Der Priester aus Langeweile

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    Re: Der Priester aus Langeweile

    Pauly - 05.06.2006, 15:45

    Der Priester aus Langeweile
    Es war wieder einer dieser schwülen Sommertage, die Paulys Vater, seines Zeichen Bauers, mit Freunden dazu benutzte wider aller Vernunft auf dem Feld zu arbeiten. Das Bauernklischee war weit verbreitet: Ein jeder Sohn hatte gefälligst den Hof seines Vaters zu übernehmen, und niemand wollte auch nur ansatzweise hören, wenn jemand beispielsweise Schriftsteller werden wollte. Bei Trollen kam das aber sowieso selten vor. Paulys Kindheit war vermutlich wie jede auf dem friedlichen Land: Absolut unspektakulär, langweilig, wohlbehütet und vor allem in späteren Jahren anstrengend. Ein Karpfen in dem örtlichen Waldbächlein war ein Monatsereignis, man sammelte Blätter und Tannanzapfen und baute sich Lager aus gefundenen Stöcken, welche ein Dach aus Tannennadeln trugen. Doch dann kam die Wende: Pauly begann Muskeln anzusetzen, und sein Vater konnte nur allzugut eine weitere, dazu noch kostenlose Arbeitskraft gebrauchen. Doch seit Pauyls Vater die Arbeitsbereitschaft seines Sohnes kennengelernt hatte, war er sich nicht mehr ganz so sicher, ob er den Bauernhof ohne Kampf abgeben wollte. Doch soweit würde es nicht kommen: Er würde schon noch dafür sorgen, dass aus Pauly ein anständiger Bauer werden würde.

    An jenem Tag versuchte Pauly wie immer aller Arbeit aus dem Weg zu gehen. Mittlerweile war ein wirklich Meister im Nichtstun geworden, zu einer Weltmeisterschaft wäre er nicht einmal erschienen. Er verstand es schon immer fabelhaft, wirklicher Knochenarbeit zu entkommen - sei es durch Notlügen, Nichterscheinen mit anschließender, plausiblen Entschuldigung oder Wegrennen. Letzteres kam, seit sein Vater diesen herrlich geformten Stock gefunden hatte, immer seltener vor. Seit seiner offiziellen Volljährigkeit verbrachte er Vor- und Nachmittage, Nächte und Abende in einer der vielen dubiosen Schänken der Stadt, die seinem Geburtskaff am nächsten lag. Dort trank, spielte un flirtete er, lebte einfach in den Tag hinein, ohne etwas Richtiges mit seiner Zeit anzufangen. Und wie gester, so auch heute:

    "Eh, Pauly, willst du nicht mal wieder zurück zum Hof? Dein Vater muss rasen vor Wut. Die Geschichte mit der kaputten Radachse gestern, die mit dem Söldnerpack vorgestern und die der Kneipenschlägerei vor drei Tagen... Irgendwann müssen dir doch mal die Ideen ausgehen. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er dir das noch lange abkaufen wird.", langweilte der üppige Orkwirt Harugh Pauly mit seinem Geleier.

    Zuerst hatte Pauly dem Gebrabbel gar nicht erst zugehört, seine Tagträume hatten ihn abermals eingeholt.

    "Och, nee, Pauly hat sich' doch grad' den Fuß verstaucht...". Er zwinkterte dem beleibten Wirt zu. "Da kann er unmöglich auf'm Feld arbeit'n. Außa'dem gab's gestern WIRKLICH 'ne Schläga'rei."

    "Ja, aber in der Besenkammer hast du davor nicht viel mitbekommen...", brummte Harugh und polierte eines seiner noch verblieben Gläser.

    Sichtlich müde verschränkte Pauly die Arme auf dem Tresen und legte den Kopf nieder. Sein Bier war schon wieder leer und langsam begann das Gesicht des Wirtes ein wenig zu wabern. Plötzlich schlug mit einem Knall die Tavernentür auf. In ihrer Öffnung stand ein kleiner Junge, dem Pauly täglich ein Kupferstück gab, damit er ihn rechtzeitig warnte, wenn Ärger nahte.

    "Pauly, schlechte Nachrichten! Dein Alter is' im Anmarsch!", schrie der Kleine und handelte sich dabei harsche Kommentare von den anderen Kneipenbesuchern ein.

    Verdammt! Er hatte sich doch extra eine Kneiepe ausgesucht, in der ihn garantiert keiner kannte! Doch das war jetzt überflüssig: Er musste schnellsmöglich weg von hier.

    "Eh, Harugh, schreib die Rechnun' einfach auf! Bis die Tage, Mann!", fluchte Pauly und war schon auf dem Weg nach draußen.

    Durchs Fenster.

    "Verdammter Troll... Ich seh' das Geld doch eh nicht wieder...", brummte Harugh, während er Pauly s weißen Haarschopf der Gravitation entgegen verschwinden sah.

    Unten angekommen, strich sich Pauly ungeschickt den Straßenstaub von der Haut und den abgetragenen Klamotten. Er wollte schon seine Notfall-Kneipe aufsuchen, als er genau in die Arme eines mehr als böse dreinblickenden Trolls lief. Und auch der Stock kam ihm irgendwie bekannt vor. Wäre er nach der Landung einfach liegengeblieben, hätte sein verstauchter Fuß nachvollziehbar geklungen - doch hätte sich dann immer noch die Frage gestellt, warum er die Kneipe durch das Fenster, und nicht durch die Tür verlassen hatte.

    Zwei Tage und viele Schmerzensschreie später sah man Pauly auf dem Feld, zusammen mit seinem Vater. Dieser schwang mittlerweile das wohl tausenste Mal seine Hacke und pflügte so die Erde, während Pauly die Saat in die Furchen werfen sollet. Sichtlich genervt ging er mehr oder weniger enthusiastisch seinem neuen Tagewerk nach und bemerkte plötzlich eine Echse, die fast durchtrennt in der entstandenen Furche lag. Blut sickerte aus ihrer klaffenden Wunde, die Zunge und der Schwanz bewegten sich nur noch schwach. Da spürte Pauly etwas... Etwas neues. Etwas davor nie dagewesenes. Wie in Trance bückte er sich, und hob die Echse auf, deren schwaches Todesröcheln leicht an sein Ohr drang. Wie, als wäre es das Logischte auf der Welt, verbarg Pauly die Echse in seine Händen. Zuerst geschah nichts - dann schienen Strahlen, heller als die Sonne, deutlich im prallen Mittag zu erkennen, durch die dreifingrigen Hände, tauchten Paulys Gesicht in Light, drangen durch seine Ohren, seine Nase, seinen Mund in seinen gesamten Körper ein. Nach ein paar Sekunden war alles vorbei, doch das lebhafte Herumgezappel in seinen noch verschlossenen Händen lenkte ihn von der ersten Überraschung ab: Die Wunde war verschwunden. Die Echse lebte, als wäre nichts geschehen. Vorsichtig, als bestände sie aus Porzellan, setzte er sie auf den lehmigen Boden. Sein Vater starrte ihn mit offenem Mund an, konnte nicht glaube, was sich gerade vor seinen Augen abgespielt hatte. Es wunderte ihn nicht, dass Pauly dirket am nächsten Morgen, noch vor Sonnenaufgang, verschwunden war. Insgeheim aber wusste er: Egal, was er anstellen oder versuchen würde: Pauly würde immer ein Nichtsnutz bleiben. Mit einer Art grimmiger Trauer las er den enthusiastischen, voll von Träumen gespickten Brief seines Sohnes und steckte ihn sich in seinen blauen Overall.

    "Gut, wenn du Heiler werden willst, dann werde eben Heiler. Ein Heiler ohne Gott, ein Heiler ohne Ziel. Ein Heiler aus Langeweile.", flüsterte er den Tränen nahe.

    Er überflog die Begründung seines Sohnes nochmal, und zählte sage und schreibe 42 mal das Wort "Langeweile", "langweilig" und alle nur denkbaren Formen einer weiteren möglichen Formulierung in dem Zwei-Seiten-Brief. Langeweile über die Arbeit, über das Leben, selbst über die Rinder - nnd 42 mal war ein "h" zwischen das i und das l gerutscht. Noch am selben Tag besuchte er das Grab seiner Frau, den sorgfälig gefalteten Brief in einer kleinen, silbernen Schatulle in seiner Jackentasche verstaut. Er legte sie neben den Grabstein seiner verstorbene Liebsten und murmelte beim Weggehen:

    "Wenigstens will er mich bald wieder besuchen kommen... der kleiner Priester seiner Selbst."

    Schmunzeld dachte er an die Unterschrift, die der Abschiedsbrief trug und machte sich auf den Weg, zurück an die Arbeit.



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