Private E-Mail - Nutzung am Arbeitsplatz

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    Re: Private E-Mail - Nutzung am Arbeitsplatz

    Fightdragon - 09.10.2005, 01:20

    Private E-Mail - Nutzung am Arbeitsplatz
    1. Einleitung

    Viele Mitarbeiter in Unternehmen haben heute vom betrieblichen Arbeitsplatz aus Zugang zum Internet und damit auch die Möglichkeit einer privaten Kommunikation per E-Mail. Die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang dieses Kommunikationsmittel zu privaten Zwecken genutzt werden darf, kann in einem Arbeitsvertrag geregelt werden. Dies ist allerdings zumeist (noch) nicht der Fall. Auch sonst bestehen in vielen Fällen weder ausdrücklichen Weisungen des Arbeitgebers noch Betriebsvereinbarungen.


    2. Verbot der privaten E-Mail-Nutzung

    Wenn und soweit im Arbeitsvertrag nichts geregelt ist, muss für eine rechtliche Beuruteilung der Möglichkeiten und Grenzen privater E-Mail-Nutzung auf allgemeine arbeitsrechtliche Grundsätze zurück gegriffen werden. Auszugehen ist vom Zweck des Arbeitsverhältnisses. Geschuldet wird die Erbringung von Arbeitsleistung gegen Zahlung von Entgelt. Die Art und Weise der Arbeitsleistung bestimmt der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts (Weisungsrechts).

    Dieses Weisungsrecht kann zwar Einschränkungen aufgrund der arbeitsvertraglichen Stellenbeschreibung oder aufgrund allgemeiner Grundsätze unterliegen. Unbestritten - und selbstverständlich - ist aber, dass der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts berechtigt ist, die Leistung des Arbeitnehmers zu überwachen und davon Kenntnis zu nehmen, in welcher Art und Weise der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt. Das Direktionsrecht beinhaltet darüber hinaus auch das Recht, sich den Inhalt geschäftlicher E-Mails zeigen zu lassen oder ein generelles Verbot privater E-Mail - Kommunikation aussprechen. Dies kann z.B. in Form einer Rund - E - Mail oder eines Aushangs geschehen. Wohlgemerkt ist also keine Änderungskündigung oder arbeitsvertragliche Zusatzvereinbarung notwendig, wenngleich eine solche auch nicht schadet.

    Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat (soweit vorhanden) auch ein Mitbestimmungsrecht bei der Regelung von Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Davon umfasst ist auch der Umgang mit privaten E-Mails. Der Arbeitgeber muss sich in dieser Frage also mit dem Betriebsrat abstimmen und eine Betriebsvereinbarung schließen. Im Falle einer Nichteinigung entscheidet die betriebliche Einigungsstelle (§ 76 BetrVG). Wenn die Überwachung des Arbeitnehmers über technische Einrichtungen geschieht, hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG darüber hinaus ein Mitbestimmungsrecht bei der Einrichtung und Anwendung solcher Einrichtungen. Entscheidend ist die objektive Eignung der Anlage zur Kontrolle, nicht die tatsächliche Absicht oder Handhabung des Arbeitgebers. Hier hat der Betriebsrat das Recht zur Erzwingung einer Betriebsvereinbarung. Betriebsräte können in Betrieben mit mindestens fünf (Vollzeit-) Beschäftigten gebildet werden. Eine Pflicht zur Bildung eines Betriebsrats besteht allerdings nicht.


    3. Abmahnerfordernis

    Der Arbeitnehmer, der gegen das Verbot aus einer Einzelanweisung oder Betriebsvereinbarung verstößt, kann abgemahnt werden. Bei wiederholtem Verstoß ist eine fristlose Kündigung möglich. Alternativ dazu kann der Arbeitgeber auch eine ordentliche (d.h. an den gesetzlichen oder arbeitsvertraglichen Fristen orientierte) verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Es handelt sich dann zumeist um eine sozial gerechtfertigte Kündigung, gegen die sich der Arbeitnehmer nicht unter Verweis auf die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) zur Wehr setzen kann. Allerdings ist hier Vorsicht vor pauschalen Aussagen geboten. Letztlich trifft ein Arbeitsgericht seine Entscheidung auf der Grundlage der konkreten Gesamtumstände des jeweiligen Falles.

    Das vorherige Abmahnerfordernis ist nur ausnahmsweise entbehrlich. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Arbeitnehmer zu erkennen gibt, dass er nicht willig ist, sich vertragsgetreu zu verhalten, indem er selbst kund tut, dass er wieder Vertragsverletzungen begehen wird (vgl. Erfurter Kommentar, Ascheid, Rdnr. 336 zu § 1 KSchG). Ferner gilt eine Abmahnung dann als entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer weiß oder wissen muss, dass der Arbeitgeber das gerügte Verhalten unter keinen Umständen hinnehmen wird; hierzu gehören schwerwiegende und insbesondere vorsätzliche Vertragsverstöße in allen Bereichen (vgl. ArbG Frankfurt/Main, Urteil vom 20.3.2001 (5 Ca 4459/00). Ebenso verlangt ein "hartnäckiges" und "uneinsichtiges" Verhalten vor einer Kündigung nicht deren Androhung, denn der Arbeitnehmer zeigt durch ein solches Verhalten seine Unwilligkeit, sich ändern zu wollen. In diesem Zusammenhang kommen schwere Beleidigungen, Verleumdungen und Tätlichkeiten in Betracht (vgl. Erfurter Kommentar, Ascheid, Rdnr. 337 zu § 1 KSchG). In bezug auf E-Mail-Nutzung käme hier als Beispiel die Beteiligung des Arbeitnehmers an einer E-Mail-Diskussion über Gewaltverherrlichung oder Kinderpornografie in Betracht. Auch hier entscheiden aber über die Frage des Bestehens eines Abmahnerfordernisses letztlich die Gesamtumstände des jeweiligen Falles. Das ArbG Frankfurt (9 Ca 10256/03) hielt in diesem Sinne auch eine ordentliche Kündigung (ohne Abmahnung) für zulässig, nachdem der Arbeitnehmer trotz entgegen stehenden Verbots des Arbeitgebers insgesamt 261 private E-Mails versandt hatte. Nach Ansicht der Richter hätte dieses Verhalten aufgrund des schwerwiegenden Verstoßes sogar eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt.

    Im oben genannten Fall des ArbG Frankfurt/Main hatte die Arbeitnehmerin in einer großen Anwaltskanzlei einen privaten Kettenbrief an Kolleginnen im Sekretariat weitergeleitet. In der Kanzlei bestand ein generelles Verbot privater Nutzung per schriftlicher Arbeitgeber - Weisung bestand. Zugleich war in dieser Weisung eine fristlose Kündigung bei Nichteinhaltung angedroht worden. Dementsprechend war der Arbeitnehmerin ohne Abmahnung fristlos gekündigt worden. Das Gericht konnte hier nicht erkennen, dass die oben genannten Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung ohne Abmahnung vorliegen, wenn die Arbeitnehmerin, wie im konkreten Fall, eher gedankenlos als absichtlich gehandelt hatte. Auch wurde der Umstand berücksichtigt, dass es sich um einen erstmaligen und auch einmaligen Verstoß handelte. Das Gericht meinte, eine Abmahnung sei erforderlich gewesen, weil die hier vorliegende Störung im Vertrauensbereich auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers beruht und eine Wiederherstellung des Vertrauens noch durchaus erwartet werden kann. Deshalb hätte zunächst eine Abmahnung erfolgen müssen.


    4. Grenzen bei erlaubter oder geduldeter Nutzung

    Auch soweit die private E-Mail-Nutzung vom Arbeitgeber grundsätzlich und ohne konkrete Vorgabe der Nutzungsdauer erlaubt ist, stillschweigend geduldet wird oder allgemein nicht klar geregelt ist, darf der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz nicht in ausschweifendem Umfang privat über E-Mail kommunizieren. Denn private Tätigkeiten gehören nicht zur vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. Bei ausschweifender Nutzung kommt ein Verstoß gegen die vertragliche Treuepflicht (§ 242 BGB) in Betracht (vgl. LAG Niedersachsen NZA-RR 1999, 813, in bezug auf privates Telefonieren). Die Schwelle dürfte hier jedenfalls dann überschritten sein, wenn die Nutzung ein im Unternehmen übliches Maß deutlich übersteigt oder wenn die Nutzung derart ausschweift, dass auch ein vernünftiger Arbeitnehmer nicht damit rechnen kann, dass ein solches Verhalten vom Arbeitgeber noch toleriert wird. Auch hier sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falles zu berücksichtigen. Im Regelfall gilt ein Abmahnerfordernis (vgl. auch LAG Köln, Urteil v. 15.12.2003 - 2 Sa 816/03).


    5. Datenschutzrechtliche Aspekte

    Im Regelfall ist der Arbeitgeber berechtigt, aufgrund seiner betrieblichen Interessen eine Zeit- und Kostenerfassung des E-Mail - Verkehrs im Betrieb durchzuführen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Arbeitgeber die private Nutzung ausdrücklich verboten hat. In der Erfassungsliste kann auch zwischen privaten und geschäftlichen E-Mails unterschieden werden. Der Charakter als privat oder geschäftlich sollte sich aus der Betreffzeile (Subject) ergeben. Hier ist den Arbeitnehmern anzuraten, aussagekräftige Betreff-Texte zu wählen, um dem Arbeitgeber eine Zuordnung nur anhand dieser (Kopf-) Zeile der E-Mail zu ermöglichen.

    Zwar handelt es sich bei einem solchen Vorgehen um das Erheben, Speichern und ggf. Nutzen von personenbezogenen Daten im Sinne von § 3 BDSG und den jeweiligen Spezial-Datenschutzgesetzen (z.B. TDDSG). Die Verarbeitung und Nutzung solcher Daten ist nur zulässig, soweit das Gesetz oder eine "andere Rechtsvorschrift" (§ 4 BDSG) dies erlaubt oder der Betroffene einwilligt. Zudem muss die Abwägung der gegenseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien zugunsten der Erfassung durch den Arbeitgeber ausfallen. Davon kann man im Regelfall ausgehen. Mittels einer Betriebsvereinbarung können die Grundsätze der Datenverarbeitung zur Kontrolle des E-Mail-Verkehrs genau geregelt werden (vgl. § 4 BDSG).

    Dagegen ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht berechtigt, private E-Mails auch zu lesen. Dies gilt auch im Falle einer ausdrücklichen Erlaubnis betreffend privater E-Mail-Kommunikation. Eine Ausnahme wird nur bei Vorliegen eines weit überwiegenden Arbeitgeberinteresse gemacht werden können, z.B. bei Virengefahr oder einem Verdacht auf Verrat von Geschäftsgeheimnissen.


    6. Telekommunikationsrechtliche Aspekte

    Fraglich ist, ob die Erhebung von gegen das Grundrecht auf Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 Abs. 1 GG verstößt. Das Grundrecht schützt nicht nur den Inhalt des privaten oder geschäftlichen Ferngesprächs, sondern auch die näheren Umstände. Dazu gehören auch Daten, die den Umfang, die Zeitdauer oder die Zielnummer eines Telefongesprächs dokumentieren.

    Allerdings schützt es lediglich den Einzelnen vor Eingriffen staatlicher Stellen. Es entfaltet dagegen keine unmittelbare Drittwirkung im geschäftlichen oder privaten Rechtsverkehr zwischen Privaten. Das entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Für den Bereich der E-Mail-Kommunikation sind die Ansichten hierzu geteilt. Ein Teil der Literatur geht von einer Anwendung des in § 85 TKG geregelten Fernmeldegeheimnisses auf private E-Mails aus. Dann wären dem Arbeitgeber nur Kontrollen möglich, die notwendig sind, um Störungen zu beseitigen oder den geregelten Ablauf der Kommunikation sicherzustellen. Betroffen sind also äußere Kontrollen. Das Lesen selbst würde unter den Straftatbestand des § 202a StGB fallen.

    Soweit eine Anwendung des § 85 TKG verneint wird, unterliegen Regelungen über die Telefondatenerfassung der Regelungsautonomie der Parteien einer Betriebsvereinbarung. Sie stellen keinen Verstoß gegen die Grundsätze des allgemeinen Persönlichkeitsschutzes der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis dar.


    7. Reformpläne

    Das von der Bundesregierung im Herbst 2000 vorgestellte und für 2001 geplante "Arbeitnehmer - Datenschutzgesetz", wonach Arbeitnehmer berechtigt sein sollen, an ihrem Arbeitsplatz im Internet zu surfen und private E-Mails zu verschicken, hat das Entwurfsstadium bislang nicht verlassen. Allerdings würde das "private Surf- und E-Mail Recht" nicht schrankenlos gelten, sondern könnte durch arbeits- oder tarifvertragliche Regelung eingeschränkt werden. Die Kosten der privaten Nutzung können danach dem Arbeitnehmer auferlegt werden. Damit würde es auch zulässig sein, die Verbindungsdaten zur Ermittlung und Abrechnung dieser Kosten zu erheben.

    Weiter dürfen Arbeitgeber nach der Entwurfsfassung nicht die Inhalte privater E-Mails lesen. Sie dürfen auch nicht überwachen, welche Internet - Seiten von den Arbeitnehmern aufgerufen werden. Einschränkungen soll es im Falle strafrechtlicher Ermittlungen gegen den Arbeitnehmer oder bei Vorliegen eines "schwerwiegenden Verdachts auf missbräuchliche Nutzung" geben. Globalauswertungen aller abgerufenen Seiten im Unternehmen soll es geben dürfen. Dies dürfte jedoch bei kleinen Firmen problematisch sein. Den Zugang zu einzelnen Webseiten darf der Arbeitgeber sperren.



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