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Márai, Sándor - Die Möwe




Márai, Sándor - Die Möwe

Beitragvon Krümel » 14.02.2009, 15:21

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Ein Gedanken.- Dialoggeflecht, welches vom Leser eine hohe Konzentration verlangt.

Er, der Protagonist, ist ein hoher Ministerialbeamter, und ein einsamer, zurückgezogener Mitvierziger. Eines Morgens erscheint Sie bei ihm im Amt, und bittet um eine Aufenthaltsgenehmigung. Diese Begegnung kommt dem Beamten wie ein bitterer Traum vor. Da tritt auf einmal das “Duplikat” auf, von welchem er gedacht hatte, dass es bereits vor langer Zeit verstorben sei. Ganz außer der Reihe, da er ziemlich verwirrt ist, verhört er sie mit Fragen, die nichts mit dem Antrag zu tun haben. Die Situation kommt ihn wie ein Déjà-vu vor. Danach begleitet der Mann die Frau noch ein Stück des Weges, und lädt sie spontan zur Oper ein. Das Angebot wird von ihr auch angenommen.

Der Roman umfasst nur einen Tag, aber dieser wird sehr intensiv beschrieben. Die Atmosphäre ist beklemmend, und wie aus weiter Ferne, nicht richtig greifbar wie auch die Hauptfiguren fast namenslos bleiben. Im Gespräch wird die Fremde mit „lieber Gast“, „liebe Verwandte“ oder „einzige Welle“ angesprochen. Sie erzählen über ihr Leben als ob sie Seelenverwandte, Bekannte sind, die sich schon lange kennen, und sich dennoch sehr fremd sind. Eine sehr knisternde gleichwohl abstoßende Stimmung entsteht.

Sie ist das “Duplikat” jener Frau, die sich vor langer Zeit das Leben genommen hat. Sie ist aber auch der Krieg, der vorbei war, abgeschlossen, und plötzlich wiederkommt. Und eigentlich ist sie die „ständige Wiederkehr“, „ menschlich, all zu menschlich“.

>> Der Mann neigt sich etwas vor, er scheint eine lässigere Haltung anzunehmen; wie ein Schwimmer im letzten Augenblick, bevor er ins Wasser springt, in das vertraute Element, in dem es treue Wellen gibt, Erinnerungen an Berührungen vor hunderttausend Jahren, in dem es auch Haie gibt, bleierne Tiefe, Vergehen und Tod. <<

Und so spielt Márai mit den Figuren, lässt sie denken, und aussprechen was die Welt fühlt, in der der Tod nicht mehr individuell ist, sondern in der Masse untergeht. Er vergleicht, stellt Metaphern auf und wirft mit Bildern um sich. Die Lethargie des Krieges ist allgegenwärtig.

“Die Möwe” ist so ganz anders, als die bisherigen Werke, die ich von ihm gelesen habe. Ein Appetithappen, der mich wieder auf den Geschmack gebracht hat. Unbedingt lesen!

Bewertung: :stern: :stern: :stern: :stern: +
Schwierigkeitsgrad: nicht ganz so leicht
BildLiebe Grüße,
Krümel



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von Anzeige » 14.02.2009, 15:21

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Beitragvon alwin03 » 14.02.2009, 16:22

... schön das es eine Rezi von dir zu dem Buch gibt. Ich werde diese aber erst nach der Lektüre lesen.

Auf jeden Fall freue ich mich auf Beides.
Leider hab ich noch keinen Sponsor für das Buch gefunden :cry:
Ich lese zur Zeit:

--------------------------------------- ???


wENN nUr meinE sCHleChte recht(s)SchreIbunG nICHT wÄr :cry:
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Beitragvon Karthause » 14.02.2009, 17:10

@alwin
Gönne dir doch einfach mal was. So als Belohnung für eine arbeitsreiche Woche. :wink:

@Krümel

Dieser Marai hört sich schon ganz gut an. Ich glaube meine Marai-Verstimmung nach den Büchern, die sich doch mehr oder weniger ähneln könnte damit kuriert werden. Danke für deine Rezi. :D
Viele Grüße
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Beitragvon alwin03 » 14.02.2009, 17:29

Karthause hat geschrieben:@alwin
Gönne dir doch einfach mal was. So als Belohnung für eine arbeitsreiche Woche. :wink:



Danke Karthause, lieb von dir!
Leider war ich diese Woche schon recht spendabel zu mir :oops:
- ein 6-teiliges Topfset von WMF
- ein Apotheker(unter)schrank für meine Gewürze von IKEA

Ach und fleißig war ich auch schon etwas.
Meine Auftragslage für 2009 ist zur Zeit genauso hoch wie mein kompletter Umsatz 2008. Wohlbemerkt wir haben noch nicht den 1.März und der Bau schläft noch gemütlich!

@Krümel entschuldige wenn ich dir grad deinen Thread versaut habe, wollte aber Karthause eine Antwort nicht schuldig bleiben. :oops: :D
Ich lese zur Zeit:

--------------------------------------- ???


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