Interview mit Stephan Chrzescinski

fontana bis Vethake
Verfügbare Informationen zu "Interview mit Stephan Chrzescinski"

  • Qualität des Beitrags: 0 Sterne
  • Beteiligte Poster: Jaxx
  • Forum: fontana bis Vethake
  • Forenbeschreibung: Kinderhörspiel-Produktionen aus dem Hause "fontana"
  • aus dem Unterforum: Interviews
  • Antworten: 1
  • Forum gestartet am: Mittwoch 09.02.2005
  • Sprache: deutsch
  • Link zum Originaltopic: Interview mit Stephan Chrzescinski
  • Letzte Antwort: vor 19 Jahren, 2 Monaten, 19 Tagen, 2 Stunden, 53 Minuten
  • Alle Beiträge und Antworten zu "Interview mit Stephan Chrzescinski"

    Re: Interview mit Stephan Chrzescinski

    Jaxx - 14.02.2005, 21:36

    Interview mit Stephan Chrzescinski


    Kinder achten mehr auf die Geschichte, als auf das Sprechertalent. Zum Glück, sonst würden ja Millionen vorlesender Eltern jeden Abend gnadenlos ausgebuht werden. (Stephan M. Chrzescinski)




    Interview mit Stephan M. Chrzescinski





    Herr Chrzescinski, Sie haben in sehr vielen Hörspielproduktionen als junger Sprecher mitgewirkt. Unter anderem sprachen Sie den Markus Unschlitt in "Der Brandstifter von Tarrafal". Wie alt waren Sie damals und an welche besonderen Eindrücke können Sie sich zurückerinnern?

    Stephan Chrzescinski: Hallo Herr Pahlke, da fängt das Unglück schon an. Ich habe in mehr als 200 Hörspielproduktionen mitgewirkt, und ­ ehrlich gesagt ­ außer der Tatsache, dass ich bei der Tarrafal-Produktion dabei war, habe ich keine Erinnerung mehr daran. Das mag auch daran liegen, dass viele Hörspiele "ge-ixt" werden. So habe
    möglicherweise bei der Produktion weder Herrn Roth noch sonstwen gesehen. Mein damaliges Alter lässt sich ausrechnen, wenn man das Erscheinungsdatum kennt. Ich bin Jahrgang 1963.



    Aber die Regisseure, Wolfgang Buresch und Hans-Joachim Herwald, waren bei den Aufnahmen dabei. Was können Sie zu den beiden Herren sagen? Wie empfanden Sie als 15-jähriges Kind die Zusammenarbeit?

    Stephan Chrzescinski: Wolfgang Buresch, der ja wohl auch beim NDR beschäftigt war, mochte ich sehrgern. Er konnte sehr gut mit Kindern umgehen. Ein sympathischer Mensch. Mit Achim Herwald hatte ich über noch längere Zeit Kontakt. Ein witziger Kerl, mit dem die Arbeit wirklich Spaß machte. Sicher wissen Sie, dass er
    heute ein eigenes Studio bei Hamburg hat (Rabbit Studios). Dort werden Filme synchronisiert und Hörspiele produziert. Tatsächlich habe bei ihm, wenn auch nicht unter seiner Regie, letztes Jahr ein paar Takes für einen japanischen Trickfilm gesprochen



    Genau, dass Rabbit Studio in Bönnigstedt. Ein gemütliches Studio mit Flair. Sie schreiben, dass Herr Buresch sehr gut mit Kindern umgehen konnte. Gab es auch Regisseure, die Sie weniger gerne mochten?

    Stephan Chrzescinski: Sicher gab es die. Es waren zum Glück nicht viele. Genau genommen fallen mir nur zwei ein ­ beide traf ich bei Synchronarbeiten. Der eine führte unter anderem Regie bei einigen Sesamstraße-Produktionen, konnte aber überhaupt nicht mit Kindern umgehen und brüllte auch gern mal 7-jährige Mädchen zusammen, dass die Lautsprecher übersteuerten. Der andere war einfach nur unangenehm, weil es sich mit seinen Regieanweisungen dauernd selbst widersprach. Die Namen mag ich aber nicht sagen, es ist schon so wahnsinnig lange her.



    Haben Sie mal mit Kurt Vethake gearbeitet?

    Stephan Chrzescinski: Nein, so weit ich mich erinnern kann, habe ich diesen Herrn nie getroffen.


    In den 80er Jahren spielten Sie auch den Rokkon in der Serie "Masters of the Universe". Somit arbeiteten Sie auch mit Heikedine Körting zusammen. Wie ist/war Ihr Eindruck gegenüber der selbsternannten "Märchenprinzessin"?

    Stephan Chrzescinski: Es gibt wohl kaum jemandem im Bereich Hörspiel, mit dem ich so lange und so oft zu tun hatte, wie mit Heikedine Körting. Ich kenne sie seit 35 Jahren und kann sagen, dass sie sich in dieser Zeit eigentlich überhaupt nicht verändert hat ­ was uneingeschränkt positiv gemeint ist. Heikedine ist eine
    super herzliche, quirlige Person und eine tolle Regisseurin. Darüber hinaus ist sie, meiner Meinung nach, eine toughe aber faire Geschäftsfrau, die genau weiß, was sie will. Ich mag sie sehr.
    Ende der 90er habe ich für sie noch eine kleine Gastrolle in einer ???-Folge gesprochen. Fragen Sie mich jetzt nicht, wie die heißt, ich war jedenfalls eine Art Versicherungsdetektiv.



    Wirken Sie heute noch in Hörspielproduktionen mit oder womit verdienen Sie heute Ihr Geld?

    Stephan Chrzescinski: Bis auf den Spaß & Gelegenheits-Job bei Heikedine Körting habe ich in den letzten Jahren keine Hörspielaktivitäten entfaltet. Mein Geld verdiene ich als Freiberufler mit der Konzeption von
    Werbekampagnen und dem Schreiben von Werbetexten. In diesem Zusammenhang habe ich auch viele Funkspots verfasst und produziert ­ und dabei so einige alte Bekannte aus meiner Sprecherzeit quälen dürfen.



    Mögen Sie ein paar Namen dieser Bekannten nennen?

    Stephan Chrzescinski: Mit dieser Frage habe ich gerechnet.

    Spontan fallen mir da folgende ein:
    Gottfried Kramer (einer meiner absoluten Lieblingskollegen, leider tot)
    Michael Harck
    Peter Lakenmacher
    Christian Stark (Sohn der Horsts)
    Sascha Draeger (Sohn des Wolfgangs)
    Astrid Kollex
    Florian Harloff
    und noch so einige mehr, auf die ich jetzt nicht komme, immerhin mache ich diesen Job ja auch schon über 20 Jahre.



    Gab es – oder haben Sie noch – private Kontakte mit den Kollegen? Anbei: Es muss unendlich interessant gewesen sein, mit der Sprecherlegende "Gottfried Kramer" gearbeitet zu haben.

    Stephan Chrzescinski: Nicht so richtig. Nicht, weil es darunter keine netten Menschen gab. Eher, weil man ja als Kind und Jugendlicher einen etwas eingeschränkten Aktionsradius hat und natürlich noch den "normalen³ Freundeskreis. Und meine Kollegen kamen ja oft aus ganz anderen Teilen Hamburgs. Außerdem traf man sich ja andauernd im Studio. Den längsten und engsten Kontakt hatte ich (und auch meine Eltern) mit meiner "Entdeckerin³ Ingeborg Grunewald (die deutsche Stimme von Katherine Hepburn ­ in den alten Filmen), die damals bei meinem ersten Vorsprechen in der Regie saß. Wir haben uns bis zu ihrem Tod vor ca. 9 Jahren regelmäßig geschrieben und sie war sogar einmal bei uns zu Besuch. Sie war es auch, die mich für Synchronarbeiten nach Berlin und München holte.

    Zu Gottfried Kramer: Er war ein toller Mensch. Wir mochten uns ziemlich und fingen an uns gegenseitig zu "beleidigen" sowie wir uns im Studio über den Weg liefen. Ich habe von seinem Tod auf ganz blöde Weise erfahren, als ich ihn für einen Funkspot buchen wollte. Ein großer Verlust.



    Kommen wir nochmal zu den Produktionen der vergangenen Tage. Was meinen Sie, haben Weckler, Buresch, Vethake und Co. pädagogisch wertvollere Hörspiele produziert als es heute getan wird?

    Stephan Chrzescinski: Diese Frage liest sich ja eigentlich: Waren die Hörspiel früher wertvoller als heute? Das ist für mich schwer zu beurteilen. Aber ich glaube es nicht. Es gab schon immer Hörspiel-Labels mit verschiedenen Qualitätsansprüchen. Fontana ist sicher eines der anspruchsvolleren.

    Kennen Sie übrigens "Als die Autos rückwärts fuhren"? Auch eine Fontana-Produktion. Hat damals den Deutschen Schallplattenpreis bekommen.


    Das Hörspiele fehlt mir leider noch. Wie stehen Sie heute zum Medium "Hörspiel"? Haben Sie Kinder oder Neffen/Nichten, denen Sie auch mal ein Tape schenken?

    Stephan Chrzescinski: Hörspiele sind ein tolles Medium, kein Zweifel. Ich habe zwei Kinder knapp 3 und 5, die eine ganze Kiste mit Hörspielcassetten haben. Ein Großteil der Füllung stammt von älteren Kindern aus Familienkreisen, die dem Hörspielalter entwachsen sind (bevor sie dann irgendwann wieder reinwachsen). Aber natürlich kaufe ich den beiden Mädchen auch hin und wieder ein Band, obwohl es für Kinder kein gutes Medium ist (MD oder Stick wären ideal). Favoriten sind im Moment Connie (Hallo, Achim Herwald!) aber auch Disney-Produktionen wie Arielle, Robin Hood oder Dschungelbuch. Sehr gern gehört sind auch Pippi Langstrumpf und Jim Knopf. Künstlerisch gesehen gibt es eklatante Unterschiede zwischen den einzelnen Produktionen. Aber Kinder rezipieren solche Dinge ganz anders, und ich glaube nicht, dass man ihnen etwas Böses tut, wenn man sie, auf eigenen Wunsch, durchschnittliche Produktionen zu hören gibt. Die achten mehr auf die Geschichte, als auf Sprechertalent. Zum Glück, sonst würden ja Millionen vorlesender Eltern jeden Abend gnadenlos ausgebuht werden.



    Sie sind in einer Generation aufgewachsen, in welcher die Fernsehsender mit ihren Kinderprogrammen noch in den Kinderschuhen steckte. Anfängliche Serien wie "Stoffel und Wolfgang" (ab 1965), "Maxifant und Minifant" (ab 1972) oder "Das feuerrote Spielmobil" (ab 1972) flossen somit in Ihre Kindheit ein. Was sagen Sie zum heutigen Fernsehprogramm für Kinder?

    Stephan Chrzescinski: Das ist gar nicht mal so schlecht. Die Explosion der Kanalzahl, und damit auch der speziellen Kinderkanäle, hat zwar dazu geführt, dass sich auch der, zumindest von Erwachsenen so empfundene, Trash vermehrt hat. Wenn man aber ein bisschen filtert, findet man auf KiKa und Konsorten durchaus sehr gut gemachte Beiträge für Kinder, seien es nun Trickfilme, Puppenspiele oder Tierdokus. Gutes Beispiel ist "OLIs wilde Welt" auf KiKa.



    Wenn Leute über die "gute, alte Zeit" sprechen, was fällt Ihnen dazu ein?

    Stephan Chrzescinski: Dass sich in der Erinnerung so ziemlich alles verklärt. Außerdem kommt es darauf an, wie alt die Leute sind, die "gute, alte Zeit" sagen.



    Was ist das Wichtigste, dass Sie Ihren Kinder mit auf den Weg geben?

    Stephan Chrzescinski: Das Gefühl geliebt zu werden.



    Ein sehr schöner Satz, mit dem ich das Interview gerne schließen möchte. Ich danke Ihnen sehr und freue mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben.



    Hat mir Spaß gemacht.


    Herzliche Grüße
    Stephan M. Chrzescinski


    Mein Dank gilt Stephan M. Chrzescinski, der sich für dieses Interview zur Verfügung gestellt hat. Das Interview wurde via Mail - im freien Dialog - vom 18.01. - 24.01 2005 geführt



    Mit folgendem Code, können Sie den Beitrag ganz bequem auf ihrer Homepage verlinken



    Weitere Beiträge aus dem Forum fontana bis Vethake

    HSV...oh Gott - gepostet von Jaxx am Sonntag 27.08.2006
    Frohe Festtage! - gepostet von Jaxx am Samstag 24.12.2005
    hoerkids-company: Frage an potentielle Käufer - gepostet von Jaxx am Samstag 25.02.2006
    Astrid Lindgren - gepostet von Jaxx am Mittwoch 02.03.2005
    Allabendliches Fernsehritual - gepostet von Jaxx am Mittwoch 19.04.2006
    Perry Rhodan von Lübbe - gepostet von Jaxx am Sonntag 18.02.2007



    Ähnliche Beiträge wie "Interview mit Stephan Chrzescinski"

    Interview mit Bobby aus dem Jahre 2006 - hydra70 (Donnerstag 29.03.2007)
    Interview über SupaRed vom 02/2003 - Sinner (Donnerstag 28.09.2006)
    Interview mit Perttu - alt - korppi (Freitag 29.04.2005)
    Interview mit Roger Rekless - green:eyed (Mittwoch 18.10.2006)
    Frida Lyngstad UK Interview 1982 - Angel585 (Freitag 19.10.2007)
    Blood Hunters - riku11 (Samstag 05.07.2008)
    Interview - saskia (Samstag 27.08.2005)
    Audio Interview mit Gentleman - bigup (Dienstag 28.08.2007)
    Bruce Lee Interview - Lugal Zagesi (Dienstag 23.08.2005)
    Interview in Frankreich mit N7 - Soul-Lady (Freitag 23.02.2007)