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Roy, Arundhati - Der Gott der kleinen Dinge




Roy, Arundhati - Der Gott der kleinen Dinge

Beitragvon marilu » 18.07.2009, 20:48

Vielen Dank an Nerolaan, die mich endlich dazu gebracht hat, den Roman zu lesen! Falls du ihm doch nochmal einen Chance geben willst, sag Bescheid - ich wuerde auch nochmal damit anfangen!

Originaltitel: The God of Small Things

"Der Gott der kleinen Dinge" spielt hauptsaechlich in den 60ern in Kerala, Indien, wo die eng verbundenen Zwillinge Estha und Rahel mit ihrer Mutter, ihrer Grossmutter, Onkel und Grossmutter leben. Ihr Onkel erwartet seine Exfrau und Tochter, die aus England anreisen. Nach ihrer Ankunft kommt es zu einem toedlichen Unfall, der scheinbar alles im Leben der Familie dramatisch veraendert. Doch hinter dieser Handlungsebene verbirgt sich eine zweite Tragoedie, auf die versteckt immer wieder hingewiesen wird und erst gegen Ende des Romans aufgeloest wird - fuer aufmerksame Leser aber schon frueher sichtbar wird.

Neben der Handlung in den 60ern existiert eine zweite Zeitebene - Kerala in den 90ern. Alles hat sich veraendert und die ehemals unzertrennlichen Kinder trauern als Erwachsene um ihre verlorene Kindheit und geraubte Unschuld. Nach dem schicksalhaften Winter in der Kindheit wurden die beiden getrennt und finden nur langsam wieder zueinander. Das einzige Familienmitglied, das in ihrer Heimat lebt, ist die Grosstante - eine verbitterte boese Frau, die mit ihren Handlungen zwei Leben entwurzelt hat.


Mehr will ich zur Handlung nicht sagen, aber es ist eine sehr vielschichtige, starke Erzaehlung, die unter die Haut geht. Das Buch sprach nicht nur meine Gehirnzellen an sondern schaffte es auch, dass mein Körper reagierte: rare Glücksmomente liessen mich lächeln, tragische Momente sorgten für Gänsehaut, Bauchziehen und Atemlosigkeit. Es ist notwendig, sich Zeit fuer die Lektuere zu nehmen, um den Zauber wirklich schaetzen zu koennen. Der Einstieg ist etwas anstrengend wegen der verschiedenen Zeitebenen und Personenfuelle, doch nach drei Kapiteln bekommt man einen ausreichenden Ueberblick und hat die Hauptfiguren ausgemacht. Die raetselhafte Welt mitsamt ihren vielen Verbindungen wird kleiner und praeziser und es ist moeglich in der Handlung abzutauchen.

Die Sprache ist auf den Punkt: sehr poetisch, voller interessanter Metaphern und Assoziationen. Viele dieser Metaphern und einzelne Saetze ziehen sich wiederkehrend durch den Roman und betonen nicht nur ihre Bedeutung sondern weben dadurch auch eine Art Skelett, um die herum einzelne Handlungen zentriert werden.

Leben und Tod, der unbarmherzige Kampf um Wuerde und Unabhaengigkeit auf persoenlicher und politischer Ebene werden thematisiert. Geschichte, Religion und die Entwicklung einer Drittweltgesellschaft in einer globalen Welt finden ebenso Raum in diesem Werk wie Traditionen. Regelmaessig verbindet Roy die politischen Entwicklungen im Staat mit deren Auswirkungen auf die Individuen der Gesellschaft, ebenso wie sie versucht aufzuzeigen, dass persoenliche Entscheidungen den Gang der Politik beeinflussen, auch wenn sich die Handelnden der politischen Bedeutung ihrer Taten nicht bewusst sind.

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

:thumleft: LESETIPP! :thumleft:

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Re: Roy, Arundhati - Der Gott der kleinen Dinge

Beitragvon Nerolaan » 18.07.2009, 21:33

marilu hat geschrieben:Vielen Dank an Nerolaan, die mich endlich dazu gebracht hat, den Roman zu lesen! Falls du ihm doch nochmal einen Chance geben willst, sag Bescheid - ich wuerde auch nochmal damit anfangen!



Ich werde dem Roman auf jeden Fall noch mal eine Chance geben. Die 70 Seiten die ich gelesen habe, sagten mir, dass ich das Buch sehr mögen werde. Allerdings habe ich leider zu falschen Zeit begonnen.

Es freut mich, dass dir das Buch so gut gefallen hat und ich sag dir sicher bei Gelegenheit bescheid :-)
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Beitragvon Krümel » 18.07.2009, 22:59

Das muss ich auch noch unbedingt lesen!
BildLiebe Grüße,
Krümel



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