Heian-Ära - Das japanische Mittelalter (794-1185)

Haarmonie
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    Re: Heian-Ära - Das japanische Mittelalter (794-1185)

    Sagi - 19.01.2010, 09:50

    Heian-Ära - Das japanische Mittelalter (794-1185)
    Ich bin leider weder Historikerin noch Japanologin, deshalb bitte ich kundigere Menschen, mir bei Fehlern per PN Bescheid zu geben, damit ich das korrigieren kann. Vielen Dank!


    Die Heian-Periode beginnt 794 mit dem Umzug des Kaiserhofes von Nara nach Kyoto.
    Sie wird zu einer Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs für Japan; die Kriegerklasse Japans, die Samurai bzw. Bushi gewinnen als Söldner zum Schutz wohlhabender Adliger und Kaufleute an Bedeutung und Macht, zugleich emanzipiert sich Japan von seinem übermächtigen Nachbarn China.
    War zuvor die japanische Kunst, Kultur und Tradition stark an chinesischen Vorbildern orientiert bzw. kopierte diese weitestgehend, bilden sich nun eigene äthestische und moralische Muster heraus.

    Zum Lebensstil des Adels gehörten Kalligrafie (Schönschreibkunst), Poesie, edle seidene Gewänder.
    Eine adlige Dame trug oft bis zu 40 wallende Kleidungsschichten ([juni hitoe]) übereinander; allein schon durch diesen Wust an Kleidung und deren Gewicht waren sie zur Untätigkeit verdammt.
    Wahrscheinlich auch deshalb sieht man auf Gemälden dieser Zeit nur sitzende oder liegende Damen - es muss anstrengend gewesen sein, in diesen Kleiderpanzern auch nur kleinste Tätigkeiten zu bewältigen.

    Auch die Frisurenmode machte der Dame von Welt das Leben nicht leichter: statt der bisherigen aufwändigen und prunkvollen Hochsteckfrisur, die man vom chinesischen Hof übernommen hatte (und die, aller Unbequemlichkeit zum Trotz, immerhin etwas Bewegungsspielraum bot), wurden nun, als Japans ganz eigene Mode, superlange, glatte, schwarze Haare gewünscht, die sog. kuro kami ("schwarze Haare", wenn mich meine spärlichen Kenntnisse nicht trügen).
    Dieses Haar war eines der wichtigsten Schönheitsmerkmale einer Frau und wird von u. a. Sei Shonagon in ihrem Kopfkissenbuch mehrfach erwähnt.
    Die Auswahl an Haarschnitten war sehr begrenzt: es gab eine Variante des Hime cut (gekürzte Seiten, der Rest lang) und den graden Schnitt. Manchmal wurden die Haarmassen auch ein- oder mehrfaqch locker zusammengebunden.

    Gepflegt wurde dieses Haar durch relativ seltene Wäschen (es gab gesetzliche Vorschriften, wann das Haarewaschen verboten war; z. B. April, Mai, September und Oktober), Kamelienöl, Algen, sorgfältigem Entwirren mit Buchsbaumkämmen (heute noch zu kaufen, aber sehr teuer) und dem Beduften des Haares mittels Räucheressenzen.

    Fernöstliche Schönheitsgeheimnisse/The Japanese Way of Beauty hat folgendes geschrieben:
    Vor 10 Jahrhunderten, als die Japanerinnen während der berühmten Heian-Periode ihr Haar bis auf den Boden drapiert trugen, als ihr Haar dicht, gerade und schwer vom Mittelteil des Kopfes herabfiel wie ein dichter Seidenvorhang, war das Haarewaschen eine schwierige Angelegenheit. Für diese Aufgabe gab es sogar spezielle Tage: So war der 7. Juli an Tokyos Kamo-Fluss einer dieser Tage. Es gab Perioden während der Heian-Zeit, während derer das Haarewaschen verboten war - diese Monate waren April, Mai, September und Oktober.
    In Japan wie auch in anderen Teilen der Welt wusch man sich früher nicht regelmäßig die Haare, jedenfalls nicht so regelmäßig und häufig wie heute. In der Meiji-Zeit wusch man es nur pro Monat einmal. Mit der Änderung der Sitten und der Haartracht kam dann auch in Japan die fast tägliche Haarwäsche auf, die heute propagiert wird und üblich ist.
    Bis ins 20. Jahrhundert hinein waren die Substanzen, die fürs Haarewaschen genommen wurden, dieselben, die traditionell seit Jahrhunderten benutzt worden waren: Kamelienöl, Algen, Ei, Reiskleie und Azukibohnenpuder. Diese natürlichen Waschmittel wurden ergänzt durch pflanzliche Spülungen zum Klären und Tonisieren, dann folgten Öle und Pomaden oder Pflanzensäfte zum Frisieren des Haares, und manchmal eine Räucherung, um es gut duften zu lassen.
    Das traditionelle japanische Shampoo kann man sich am Besten vorstellen als eine Reinigungsmassage. Jahrhundertealtes Wissen legt mehr Wert auf die Kopfmassage, die Reinigung selbst nimmt einen geringeren Raum ein. Der Gedanke, alles Öl vom Haar zu entfernen, erscheint in der alten Tradition als schädlich: das Haar wird schutzlos, trocken und es bricht leichter.
    Früher nahmen die ärmsten Bauern und Städter Ton zum Haarewaschen. Das reinigte das Haar wundervoll, doch es entfernte das Öl so restlos, dass das Haar total trocken wurde. Es verlor seinen tiefen schwarzen Glanz und wurde rötlich oder bräunlich, sogar kraus oder wellig. Diejenigen, die das kleiereiche Wasser vom Reiswaschen benutzten, waren besser dran, da die Kleie feuchtigkeitsspendend und nährend ist. Die reichen Leute dagegen konnten sich der mineralreichen Algen bedienen und dementsprechend prunkten die Ehefrauen der Samurais und hochedlen Aristokraten mit tiefschwarzem, dicken und glänzendem Haar.
    Keines der hier beschriebenen natürlichen japanischen Shampoos entfernt das Öl gänzlich aus dem Haar. Diese Materialien reinigen von Schmutz, nähren und stimulieren Haar und Kopfhaut und befeuchten sie sanft. Die traditionellen japanischen Shampoos halten die Balance zwischen Reinigung und Schutz und zusammen mit der sorgfältigen Kopfhautmassage tragen sie zur Anregung der Blutzirkulation sowie zum Abbau von Spannungen bei. (Eine gut ausgeführte Kopfmassage regt die Akupressurpunkte ebenfalls an, tonisiert und regeneriert also das gesamte Wesen, das von dieser einfachen Kopfmassage profitiert, nicht nur das Haar.)


    Grundsätzlich kann man von einer eher einfachen und sehr haarschonenden Grundpflege ausgehen: die Haare wurden nur selten gewaschen, zusätzlich mit Pflanzenölen behandelt und weder grob frisiert noch in Form oder Struktur verändert - die damligen Modefrisuren waren offenes Haar mit Mittelscheitel oder ein tiefer, evtl. mehrfach abgebundener Pferdeschwanz (ähnlich wie bei Disneys Mulan; falls Bedarf besteht, stricke ich euch ein Tutorial ;-) ), als "Frisier"werkzeug dienten hauptsächlich Kämme aus edlen Hölzern.
    Wie bereits oben erwähnt, wurde das Haar selten gewaschen und dazu noch geölt - der fettige Look ließ das Haar nicht nur gesünder in überwältigende Längen wachsen, sondern ließ es auch dunkler und glatter aussehen. .
    Gegen den Fetthaarduft beduftete man das Haar mit Räucherwerk - es gab spezielle Räuchergefäße für diesen Zweck.
    An Pflegeölen wurde wahrscheinlich hauptsächlich Kamelienöl benutzt, dass in Japan zur Pflege von Haut und Haaren seit langem im Gebrauch ist.
    Gewaschen wurden die Haare mit pflanzlichen und organischen Substanzen wie Algen, Reiskleie oder Ei, gewaschen eigentlichen Wäschen wohl mehr oder weniger mechanisch durch das Auskämmen von Fusseln, toten Haaren und Schmutz. Einige "Shampoo"- und Pflegerezepte hänge ich unten an.


    ***Rezepte***
    Die Zutaten sollten ohne größere Probleme zu bekommen sein.

    Haare beräuchern
    Kauft ein euch gefallendes Räucherwerk (halbwegs klassisch sind Weihrauch, Copal, Sandel oder Zeder) und zündet es nach Packungsanleitung in einem Räuchergefäß an. Jetzt das feuchte Haar ein Weilchen darüber halten, so dass es nicht in der Glut hängt.

    Kamelienöl"shampoo"
    - leichte Reinigungswirkung
    - schützt
    - spendet Feuchtigkeit
    - nährt Haar und Kopfhaut
    - verbessert Textur und Zustand

    Empfohlen für trockenes oder beschädigtes Haar, wöchtnliche Anwendung.

    30 Kamelienfrüchte/-nüsse in einen Stoffbeutel füllen, mehrmals kräftig gegen eine harte Oberfläche schlagen. Mit dem Beutel sanft über Kopfhaut und trockenes Haar streichen, ähnlich wie beim Bürsten.
    Das Haar wird durch die Anwendung ölig, was seinerzeit durchaus kein völlig unerwünschter Effekt war und für das Haar sehr pflegend ist.
    Dies ist der Vorläufer der modernen japanischen Kamelienshampoos.


    Reis-Reinigung
    - Reinigt
    - spendet Feuchtigkeit

    Empfohlen für alle Haartypen, Anwendung nach Bedarf.

    Version 1:
    Frische Reiskleie in ein Baumwoll- oder Seidensäckchen füllen, mit warmem Wasser befeuchten und damit sanft Haar und Kopfhaut massieren.

    Version 2:
    Reiswaschwasser ;), eine Tasse o. ä. und eine Schüssel mit großem Durchmesser mit ins Bad nehmen; Haare anfeuchten, Schüssel in die Wanne und mehrmals das Reiswasser über den kopf gießen (dazu die Tasse verwenden). Dabei immer wieder die Flüssigkeit in Haar und kopfhaut einmassieren. Ausspülen. Leichte Reinigungswirkung.

    Algenschmodder

    Knoblauchsake
    - Stimuliert die Durchblutung der Kopfhaut
    - verhindert Haarausfall und -bruch
    - beseitigt Schuppen
    - schützt das Haar

    Nicht empfehlenswert für empfindliche kopfhaut, empfohlen für müdes, beschädigtes, glanzloses, brechendes Haar.

    480 ml Sake erwärmen, bis er fast kocht, dann vom Herd nehmen und 6 gepellte, halbierte Knoblauchzehen dazugeben. Abdecken und 30 Minuten oder länger ziehen lassen. Am Besten innerhalb einer Woche verwenden.
    Vor dem Waschen den Knoblauchfusel auf Haar und Kopfhaut verteilen, gut einamssieren. Den Kopf in ein warmes Handtuch wickeln und 30 Minuten einwirken lassen. Gründlich (!) auswaschen.


    Quellenangabe der Rezepte:
    Michelle D. Leigh, "The Japanese Way of Beauty" (siehe Mediathek) und "The new Beauty".

    Links:
    Englischsprachiger Text und Links (sehenswerte Bilder)
    Asian history

    ** 26.01.2010 editiert. **



    Re: Heian-Ära - Das japanische Mittelalter (794-1185)

    Ello - 19.01.2014, 15:58


    Muss sagen, als insgeheimer Japan-Liebhaber klingt das doch sehr interessant. Hab zumindest beim oberflaechlich weiter recherchieren nichts widerspruechliches finden koennen. Und abgesehen vom Knoblauchsake sind die Rezepte mir einen Versuch wert. Schaden wird es ja hoffentlich nicht. Waere sicher mal ein Argument, mit dem ich seltener werdende Haarwaeschen verteidigen koennt :lach:



    Re: Heian-Ära - Das japanische Mittelalter (794-1185)

    Sagi - 20.01.2014, 16:47


    Ah, gut, keine groben Schnitzer drin. :D



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