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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 08:34 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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(Ich hab die Beiträge mal geteilt, nachdem sich das Thema vertieft hat. Ursprung war dort. //Julia)

@Inke
Ja, und der Hauslehrer war in einer begünstigten Stellung, weil er über dem übrigen Personal stand und mit den Herrschaften speiste, teilweise die Bibliothek mitbenutzen durfte etc. Allerdings durfte der Hauslehrer (damals) nicht heiraten, zumindest hab ich gelesen, dass sie (wie die Gouvernanten) üblicherweise ledig waren. Wenn eine Gouvernante heiratete musste sie sich also einen Mann suchen, der ihr einen höheren Stand ermöglichte, sonst hätte sie sich eine niedrigere Stellung suchen mussen, selbst die "Hausmamsell" war ja etwas niedriger ... :wink:

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Für 1 Jahr säe einen Samen, für 10 Jahre pflanze einen Baum, für 100 Jahre erziehe einen Menschen. chin. Weisheit


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Verfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 08:34 


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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 08:43 
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Austenbegeistert
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Tja, deswegen weiß ich auch nicht so recht, ob ich das wohl ausprobieren wollte...... :juggle: - wie Pixie schon sagte: bei einer Woche wäre ich vielleicht auch dabei - als Herrschaft versteht sich! ;D

Warum waren Hauslehrer üblicherweise unverheiratet?
Weil sie relativ eng mit den Herrschaften lebten und die keine Ehefrau an den Hacken haben wollten?
:gruebel: Das waren dann ja bei der Berufswahl fast Konsequenzen wie bei einem katholischen Pfarrer...


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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 08:56 
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Matthews spezielle Weinlieferantin
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Wenn ich Caro richtig verstanden habe, waren Hauslehrer/innen standesmäßig zwar über dem Personal, aber unter der Herrschaft. Eine Frau hat ÜBER ihren Stand geheiratet. Das war ok. Aber umgekehrt konnte eine junge Dame von Stand unmöglich ihren Hausleher heiraten. Es hätte für sie einen Abstieg bedeutet. Ein No-go damals!
Aber, Caro, wenn Hauslehrerinnen heiraten konnten, warum nicht auch der Hauslehrer, der sich möglicherweise in ein Stubenmädchen oder die Mamsell verliebt hätte? Evtl. mit Hilfe seiner Herrschaft?

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Schritte wagen im Vertraun auf einen guten Weg, Schritte wagen im Vertraun das letztlich ER mich trägt, Schritte wagen weil im Aufbruch ich nur sehen kann, für mein Leben gibt es einen Plan.
Clemens Bittlinger


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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 09:06 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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@Tina
@Inke
ich habe nicht gesagt, dass sie nie geheiratet haben, aber sie mussten sich dann halt eine andere Stellung suchen. :)
Es war halt nicht vorgesehen Ehepaare zu beschäftigen, die dann einen Haufen Kinder kriegten, ausser es gab genügend kleine Cottages, die man dem Personal zur Verfügung stellen konnte. Aber wie selten war das!
Ein Hauslehrer heiratete allenfalls wenn er eine Erbe erhielt, eine Stellung in einem College, eine eigene Schule aufmachte oder ähnliches, denn er verdiente sonst zu wenig, um davon eine Familie ordentlich ernähren zu können.

Hauspersonal, wie auch Hauslehrer und Gouvernanten, erhielten Kost und Logis, und der Lohn war mehr ein Taschengeld. Wenn sie heirateten, mussten sie sich eine Wohnung suchen und Miete bezahlen, wodurch sie schlechter gestellt waren, als vorher. :)

Erinnert Ihr euch an "das Haus am Eaton-Place"? Hat jemand vom Personal geheiratet, dann nur, wenn sich die finanziellen Möglichkeiten verbessert hatten (der Kustscher?). Der Butler und die "Mamsell" heiraten auch erst in einem Alter, als nicht mehr zu befürchten steht, dass sie Kinder bekommen ... :D

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 09:35 
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Matthews spezielle Weinlieferantin
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Das finanzielle war halt sehr wichtig damals. Überlebenwichtig!
Mir ging es nur um die Frage, ob Hauslehrer heiraten konnten und -lehrerinnen nicht. Aber wenn sie so wenig verdient haben ist es natürlich verständlich. War es nicht auch so, dass die Kinderfrauen bei ihren Familien blieben?

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 09:45 
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@Tina
es gab wenig Hauslehrerinnen ... :)
Nein, Frauen hatten es nur insofern einfacher, egal aus welcher Stellung und welchem Status, als sie auch nach "oben" heiraten konnten. Für Männer war es viel schwieriger, nach "oben" zu heiraten, wobei sie ja auch einen etwaigen Erbtitel der Frau nicht übernahmen.
Letztens habe ich allerdings gelesen (weiß aber nicht mehr welche Lady das war), dass eine verwitwete Aristokratin einen gröberen Skandal verursachte, als sie den Hauslehrer ihrer über 10 Kinder heiratete! :wink: Durch die Heirat verlor sie dann auch ihren Witwen-Titel.

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Zuletzt geändert von Caro am Dienstag 2. Oktober 2007, 09:53, insgesamt 2-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 09:49 
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Mittellose Frauen wurden dann die Gouvernanten. Oder Kinderfrauen. Halt für die Betreuung der Kinder? Sie hatten ja keinen richtigen Unterricht wie die Jungen. Daran hatte ich jetzt nicht mehr gedacht.

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 10:10 
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Tina hat geschrieben:
War es nicht auch so, dass die Kinderfrauen bei ihren Familien blieben?
Tina hat geschrieben:
Mittellose Frauen wurden dann die Gouvernanten. Oder Kinderfrauen. Halt für die Betreuung der Kinder? Sie hatten ja keinen richtigen Unterricht wie die Jungen. Daran hatte ich jetzt nicht mehr gedacht.


Um ehrlich zu sein, das kann ich mir nicht vorstellen. Ich weiss, es gibt so romantische Darstellungen, von ehemaligen Zöglingen, die ihrer Kinderfrau oder Gouvernante auf ewig dankbar und verbunden sind, aber die Regel war das wohl nicht.

Die Kinderfrau hatte man nur in der ersten Zeit, bis die Kinder laufen konnten, die Gouvernante (als Frau) bis man in ein Internat kam oder heiratete, und keinen Anstandswauwau mehr benötigte. Was hätte man in der Zeit, bis die Zöglinge selbst Kinder bekamen mit dem Personal anstellen sollen? Fürs Rumsitzen weiter bezahlen und ein Zimmer belegen, dass man vermutlich anderweitig brauchte? Ich denke, man hat die Kinderfrau oder Gouvernante bestenfalls innerhalb der Verwandtschaft weiter gegeben.

Emmas Fall liegt hier anders, weil die Mutter ja verstorben war und die Gouvernante hier später als "Mutterersatz" und wohl auch als Gesellschafterin für Mr. Woodhouse fungierte und eine echte Freundin wurde.

Bei den Bertrams gab es die Gouvernante ja auch nicht mehr?! :)

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 10:47 
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Austenbegeistert
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Stimmt, der Unterhalt einer Familie war sicherlich ein Grund, warum Hauslehrer nur heiraten konnten, wenn sie sich finanziell, z.B. durch eine andere Stelle, verbesserten.
Daran hatte ich so gar nicht gedacht-danke für die Infos Caro!

In Kapitel 13 erfahren wir bei Persuasion, dass die Musgroves ihr altes Kindermädchen noch haben, das dann mit nach Lyme fährt, um Louisa zu pflegen. Vielleicht gab es das doch öfter?


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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 11:07 
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Inke hat geschrieben:
In Kapitel 13 erfahren wir bei Persuasion, dass die Musgroves ihr altes Kindermädchen noch haben, das dann mit nach Lyme fährt, um Louisa zu pflegen. Vielleicht gab es das doch öfter?

Das schon, aber jetzt ist sie wohl mehr eine Kammerzofe, kümmert sich um Kleider und Strümpfe. Weiß nicht, ob ihre Stellung jetzt gleich, besser oder schlechter ist, als vorher. :)

*edit*
Ich vermute aber, sie steht sich jetzt schlechter, obwohl die Nächte länger und ruhiger sind :D

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Zuletzt geändert von Caro am Dienstag 2. Oktober 2007, 11:22, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 11:07 
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Genau das meine ich auch gehört zu haben, dass die Kinderfrauen in den Familien blieben. Sei es als Mamsell oder Kinderfrau für das nächste Kind.

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 11:19 
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Tina hat geschrieben:
Genau das meine ich auch gehört zu haben, dass die Kinderfrauen in den Familien blieben. Sei es als Mamsell oder Kinderfrau für das nächste Kind.

Das aber nur, wenn zufällig eine Stelle frei war, die die alte Kinderfrau ausfüllen konnte. Man entliess ja nicht eine gute Kammerzofe, um die alte Kinderfrau zu behalten, zumal ja mehr als 10 Jahre vergehen konnten, bis die Herrschaft "Enkel" bekam und diese ihre ursprüngliche Tätigkeit wieder aufnehmen konnte.

In Großfamilien war das anders. Da konnte es natürlich passieren, dass ein Witwer, der aus erster Ehe schon eine Handvoll Kinder hatte, noch einmal heiratete und Nachwuchs zeugte, und die jüngste Tochter ihm bereits Enkel bescherte! :D

Ob allerdings eine Gouvernante sich zur Kammerzofe abstufen liess? Das bedeutete im Normalfall eine schlechtere Bezahlung und schlechtere Bedingungen :nixweiss:

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 11:32 
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Moment, bei den Musgroves handelt es sich um das Kindermädchen. Und ich glaube nicht, dass die in der Dienstbotenhierarchie so hoch über einer Magd standen, wenn überhaupt.

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 11:45 
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Wenn ich richtig informiert bin, war eine Kinderfrau ausschließlich für die Kinder zuständig, unterstand also direkt der Mamsell und der Herrschaft. Eine Kammerzofe hingegen konnte von der Mamsell (Hausdame, Haushälterin) auch zu anderen Arbeiten herangezogen werden und eine Magd musste von allen Befehle entgegen nehmen, unter Umständen auch Holz oder Kohle anschleppen, also die niedrigsten Arbeiten ausführen. In kleineren Häusern war eine Dienstmagd dann für (fast) alle Arbeiten zuständig. So wie "Hill" bei P&P 2005. Das Tätigkeitsfeld schlug sich auch im Lohn nieder :wink: :guck: oder hier

PS: Ih wußte übrigens auch noch nicht, dass es sogar eine "französische Kammerzofe", bzw. vermutlich eher Kammerdienerin gab ... :lach: :wink:

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 14:18 
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Solange kleine Kinder da waren war sie sicher freigestellt von anderen Arbeiten. Ich glaube aber nicht, dass ihre Stellung mit der einer Gouvernante auch nur ansatzweise zu vergleichen war. Schließlich hielt man Kinder damals für "dumm", bis sie bildungsfähig waren. Nur so ist die damalige Sitte zu erklären, kleine Kinder aus dem Haus zu geben (in allereinfachste Verhältnisse oft), bis sie "aus dem Gröbsten" heraus waren. Und waren die Kleinen dann im Gouvernantenalter, dann war es mit der Sonderstellung der Kinderfrau sicher vorbei.

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 14:31 
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@Sonja
Vermutlich hast Du recht und eine ledige, ehemalige Kinderfrau musste froh sein, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben und ein Auskommen, so dass sie sich auch mit "geringerer" Arbeit zufriedengab, bis es wieder was Kleines zu versorgen galt. :)

Zum Thema Ammen: Ich komm immer noch nicht über die Tasache ninweg, dass so viele Kinder (auch aus der Aristokratie) bei einer Amme auf dem Land verhungerten und in so katastrophalen Verhältnissen untergebracht waren. Man muss sich ja fast wundern, dass trotz hoher Kindersterblichkeit so viele überlebten ... :eek: :tot:

Hier ein Auszug aus dem letzten Text, den ich dazu gelesen habe:

Das 18. Jahrhundert
Aufzeichnungen des Polizeipräfekten Lenoir, 1780 Paris:
- 21 000 Geburten, davon 1000 Kinder von den eigenen Müttern gestillt, 1000 von Hausammen, 19000 von Ammen, die auf dem Land zumeist als Bäuerinnen lebten –. Der Transport der Kinder aufs Land glich Viehtransporten, dicht an dicht in Körben wurden die Kinder auf offenen Karren oder in Sattelkörben auf dem Rücken von Eseln durch die Gegend geschüttelt. Die Säuglingssterblichkeit war hoch. Das führte zu einem Umdenken. Da es in den Städten kaum Frauen gab, die sich als Ammen anboten, entstand ein Markt für einen neuen Berufsstand: die Ammenverdingerin und der Ammenbesorger. Die Ammenverdingerin warb auf dem Land Frauen an und der Ammenbesorger, vermittelte diese in die Stadt, sobald die Ammenverbringerin einen Auftrag für das Stillen eines Säuglings erhalten hatte.

Ludwig der XIV. regelte das Geschäft der Ammen per Erlass. Amme durfte nur sein, wer vom Dorfpriester eine Identitäts- und Moralbescheinigung ausgestellt bekommen hatte. 1769 wurde in Paris ein Hauptamt für Ammenverdingung eingerichtet. Andere Städte in Europa folgten diesem Beispiel: Versailles, Lyon, Stockholm, Hamburg. Bevor eine Amme ihren Job beginnen konnte oder eben nicht, war es üblich, dass ein Arzt die Milch kostete und ein Attest ausstellte:

gekostet und angenommen oder gekostet und abgelehnt

Viele Eltern kümmerten sich bis zum zweiten oder dritten Lebensjahres ihres Kindes nicht ein einziges mal um dessen Wohlergehen, manche kamen nicht einmal zur Beerdigung. Nicht immer steckte Gleichgültigkeit dahinter, denn Frauen wie Männer mussten hart für den Unterhalt ihrer Familie arbeiten. Fürsorge und Erwerbstätigkeit ließ sich in vielen Fällen nicht vereinbaren. Manches Zeugnis über die Sorge der Eltern ist überliefert wie z. B. dieser Brief der Frau eines Pariser Handwerkers an den Bürgermeister des Heimatdorfes ihrer Amme:

„Verzeiht die Belästigung, doch Ihr hört eine Mutter, die in größter Sorge um ihr Kind ist, das am 18. November 1833 einer Amme, einer gewissen Guille, Frau des Holot, wohnhaft in Beaubray, anvertraut wurde. Sie hat am 5. Dezember geschrieben, daß mein Sohn sehr krank sei, und seither sind wir ohne Nachricht. Allmonatlich habe ich ihr Geld an das Amt bezahlt, doch nie hat sie mir den Erhalt bestätigt. Habt die Güte, mir zu antworten, Ihr erwieset damit einer zutiefst beunruhigten Mutter einen großen Dienst.“

Die Hausammen führten ein vergleichsweise sorgenfreies Leben, betrachtet man die reine Oberfläche. Auf die Ernährung der Ammen wurde streng geachtet. So wurde ihnen zartes, junges Fleisch z. B. von Lamm gegeben. Die Speisen durften nicht zu kräftig gewürzt sein. Zwiebeln, Knoblauch, Pfeffer, Minze oder Basilikum durften sie zur Vorbeugung von Blähungen beim Säugling nicht essen. Als milchfördernd galten Kohl, Fenchel, Anis und Kopfsalat. Sie war in der Hierarchie des Personals die Ranghöchste, ihr durfte nicht widersprochen werden aus Angst, dies könnte sich negativ auf ihre Milchbildung auswirken. Doch der Schein trügte. 1904 schrieb der Geburtshelfer Adolphe Pinard: „Sieht man auf den öffentlichen Sparzierwegen eine majestätische und wohlgenährte Amme, die einen Säugling auf dem Arm trägt, so darf man nicht vergessen, dass ihr eigenes armes Kleines oft leidet oder schon gestorben ist.“

Zufüttern
Im Mittelalter wie im 18. Jahrhundert war frühes Zufüttern bei den „Ammen-Kindern“ üblich. Ärzte empfahlen zwischen der 2. Lebenswoche und des. 2. Lebensmonats mit der Beikost zu beginnen. Kriterium für ein gut gedeihendes Kind war sein Gewicht - je fetter, desto gesünder. Ludwig der XIII. bekam beispielsweise seinen ersten Brei im Alter von 4 Wochen: Wasser oder Milch mit gekochtem Brot, manchmal zugesetzt mit Bier oder Wein. Auch Brotsuppe war sehr beliebt. Sie enthielt neben Brot, Butter und Fleischbrühe, manchmal auch Eier. Der Brei wurde vorgekaut, das Kind lutschte ihn vom Finger der Mutter, des Vaters oder der Amme.

Leopold Hugo, geboren 1823, Bruder von Victor, konnte von seiner schwer kranken Mutter nicht gestillt werden. Versuche mit Ammen blieben erfolglos. So besorgte sich die Familie schließlich eine Ziege. Leopold wurde direkt an ihr Euter angelegt und von ihr ernährt.

Eigentlich war Eselsmilch die Ersatzmilch erster Wahl. Nur Esel hatten einen großen Nachteil, sie waren für Städter zu „unhandlich“. Eselsmilch wurde von Ärzten empfohlen, da sie in ihrer Zusammensetzung der Muttermilch am ähnlichsten ist. Neben dem Kinderkrankenhaus der Pariser Fürsorge befand sich im Jahre 1881 ein Eselsstall. Eine Eselin ernährte pro Tag zwei Kinder. Für Waisenkinder, Frühgeburten, ausgesetzte oder syphiliskranke Kinder war die Tiermilch oft die einzige Überlebenschance. Die Kinder lagen im Schoß der Schwestern und saugten vom Euter der Esellinnen.

Ende des 17. Jahrhunderts wurde am englischen Hof statt Muttermilch, Tiermilch favorisiert als beste Säuglingsnahrung überhaupt. Ein Grund dafür war vermutlich der inzwischen schlechte Ruf der Ammen, denen unterstellt wurde, dass sie die ihnen anvertrauten Kinder aus Habgier töteten, z. B. durch absichtliches Erdrücken während der Nacht.

Quelle:Baby, Säugling, Wickelkind – Eine Kulturgeschichte –
Von Beatrice Fontanel, Claire d’Harcoourt
Bildband, Verlag Gerstenberg

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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 18:04 
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Austenbegeistert
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Caro hat geschrieben:
Der Transport der Kinder aufs Land glich Viehtransporten, dicht an dicht in Körben wurden die Kinder auf offenen Karren oder in Sattelkörben auf dem Rücken von Eseln durch die Gegend geschüttelt.


:pale: ...ach du meine Güte.....!!!!!!! Von solchen Zuständen macht man sich echt keinen Begriff......


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BeitragVerfasst: Dienstag 2. Oktober 2007, 19:07 
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@Caro: In Deinem zitierten Abschnitt werden aber die Umstände in Frankreich beschrieben. Sind diese denn mit den englischen zu vergleichen? Ich hab mich mit dem Thema noch nicht so befasst, aber in den Biographien, die ich gelesen habe, klang das alles nicht so dramatisch. Die Kinder wurden zwar zu Ammen weggegeben, waren aber oft im selben Ort wie die Eltern und sahen diese regelmäßig. Und die Aristokratie praktizierte das auch nicht, meines Wissens?!


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BeitragVerfasst: Donnerstag 4. Oktober 2007, 08:55 
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@Julia
Die Verhältnissse waren in ganz Europa überwiegend gleich. In dem text steht ja auch, dass die neue Regelung Ludwigs des XIV von vielen europäischen Hauptstädten übernommen wurden.

Kinder fast aller Schichten (ausser der untersten, die sich keine leisten konnten) wurden so einer Amme übergeben, die um zu überleben oft mehrere Kinder gleichzeitig stillte, wodurch natürlich keines genug Milch bekam. "Hausammen" scheinen relativ selten gewesen zu sein.

Hier ein weiterer Text zu diesem Thema. Die Autorin ist zwar auch Französin, aber es geht hier mehr um Philosophie, Gesellschaft und Moral, nicht nur die französische.:
Gesellschaft ohne Liebe
Badinter beschreibt, dass vor dem 18. Jahrhundert weder eheliche Liebe noch die Liebe zu den Kindern gesellschaftliche Werte sind. Beziehungen innerhalb der Familie waren von Angst bestimmt, nicht von Zärtlichkeit. Das aristotelische Erbe, die christliche Theologie, der politische Absolutismus, sie alle haben zu diesem Gesellschaftsbild beigetragen, in dem der Wert eines Menschenlebens – besonders der des jungen, welches damals noch viel fragiler war als heute – recht gering bemessen war. Kinder machten Angst, oder sie waren eine Last, besonders in armen Schichten. Bestenfalls waren diese Kinder der Gleichgültigkeit ausgesetzt. Weder kamen sie in der Literatur vor, noch gab es vor dem Ende des 19. Jahrhunderts eine eigene Kinderheilkunde. Der Tod der Kinder wurde nicht betrauert, er war zu selbstverständlich. Jedoch reicht diese Einstellung nicht zur Erklärung dieser Gleichgültigkeit aus, denn viele Kinder wären nicht gestorben, wenn sich ihre Mütter mehr um sie gekümmert und sie gestillt hätten. Auch diese Grausamkeit ist ein Aspekt der Muttergefühle, auf die Badinter hinweist. Die Verweigerung des Stillens, die damals oft zum Tod des Babys führte, war der Anfang der Ablehnung der Kinder. Stillen war im 17. Jahrhundert unfein, einer Dame der höheren Gesellschaft nicht würdig, man glaubte – und glaubt teilweise bis heute - dass Stillen die Brust verunstalte und außerdem macht(e) das Stillen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und ein Eheleben unmöglich. Kindern wurde im 17. und 18. Jahrhundert so wenig Aufmerksamkeit geschenkt, dass die gängige Behandlung der unbewussten Abtreibung oder Tötung entsprach. Gleich nach der Geburt kam das Kind für einige Jahre zu einer Amme auf das Land, wo ca. zwei Drittel der Kinder unter den menschenunwürdigen Bedingungen umkam. Die, die überlebten, verbrachten einige Jahre im Elternhaus, bevor sie in ein Kloster oder Pensionat gesteckt wurden. Ungefähr 5 % der Kinder wurden ausgesetzt.

und hier aus einer deutschen Arbeit zur Sexualwissenschaft, Thema "Großfamilie":
Dieses Gefühl der Sicherheit ist es, das heute die Großfamilie so erstrebenswert erscheinen lässt. Historische Studien haben jedoch gezeigt, dass dieses „Miteinander" nicht unbedingt zu wirklicher emotionaler Verbundenheit führte. Die Hauptfunktion des großen Haushalts war ökonomischer Art. Zuneigung und Zärtlichkeit kamen erst an zweiter Stelle. Individuellen Bedürfnissen und Interessen wurde wenig Beachtung geschenkt. Schließlich hatten schon die Eltern nicht aus Liebe geheiratet, sondern aus materiellen, praktischen Gründen. Darüber hinaus war der Status der Frau niedriger als der des Ehemannes, dessen Wünsche und Interessen immer Vorrang hatten. Oft bestand unter den Eheleuten ein erheblicher Altersunterschied, da viele Frauen im Kindbett starben und die Männer sich dann mit jüngeren Partnerinnen wieder verheirateten. Eine gewisse Anzahl von Kindern wurde für wichtig gehalten, die Eltern widmeten ihnen jedoch wenig Zeit. Sie wurden von Ammen oder Dienern großgezogen und früh als Lehrlinge aus dem Haus gegeben. Die Söhne von Adligen wurden dann Pagen anderer Adelsfamilien. Viele Kinder wurden jedoch vernachlässigt, die Säuglings- und Kindersterblichkeit war hoch. So erreichte im frühen 18. Jahrhundert in London nur eines von drei lebend geborenen Kindern das Alter von fünf Jahren. Unter solchen Verhältnissen wurde die Beziehung der Eltern zu ihren Kindern nie besonders eng. Mittelbare oder unmittelbare Kindstötung war nicht selten. Eltern ließen ihre Kinder einfach im Bett ersticken oder übergaben sie Ammen oder Pflegemüttern, von denen man wusste, dass sie die Kinder verhungern ließen oder einfach umbrachten. Selbst der „aufgeklärte" Jean-Jacques Rousseau, der so gefühlvoll über die Unschuld der Kinder schrieb, überließ seine eigenen fünf Kinder einem Waisenhaus. In diesen Institutionen, aus denen sich ein gern gesehener Nachschub an Hauspersonal und Soldaten rekrutierte, lag die Sterblichkeitsrate oft zwischen 80 und 90 Prozent.

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Passt es hier rein?

Ich habe kürzlich eine Abhandlung von Kant gefunden, "Über Pädagogik ". Recht interessant, seine Vorstellungen darüber, was einem Kinde und seiner geistigen und körperlichen Gesundheit zuträglich sei! :guck:

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