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Re: WISSENSCHAFTLICHER AUFSATZ AN DMG VON JÖRG ASMUS !!!
Tommick - 28.05.2006, 14:08WISSENSCHAFTLICHER AUFSATZ AN DMG VON JÖRG ASMUS !!!
Aus der deutschen Meteorologischen Gesellschaft Mitteilung 03 04 2005 zitiere den Aufsatz von Jörg Asmus:
4
Unbekannte Flugobjekte im RADAR-Bild?
Jörg Asmus
In den RADAR-Bildern vom 19.7.2005 fiel dem
Schreiber dieses Artikels ein seltsames RADAR-Echo
über dem Nordwesten Deutschlands entlang der Ems
auf, das überhaupt nicht zu dem dazugehörigen Satellitenbild
(Abb. 1) passte. Dieses RADAR-Echo war
mit deutlich abgesetzten Streifen von Nord-Nord-West
nach Süd-Süd-Ost ausgerichtet, während die übrigen
RADAR-Echos zu den überwiegend konvektiven Wolkensystemen
im Satellitenbild passten. Da diese Echos
zunächst nicht indentifiziert werden konnten, wurden
sie als „Unbekannte Fliegende Objekte“ bezeichnet
(nicht im Sinne von Fliegenden Untertassen!).
Normalerweise werden die von den RADAR-Geräten
ausgesendeten Strahlen an Niederschlagspartikeln reflektiert
und geben so einen Hinweis auf die Intensität
des Niederschlages. Die Informationen der verschiedenen
RADAR-Geräte in Deutschand und der benachbarten
Länder werden zu einem Komposit zusammengefasst.
In RADAR-Bildern treten gelegentlich aber auch
nichtmeteorologische Echos auf, z.B. durch Reflektion
an Festzielen, wie Bergspitzen oder auch sich drehenden
Windkraftanlagen. Normalerweise bewegen sich
diese Fehlechos im Bild aber nicht.
Die genauere Untersuchung ergab, dass sich das ungewöhnliche
RADAR-Echo von West nach Ost bewegte,
sich dabei ausdehnte, und das über mehrere Stunden
und mehrere RADAR-Standorte hinweg. Damit konnte
ausgeschlossen werden, dass es sich um eine Störung
eines RADAR-Gerätes oder um Echos am Boden handeln
konnte.
Was aber auch ausgeschlossen werden konnte war,
dass es sich um ein meterorologisches Phänomen in
Form von Niederschlag wie Regen, Schnee oder Hagel
handelte, da das Echo in der beobachteten Form zu
keinem Zeitpunkt zu beobachteten Wolkensystemen in
den Satellitenbildern passte. Andererseits bewegte sich
das Echo mit der Strömung.
Der erste Kontakt im RADAR-Bild konnte um 10:15
UTC über der Nordsee in der Nähe der niederländischen
Küste beobachtet werden. Zu diesem Zeitpunkt
zeigte das Echo keine ungewöhnliche Form oder Intensität
(Abb. 2). Danach breitete sich das Echo in den
nachfolgenden Stunden schnell in südlicher Richtung
streifenförmig aus und verlagerte sich dabei gleichzeitig
nach Osten.
Das lokale RADAR von Hannover zeigt sehr gut
die bereits erwähnten Streifen, ausserdem lässt sich
hier zumindest für den nördlichen Teil eine Höhenabschätzung
durchführen. Danach liegen die Echos
zwischen 3 und 6 km Höhe (Abb. 3).
Abb. 1: METEOSAT 8 (sichtbarere Spektalbereich) und
RADAR-Komposit 15.07.2004 13:45 UTC.
Abb. 2: Niederschlags-RADAR (hell- bis dunkelgraue Flächen geben
die Niederschlagsintensität an).
Abb. 3: RADAR Hannover 19.07.2005 14:25 UTC (streifenförmige
Echos im Westen).
fokus
Mitteilungen 03/04 2005
5
Eine spezielle Kombination der MSG-Spektralkanäle
zur Erkennung von Staub in der Atmosphäre (Rot:
12.0–10.8 μm; Grün: 10.8–8.7 μm; Blau: 10.8μm) gab
keinen Hinweis auf die Ursache der RADAR-Echos.
Die NASA betreibt zwei Satelliten, die in 36 Spektralbereichen
Satellitenbilder in einer Auflösung von
250 m bzw. 500 m erstellen: EOS Aqua und EOS Terra.
Der Geoinformationsdienst der Bundeswehr empfängt
diese Daten in Traben-Trarbach. Zwei Kanäle
im sichtbaren Bereich (0.65 und 0.87 μm) wurden
im DWD aufbereitet und zu einem Farbkompositbild
zusammengesetzt (Abb. 4). Das Bild zeigt Nordwest-
Deutschland mit einer Auflösung von 250 m. In
diesem hochaufgelösten Satellitenbild sind ebenfalls
keine Hinweise auf mögliche Ursachen der RADAREchos
zu finden.
Wie sah die Wetterlage an diesem Tag aus?
Nördlich von Schottland lag ein Höhentief, südlich
davon strömte labil geschichtete Luft in einer nordwestlichen
Strömung nach Europa. Von der Nordsee
bis nach Deutschland lag ein deutlich ausgeprägter
Höhentrog mit stark diffluenter Strömung. Über Land
bildete sich konvektive Bewölkung, wobei es insbesondere
in der Osthälfte Deutschlands trogvorderseitig
zu Schauern und Gewittern kam.
Die Radiosondenaufstiege von De Bilt/NL und
Emden von 12:00 UTC (Abb. 5) zeigten eine bis ca.
500 hPa feuchtlabile Schicht. Oberhalb von 500 hPa
wurde es deutlich trockener. Die Auslösetemperatur
lag bei 19°C, die auch erreicht wurde, was durch die
konvektive Bewölkung in den Satellitenbildern bestätigt
wird. Die Höhenströmung kam in 500 hPa mit
30 kt aus West und in 300 hPa mit 40–70 kt aus Nordwest.
Für diesen Fall wurden im DWD Trajektorienberechnungen
mit dem LME für eine Quelle im Bereich
des ersten Kontakts im RADAR-Bild durchgeführt.
Die Trajektorienrechnungen zeigen, dass sich die in
500 bzw. 700 hPa ausgesetzten Partikel nach Osten
in Richtung Ostsee bewegen sollten. Geschwindigkeit
und Richtung stimmen gut mit den beobachteten
RADAR-Echos überein. Die Trajektorie, die in 300
hPa startet, bewegt sich auf einer etwas südlicheren
Bahn.
Ausserdem wurden Berechnungen von Konzentrationsverteilungen
(Abb 6) für eine linienhafte Quelle im
Bereich der niederländischen Küste durchgeführt, ebenfalls
auf Basis des LME. Die Höhe der Quelle liegt bei
600 hPa. Die Simulation wurde um 10:00 UTC gestartet
und endete um 18:00 UTC. Auch diese Berechnungen
zeigen eine sehr gute Übereinstimmung zu den Beobachtungen,
sogar die Verbiegung des RADAR-Echos
im nördlichen Bereich wird simuliert.
Da der genaue Ort der wahren Quelle und der Zeitpunkt
der Freisetzung unbekannt sind, kann die Simulation
nur eine Näherung sein.
Die Frage die sich nun stellt: was sind das für Unbekannte
Fliegende Objekte1 (UFOs) in den RADARBildern?
Es sind offensichtlich keine Festechos, keine Fehler
bei den RADAR-Geräten, und sie haben offensichtlich
keine meteorologischen Ursachen (Niederschlag). Es
muss also andere Gründe für die Echos geben. Folgende
Annahmen könnten das Phänomen beschreiben:
Abb. 4: EOS Aqua 19.07.2005 12:45 UTC (Ellipse markiert den
Bereich in dem die RADAR-Echos auftraten).
Abb. 5: Radiosondenaufstiege von De Bilt und Emden 19.07.2005
12:00 UTC.
1 Vielleicht beschreibt „Unbekannte Schwebende Objekte“ (USOs) das
Phänomen besser.
fokus
Mitteilungen 03/ 04 2005
6
1. Kerosin
Annahme:
Ein Flugzeug lässt kurz nach dem Start, z.B. in Amsterdam-
Schiphol, Kerosin in großen Mengen über der
Nordsee ab.
Bewertung:
Vom Niederschlags-RADAR werden die kleinen Tröpfchen
erkannt und angezeigt. Oberhalb von 500 hPa ist
die Luft zu trocken, als dass das Kerosin als Kondensationskerne
fungieren konnte und somit ist es auch nicht
im Satellitenbild zu erkennen.
Dagegen spricht, dass Kerosin schnell verdampft und
nach kurzer Zeit nicht mehr im RADAR-Bild zu erkennen
sein sollte. Die Streifen in den RADAR-Bildern
konnten aber über 10 Stunden beobachtet werden.
2. Vogelschwärme
Annahme:
Vogelschwärme fliegen von Groß-Britannien Richtung
Osten zu ihren Winterquartieren.
Bewertung:
Abgesehen davon, dass es für Zugvögel noch zu früh
ist und die Vögel eigentlich nach Süden fliegen müssten,
spricht dagegen, dass sich die Echos nur mit der
Strömung bewegen aber keine Eigenbewegung zeigen.
Auch die gleichförmige Ausdehnung der Echos spricht
dagegen.
3. Ionisierte Gase
Annahme:
Eine Industrieanlage lässt ein ionisiertes Gas ab, das
vom Niederschlags-RADAR erkannt wird.
Bewertung:
Falls dieses Gas im RADAR direkt nach dem Ausstoß
überhaupt sichtbar wäre, müsste es nach kurzer Zeit
wieder unsichtbar sein, da die Ionen rasch genügend
freie Elektronen einsammeln. Die lange Beobachtungszeit
spricht auch gegen diese Annahme.
4. Brechungseffekte in der Atmosphäre
Annahme:
Der RADAR-Strahl wird in der Atmosphäre an Temperatur-
bzw. Feuchtesprüngen oder Turbulenzen gebrochen.
Bewertung:
Turbulente Gradienten des Brechungsindex können
RADAR-Echos (Bragg-Scatter) hervorrufen. Der Brechungsindex
hängt stark von Temperatur und Feuchte
ab. Aber nur bei hoher Temperatur und Feuchte sowie
großem Gradienten kann man im C-Band (5 cm Wellenlänge)
ein ausreichend starkes Echo erwarten. Die
dafür notwendig hohen Temperatur- und Feuchtewerte
werden in der beobachteten Höhe von 3–6 km normalerweise
nicht erreicht.
5. Künstliche reflektierende Teilchen
Annahme:
Kleine Stanniol- (Stanniol wird aus aus reinem Zinn
oder einer Zinnlegierung mit 1–2% Kupfer hergestellt),
Aluminium- oder andere hochreflektierende
kleine Teilchen, wie beschichtete Kunststoff- oder
Glasfaserfäden, von etwa 27 Millimeter Länge (halbe
Wellenlänge des RADAR) werden im Bereich der
südwestlichen Nordsee in einigen Kilometern Höhe
von einem oder mehreren Flugzeugen freigesetzt oder
in diese Höhe geschossen. Solche Teile werden im
Deutschen „Düppel“ oder im Englischen „Chaff“
Abb. 6: Berechnung der Konzentrationsverteilung für 11 UTC und
14:00 UTC.
fokus
Mitteilungen 03/04 2005
7
bezeichnet. Ihre ursprüngliche Bedeutung war, das
RADAR so zu stören, dass Flugzeugbewegungen
vom (gegnerischen) RADAR nicht erkannt werden
konnten.
Bewertung:
Die Teilchen sind so leicht, dass sie bei geringer
Sinkgeschwindigkeit in der Luft schweben, andererseits
aber sind sie so groß, dass sie RADAR-Strahlen
reflektieren. Sie bilden wegen ihrer Größe keine
Kondensationskerne und somit keine Wolken.
Die Konzentration ist aber so gering, dass sie in den
vorliegenden Satellitenbildern selber nicht sichtbar
sind. Bei einer angenommenen Sinkgeschwindigkeit
von 10–20 cm/sec würden sie in einer Stunde 360-
720 m fallen und somit über mehrere Stunden gut
sichtbar sein. Die im RADAR beobachteten Streifen
könnten auf mehrere Quellen (Flugzeuge) hindeuten,
die in Nord-Süd-Richtung geflogen sind. Nach den
Beobachtungen und Simulationsrechnungen kommt
das Gebiet zwischen der Küste der Niederlande, der
südwestlichen Nordsee bis zu der Küste Groß-Britanniens
in einer Höhe von etwa 3000 m bis 5000 m
als Quelle in Betracht. Das Auseinanderdriften des
RADAR-Echos könnte sich durch die difluente Strömung
über Deutschland erklären. Im Gegensatz zum
Niederschlags-RADAR (Wellenlänge 5 cm), so ergaben
Rückfragen bei der Deutschen Flugsicherung
(DFS), wurde das Flugsicherungs-RADAR (Wellenlänge
20 cm) nicht beeinflusst. Nachfragen bei der
Bundeswehr ergaben, dass in diesem Gebiet offenbar
keine Übungen der NATO mit solchen möglichen
Auswirkungen auf RADAR-Systeme stattgefunden
haben.
Mitarbeiter des niederländischen Wetterdienstes
KNMI haben ihre RADAR-Informationen nach einem
Hinweis des DWD ebenfalls ausgewertet und
konnten die gleichen Echos erkennen. Auch dort
wird das Ausbringen von reflektierenden Teilchen
am ehesten in Betracht gezogen.
Es bleibt unklar, was die tatsächliche Ursache der
RADAR-Echos war. Nach allen vorliegenden Informationen
ist die wahrscheinlichste Ursache die der in
der Atmosphäre ausgesetzten künstlichen Teilchen.
Welchen Zweck diese Teilchen haben könnten, wer
die Teilchen in der Atmosphäre ausgesetzt hat und
warum damit das Niederschlags-RADAR gestört
werden sollte, konnte bisher nicht geklärt werden.
Einige Tage später, am 4. August, konnte ein ähnliches
Phänomen, auch im RADAR des KNMI, erneut
beobachtet werden.
Abschließende Bewertung:
Wenn diese unbekannten Echos tatsächlich auf irgendwelche
Experimente zurückzuführen sind und diese
eventuell auch noch regelmässig durchgeführt werden,
dann hat dies Auswirkungen auf automatische
RADAR-Auswerteverfahren. Die teilweise recht hohe
Intensität des reflektierten RADAR-Strahls könnte als
Niederschlag gewertet werden, der aber tatsächlich
nicht vorhanden ist, und z.B. in Verfahren für Nowcasting-
Zwecke, der Numerischen Wettervorhersage
(NWV) oder zur quantitativen Niederschlagsbestimmung
zu falschen Ergebnissen führen.
Falls es sich tatsächlich um für ein Experiment freigesetzte
stark reflektierende Teilchen handelt, sollte
der Verursacher eigentlich alle, die es betreffen könnte,
d.h. auch die Wetterdienste der angrenzenden Länder,
über diese Aktion vorab in Kenntnis setzen. Es sollte
also weiter versucht werden, den Verursacher zu ermitteln,
um bei weiteren Experimenten frühzeitig auf
anstehende nichtmeteorologische RADAR-Echos hinweisen
zu können.
Wie bei allen anderen nichtmeteorologischen Echos
im RADAR-Bild ist auch für diesen Fall ein Abgleich
mit anderen Fernerkundungsdaten, wie z.B. Wolkenerkennung
aus Satellitendaten, wichtig.
An der Zusammenstellung des Artikels haben mit Informationen
beigetragen:
Dr. Jürgen Malcher
Geoinformationsdienst der Bundeswehr, Traben-
Trarbach
Dr. Martin Hagen, DLR, Institut für Physik der Atmosphäre,
Oberpfaffenhofen
Dr. Sylvia Barlag, Dr. Iwan Hollemann, KNMI, Niederlande
Ralf Becker, Wolfgang Benesch, Thomas Böhm,
Dr. Hubert Glaab, Andreas Klein, Peter Lang,
Dr. Jörg Rapp, Dr. Oliver Sievers, Deutscher Wetterdienst
fokus
Mitteilungen 03/ 04 2005
[/b]http://www.dmg-ev.de/gesellschaft/publikationen/pdf/dmg-mitteilungen/2005_3_4.pdf
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