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Lord Dunsany: Das Land des Yann




Lord Dunsany: Das Land des Yann

Beitragvon chip » 13.08.2009, 07:03

Dunsany ist Teil der Bibliothek von Babel, die Borges einst zusammenstellte. Die Reihe sollte ein Querschnitt der phantastischen Literatur darstellen und da durfte dieser Autor nicht fehlen. Seine Erzählungen sind die eines Träumers, dabei erscheinen sie so unwirklich nicht. Wenn man Drachen und Zombies mal außer Acht lässt, bleibt ein kritisches Abbild des menschlichen Sozialverhaltens übrig. Die phantastische Kulisse erstreckt sich über eine ferne Vergangenheit, wo Könige und Krieger aus alten Sagen zu neuem Leben erwachen und Menschen dennoch von immer gleichen Lastern gebeutelt werden. Und dennoch scheint alles Traum und Täuschung. Hervorzuheben ist seine Sprache, die sehr beeindruckend alte Mythen erzeugt und sich so lesen lässt wie die Schöpfungsgeschichte aus der Bibel:

Dann aber bewirkte die Flut, was der Fluss nicht gewillt war zu tun, und rollte heran und hinweg über mich, und meine Seele fand Ruh unterm Grün ihres Schwalls und freute sich dessen und glaubte, ihr wässriges Grab gefunden zu haben. Doch dann zog stromabwärts davon all das Wasser und ließ mich aufs Neue allein mit dem fühllosen Schlamm inmitten des Ausgedinges der Dinge, die da ans Ende gelangt sind ihrer Reise, und im Angesicht all der trostlosen Häuser und im Bewusstsein, dass wir allesamt Tote waren.

Acht Geschichten versammeln sich in diesem Band. Gleich in der ersten Erzählung wird aus Sicht eines Toten berichtet, der nicht zur Ruhe kommt. Eine Traumwanderung zwischen Erde und Hölle, die so lange anhält, bis das Trugbild verpufft und der Träumer erwacht. Eine weitere Geschichte erzählt von einem Krieger, der durch Zufall das Eisen entdeckt und zum mächtigsten Mann aufsteigt. Götter werden verehrt und verflucht, Philosophien aufs Essentielle beschränkt. Ein Höhepunkt des Buches ist die Erzählung „Carcassonne“, wo wir den Kampf gegen die Zeit und gegen das Schicksal erleben. In „Das Bureau d’Echange de maux“ wird ein Laden eröffnet, wo man eigenes Unglück gegen ein anderes umtauschen kann.

„Ich lernte, dass jedem sein eigenes Übel das ärgste auf Erden ist, und wie ihr eigenes Übel die Menschen so sehr beunruhigt, dass sie stets das entgegengesetzte Übel eintauschen wollen.“

Nicht alle Erzählungen konnten mich gleich stark überzeugen, insgesamt gesehen hat mir das Buch viel Spaß bereitet und Interesse für diesen weitestgehend unbekannten Autors geweckt.
:stern: :stern: :stern: ( :stern: )

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Gruß,
chip
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von Anzeige » 13.08.2009, 07:03

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