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Irving, John - Gottes Werk und Teufels Beitrag




Irving, John - Gottes Werk und Teufels Beitrag

Beitragvon Krümel » 04.06.2006, 14:53

Kurzbeschreibung von Amazon:
Homer ist anders als die anderen Kinder im Saint-Cloud's Waisenhaus: Er will nicht weg. Nach vier gescheiterten Adoptionsversuchen erlaubt Dr. Larch ihm daher, zu bleiben - unter der Bedingung, daß er im Waisenhaus mit angeschlossener Entbindungs- und Abtreibungsstation bei Gottes Werk - dem Entbinden - und bei Teufels Beitrag - dem Abtreiben - assistiert. Doch das ist nur der Beginn von Homers Odyssee."Dieser Roman scheint mir ein Wendepunkt im Schaffen Irvings gewesen zu sein. Weil ich glaube, daß Irving mit diesem Roman begonnen hat, seine Helden zu lieben, sich darauf eingelassen hat oder besser, die schriftstellerische Kraft gewonnen hat, Gefühle zuzulassen. Die Phantasie, das Chaos. Dieses Chaos ist auch seine Stärke, nun kommt es - gebändigt durch Irvings erzählerisches Können - eleganter daher, nicht mehr so brutal wie in Garp oder dem Hotel New Hampshire. Man läßt sich auf sein Erzählen ein, und nie, auch beim zweiten Mal Lesen nicht, wünschte man es sich kürzer."(Österreichischer Rundfunk)

Irving packt in diesem Roman so viele Themen an, dass es nie langweilig wird: Natürlich stehen die Abtreibungen ziemlich im Mittelpunkt, aber auch das Thema Minderheiten ob nun Schwarze oder Waisen, die Dreiecksbeziehung, der Krieg, Familienleben und, und, und. Dabei wirkt die Fülle nie erdrückend, sondern alles verschmilzt so ineinander, sehr flüssig und sehr real. Überhaupt finde ich es fantastisch wie er in den Kapiteln von einem Ort zum anderen wechselt, so als ob sie wirklich miteinander verschmelzen würden.

Zum Schluss überhäufen sich die Ereignisse, so dass man gar nicht drum rum kommt, die letzten Kapitel in einem Rutsch zu lesen. Das Buch ist niemals langweilig oder langatmig und liest sich zudem sehr flüssig. Die Handlung ist immer interessant und lebendig. Meiner Meinung nach könnte man als Leitmotiv „Freiheit und Gleichheit“ setzen, dass der Mensch die freie Entscheidung haben soll über sein Leben zu bestimmen. Ob dies nun das Recht einer Abtreibung, freie Entscheidung sein Leben zu bestimmen oder gar zu beenden, oder an welchen Regeln man sich halten möchte und muss, letztendlich soll der Einzelne selber bestimmen können und auch mit den Konsequenzen die sein Leben vorgibt sich arrangieren. (Die Freiheit ist das wichtigste und höchste Gut der Menschheit.) Was Irving auch gut ausgearbeitet hat, ist, dass man nicht immer den Anderen verstehen muss in seinen Entscheidungen, aber die Toleranz sollte jedem das Seine sein lassen. Insgesamt zählt dieses Buch nun zu meinen Lieblingsbüchern, und ich werde es gewiss wieder lesen.


:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

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von Anzeige » 04.06.2006, 14:53

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Beitragvon Nerolaan » 10.11.2007, 20:13

Ich habe dieses Buch am Anfang des Jahres gelesen. Mein Freund hat es mir geliehen und für ihn ist dieser Irving das Buch und er liest es einmal im Jahr.
Und ganz ehrlich? Ich kann ihn verstehen!
Auch ich war von diesem Buch einfach nur hin und weg. Ich habe seit dem kein Buch mehr gelesen, dass in sich so stimmig war wie dieser Roman.

Seitdem hab ich mir noch 2 Bücher von Irving gekauft und Schatz hat mir auch noch zwei geliehen.

Aber wann soll ich die bloß nur alle lesen? Mein SuB ist so groß..... :roll:
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Beitragvon Pippilotta » 10.11.2007, 20:43

:shock: da fällt mir gerade auf, dass ich zu meinem ex-aequo-mit-owen-meany-lieblings-irving gar nichts geschrieben habe! na, da kram ich mal meine Rezension aus: :wink:

"Ihr Prinzen von Maine, Ihr Könige Neuenglands" so verabschiedet sich Dr. Wilbur Larch tagtäglich von "seinen" Kindern. Wilbur Larch ist Leiter des sehr entlegenen Waisenhauses "St. Clouds". Er stellt sein medizinisches Wissen verzweifelten Frauen zur Verfügung, die nach St. Clouds kommen, um ihr Kind zur Welt zu bringen ("Gottes Werk") und dort zu lassen, aber auch, aufgrund einer persönlichen (Jugend-)Erfahrung um dort eine (damals in Amerika noch illegale) Abtreibung ("Teufels Beitrag") vorzunehmen.

Zu einem der Waisenkinder "Homer Wells" baut Wilbur Larch eine ganz besondere Beziehung auf. Vier Adoptionsversuche scheiterten und so war Homer bis ins Erwachsenenalter in St. Cloud's, er war Wilburs "Lehrling", war mit allen medzinischen Vorgängen vertraut und "machte sich nützlich" wie es Dr. Larch immer von ihm verlangt. Als er mitbekommt, dass auch Abtreibungen vorgenommen werden, lehnt er dies heftigst ab und schwört, niemals eine vorzunehmen.

Sein Leben als Nachfolger von Dr. Larch scheint vorbestimmt, bis eines Tages ein junges, wohlhabendes Pärchen St. Cloud's aufsucht. Mit ihnen fährt Homer, findet auf der Apfelplantage Arbeit und lernt ein ganz anderes Leben kennen. Nach vielen Jahren, in denen er Erfahrungen des ";richtigen" Lebens sammelt, Abenteuer, Freuden und Enttäuschungen durchsteht, wird er dann doch wieder mit seinen "Wurzeln" konfrontiert.

Persönliche Meinung:

Es ist sehr schwer, die Handlung dieses Buches kurz zusammenzufassen, so vielschichtig sind die Stränge und die Charaktere. Besonders Wilbur Larch, der alleinstehende, schrullige, aber liebenswerte Arzt ist mir ans Herz gewachsen. Seine Bemühungen, dass es "seinen" Kindern gutgeht, dass jedes einen guten Platz findet und er ihnen halbwegs ein "Zuhause" bieten kann haben etwas Rührendes und Berührendes. Aufgrund des wunderbaren Erzählstils Irvings folgen den oft sehr beklemmenden Textstellen immer wieder sehr humorvolle und versöhnliche.

Die Abtreibungsfrage ist keineswegs das Hauptthema, vielmehr geht es um die Entscheidungsfreiheit der Frau in vielerlei Hinsicht.

"Dieser Roman ist universal. Von einem Mann geschrieben, mit einem Mann als Held, kein bisschen feministisch und doch ein flammendes Werk für Frauen. Das mache mal einer nach."(Die Zeit, Hamburg)

Im Jahr 1999 wurde der Roman verfilmt. Das Drehbuch, das ebenfalls John Irving schrieb und für das er einen Oscar bekam, wurde etwas adaptiert.

Für mich sind sowohl Buch als auch Film Meisterwerke!!

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon wolves » 10.11.2007, 21:24

Ich kann mich euren Meinungen nur anschließen. Das ist einer meiner besonderen Lieblinge von Irving!

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon Krümel » 10.11.2007, 21:53

Hi, mein Erster und bis jetzt der Beste :D
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon tom » 10.11.2007, 21:53

Jetzt war ich aber ganz baff, denn aufgrund Eurer Beiträge habe ich sofort den Film vor Augen gehabt: The Cider House Rules, den ich aber auf Englisch gesehen und so nicht zunächst Irving zugeordnet hatte. Ich hatte gedacht, von ihm garnichts zu kennen. Dieser Film hat mich sehr beeindruckt. Und da kriege ich nun Lust, das Buch mal auf den SUB zu holen, denn wir haben es im Haus.

( hier )
tom
 

Beitragvon Nerolaan » 10.11.2007, 22:36

Ich mochte den Film überhaupt nicht! :shock:
Der war einfach nur grausam und ich war geschockt und sauer zugleich, als ich erfuhr das Irving selbst das Drehbuch verzapft hat :evil:

Gott sei Dank habe ich das Buch vor dem Film gelesen, denn sonst hätte ich das Buch wohl nie angefasst!
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Beitragvon Pippilotta » 11.11.2007, 09:06

Ich fand die Verfilmung sehr gut .... obwohl vieles abgeändert wurde und noch viel mehr weggelassen :lol:
V.a. wurde der Schwerpunkt, die Aussage total verlegt.

Für mich kann man Film und Buch nicht vergleichen, jedes ist für sich ein Meisterwerk.
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon Cassa Dar » 11.11.2007, 09:48

Vielleicht sollte ich es mit dem Film versuchen, nachdem ich mit dem Buch nicht recht warm wurde. :oops:
Wer den Tag mit einem Lächeln beginnt, der hat ihn bereits gewonnen.

:studie: Die Rebellin - Trudi Canavan
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