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Fitzgerald, Penelope - Die Buchhandlung




Fitzgerald, Penelope - Die Buchhandlung

Beitragvon marilu » 04.04.2009, 12:03

Originaltitel: The Bookshop (1978)

Um sich selbst zu beweisen, dass sie noch nicht alt ist und um den Bürgern von Hardborough etwas Kultur nahe zu bringen, plant Florence Green in den 50er Jahren die Eröffnung einer Buchhandlung im südenglischen Niemandsland. Der kleine Ort Hardborough hat seine besten Zeiten hinter sich - noch besuchen Touristen zwar den Ort, aber allmählich verfallen alle Wege in bzw. aus der Stadt, das kulturelle Leben der Stadt liegt brach, auch wenn es halbherzige Bestrebungen gibt dieses neu zu erwecken. Insbesondere die einflussreiche Mrs Gamart versucht einen Kunstkreis zu etablieren. Hierfür würde sie gerne das leerstehende "Old House" nutzen. Dass nun Florence Green eben dieses Gebäude für ihre Buchhandlung ersteht und ambitioniert ans Werk geht, führt über kurz oder lang zu Spannungen, die zunehmend Florence gesamte Existenz bedrohen.

"Die Buchhandlung" steht schon lange auf meiner Wunschliste und trotz vieler enttäuschter Leserreaktionen habe ich versucht, es unvoreingenommen zu lesen. Leider musste ich feststellen, dass die ersten 50 Seiten extrem anstrengend zu lesen waren. Einerseits etwas dröge und langsam gestaltet, andererseits voller wichtiger Informationen für den späteren Handlungsverlauf - es erschien mir fast, als sperre sich die Dorfgemeinschaft dagegen, seine Geheimnisse preiszugeben. Doch nach den anfänglichen Schwierigkeiten wurde der Roman für mich zu einem echten "Pageturner". Dieses Missverhältnis bei einem 150 Seiten kurzen Roman führt für mich zwar zu Punktabzug, aber die Intensität der letzten 2/3 haben mich dazu gebracht, dennoch 4 Sterne zu vergeben.

Neben Florence ist Hardborough samt seiner Bewohner die zweite Hauptfigur des Romans. Insgesamt bleiben die handelnden Personen eher blass, aber aus der Zusammenstellung als Dorfbevölkerung wird der Leser von etwas Größerem erfasst, als die einzelnen Teile vermuten lassen. Je mehr Widrigkeiten Florence entgegen schlagen, desto stärker ausgeprägt sind die Sym- bzw. Antipathien, die das Dorf teilen. Auf der einen Seite natürlich Mrs. Gamart und Konsorten, andererseits der angesehene Älteste Mr. Brundish, der Florence unterstützt. Als Leser weiß man bald, dass es weniger um eine Opposition zur Buchhandlung geht als vielmehr um persönlichen Ehrgeiz, angeknackste Egos, das Bedürfnis "das letzte Wort haben zu müssen" und viele andere solch niedriger Beweggründe. In dieser Hinsicht wird der Roman wohl ewig modern bleiben, weil es so menschlich und leider auch so tragisch ist. Sollte ich ein einzelnes Stichwort nennen, um diesen Roman zu beschreiben, wäre das "Zickenkrieg".

Beim Lesen wurde ich vom auf Florence lastenden Druck ergriffen. Die Anspannung und Hinterlist, die Florence entgegen schlagen, tun ihr eigenes, dass ich beim Lesen mit Bauchschmerzen auf die nächsten Probleme wartete... Dass mich Fitzgeralds Roman letztendlich noch so berührt hat, dass ich kaum die Spannung bis zum Ende aushalten konnte und mich an die Hoffnung klammerte, dass für Florence alles gut ausgeht, war für mich die große Überraschung nach dem schleppenden Anfang. Deshalb kann ich das Buch nur empfehlen - allerdings mit der Einschränkung, dass man nicht viel Aktion erwarten sollte und es eher mit einem stillen, eleganten, etwas altmodischen, aber intelligenten Roman zu tun hat!

:stern: :stern: :stern: :stern:

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