Narya - 5 years ago

~ Asalun ~
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    Re: Narya - 5 years ago

    Daydream - 17.10.2010, 14:54

    Narya - 5 years ago
    Reisen wir noch weiter zurück in der Zeit.
    Ohne es zu wissen, sind die Anführer des Bundes der Adler und der Schatten sich schon einmal begegnet - und es dürfte beiden im Gedächtnis haften geblieben sein.

    Ich wünsche uns viel Spaß mit Saethy und Sharonee =D



    Re: Narya - 5 years ago

    Daydream - 17.10.2010, 14:55


    Die kleine Stadt begann langsam zum Leben zu erwachen. Es war ein an sich schöner Tag: sonnig, ein leichter Wind, vielleicht ein wenig kühl, da der Sommer langsam aber sicher zuende ging.
    Ein wenig zögerlich näherte sich eine Gestalt dem Schloss der ansässigen Adelsfamilie. Es war eine junge Frau mit dunkelblonden, zu einem langen Zopf geflochtenen Haaren und schlichter Kleidung, die eine Tasche geschultert und eine weitere unter den Arm geklemmt hatte.
    Sharon atmete tief durch und sagte im Kopf noch einmal die Geschichte auf, mit der sie ins Schloss gelangen würde.

    Mein Name ist Dinah Meson. Ich soll hier in der Bibliothek arbeiten. Ich bin achtzehn Jahre alt und stamme aus Heegrau, einem der um Lalientha gelagerten Dörfer. Meine Eltern sind Kaufleute. Ich habe drei jüngere Geschwister.
    Das alles wird sowieso niemanden interessieren.

    Sharon lächelte schwach und hielt den Wachen am Tor den Brief mit dem herzoglichen Siegel unter die Nase. Obwohl sie wohl eher nicht lesen konnten, erkannten sie besagtes Siegel schon und ließen sie herein.
    Während sie sich nun mehr oder minder entschlossen aus den Weg zu dem Ort machte, an dem sie sich melden sollte, ging Sharon noch einmal durch den Kopf, was in den letzten paar Wochen passiert war. Sie hatten Gerüchte aufgeschnappt, Gerüchte, die diese Adelsfamilie hier betrafen. Und dann hatten sie von einem Mädchen gehört, dass im Schloss eine Stelle bekommen hatte, so dass kurzerhand beschlossen worden war, dass jemand ihren Platz einnehmen sollte. Dieses Los war dann Sharon zugefallen, da sie Dinah anscheinend am ähnlichsten sah: gleiche Größe und Statur, ähnliche Züge, überraschenderweise sogar die gleiche Augenfarbe. Nur die roten Haare hatte sie sich blond färben müssen. Die anderen hatten sie auch noch nötigen wollen, sie zu kürzen, doch sie hatte sich geweigert. Sharon liebte ihre Haare, die ihr im offenen Zustand beinahe bis zu den Knien reichten. Sie setzte darauf, dass sich die Adeligen ihre Bediensteten nicht so genau anschauten und sie sich darum ohne weitere Schwierigkeiten würde einfügen können. Außerdem setzte sie auf ihre nicht ganz unerheblichen schauspielerischen Fähigkeiten, die schon so manches Mal hilfreich gewesen waren. Nur ein paar Wochen, dann würde sie die nötigen Informationen gesammelt haben und hier verschwinden können. Idealerweise, zumindest.
    Geistesabwesend bog Sharon um eine Ecke und blieb blinzelnd stehen.
    Vor ihr führte eine Treppe nach oben und eine nach unten, außerdem gab es zwei Gänge nach rechts und links. Unauffällig streckte sie den Kopf nach links – dort gab es zahlreiche Türen. Rechts wiederum zweigten noch mehr Gänge ab. Und die Treppen… Ratlos blickte Sharon nach oben und unten, dann fummelte sie nochmal den Brief mit den Anweisungen aus der Tasche ihres Rockes.
    Zur Bibliothek sollte sie kommen, stand da. Im ersten Stock, hieß es. Am Ende des Ganges, angeblich.
    „Am Ende welchen Ganges, verdammte Scheiße?“, brummte Sharon, widerstand dem Drang, das Blatt zu zerknüllen und wandte sich kurzentschlossen nach rechts. Den Portraits an den Wänden finstere Blicke zuwerfend, schritt sie den ansonsten menschenleeren Gang entlang.
    Sie konnte Schlösser nicht ausstehen.



    Re: Narya - 5 years ago

    Nightmare - 17.10.2010, 16:00


    Obwohl es noch relativ früh am Morgen war, war Saeth schon seit einer ganzen Weile auf den Beinen. Heute sollten einige neue Bücher ankommen, und für diese musste Platz geschaffen werden. Alte Bücher mussten an anderen Orten verstaut werden, wieder andere neu gebunden oder geleimt werden. Auch, wenn man es wahrscheinlich nicht dachte, war die Arbeit eines Bibliothekars nicht zu unterschätzen. Noch dazu kam, dass er seine Arbeit seit einigen Wochen allein verrichten musste, denn sein bisheriger Gehilfe hatte sich eine schwere Krankheit zugezogen, welche es ihm unmöglich machte, seine Arbeit weiterhin fortzusetzen. Saeth bedauerte das nicht sonderlich. Boris war nie besonders sorgfältig mit den so kostbaren Büchern umgegangen und hatte dazu geneigt, öfter Dinge, die man ihm aufgetragen hatte, zu vergessen. Aber da er seine Arbeit als nicht besonders wichtig eingestuft hatte, war er auch nie außerhalb seiner eigentlichen Arbeitszeiten in der Bibliothek anzutreffen gewesen. Das wiederum hatte den Vorteil gehabt, dass er sich öfter ungestört mit Laya hatte treffen können, da es nicht allzu häufig vorkam, dass jemand abends die Bibliothek besuchte.
    Laya.
    Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er an sie dachte. Ihre langen, blonden Haare, die strahlend grünen Augen, ihr sanftes, leises Lächeln…
    Saeth legte die Bücher, die er gerade in ein anderes Regal hatte stellen wollen, auf einem Tisch ab. Er durfte sich jetzt nicht allzu sehr ablenken lassen. Sollte nicht heute auch seine neue Gehilfin ihre Stelle antreten? Der Schwarzhaarige zog seine Taschenuhr hervor und klappte sie auf. Es war bereits neun Uhr. Sollte sie nicht langsam hier auftauchen? Oder hatte er sich doch im Tag geirrt? Nein, eigentlich nicht. Viel wahrscheinlicher war es, dass er es mit einem unpünktlichen Mädchen zu tun hatte, das ebensoviel von seiner Arbeit hielt, wie Boris es getan hatte. Oder, was auch nicht ganz unwahrscheinlich war, sie hatte sich schlicht und einfach in dem großen Schloss verlaufen. Ob er sie vielleicht suchen sollte? Aber das war doch nun wirklich nicht seine Aufgabe.
    Oder doch?
    Da er sowieso noch die Liste der heute eintreffenden Bücher vom Verwalter abholen musste, beschloss er, dass das ein guter Vorwand war, etwas im Schloss herumzulaufen. Saeth klappte die Uhr wieder zu und ließ sie in der Tasche seiner schwarzen Weste, welche er über einem weißen Hemd trug, verschwinden. Dann ging er verließ er die Bibliothek.

    „Ja, genau diese Liste, vielen Dank“, sagte der Bibliothekar, als er von dem grauhaarigen Mann ein Blatt Pergamentpapier überreicht bekam.
    „Und sagen Sie, sollte heute nicht meine neue Gehilfin zum Dienst antreten?“
    „Sie meinen Dinah Meson? Allerdings, das sollte sie. Ist sie etwa noch nicht bei Ihnen erschienen?“
    Der Mann zog missbilligend die Augenbrauen hoch. Er war jemand, der auf absolute Ordnung und Pünktlichkeit bestand. Was wohl auch der Grund war, aus dem man ihm die Aufgabe des Verwalters zugeteilt hatte. Sein Schreibtisch spiegelte diese beiden Eigenschaften perfekt wieder: Alles war genau parallel angeordnet und eine Taschenuhr tickte neben den Armen des Mannes. Saeth mochte ihn, auch wenn er manchmal etwas übereifrig war – immerhin verstand er etwas von seiner Aufgabe.
    „Bestimmt haben wir uns nur verpasst und sie ist schon längst da. Trotzdem, vielen Dank noch mal“, sagte Saeth beschwichtigend und trat aus dem Raum. Er hatte seine Gehilfin immer noch nicht gefunden, und wenn sie schon in der Bibliothek wäre, hätte sie ihm über den Weg laufen müssen – vorausgesetzt, sie hatte den kürzesten Weg genommen.
    Gerade war Saeth um eine Ecke gebogen um dann die Treppe in den ersten Stock hinauf zu gehen, als ihm etwas vor die Füße fiel. Nein, nicht etwas, sondern ein Mädchen – dunkelblonde, zu einem Zopf geflochtene Haare, schlichte Kleidung und eine Tasche auf dem Rücken, welche ihr vermutlich gerade darauf gefallen war. Er hatte sie hier noch nie gesehen, deshalb vermutete er, dass sie die Person war, die er die ganze Zeit gesucht hatte. Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, als er die Tasche von ihrem Rücken hob und ihr eine Hand hinhielt.
    „Guten Tag, ich vermute, Sie sind Dinah Meson. Darf ich Ihnen aufhelfen?“



    Re: Narya - 5 years ago

    Daydream - 17.10.2010, 22:52


    Sharon war sich nicht ganz sicher, wie lange sie nun schon durch das Schloss irrte, doch es musste eine ganze Weile sein.
    Sie war Treppen herauf- und wieder heruntergelaufen. Sie war dreimal an einem Gemälde vorbei gekommen, das einen finster dreinblickenden Alten mit seinen Hunden zeigte und viermal an einer Statue, von der sie nicht sicher war, was sie darstellen sollte. Sie hatte ein Dienstmädchen nach dem Weg gefragt und war vor einer abgeschlossenen Tür gelandet.
    Sie hatte die Nase gestrichen voll.
    Stinksauer stapfte die gequälte Rebellenanführerin den Gang entlang, als sie plötzlich ein Fenster erblickte, das ihr bisher noch nicht aufgefallen war. Was hieß, dass sie hie rnoch nicht gewesen war. Was hieß, dass sie hier vielleicht richtig war!
    Hoffnungsvoll rückte Sharon ihre Tasche zurecht und beschleunigte ihre Schritte. Am Ende gab es noch Ärger mit ihren Vorgesetzten – Vorgesetzten, pah! – weil sie sich gleich am ersten Tag verspätet hatte.
    Während sie um die Ecke lieg, warf Sharon einen Blick aus dem Fenster, das ihr so aufgefallen war. Man hatte von hier einen guten Blick auf den Innenhof, auf dem gerade ein Reiter von seinem Pferd sprang. Dieses ließ er einfach stehen, um auf direktem Wege ins nächstgelegene Gebäude zu sprinten. Sicher ein Bote. Was der wohl so Wichtiges…
    „Wah!“
    Polternd segelte Sharon die Stufen, die sie dank ihres Blickes aus dem Fenster übersehen hatte, hinunter und verhinderte gerade noch, dass sie sich die Nase am Boden aufschlug, indem sie sich mit den Händen abfing. Allerdings traf sie etwas Schweres – wohl ihr Gepäck – im Rücken und beförderte sie vollends zu Boden, so dass der Teppich, auf dem sie gelandet war, die Flüche, welche ihr unweigerlich über die Lippen kamen, erstickte… bis sie sich so weit hoch gerappelt hatte, dass ein Paar Füße in ihr Sichtfeld rückte.
    Blinzelnd ließ Sharon ihren Blick nach oben wandern, so dass sie den Besitzer besagter Füße ausmachen konnte, welcher sie soeben mit ihrem Tarnnamen betitelte und ihr die Hand hinhielt, um ihr aufzuhelfen. In der anderen Hand hielt er außerdem ihre Tasche.
    Sharon war versucht, ihre schlechte Laune an ihm auszulassen, erinnerte sich dann aber an ihre Tarnidentität und zwang sich zu einem dankbaren Lächeln, als sie die Hand des jungen – nebenbei bemerkt äußerst gut aussehenden – Mannes ergriff und sich hoch ziehen ließ.
    „Ja, ich bin tatsächlich Dinah Meson“, log sie, während sie ihre Kleidung zurecht zupfte und sich vergewisserte, dass ihre diversen versteckten Waffen noch an Ort und Stelle saßen. „Und ich habe mich auf dem Weg zur Bibliothek anscheinend etwas… verirrt. Sozusagen.“
    Über ihren kleinen ‚Unfall’ ging sie gekonnt hinweg – und wenn dieser Kerl ihn noch einmal erwähnte, konnte er was erleben. Früher oder später, jedenfalls.



    Re: Narya - 5 years ago

    Nightmare - 17.10.2010, 23:54


    Er hatte sich nicht getäuscht – Dinah schien sich tatsächlich verlaufen zu haben. Als das Mädchen wieder auf den Beinen war und sich den Staub von der Kleidung geklopft hatte, musterte Saeth sie kurz: Sie war etwas kleiner als er, ungefähr in seinem Alter und von schlanker Statur. Ihre dunkelblonden Haare waren zu einem hohen Zopf geflochten und mussten im offenen Zustand ziemlich lang sein. Die schmalen Augen demütig niedergeschlagen nestelte sie an ihrem Rock herum und zupfte sich die Bluse zurecht. Alles in allem wirkte sie wie ein normales Mädchen aus recht gutem hause. Vielleicht etwas tollpatschig und orientierungslos, aber zumindest letzteres sollte sich mit der Zeit geben.
    „Kein Problem, das geht fast jedem so, der neu in dieses Schloss kommt“, beruhigte Saeth sie und begann, die Treppe, die Dinah gerade heruntergefallen war, wieder hinaufzusteigen, davon ausgehend, dass das Mädchen ihm folgen würde.
    „Mein Name ist übrigens Saeth Crow. Ich bin hier der Bibliothekar, Sie werden also in Zukunft mit mir zusammen arbeiten. Ihre genauen Aufgaben werde ich Ihnen später erklären, jetzt zeige ich Ihnen erst einmal Ihr Zimmer. Die meisten Angestellten bewohnen ein Zimmer im obersten Stockwerk, also im vierten.“
    Saeth führte seine neue Gehilfin durch einige Gänge und über zwei weitere Treppen, dachte aber schon im zweiten Stock, dass Dinah wohl längst die Orientierung verloren hatte. Er erinnerte sich noch gut daran, wie er das erste Mal zusammen mit seinem Bruder durch dieses Gebäude gelaufen war. Damals war ihm alles viel größer und beängstigender vorgekommen, und als er einmal alleine losgelaufen war, hatte er sich so hoffnungslos verirrt, dass Levin ihn nur durch Zufall vier Stunden später in einem der vielen Gänge gefunden hatte.
    Doch nun, nach fast zehn Jahren, kannte er nahezu jeden Winkel dieses Schlosses und konnte sich hier fast blind bewegen.
    Schließlich kamen sie bei einer recht schmalen Treppe an, die weit weniger prunkvoll war als die vorigen und zu einem ziemlich schlichten Gang führte.
    „Das hier ist die Treppe zum vierten Stock“, sagte Saeth, als er die Stufen hinauf stieg.
    „Falls Sie den Weg nicht wieder finden sollten, fragen Sie sich einfach durch. Irgendwann kommt man immer da an, wo man hin möchte.“
    Am oberen Ende der Treppe angelangt, führte der Gang in zwei Richtungen.
    „Links geht es zu den Wohnräumen der Männer, rechts zu denen der Frauen.“ Gegen seine Gewohnheit schlug er nun den rechten Weg ein.
    „Hier links ist der Waschraum, dort ist eine Besenkammer“, erklärte er, indem er auf zwei Türen deutete.
    „Und das hier“, er öffnete eine Tür zu seiner rechten, „wird von nun an Ihr Zimmer sein.“
    Der Raum war sehr schlicht eingerichtet, es gab ein Bett, einen Schrank, ein kleines Regal und einen Tisch mit zwei Stühlen. Saeth trat herein, stellte die Tasche, die er getragen hatte, auf den Boden und zog die Vorhänge des Fensters zurück, welche den Blick auf den Hinterhof des Schlosses freigaben. Er blickte kurz hinaus und drehte sich dann wieder um. Das Zimmer hatte früher einer Köchin gehört, Amalia Cleris, doch diese war vor kurzem gestorben. Er konnte sich daran erinnern, dass er vor einigen Jahren einmal hier gewesen war, um ihr eine Nachricht zu überbringen. Es war furchtbar unordentlich gewesen, weshalb es nun ziemlich seltsam war, den Raum in aufgeräumten und leeren Zustand vorzufinden. Jetzt war es nicht mehr als das Zimmer einer einfachen Bediensteten.
    „Ich werde Ihnen nun etwa eine halbe Stunde Zeit lassen, sich ein wenig einzurichten. Ich erwarte Sie dann gegen zehn Uhr in meinem Zimmer, es ist im linken Gang das letzte auf der rechten Seite. Wenn Sie irgendwelche Fragen haben, finden sie mich auch entweder dort oder in der Bibliothek.“
    Mit diesen Worten trat er auf dem Zimmer. Hoffentlich würde sie dieses Mal pünktlich sein, so schwer war der Weg ja schließlich nicht zu finden.
    Gerade wollte er die Tür hinter sich schließen, als ihm noch etwas einfiel:
    „Oh, und falls Sie irgendwelche gesundheitlichen Beschwerden haben sollten – wegen Ihrem kleinen Unfall vorhin, meine ich – direkt gegenüber von Ihnen wohnt eine Heilerin.“
    Lächelnd zog er die Tür hinter sich zu und ging den Gang hinunter, um sich nun für eine halbe Stunde angefallenem Papierkram zu widmen.



    Re: Narya - 5 years ago

    Daydream - 18.10.2010, 23:34


    Es wunderte Sharon nicht sonderlich, dass alle Neulinge sich im Schloss verirrten. Was sie schon ein bisschen überraschte, als sie sich beeilte, dem Typen zu folgen, war, dass es sich bei diesem um ihren zukünftigen Vorgesetzten, Saeth Crow, handelte. Sie hatte eigentlich eher irgendeinen alten Knacker erwartet – Saeth war ja kaum älter als sie. Und hielt sie wegen der Treppengeschichte wahrscheinlich für einen völligen Tollpatsch. Doch vielleicht war das auch gut, schließlich würde niemand einen völligen Tollpatsch für einen Spion halten…
    Während sie darüber nachdachte, ob sie den Eindruck zu diesem Zweck weiter vertiefen sollte, versuchte sie sich den Weg anhand auffälliger Gemälde, Statuen und Wandteppiche zu merken, gab diesen Versuch nach der dritten Treppe und neunten Abzweigung allerdings auf. Wie konnte ein Gebäude nur so unübersichtlich sein? Es war kaum zu glauben.
    Letztendlich kamen sie jedenfalls bei einer schmalen Treppe an, die offenbar zu den Räumlichkeiten der Bediensteten führte. Das einzige auffällige Erkennungsmerkmal an besagter Treppe war, dass sie so unauffällig war. War ja auch nur für die Diener.
    Sharon trottete Saeth weiter hinterher, die Treppe hinauf, nach rechts in den Frauenbereich und schließlich in den Raum, der für eine Weile ihr kleines Reich sein sollte.
    Und dann verscherzte Saeth es sich mit ihr.
    „Oh, und falls Sie irgendwelche gesundheitlichen Beschwerden haben sollten“, sagte er. „Wegen Ihrem kleinen Unfall vorhin, meine ich – direkt gegenüber von Ihnen wohnt eine Heilerin.“
    In Sharons Gesicht zuckte ein Muskel und sie starrte die Tür, die sich hinter Saeth geschlossen hatte, finster an. Sie hatte das dringende Bedürfnis, die Tür wieder zu öffnen und ihm etwas hinterher zu werfen. Stattdessen schmiss sie mit Wucht ihre Taschen aufs Bett.
    „Als müsste ich wegen der paar Stufen zu einem Heiler, Idiot“, knurrte sie, während sie ihre Kleidung mehr oder weniger ordentlich in den Schrank beförderte. Ihr Waschzeug stopfte sie in eine Schublade, so dass für das Regal nur noch ihre Schreibsachen blieben: Pergament, Federn, ein Tintenfässchen. Als sie fertig war, schaute sie sich um und stellte fest, dass das Zimmer immer noch genau so unpersönlich aussah wie vorher. Ob das schon auffällig war?
    Kurzentschlossen drapierte Sharon einen Kamm auf dem Tisch, rückte einen der Stühle ans Fenster und warf eine Schreibfeder auf die Erde. Vielleicht sollte sie, um Dinah Meson mehr Persönlichkeit zu verleihen, auch noch irgendwelchen Krimskrams sammeln, den sie auf dem Regal verteilen konnte? Bestimmt hatte Dinah ein Faible für hübsche Steine oder Blumen oder irgendso einen Blödsinn.
    Nachdenklich fummelte Sharon an ihrem Zopf herum, während sie ihr Zimmer verließ und sich auf den Weg zu den Männerräumen machte. Zumindest der Gang schien sich nicht sonderlich von dem der Frauen zu unterscheiden.
    Das letzte Zimmer auf dewr rechten Seite, hatte Saeth gesagt.
    Sie tappte also bis zum Ende des Ganges und klopfte an die Tür auf der rechten Seite. Ein wenig zu spät fiel ihr ein, dass sie ja eigentlich nicht so kräftig hatte dagegen hämmern wollen, wie se es sonst immer tat. Noch einmal zupfte sie ihre Kleidung und ihr Haar zurecht – wieso eigentlich? Die Frisur stand ihr sowieso nicht – dann trat sie auf Saeths Aufforderung hin in sein Zimmer.
    „Ich wäre dann so weit“, sagte sie in einem bemüht heiteren Tonfall und ließ ihren Blick kurz durch den Raum schweifen.



    Re: Narya - 5 years ago

    Nightmare - 18.10.2010, 23:36


    Der Bibliothekar ließ die Tür zu seinem Zimmer zufallen und sich in den Sessel sinken. Ein Blick zu seinem Schreibtisch sagte ihm jedoch, dass er wieder aufstehen sollte, und widerwillig erhob er sich wieder, um sich stattdessen auf den Stuhl vor seinem Arbeitsplatz zu setzen. Als Saeth sich allerdings die anstehenden Dokumente ansah, verließ ihn endgültig die Motivation, in dieser halben Stunde noch überhaupt irgendetwas zu tun. Daher beschloss er, den Papierkram auf heute Abend zu verschieben und sich stattdessen mit einem Buch auf die Fensterbank, seinen Lieblingsplatz, zu setzen.
    Er stand also zu zweiten Mal wieder auf und nahm sich ‚Abhandlungen über den Schwertkampf’ von seinem Nachttisch, um sich damit ins Fenster zu setzen. Von dort aus konnte er sowohl einen Teil des Hinterhofes als auch die Parkanlage neben dem Schloss betrachten. Sein Blick jedoch wandte sich seinem eigenen Zimmer zu.
    Verglichen mit dem, das er gerade Dinah zugewiesen hatte, war es recht luxuriös ausgestattet: Links und rechts neben der Tür standen Bücherregale, es gab ein Sofa, einen Sessel, Abestelltischchen und er hatte ein weiches Bett. Alle Möbel waren aus dunkelbraunem Holz gefertigt, die Polster sowie die Vorhänge und der Bettbezug dunkelrot. Vor allem, wenn er sich abends Kerzen anzündete – er zog sie in seinem Zimmer den Leuchtkugeln vor – war die Atmosphäre hier sehr ruhig und gemütlich.
    Saeth hatte gerade erst eine halbe Seite gelesen, als es bereits an der Tür klopfte.
    „Herein!“, rief er, und zu seinem Erstaunen war es bereits Dinah, die da in der Tür stand und verkündete, sie sei dann soweit. Ein Blick auf seine Wanduhr sagte ihm, dass sie gerade einmal eine Viertelstunde gebraucht hatte.
    „Sie waren ja ziemlich schnell“, sagte Saeth, indem er aufstand und das Buch wieder weglegte. „Gut, dann will ich Ihnen nun Ihren zukünftigen Arbeitsplatz vorstellen. Bitte, folgen Sie mir.“ Mit diesen Worten schob er sich an Dinah vorbei durch die Tür und lieg den Gang hinunter.
    „Ihre Arbeitszeit wird grundsätzlich von 8.30 bis 16.30 sein. Generell ist um zwölf Mittagspause. Da in der Bibliothek aber immer unterschiedlich viel zu tun ist, halte ich es mit den Zeiten nicht so genau. Die Arbeitszeit richtet sich also eher nach dem, was gerade anfällt. Montags ist frei. Urlaub nach Absprache. Ihr Gehalt bekommen Sie am Anfang des Monats vom Verwalter“, begann Saeth zu erklären, während er die Treppe hinab in den dritten Stock ging, um seine neue Gehilfin über einige weitere Treppen und Gänge ins Erdgeschoss zu führen, wo er schließlich vor einer Tür stehen blieb.
    „Dies ist das Arbeitszimmer des Verwalters“, kommentierte er. „Er ist sehr auf Ordnung bedacht, also kommen Sie besser pünktlich, wenn er etwas von Ihnen will. Im Allgemeinen dürfen sie sich in diesem Teil des Gebäudes frei bewegen. Der linke Teil des Schlosses ist ausschließlich der Herzogsfamilie vorbehalten, der mittlere für öffentliche Anlässe. Egal, wo wir uns aber aufhalten, sollte unser oberstes Gebot die Unauffälligkeit sein. Alle Bediensteten hier agieren eher im Hintergrund und sorgen dafür, dass alles so läuft, wie es laufen soll.“
    Während er erklärte, führte er Dinah wieder nach oben in den ersten Stock, und dort in die Bibliothek.
    „Dies wird von nun an Ihr hauptsächlicher Arbeitsplatz sein. Im Umgang mit Büchern gilt vor allem eines: Vorsicht. Es ist sehr zeitaufwändig, ein Buch zu schreiben, und viele der Bücher hier sind schon sehr alt und damit von hohem Wert. Ich denke also, Sie verstehen, dass diese Bücher, so wie alle anderen auch, mit großer Sorgfalt zu behandeln sind. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass diese Bücher immer dort sind, wo sie sich zu befinden haben, außerdem müssen wir sie katalogisieren – damit habe ich bereits angefangen, aber ein großer Teil steht uns noch bevor. Außerdem werden immer wieder neue Bücher angeschafft, für die Platz geschaffen werden muss; noch heute Nachmittag sollen welche kommen. Manchmal müssen wir sie auch selbst abholen oder Aufträge zum Abschreiben schon vorhandener Schriften erteilen. Hinzu kommt außerdem, dass wir den Zustand der Bücher überprüfen und sie, wenn nötig, zum Buchbinder bringen. All das werden Sie aber in der nächsten Zeit sowieso mitbekommen, das hier sollte nur einen kleinen Überblick darstellen. Jetzt werde ich Ihnen erst einmal zeigen, wie diese Bibliothek aufgebaut ist. Also, sortiert sind die Bücher hier nach Themen…“



    Re: Narya - 5 years ago

    Daydream - 15.01.2011, 20:03


    Auf Saeths Aufforderung hin öffnete Sharon die Tür und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, über Bücherregale, ein Sofa, einen Sessel, ein Tischchen, und ein Bett. Im Vergleich zu ihrem eigenen war Saeths Zimmer nicht nur größer, sondern auch luxuriös und individuell eingerichtet. Es war eindeutig, dass Saeth sich hier zu Hause fühlte.
    Mit einem knappen Lächeln kommentierte Sharon seine Aussage, dass sie aber schnell gewesen sein, nahm noch mit einem kurzen Blick das Buch zur Kenntnis, das er zur Seite legte – Abhandlungen über den Schwertkampf, was sie eher nicht im Interessengebiet eines Bibliothekars vermutet hätte – und folgte ihm zurück durch den Gang.
    „Ihre Arbeitszeit wird grundsätzlich von 8.30 bis 16.30 sein. Generell ist um zwölf Mittagspause. Da in der Bibliothek aber immer unterschiedlich viel zu tun ist, halte ich es mit den Zeiten nicht so genau. Die Arbeitszeit richtet sich also eher nach dem, was gerade anfällt. Montags ist frei. Urlaub nach Absprache. Ihr Gehalt bekommen Sie am Anfang des Monats vom Verwalter“, erklärte Saeth ihr, nur, um ihr gleich darauf das Arbeitszimmer besagten Verwalters zu zeigen. Nicht, dass Sharon in der Lage gewesen wäre, dieses wieder zu finden, schon gar nicht „pünktlich“, denn sie hatte die Orientierung schon nach der dritten Treppe und fünften Abzweigung wieder verloren.
    „Im Allgemeinen dürfen sie sich in diesem Teil des Gebäudes frei bewegen. Der linke Teil des Schlosses ist ausschließlich der Herzogsfamilie vorbehalten, der mittlere für öffentliche Anlässe“, fuhr Saeth fort. „Egal, wo wir uns aber aufhalten, sollte unser oberstes Gebot die Unauffälligkeit sein. Alle Bediensteten hier agieren eher im Hintergrund und sorgen dafür, dass alles so läuft, wie es laufen soll.“ Nachdem sie nun einige Treppen nach oben gestiegen waren – eines war klar, fit blieb man hier wahrscheinlich – traten sie durch eine Tür. Unwillkürlich blieb Sharon stehen.
    Mehrere Regalreihen voller Bücher zogen sich durch den großen Raum, an den Wänden standen Tische mit Leuchtkugeln, wo man sich ausbreiten und in Ruhe lesen konnte. Schilder an den Regalen verkündeten, mit Büchern welchen Themas sie jeweils gefüllt waren. Als Sharon die Luft einsog, roch sie die typische Mischung aus Pergament, Leder und Staub.
    Offensichtlich waren sie in der Bibliothek angekommen.
    Sie hatte bislang nur eine andere Bibliothek gesehen, nämlich die der Ärzte- und Heilergemeinschaft von Lalientha. Ihr Vater hatte sie ein paarmal mitgenommen und während er gearbeitet hatte, war sie zwischen den Regalen herumgelaufen, hatte über die Buchrücken gestrichen und sich gewundert, dass so viel Wissen an einem Ort zusammen getragen werden konnte.
    „...dafür zu sorgen, dass diese Bücher immer dort sind, wo sie sich zu befinden haben“, durchdrang Saeths Stimme durch ihre Erinnerungen und mit einem kleinen Schrecken wurde ihr klar, dass er schon die ganze Zeit geredet hatte. „Außerdem müssen wir sie katalogisieren – damit habe ich bereits angefangen, aber ein großer Teil steht uns noch bevor. Außerdem werden immer wieder neue Bücher angeschafft, für die Platz geschaffen werden muss; noch heute Nachmittag sollen welche kommen. Manchmal müssen wir sie auch selbst abholen oder Aufträge zum Abschreiben schon vorhandener Schriften erteilen. Hinzu kommt außerdem, dass wir den Zustand der Bücher überprüfen und sie, wenn nötig, zum Buchbinder bringen. All das werden Sie aber in der nächsten Zeit sowieso mitbekommen, das hier sollte nur einen kleinen Überblick darstellen. Jetzt werde ich Ihnen erst einmal zeigen, wie diese Bibliothek aufgebaut ist. Also, sortiert sind die Bücher hier nach Themen…“, erklärte der Schwarzhaarige und veranlasste Sharon so, sich zu konzentrieren, um sich alles merken zu können. Sie hatte keine große Lust, später bei allem nachfragen zu müssen.
    Während sie Saeth folgte, stellte sie fest, dass auch an jedem Regal je nach Größe mindestens eine Lichtkugel befestigt war. Wer die wohl austauschen musste? Hinterher war das auch noch ihre Aufgabe.

    - Zeitsprung: eine Woche später -

    „Verdammter Scheißdreck“, fluchte Sharon leise vor sich hin, als sie sich die Zehen an einer Kiste anstieß, die irgendjemand mitten im Gang stehen gelassen hatten. Den Bücherstapel, den sie durch die Gegend trug und der ihr eben den Blick versperrt hatte, konnte sie glücklicherweise gerade noch ausbalancieren.
    Mühselig tastete sie sich, ohne wirklich etwas zu sehen, an der Kiste vorbei und schleppte die Bücher die nächste Treppe hoch. Diese hatte genau dreizehn Stufen, was sie deshalb wusste, weil sie diesen Weg innerhalb der letzten Woche öfter gegangen war. Und weil ihr schon öfter Bücher die Sicht versperrt hatten. Natürlich hätte sie auch einfach mehrmals gehen und weniger Bücher auf einmal tragen können, aber das war ihr definitiv zu zeitaufwendig.
    Auch die anderen Bediensteten des Schlosses kannten diese Angewohnheit inzwischen und wichen dem schwankenden Bücherstapel routiniert aus, wann immer er ihnen entgegen kam. Sharon hatte sich außerdem alle Mühe gegeben, sich mit besagten Bediensteten anzufreunden und festgestellt, dass sie eine nahezu unerschöpfliche Informationsquelle über sämtliche Vorgänge in diesem und sogar in anderen Schlössern waren. Dadurch hatte sie erst kürzlich den Moment ausnutzen können, in dem sich niemand im Arbeits- und Besprechungszimmer des Herzogs aufhielt, um dessen Unterlagen zu durchforsten. Als nächstes würde sie sich das Arbeitszimmer des Verwalters vornehmen, da dieser jedoch wesentlich ordnungsbedachter war als der Herzog, würde sie aufpassen müssen.
    Derlei in Gedanken schob Sharon rückwärts gehend die Tür zur Bibliothek auf, in der Saeth mit jemandem zu reden schien, beachtete das aber nicht weiter.
    Wirklich, wenn der Verwalter so ordentlich war, wie alle behaupteten, würde er bestimmt sofort merken, wenn jemand an seinen Sachen gewesen war…
    „Ich habe gehört“, sagte eine männliche Stimme irgendwo rechts von ihr. „Dass ein Spion im Schloss sein soll.“
    Ich bin am Arsch, fuhr es Sharon durch den Kopf. Erst einen Moment später realisierte sie, dass die Bücher ihr aus den Händen geglitten und polternd auf dem Boden gelandet waren. Oh, scheiße.
    Mühsam zauberte sie ein verlegenes Lächeln auf ihr Gesicht und wandte sich ihrem Vorgesetzten und dessen Gesprächspartner, welcher sich als Diener des Herzogs herausstellte, zu. Reiß dich zusammen. Du warst bisher mehr als unauffällig.
    „Hoppla…“, murmelte sie also, nur um irgendetwas zu sagen, und kniete sich auf den Boden, um die Bücher wieder aufzusammeln. „Entschuldigung.“



    Re: Narya - 5 years ago

    Nightmare - 16.01.2011, 00:24


    Die letzte Woche war vollkommen ereignislos verlaufen. Dinah machte sich gut - sie war nicht überdurchschnittlich, aber alle mal besser als Boris. Eigentlich machte sie sich sogar ziemlich gut, bisher hatte es noch nichts gegeben, wofür er sie hätte tadeln müssen. Einzig die hohen Bücherstapel, die sie durch die Gegend trug, bereiteten ihm etwas Sorgen, bisher war jedoch alles gut gegangen, daher beließ er es dabei. Sie verhielt sich normal, schien sich gut in die Gemeinschaft einzufügen, stellte Fragen und und erledigte ihre Arbeit. Außerdem schien sie ein nettes, aufgeschlossenes und recht höfliches Mädchen zu sein. In ihrer Freizeit schien sie sich oft mit anderen Bediensteten zu unterhalten oder das Schloss zu erkunden - wahrscheinlich, um sich die Wege einzuprägen. Kurz gesagt, eine überaus normale Woche.
    Doch das sollte sich am heutigen Tag ändern.
    Es war früher Nachmittag und Saeth hatte gerade ein Buch für den Diener des Herzoges gesucht - einen ziemlich schnulzigen Liebesroman, der Herzog liebte solche Bücher (was Saeth nicht wirklich nachvollziehen konnte) - und stand nun noch zusammen mit Matthew, so hieß der Diener, neben einem der Tische, wo sie die Neuigkeiten des Tages austauschten. Das war ein Vorteil, wenn man Bediensteter eines Herzogs war - man war immer auf dem neusten Stand über alles, was im Land vor sich ging. Ebenso erfuhr man alles über diverse Intrigen, wobei vieles davon sich als Gerücht herausstellte.
    "Ich habe gehört, dass ein Spion im Schloss sein soll", sagte der ältere Mann, dessen Haare schon leicht angegraut waren, gerade. "Es gibt wohl Hinweise, die besagen, dass -" ein Poltern unterbrach die Erklärungen des Dieners. Erschrocken drehte Saeth sich um - und sah Dinah, die wie erstarrt dastand und auf den Bücherhaufen vor ihren Füßen blickte, sich dann zu ihnen umwand und eine Entschuldigung stammelte.
    "Sie scheinen ja ziemliches Pech mit ihren Untergebenen zu haben", kommentierte Matthew mit hochgezogenen Augenbrauen. "Boris war auch schon so grob zu den Büchern, nicht wahr?"
    Saeth schüttelte leicht den Kopf. "Bisher hat sie ihre Arbeit recht gut gemacht", entgegnete er mit einem Lächeln. "Nun denn, ich hoffe, dem Herzog gefällt das Buch", sagte der Bibliothekar noch, indem er den Diener zur Tür führte. "Wenn Sie noch ein weiteres Buch brauchen, kommen sie gerne wieder..."
    Mit diesen Worte verabschiedete er sich von Matthew und schloss die Tür zur Bibliothek hinter sich. Dann ging er zu dem Mädchen herüber, was sich mittlerweile daran gemacht hatte, die Bücher wieder aufzusammeln, und kniete sich neben sie auf den Boden, um ihr zu helfen.
    "Ich schlage vor, du nimmst von nun an weniger Bücher auf einmal und gehst dafür öfter", sagte er kühl und richtete sich mit etwa der Hälfte der Bücher wieder auf.
    "Dann solltest du so etwas vermeiden können."
    Man konnte nicht gerade behaupten, dass er erfreut war, aber er war auch nicht übermäßig sauer. Das hätte schließlich jedem passieren können - auch, wenn es bei den Büchermengen, die sie auf einmal trug, eigentlich nur eine Frage der Zeit gewesen war.
    Saeth legte den Stapel auf einen Tisch und ging die Bücher kurz durch. Bei einem etwas älterem Exemplar war durch den Aufprall der Buchrücken gebrochen, die anderen waren glücklicherweise noch intakt. Er nahm das kaputte Buch und drehte sich dann wieder zu der Bediensteten um.



    Re: Narya - 5 years ago

    Daydream - 18.01.2011, 15:19


    Während Sharon die Bücher in der Hoffnung wieder übereinander stapelte, dass keines Schaden davon getragen hatte, hörte sie zu, wie der Diener, dessen Name ihr nach dem Schrecken nicht gleich einfallen wollte, sie mit einem gewissen ‚Boris’ verglich. Sharon meinte sich zu erinnern, dass das der Name ihres Vorgängers war, was ja auch inhaltlich zu dem kleinen Dialog passte.
    "Boris war auch schon so grob zu den Büchern, nicht wahr?", sagte Matthew – so hieß er, genau! – nämlich, worauf Saeth allerdings antwortete, dass sie ihre Arbeit bisher „recht gut“ gemacht hätte. Recht gut. Tschah. Immerhin hatte er nichts schlechtes über sie behauptet. Das wäre ja auch noch schöner gewesen, vor allem, wenn man bedachte, dass sie dabei war.
    Nachdem Matthew gegangen war, half Saeth ihr schließlich dabei, die Bücher wieder aufzusammeln. "Ich schlage vor, du nimmst von nun an weniger Bücher auf einmal und gehst dafür öfter“, sagte er in einem nicht sonderlich freundlichen, aber eigentlich auch nicht verärgerten Tonfall. „Dann solltest du so etwas vermeiden können."
    „Ja. Es tut mir wirklich Leid“, sagte sie, was sogar halbwegs der Wahrheit entsprach. Zwar scherte es sie insofern nicht sonderlich, als dass sie nur das Eigentum einer Adelsfamilie ‚gefährdet’ hatte, andererseits hatten Bücher für sie jedoch grundsätzlich einen gewissen ideellen Wert. Als Saeth gerade nicht hinsah, verzog sie trotzdem ärgerlich das Gesicht. Das kleine Missgeschick wäre ihr schließlich mit Sicherheit auch passiert, wenn sie weniger Bücher getragen hätte, und von jetzt an würde sie den selben Weg noch öfter gehen müssen als ohnehin schon. Von der Zeitverschwendung ganz zu schweigen, sie hatte wahrlich besseres zu tun.
    Sharon trug die Hälfte der Bücher – Saeth hatte die andere Hälfte genommen – zu einem Tisch hinüber und musste feststellen, dass ihr Vorgesetzter auch noch ein beschädigtes Exemplar entdeckt hatte, so dass sie sich gezwungen sah, einen betretenen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Sie war sich zwar nicht ganz sicher, wie man betreten schaute, aber sie versuchte Zyra, das jüngste Mitglied des Bundes, zu imitieren, wenn sie sich für etwas entschuldigte (was sehr häufig geschah). Der gute Wille zählte.
    „Nun, ich vermute, ich soll es zum Buchbinder bringen“, bemerkte sie, als sie letztendlich befand, dass sie nun genug betreten geschaut hatte, und nickte in Richtung des kaputten Buches, das Saeth in der Hand hielt.



    Re: Narya - 5 years ago

    Nightmare - 10.02.2012, 05:25


    Betreten sah Dinah das kaputte Buch an, auch, wenn dieser Gesichtsausdruck auf ihrem Gesicht etwas seltsam wirkte, da er nicht recht zu ihren Zügen zu passen schien. Doch Saeth dachte sich nichts weiter dabei, er fand das ganze eher amüsant.
    "Ja, zum Buchbinder muss es wohl", entgegnete er auf die Frage des Mädchens und drückte ihr den Roman, es war eine Kriegsgeschichte von einem recht unbekannten Autor, in die Hand.
    "Ich vermute, du weißt nicht, wo der gute Mann wohnt - Trebby Grine heißt er. Aber selbst wenn du es wüsstest, würde ich dich nicht allein zu ihm schicken wollen. Er ist ein leicht sonderbarer Mann, den du erst einmal kennen lernen solltest. Außerdem wird es schon dunkel draußen, und für ein Mädchen wie dich ist der Weg zur Stadt allein nicht ganz ungefährlich. Ich werde dich also begleiten. Also geh schnell auf dein Zimmer und hol' dir etwas zum Überziehen, es wird immer kälter abends... Wir treffen uns in fünfzehn Minuten am Haupttor. Ich will nur noch schnell die Bücher hier wegsortieren."
    Diese Entscheidung war relativ spontan gefallen, aber da die meiste Arbeit für heute sowieso schon getan war, konnten sie sich diesen kleinen Ausflug durchaus erlauben.
    Trebby Grine wohnte in der Stadt, welche von hier aus zu Fuß in zwanzig Minuten zu erreichen war. Boris hatte er damals allein zu dem Buchbinder geschickt, doch dieser hatte nicht nur Probleme damit gehabt, den Weg zu dem Haus des Mannes zu finden, die merkwürdige Art von Grine hatte ihn auch noch so sehr abgeschreckt, dass er sich in Zukunft geweigert hatte, ihm Besuche abzustatten. Daher hatte Saeth solche Dinge immer selbst erledigen müssen, wenn er gerade keinen Boten gefunden hatte, der das Buch für ihn überbrachte. So sollte es mit Dinah nicht laufen. Außerdem machte er sich wirklich etwas Sorgen um sie, da der Weg zur Stadt teilweise durch den Wald führte. Und dort konnten sich im Anbruch der Nacht die zwielichtigsten Gestalten herumtreiben. Ein Mädchen allein diesen Weg zurücklegen zu lassen, wäre da wohl recht unverantwortlich gewesen.
    Er lächelte Dinah also aufmunternd zu und nahm die Bücher, welche sie hergebracht hatte, um sie an ihre richtigen Plätze zu bringen.



    Re: Narya - 5 years ago

    Daydream - 06.03.2012, 02:01


    Saeth erklärte, dass sie das Buch zu einem gewissen Trebby Grine bringen müsse – und dass er mitkommen würde. Weil sie ein Mädchen und der Weg für sie deshalb nicht ganz ungefährlich sei.
    Nachdem er sich wieder abgewandt hatte, erlaubte Sharon sich einen halb ungläubigen, halb säuerlichen Gesichtsausdruck und verließ mit einem eher halbherzigen „Dann bis gleich!“ die Bibliothek.
    Sie hatte sich schon halb darauf gefreut, eine Ausrede zu haben, das Schloss für eine Weile zu verlassen und etwas Zeit allein an der frischen Luft zu verbringen… aber nein, so ein Glück konnte sie ja nicht haben. Sie brauchte einen elenden Aufpasser. Dreck. Zwar war Saeths Gesellschaft nicht zwingend unangenehm, jedoch fand Sharon die ständige Schauspielerei in Gegenwart der Schlossbewohner auf Dauer ein wenig ermüdend. Nach so manchem langen Tag hatte sie das dringende Bedürfnis, jemanden zusammenzuscheißen oder, alternativ, zu verprügeln... aber dazu würde sie wohl eine Weile nicht kommen.
    Seufzend betrat Sharon nach einer Weile des Gehens durch verwinkelte Gänge ihr Zimmer und zog einen Umhang aus dem Schrank, den sie sich überwarf. Außerdem wechselte sie ihre leichten Schuhe gegen wetterfeste Stiefel – die Straße war teilweise sehr schlammig, da es die letzten Tage viel geregnet hatte – steckte das kaputte Buch in ihre Umhängetasche und machte sich gleich wieder auf den Weg. Saeth hatte schließlich gesagt, dass sie sich in einer Viertelstunde am Haupttor treffen sollten, und davon hatte sie schon einen guten Teil für den unnötig langen Weg von der Bibliothek zu ihrem Zimmer gebraucht.
    Sharon konnte Schlösser nicht ausstehen.
    Als sie schließlich am Treffpunkt angekommen war, grüßte sie flüchtig die Wachen und setzte sich dann auf den Sockel einer der Stauen, die neben dem Tor standen – es handelte sich um lebensgroße Löwen, was sehr einfallsreich war, da sie dem Wappen der Adelsfamilie Aliera entsprachen.
    Nun musste sie warten… und hatte Zeit nachzudenken, beispielsweise über den einen Satz, der ihr das ganze Bücherstapel-Fiasko eingebrockt hatte. „Ich habe gehört, dass ein Spion im Schloss sein soll“, hatte Matthew gesagt. Nur wo zur Hölle hatte er das gehört? Und, viel wichtiger: Woher wussten seine Informanten das? Was hatte sie getan, dass sie hatte auffliegen lassen, jedoch ohne sie wirklich auffliegen zu lassen (schließlich wusste noch keiner, dass sie der Spion war)? Oder würden jeden Moment die Wachen, die augenblicklich noch sehr friedlich neben dem Tor standen, auf sie zukommen und sie in den Kerker schleifen? Vielleicht hatten sie die echte Dinah Meson getroffen und wussten deshalb, dass sie eine Fälschung war. Vielleicht warteten sie nur auf den richtigen Moment, um sie zu überführen.
    Oder vielleicht war sie einfach paranoid.



    Re: Narya - 5 years ago

    Nightmare - 07.03.2012, 17:45


    Nachdem Saeth also die bücher weggestellt und Dinah sich zuvor mit einem "Bis gleich" verabschiedet hatte, machte auch er sich auf den Weg zu seinem Zimmer, um sich dort wärmere Kleidung zu holen. Er entschied sich für einen dunkelroten Umhang und tauschte die schwarzen Halbschuhe gegen ein Paar brauner Lederstiefel. Ein Blick auf seine Taschenuhr sagte ihm, dass er die Zeit gut eingeschätzt hatte und somit sehr pünktlich am Haupttor ankommen würde.
    Dort wartete Dinah schon auf ihn. Sie hatte sich ebenfalls einen Umhang übergeworfen und saß nun auf dem Sockel der einen Löwenstatue, die das Tor schmückten. Den Kopf in die Hände gestützt, den Blick nachdenklich in die Ferne gerichtet. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie gar nicht bemerkte, wie er an sie heran trat.
    Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken, legte er dem Mädchen eine Hand auf die Schulter, woraufhin Dinah zusammen zuckte und sich umdrehte. Für einen Moment meinte Saeth, soetwas wie Furcht in ihren Augen zu erkennen, glaubte aber bereits im nächsten Augenblick, als die Blondhaarige ihn lächelnd ansah, sich geirrt zu haben.
    "Tut mir Leid, ich wollte dich nicht erschrecken", bemerkte er, ebenfalls mit einem Lächeln. "Wir können dann los."
    Er zog seine Hand zurück - etwas merkwürdig, dass sie so heftig reagiert hatte - und ging die Stufen hinunter zu dem Weg, der vom Schloss weg in Richtung der Stadt führte. Dinah folgte ihm, hielt sich dabei aber immer auf Distanz.
    "Darf ich fragen, worüber du nachgedacht hast?", fragte er nach einigen Schritten in einem unbefangenen Ton.
    "Du hast so ernst ausgesehen, als du da auf mich gewartet hast."



    Re: Narya - 5 years ago

    Daydream - 07.03.2012, 22:13


    Seufzend schloss Sharon für einen Moment die Augen und massierte ihre Schläfen, da sich ein leichter Kopfschmerz bemerkbar machte, dann stützte sie ihren Kinn wieder auf den Händen ab und sagte sich, dass sie sich ernsthaft keine Sorgen machen musste. Das war allerdings leichter gesagt als getan, denn in Wirklichkeit fingen ihre Augen an, immer wieder zu den Wachen herüber zu huschen, während sie versuchte dem Drang zu widerstehen, nach den Messern zu tasten, die sie unter ihrer Kleidung versteckt hatte.
    Was für ein spektakuläres Ende das für mich wäre, dachte Sharon, während sie konzentriert woanders hinschaute als zu den Wachen und sämtliche Nervosität aus ihrem Gesichtsausdruck verbannte. Geschnappt und hingerichtet bei erster Möglichkeit und ohne etwas erreicht zu…
    Eine Hand griff nach ihrer Schulter.
    Sharon unterdrückte einen Aufschrei und fuhr herum, bereit, ihren Angreifer außer Gefecht zu setzen und wie der Teufel zu rennen, bis sie realisierte, dass sie überhaupt nicht angegriffen wurde. Es war Saeth, der sich ihr unbemerkt genähert hatte und sie nun ein wenig überrascht ansah.
    Schnell zauberte Sharon ein einstudiertes Lächeln auf ihr Gesicht, welches ihr Vorgesetzter erwiderte, während er sich dafür entschuldigte, sie erschreckt zu haben.
    „Ist schon gut“, murmelte Sharon, gespielt verlegen – wobei es ihr tatsächlich ganz schön peinlich war, Saeth überhaupt nicht bemerkt zu haben –, stand auf, rückte ihre Umhängetasche zurecht und folgte ihm die Stufen hinunter und auf den Weg, der in Richtung Stadt führte.
    Kurz erlaubte sie sich, sich zu entspannen und die Tatsache zu genießen, unter freiem Himmel zu sein – bis Saeth wissen wollte, worüber sie nachgedacht hatte. Sie konnte wirklich nicht einfach mal eine Pause bekommen.
    „Hmm…“, machte sie zögerlich, um etwas Zeit zu schinden und sich eine Geschichte aus den Fingern zu saugen. Schließlich hob sie den Blick vom Weg, um ihn stattdessen in Richtung ihres Begleiters zu wenden. „Ich habe heute einen Brief bekommen. Mein kleiner Bruder ist krank und ich mache mir ein wenig Sorgen um ihn – er ist oft krank“, log sie, da sie wusste, dass Dinah gleich zwei jüngere Brüder hatte, auch wenn sie keine Ahnung über deren Gesundheitszustand hatte. „Ich reagiere wahrscheinlich über, aber es ist das erste Mal, dass ich mich nicht um ihn kümmern kann, darum…“
    Sie ließ den Satz bedeutungsvoll ausklingen und zuckte mit den Schultern, insgeheim ein wenig stolz auf sich.



    Re: Narya - 5 years ago

    Nightmare - 15.03.2012, 03:57


    "Oh", entgegnete Saeth auf Dinahs Erklärung hin. Ihr kleiner Bruder also... Das erklärte wirklich, weshalb sie so in Gedanken gewesen war. Levin war auch immer sehr besorgt gewesen, wenn er sich, wie schon so oft, eine Krankheit zugezogen hatte. Glücklicherweise war sein großer Bruder immer da gewesen, um sich um ihn zu kümmern.
    "Das ist natürlich verständlich. Es ist bestimmt nicht leicht für dich, jetzt ganz allein und getrennt von deiner Familie zu leben, hmm? Vermisst du sie sehr?", fragte er in einem ruhigen, leicht besorgten Ton.
    Saeth musste daran denken, wie er zusammen mit Levin nach dem Tod ihrer Mutter sein Zuhause verlassen hatte und in dieses Schloss gekommen war. Anfangs war er vollkommen verstört gewesen und hatte nichts anderes gewollt, als zurück in ihr altes Haus zu ziehen. Doch mit der Zeit hatte er sich an das Leben auf dem Schloss gewöhnt, sogar Gefallen daran gefunden. Mittlerweile betrachtete er es als sein Zuhause.
    Wie es Dinah dabei wohl gehen musste? Sie war zwar schon fast erwachsen, aber es musste dennoch ein großer Schritt für sie sein, sich von ihrer Familie zu trennen und nun ein eigenes Leben zu führen.
    Ihr Weg führte sie nun langsam vom Schloss weg in einen kleinen Wald hinein, durch den sich ein recht schmaler Weg schlängelte, gerade breit genug, damit eine Kutsche darauf fahren konnte.
    Früher hatte er hier oft gespielt oder trainiert, aber in den letzten Jahren waren immer mehr Gerüchte über Räuberbanden in Umlauf gekommen, welche desöfteren Reisende überfallen sollten. Wie viel an diesen Gerüchten wirklich dran war, wusste der Bibliothekat nicht, aber er hatte erst neulich dem Sohn des Gärtners verboten, alleine in den Wald zu gehen. Doch wie er den kleinen kannte, hatte er sich vermutlich nicht an das Verbot gehalten - umso froher war Saeth, als er ihn am nächsten Tag gesund und munter in einem Teil des Schlossgartens hatte spielen sehen.
    Unbewusst tastete Saeth nach dem Schwert unter seinem Mantel. In seiner Kindheit hatte er seine Waffe ständig mit sich herum getragen, weil er sich damals ziemlich toll damit gefühlt hatte, wie ein erwachsener, starker Kriegsheld. Diese Angewohnheit hatte er bis heute beibehalten, zumindest, wenn er allein das Schloss verließ. Nur, dass er das jetzt nicht mehr ganz so auffällig tat.
    Falls irgendetwas passieren würde, war er also immer bereit, sich zu wehren.



    Re: Narya - 5 years ago

    Daydream - 27.05.2012, 19:18


    Wie Sharon erwartet hatte, sprang Saeth auf ihre Lüge an und schien sogleich voller verständnisvollem Mitgefühl zu sein. Wenn sie so darüber nachdachte, wusste sie auch nicht so viel über seinen Hintergrund – möglicherweise konnte er sich tatsächlich gut in ihre Geschichte hineinversetzen. Oder er war einer dieser Leute, die gut darin waren, sich die Probleme anderer Leute anzuhören und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass sie sich besser fühlten.
    Aber wie auch immer – Saeth hatte eine Frage gestellt. Der paranoide Teil ihres Bewusstseins bemerkte außerdem, dass er nach etwas unter seinem Mantel tastete, an einer Stelle, wo sie bei einer anderen Person als einem Bibliothekaren ein Schwert vermutet hätte. Sehr merkwürdg.
    „Ja, ich vermisse sie sehr. Die ersten Tage ist es mir noch gar nicht aufgefallen, weil ich viel zu sehr damit beschäftigt war, mich überall zurechtzufinden, aber inzwischen schon“, sagte Sharon, diesmal, zu ihrer eigenen Überraschung, sogar wahrheitsgemäß. Natürlich sprach sie nicht von der Familie, von der Saeth dachte, dass sie sprach, sondern vom Bund der Adler, den Menschen, die zwar nicht ihre Blutsverwandten waren, aber doch ihre Familie in all dem, was zählte. So, wie auch ihr Ziehvater ebenso gut ihr wirklicher Vater hätte sein können.
    Sharon schüttelte diese Gedanken ab – sie wollte nicht in die bittere Stimmung verfallen, die sie stets überkam, wenn sie über den frühzeitigen Tod ihres Vaters nachdachte – und folgte Saeth weiter den sich nun durch den Wald schlängelnden Pfad entlang. Je weiter sie gingen, desto mehr entspannte sie sich, fühlte sie sich doch im Wald sehr Zuhause. Wenn Saeth dies auffiel, schrieb er dies jedoch vermutlich eher ihrem Gespräch zu, das erst weiterhin von ‚Dinahs‘ imaginärer Familie handelte und bald darauf in andere Gefilde (größtenteils den typischen Schloss-Klatsch) abdriftete.
    Nach einer Weile, die Sonne war inzwischen fast komplett untergegangen, lichteten die Bäume sich wieder und Merion breitete sich vor ihnen aus. Die kleine Stadt hatte sich auf zwei Seiten eines Flusses angesiedelt und ging zu den drei Seiten, die nicht von Wald besetzt waren, in einige Bauernhöfe über, von deren Feldern gerade viele mit schwerem Gerät beladene Männer zurückkehrten, während aus den Schornsteinen schon der Rauch der Kochfeuer einladend emporstieg. Es war ein sehr idyllisches Bild, schließlich besaß Merion nicht einmal eine Stadtmauer. Sie gehörte zwar zum Herrschaftsgebiet der Alieras, dem Herzen Naryas, war aber doch so abgelegen, dass man beim besten Willen nicht mit Angreifern rechnen musste – davon einmal abgesehen, dass es in Narya so lange keinen Krieg mehr gegeben hatte, dass niemand sich mehr an den letzten erinnern konnte. Die Menschen fühlten sich sicher unter dem Schutz des Adels.
    Sharon unterdrückte ein Geräusch, das ihren Missmut ausdrücken würde, und warf einen fragenden Blick in Richtung ihres Begleiters.



    Re: Narya - 5 years ago

    Nightmare - 25.07.2012, 04:06


    Nach einiger Zeit, es war schon fast komplett dunkel geworden, erreichten sie schließlich Merion. Es war eine sehr offene, freundliche Stadt, deren Grenzen nur schwer auszumachen waren. Zuerst kam man nur an einigen Bauernhöfen vorbei, doch nach und nach war das Land immer dichter besiedelt, und ehe man es sich versah, war man plötzlich im Herzen der kleinen Stadt.
    So erging es auch Saeth ein ums andere mal, wenn er Merion einen Besuch abstattete. Er führte Dinah durch die breiten Straßen vorbei an den hell erleuchteten, steinernen Häusern der Bewohner. Aus einigen hörte man Stimmen, Gelächter, aus einigen auch laut erhobene Stimmen, Eltern, die ihre Kinder zurechtwiesen, und aus wieder anderen drang lediglich das Geräusch klappernden Geschirrs.
    Auf den Straßen begegneten sie nicht mehr vielen Menschen, die meisten hatten sich bereichts in ihre Häuser zurück gezogen. Nur noch vereinzelt sah Saeth hier und da einen einsamen Kneipengänger oder einen Mann, der noch zu später Stunde Heim kehrte.
    Er war oft noch um diese Uhrzeit unterwegs, und doch fand er es immer noch seltsam, durch die Straßen zu gehen und dabei das ganze Leben aus den Häusern um ihn herum wahrzunehmen. Selbst war er aber nur ein Beobachter, der gerade einmal Bruchstücke aus den Geschichten dieser Menschen mitbekam. Es war, als bekäme man eine Auswahl an verschiedensten Erzählungen dargeboten, und falls eine interessant erscheinen sollte, so konnte man stehen bleiben und ihr etwas länger lauschen. Doch man blieb dabei ein Außenstehender, der nicht in der Lage war, ein Teil der Geschichte zu werden.
    Deshalb fühlte er sich immer ein wenig einsam, wenn er durch die Straßen dieser Stadt ging.
    Heute jedoch war Dinah bei ihm, und das änderte die ganze Situation. Heute war er seine eigene kleine Geschichte.
    "Grine wohnt in dieser kleinen Seitengasse hier", erklärte er ihr, während er in eben diese einbog. Sie war deutlich kleiner als die Hauptstraße, auf der sie sich eben noch bewegt hatten. Links und rechts von ihnen waren große, mehrstöckige Häuser aneinander gereiht, sodass nur einige Leuchtkugeln die dunkle Straße erhellten. Vor der Tür zu Grines Wohnung, die am hinteren, linken Ende der Gasse lag, blieb Saeth stehen und drehte sich zu seiner Begleiterin um.
    "So, wir sind da. Hier wohnt Trebby Grine", begann er leise zu sprechen. "Ich möchte dich jedoch warnen, bevor wir reingehen. Grine ist ein etwas ... sonderbarer Mann. Er hasst laute Geräusche - paradoxerweise tendiert er aber dazu, gern selbst einmal laut zu werden, wenn er sich aufregt. Was er recht häufig tut. Außerdem hat er eine Abneigung gegen helles Licht, weshalb es in seiner ganzen Wohnung, die dir vielleicht auch ein wenig seltsam erscheinen mag, ein wenig schummrig ist. Weiterhin ist er ein wenig verschroben, ab und an redet er wirres Zeug und kann dabei recht aufdringlich werden ... Besonders Frauen gegenüber, habe ich mir sagen lassen. Lass dich also nicht von ihm einschüchtern, ja? Und erschrick nicht, wenn du ihn siehst. Er ist ein wenig entstellt. Aber er ist ein ganz hervorragender Buchbinder, der beste, den ich kenne. Und wenn man mit seiner Art zurecht kommt, ist er ein ganz netter Kerl. Also -", er legte Dinah aufmunternd eine Hand auf die Schulter, "mach dir am besten selbst ein Bild von ihm."
    Mit diesen Worten kloptfte Saeth an die hölzerne Tür. Es dauerte eine Weile, dann vernahm er Geräusche aus der Wohnung, und schließlich ging die Tür einen Spalt auf, sodass man aus der Dunkelheit dahinter die Gestalt eines kleinen, gebückten Mannes ausmachen konnte.
    "Hally, Trebby. Ich bin es, Saeth; das hier neben mir ist meine neue Gehilfin Dinah. Wir möchten gerne ein paar Bücher zur Reperatur vorbei bringen... Wenn wir vielleicht herein kommen dürfen?"
    Ein leises Brummen erklang, woraufhin sich die Tür ganz öffnete und ein alter, etwas dicklicher Mann vor ihnen stand. Sein Haar war ergraut und bedeckte längst nicht mehr seinen ganzen Kopf, die Haut war faltig und mit Altersflecken übersäht und auch seine Kleidung schien alt und ausgedient. Die knochigen Hände ruhten auf einem Gehstock, der dem Mann dabei half, sein Gewicht auszubalancieren. Alles in allem wirkte er wie ein normaler, älterer Herr. Wäre da nicht sein Gesicht gewesen, dessen linke Hälfte von wulstigen Narbengebilden überzogen war, die bis hinunter an seinen Hals und hoch bis in sein Haar reichten. Sie verdeckten auch sein linkes Auge, welches zu öffnen er nicht mehr imstande war. Sein rechtes jedoch strahlte in einem kräftigen Blau und fixierte erst Saeth, dann Dinah.
    "Tut euch keinen Zwang an", sagte er in einer ruhigen, tiefen Stimme und trat einen Schritt zur Seite.
    "Aber erzähl mir nicht, der Herzog hat schon wieder ausversehen ein Buch herunterfallen lassen", murmelte er, während Saeth, gefolgt von Dinah in das Haus trat.
    "Jedes Mal, wenn ich das höre, könnte ich AUSRASTEN!" Beim letzten Wort erhob er plötzlich seine Stimme, sodass Saeth unmerklich zusammenzuckte, obwohl er diese Art des Buchbinders bereits kannte. Hoffentlich hatte Dinah sich nicht zu sehr erschrocken.
    Ja, das war Trebby Grine.



    Re: Narya - 5 years ago

    Daydream - 18.10.2013, 12:17


    Nach Saeths Beschreibung des Buchbinders war Sharon zugegeben ein wenig skeptisch – und als er dann leibhaftig vor ihr stand, war sie noch ein wenig skeptischer.
    Es war nicht einmal das entstellte Gesicht, das sie störte, vielmehr strahlte Grine eine solche Verschrobenheit aus, dass es ihr auch sofort aufgefallen wäre, hätte man sie nicht vorgewarnt. Und nicht nur er. Wie Saeth gesagt hatte, waren alle Vorhänge zugezogen, so dass im Haus überall Dämmerlicht herrschte, einmal abgesehen von der einzelnen Lichtkugel im Arbeitsbereich – doch selbst diese schien eher schwach zu leuchten.
    Außerdem war offensichtlich, dass hier eine penible Ordnung gehalten wurde, denn nicht nur war alles sauber und aufgeräumt, sondern sämtliche Möbel und Gegenstände waren parallel oder im rechten Winkel zueinander aufgestellt.
    Sharon erlaubte es sich etwas zu starren, da sie fand, dass dies durchaus nicht aus Dinahs Charakter herausfiel, während Saeth sich mit Grine unterhielt… und bis Grine auf einmal „…AUSRASTEN!“ brüllte.
    Sie hätte es niemals zugegeben, aber vor Schreck hätte sie das Buch beinahe ein zweites Mal fallen lassen, als ihre Hand reflexartig zu dem Messer zuckte, das sie im Ärmel versteckt hatte. Dann musste sie sich zusammenreißen, um Grine den schweren Schinken nicht um die Ohren zu hauen.
    Sie räusperte sich, und wich der Frage, wer das Buch beschädigt hatte, ‚unauffällig‘ aus.
    „Hier ist es jedenfalls“, sagte sie, obwohl sie im Nachhinein vermutete, dass der halbe Satz im plötzlichen lauten Regenprasseln untergegangen war. Sie hatte keine Ahnung, wann Wollen aufgezogen waren, aber es musste sehr schnell gegangen sein. Und ob er es verstanden hatte oder nicht, der alte Mann riss ihr das Buch sofort aus der Hand, um es zu begutachten, wobei er ein paar sehr merkwürdige Grimassen zog und unverständlich vor sich hinmurmelte.
    Ob er mit sich selbst, mit ihnen oder mit dem Buch redete, war fraglich.



    Re: Narya - 5 years ago

    Nightmare - 05.01.2014, 01:14


    Lächelnd schüttelte Saeth den Kopf, als Trebby Grine grummelnd mit dem Buch, welches Dinah ihm soeben gegeben hatte, in einem Nebenzimmer verschwand. Seine Gehilfin schien zwar überrascht, aber nicht über die Maßen verstört – gut so, denn sie würde sich mit ihm arrangieren müssen. Als er das Regenprasseln hörte, seufzte er und trat zum Fenster. Ein kurzer Blick durch die zugezogenen Vorhänge bestätigte ihm, dass sie ihren Aufenthalt bei dem Buchbinder wohl etwas verlängern mussten.
    „Komm mit, wir warten hier, bis der Regen aufgehört hat“, sagte er zu Dinah und führte sie in Trebbys Küche. Genau wie der Rest der Wohnung war auch diese ausgesprochen sauber, dafür aber auch ziemlich dunkel. „Setz dich“, sagte Saeth und nickte zu einem der hölzernen Stühle, die um den rechteckigen Küchentisch herum standen. „Und pass' auf, nichts irgendwie zu bewegen.“
    Dann ging er zu einem der Schränke, holte drei Weingläser heraus und stellte sie auf den Tisch. Aus einem weiteren Schrank wählte er aus Trebbys Sammlung (welche er nicht selten um ein oder zwei edle Tropfen bereicherte) einen einfachen Wein aus.
    Als der Buchbinder zu ihnen in den Raum trat, saß er bereits mit seinem Glas am Tisch und lächelte ihm aufmunternd zu.
    „Also, wie geht es dir? Viel zu tun in letzter Zeit? Und spar dir den Blick in die Schränke, es ist alles an seinem Platz.“
    Trebby sah natürlich trotzdem nach, rückte die Gläser noch einmal zurecht und brummte ein wenig in sich hinein, bevor er sich endlich zu ihnen an den Tisch setzte – beunruhigend nah zu Dinah. Die Gerüchte, was sein Verhalten gegenüber Frauen betraf, schienen wahr zu sein. Saeth hoffte sehr, dass er nichts weiter versuchte.
    „Die Aufträge werden immer weniger“, antwortete Grine schließlich mürisch. „Keiner hat mehr Geld für Bücher übrig. Außer euch natürlich.“
    Saeth wusste, dass er das nicht böse meinte, und doch war der leicht abfällige Ton in seiner Stimme nicht zu überhören.
    „Aber du kommst trotzdem zurecht, wie ich dich kenne, oder?“, fragte der Bibliothekar und nippte an seinem Wein.
    „Irgendwie geht’s immer weiter“, kam es zurück. Trebby hatte schon jetzt sein erstes Glas ausgetrunken und war gerade dabei, sich ein zweites einzuschenken.
    Das konnte noch ein lustiger Abend werden.



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