlag in Deutschland macht sich übrigens um Komponistinnen ganz besonders verdient - da habe ich schon so manche interessanten Schätze gefunden. Da gibt es z.B. einen Band "von Goethe inspiriert" - das ist sehr interessant, zumal auch die Biographien der Damen in Kontext zu Goethe und der Begegnung mit ihm und seinem Werk gesetzt werden.

    Zu diesem Thema gibt es übrigens sehr interessante Veröffentlichungen:

    Danielle Roster, Allein mit meiner Musik, Komponistinnen in der europäischen Musikgeschichte
    Christel Nies Gut zu hören - gut zu wissen Komponistinnen und ihr Werk
    Olivier/Braun Komponistinnen aus 800 Jahren

    und ganz neu in Frankreich erschienen
    Florence Launay Les Compositrices en France au XIX siecle (entstanden in Folge einer Doktorarbeit)

    Musicologische Grüsse von Castafiore



    Re: Komponisten/Komponistinnen - männliche/weibliche Musik ????

    musencusmuc - 25.03.2007, 09:52


    Freunde, Römer, Landsleute!
    In München haben wir das zweifelhafte Vergnügen (durch den neuen GMD Kent Nagano), die Oper Alice in Wonderland von Unsuk Chin zu den Opernfestspielen zu hören. Die scheint eine arrivierte Komponistin zu sein, wenngleich ich sie nicht kenne und man auch sonst noch nicht viel von ihr gehört hat ...
    Gruß und Kuss, der musencus



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