Krümels-Bücherwelt ...

... ein Literaturforum der anderen Art

Krauss, Nicole "Die Geschichte der Liebe"




Krauss, Nicole "Die Geschichte der Liebe"

Beitragvon marilu » 18.05.2006, 23:23

Inhalt:

Aus der Amazon.de-Redaktion

Nicole Krauss aus New York ist eine junge Autorin. Gerade einmal 31Jahre ist sie alt, und "Die Geschichte der Liebe" ist ihr zweiter Roman. Er spielt in der Gegenwart, aber bereits sein Titel führt den Leser 60 Jahre in die Vergangenheit zurück. Denn "Die Geschichte der Liebe" ist auch der Titel eines Manuskriptes, das der Pole Leo Gursky als Liebesbeweis für die Frau seines Lebens schrieb. Im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs ging es verloren, Gursky hat längst eine andere Liebe gefunden. Aber das Manuskript hat den Krieg überlebt, hat eine bewegte Biografie gefunden und seine Hauptfigur hat einem Mädchen den Namen gegeben. Die wiederum macht sich auf dem Weg nach seinem Verfasser. Die Reise führt über drei Kontinente und tief hinein in die Geschichte des Judentums und der Zerstörung ...

Meine Meinung:

Die Inhaltsangabe oben fasst den Handlungsbogen passend zusammen. Allerdings kann sie bei weitem nicht vermitteln, wie wunderbar die einzelnen Geschichten verwoben sind. Jede Person des Buches hat mit einem Verlust zu kämpfen und muss lernen, mit diesem zu leben. Einigen gelingt es besser als anderen - aber immer, immer bleibt Hoffnung für die Lebenden! Mir ging die Geschichte direkt ins Herz.
Ein rundherum stimmiger Roman.

Handlungsort ist meistens New York - Zufluchtsort der polnischen Juden Leo Gursky, Alma Meriminski und Isaac Moritz. Aber auch Heimat für Alma Singer und ihren Bruder Birdy.

Was mich an dem Buch berührte, war die Darstellung ihrer Sehnsüchte, Wünsche und Ängste. Jeder hat seine eigene Strategie entwickelt, mit seinem Schicksal umzugehen:

Spoiler hat geschrieben:Leo (80 Jahre) arbeitet als Nacktmodell, um gesehen zu werden. Alma (15 Jahre) macht sich auf die Suche nach der Person, die für ihren Vornamen verantwortlich ist. Ihr Bruder Birdy (12 Jahre) hält sich für einen lamed wownik, einen der 36 Weisen, die die Welt retten. Almas Mutter versteckt sich in ihrer Trauer.


Und immer gibt es einen Hoffnungsschimmer. :bussi:

Ich habe es als ein sehr tröstendes Buch empfunden! :clap:

Eine Stelle möchte ich hier gerne beispielhaft anführen:

"Ich bin kein Houdini. Und doch. In meiner Einsamkeit tröstet es mich zu denken, dass mir die Türen der Welt, wenn sie auch geschlossen sind, nie ganz verschlossen bleiben." (S. 188)


:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

Bild
Scharfsinnig bin ich von Montag bis Freitag. Übers Wochenende leiste ich mir den Luxus der Dummheit.
- Henry Slesar: Die siebte Maske -
Benutzeravatar
marilu
Hilfskrümel
Hilfskrümel
 
Beiträge: 2183
Registriert: 23.04.2006, 20:46
Wohnort: Hannover

von Anzeige » 18.05.2006, 23:23

Anzeige
 

Beitragvon Pippilotta » 28.07.2006, 18:50

Es gibt unzählige Bücher über das Schicksal der Juden, die dem Holocaust entkamen und in Amerika ihre Zelte aufschlugen. Doch dieses Buch behandelt diese Thematik auf eine ganz besondere Weise.

Im Mittelpunkt steht „Die Geschichte der Liebe“, ein Buch bzw. Manuskript, die ein polnischer Jude für seine große und einzige Liebe geschrieben hat. Rund um dieses Buch wird einmal in Gegenwart aus der Sicht der 14-jährigen Alma Singer, die vor einigen Jahren ihren Vater verloren hat geschrieben, dann wiederum aus der Sicht von Leo Gursky, dem Verfasser der Zeilen, wie er mit einer großen Enttäuschung, seiner Einsamkeit und seiner Genügsamkeit zurechtkommt.

Alle Beteiligten haben einen großen Verlust zu beklagen, und alle Beteiligten finden für sich Lösungen oder Methoden, mit dem Verlust fertig zu werden.

Es handelt sich nicht um eine Love-Story, wie vielleicht der Titel vermuten lässt. Ganz im Gegenteil, der Leser wird gefordert, oftmals etwas verwirrt, doch langsam kommen einzelne Zusammenhänge zum Vorschein und am Ende hat man eine rundum zufriedenstellende, tröstliche Geschichte vor sich. Nicole Krauss versteht es ganz großartig die einzelnen Stränge subtil zu verweben und läuft eigentlich das ganze Buch über nicht in Gefahr sich zu verzetteln.

Wie Fezzig schon erwähnte, ist Nicole Krauss i mit Jonathan Safran Foer verheiratet. Ihm hat sie, neben ihrer Familie, auch dieses Buch gewidmet („und für Jonathan mein Leben“). Ich habe vor gar nicht allzu langer Zeit von J.S. Foer Extrem laut und unglaublich nah gelesen. Die Thematik ist ähnlich, es geht ebenfalls um Verlust, um Trauer und dessen Bewältigung, Hauptperson ist bei beiden ein Kind. Mich persönlich hat Nicole Krauss mehr überzeugt. Ich freue mich schon auf weitere Bücher von ihr!

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Herzliche Grüße
Pippilotta


T.C. Boyle - Wenn das Schlachten vorbei ist

Life is what happens to you while you are busy making other plans (Henry Miller)
Benutzeravatar
Pippilotta
Superkrümel
Superkrümel
 
Beiträge: 4894
Registriert: 19.04.2006, 16:52
Wohnort: ... im Himmel ...

Beitragvon marilu » 28.07.2006, 19:46

Pippilotta hat geschrieben:Ich habe vor gar nicht allzu langer Zeit von J.S. Foer Extrem laut und unglaublich nah gelesen. Die Thematik ist ähnlich, es geht ebenfalls um Verlust, um Trauer und dessen Bewältigung, Hauptperson ist bei beiden ein Kind. Mich persönlich hat Nicole Krauss mehr überzeugt. Ich freue mich schon auf weitere Bücher von ihr!


Sollte man seine Bücher trotzdem lesen? Was meinst du?

Von Nicole Krauss erscheint im September ihr Debüt (Kommt ein Mann ins Zimmer) auf deutsch. Ich hatte letztens das Buch als Leseexemplar zuhause, habe aber nicht in die Geschichte gefunden. Da ich es meiner CHefin zurückgeben musste, als ich meinen Job beendet habe, werde ich es in nächster Zeit nicht mehr in die Finger bekommen.
Falls es jemand liest: ich warte gespannt auf eine Rezi! :D
Scharfsinnig bin ich von Montag bis Freitag. Übers Wochenende leiste ich mir den Luxus der Dummheit.
- Henry Slesar: Die siebte Maske -
Benutzeravatar
marilu
Hilfskrümel
Hilfskrümel
 
Beiträge: 2183
Registriert: 23.04.2006, 20:46
Wohnort: Hannover

Beitragvon Pippilotta » 28.07.2006, 20:00

marilu hat geschrieben:
Pippilotta hat geschrieben:Ich habe vor gar nicht allzu langer Zeit von J.S. Foer Extrem laut und unglaublich nah gelesen. Die Thematik ist ähnlich, es geht ebenfalls um Verlust, um Trauer und dessen Bewältigung, Hauptperson ist bei beiden ein Kind. Mich persönlich hat Nicole Krauss mehr überzeugt. Ich freue mich schon auf weitere Bücher von ihr!


Sollte man seine Bücher trotzdem lesen? Was meinst du?


Ja, ich würde schon sagen. Alleine der Aufmachung wegen! In "Extrem laut und unglaublich nah" steht oft ein einziger Satz auf einer Seite (oder der gleiche Satz x-mal über eine ganze Seite, oder eine Seite voll mit Kinderzeichnung, oder Gekritzel). Auch bei Nicole Krauss stehen gegen Ende hin oft nur wenige Sätze auf einer Seite, das genau hat mich - abgesehen von gewissen Parallelitäten in der Story - an Foer erinnert.

Für mich persönlich hat sich Foer mit seiner Geschichte etwas übernommen und v.a. war mir Krauss' Alma um vieles sympathischer und lieber als Foer's Oskar.
Aber: Lies selber, ich wäre sehr gespannt, wie du es siehst!

Ich werde morgen auf alle Fälle in der Bib schauen, ob Foers Erstling "Alles ist erleuchtet" vorhanden ist!
Herzliche Grüße
Pippilotta


T.C. Boyle - Wenn das Schlachten vorbei ist

Life is what happens to you while you are busy making other plans (Henry Miller)
Benutzeravatar
Pippilotta
Superkrümel
Superkrümel
 
Beiträge: 4894
Registriert: 19.04.2006, 16:52
Wohnort: ... im Himmel ...

Beitragvon marilu » 28.07.2006, 20:16

Pippilotta hat geschrieben:Ich werde morgen auf alle Fälle in der Bib schauen, ob Foers Erstling "Alles ist erleuchtet" vorhanden ist!


Darauf bin ich auch gespannt. Inzwischen ist das Buch ja sogar verfilmt worden. Wir sind von der Kundennachfrage damals völlig überrannt worden. :? Das Buch stand bestimmt 1 17" Jahre im Regal und keiner wollte es, aber sobald der Film im Kino lief, konnten wir es täglich verkaufen.

Da steckt man manchmal echt nicht drin...
Scharfsinnig bin ich von Montag bis Freitag. Übers Wochenende leiste ich mir den Luxus der Dummheit.
- Henry Slesar: Die siebte Maske -
Benutzeravatar
marilu
Hilfskrümel
Hilfskrümel
 
Beiträge: 2183
Registriert: 23.04.2006, 20:46
Wohnort: Hannover



Ähnliche Beiträge


Zurück zu Belletristik/Unterhaltungsliteratur/Erzählung

Wer ist online?

0 Mitglieder

cron