Vertrauen

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    Re: Vertrauen

    Aricia - 02.12.2008, 20:47

    Vertrauen
    hallo an alle! ich hatte ja neulich gefragt ob jemand Ollendorf in D hat. Nun ja, hatte niemand, aber in Es ging es dann auch ganz gut. Ich hab da ein Problem mit besagtem Bass, für den ich die Noten gesucht habe.
    Ich mag ihn wirklich sehr, er ist ein ganz toller Typ, kann unheimlich lustig sein, ist ein perfekter charmanter Conferencier, hat 'ne irre Ausstrahlung - ABER: aber meiner Meinung nach singt er nicht gut genug, um wirklich an die Bühne zu kommen. Ich hatte das Glück früher ab und zu mal einige echte Profis zu begleiten, einige von denen haben sogar eine richtig gute Karriere gemacht. Also ich denke ich höre schon, ob einer wirklich professionell singt. Von Gesangstechnik verstehe ich aber leider nichts. Ich kann also nicht sagen, das liegt daran oder daran. Ich höre nur, ob es einer kann oder nicht.
    Dieser Bass vertraut mir unheimlich. Wenn er ein Vorsingen hat, bereitet er es nur mit mir vor. Wenn er z. B. ein Vorsingen heimlich aufgenommen hat, muss ich das anhören und zu jeder Note meine Meinung sagen. Ihm ist das unheimlich wichtig. Er bespricht jede Repertoire-Frage mit mir, usw. Mir ist das eigentlich zu viel Verantwortung. Es gibt nur einen Menschen, dem er noch mehr vertraut, und das ist sein Gesangslehrer. Und den halte ich für einen Scharlatan. Wenn mein Bass bei seinem Lehrer war singt er immer schlechter als vorher. Er hat mich mal mitgenommen, dass ich mir das anhöre, und ich bin heiser geworden vom Zuhören.
    Und er ist so wie ein Guru oder gar Gott für ihn.
    Ich hab ihm tausendmal gesagt, er solle doch mal einen anderen Lehrer ausprobieren. Ich weiss von 3 Lehrern in Berlin, die ich für gut halte. Ich bin selber keine Sängerin, aber mit etwas Abstand kann man vieleicht die Resultate besser beurteilen. Wenn zu einem Lehrer Sänger aus dem Engagement gehen, wenn da Studenten heimlich hingehen, um Probleme zu lösen, die ihre Professoren nicht auf die Reihe kriegen, und wenn die Sänger aus echten gravierenden Krisen wieder rausführen können, dann taugen die was. Das soll nicht heissen, dass jeder dieser 3 jetzt unbedingt zu meinem Bass passt (Schüler und Lehrer müssen auch zueinander passen), und in einer Stadt wie Berlin gibt es sicher noch mehr ausser diesen 3 (aber das sind die einzigen, die ICH kenne, die erfolgreich mit Profis arbeiten).
    Was ist dabei, es wenigstens einmal zu probieren? Am Geld liegt es nicht, die sind nicht ganz billig, aber soweit ich weiss ist sein "Guru" noch ein ganzes Stück teurer.
    Wenn ich ihn in jeder seiner Fragen (Repertoire, wenn er eine Kritik nach einem Vorsingen bekommt, etc) stundenlang oft bis tief in die Nacht beraten soll, dann sollte er doch auch mal auf meinen Rat hören, es mit einem anderen Lehrer zu versuchen! Ich will doch nur sein bestes. Ich kriege doch auch keine Provision von denen, wenn ich einen Schüler empfehle. Ich kenne 2 von denen sowieso nur ganz flüchtig, und den dritten kenne ich auch nicht so richtig gut. Das ist doch nicht mein Interesse. Ich mach es doch für ihn, damit er doch noch mal den Weg an die Bühne findet. Er ist 29, da sollte man eigentlich auch als Bass schon im Engagement sein.
    Aber manchmal denke ich, dass ich mich da auch viel zu sehr in alles hineinhänge. Es ist ja bequem, wenn ich ihm die Noten im Internet suche (und die Bahnverbindung, wenn er ein Vorsingen hat, und die e-mails für ihn schreibe - denn er hat ja nicht mal einen Computer). Ich studiere ihm sein ganzes Repertoire ein, er fragt mich mit jedem Mist, was seinen Gesang angeht, und wenn ich irgendwo mal nicht bescheid weiss, dann hole ich mir den Klavierauszug und lerne das Stück kennen - für ihn, damit er meine geschätzte Meinung sich anhören kann. Aber wenn ich sage, er soll doch mal einen anderen Lehrer ausprobieren, dann kommt null Reaktion.
    Und das verstehe ich nicht. Auf der einen Seite vertraut er mir mehr als mir lieb ist, und auf der anderen dann anscheinend gar nicht.

    Was soll ich tun?

    Küsschen

    Aricia



    Re: Vertrauen

    Principe - 02.12.2008, 21:37


    Liebe Aricia,

    Dein Bass scheint sehr auf seinen 'Guru' fixiert zu sein. Deine Empfehlungen nimmt er vermutlich als gut gemeint hin. Sich selber aber wird er ein Gefühl von Blasphemie haben, wenn er von seinem Meister abweicht. Dies hat man schon gelegentlich mal, wenn der Gesangslehrer der Erste Ausbilder war, den man dann auch für quasi unfehlbar hält.

    Es ist schwer dagegen anzukommen, weil sich da Vieles festgesetzt ud festgefahren hat. Mir scheint ein Weg denkbar: rate ihm doch, seine Stimme mal von einem anderen Gesangslehrer beurteilen zu lassen, und zwar im Rahmen einer (meist kostenlosen) Probestunde. Da kann er dann erfahren, was ihm für die weitere Ausbildung empfohlen wird.

    Eine weitere Möglichkeit wäre die Beteiligung an Gesangswettbewerben, bei denen meist auch eine (kostenlose) Stimmberatung gegeben wird.

    Letztlich bleibt auch noch der Notbehelf über die Verweigerung Deiner Beratungen, wenn er sich nicht einer neutralen Stimmbeurteilung unterzieht (z. B. siehe oben oder an einer örtlichen Musikschule).

    Ciao :big_kaffee Principe



    Re: Vertrauen

    dola - 02.12.2008, 23:33


    Liebe Aricia,

    ich denke, du hast eh schon das Richtige gemacht, indem du ehrlich angesprochen hast, was du zu dem Unterricht, den er erhält, meinst.

    Letztlich muss er wohl selbst draufkommen. ich finde gut, wie du die Sache angegangen bist.

    LG

    dola



    Re: Vertrauen

    gioachino - 03.12.2008, 01:06


    Ich kann mich Principe und Dola nur anschließen : Mehr kannst Du wirklich nicht machen, es sei denn, Du würdest vorsichtig auf Defizite hinweisen, an die sich beide Männer offenbar bereits gewöhnt haben. :roll:
    Bleibt Dein Tieftöner stur, weil er z. B. die Ratschläge seiner Pianistin für inkompetent hält, wird er wohl oder übel auf die Nase fallen und sich später an eben diese fassen müssen !
    Es gibt übrigens genügend Gesanglehrer i n n e n, die sich mit Männerstimmen bestens auskennen - wie auch umgekehrt.....

    Ciao. Gioachino :wink:



    Re: Vertrauen

    melusine - 03.12.2008, 10:33


    Liebe Aricia, das ist nicht leicht, denn Kritik am Gesang und am Guru kann bei etlichen Leuten persönlcihe Verletzungen nach sich ziehen.
    Dein Vorgehen hängt m.E. vor allem auch von der Intensität und Wichtigkeit des persönlichen Verhältnisses ab.
    Je näher man sich steht, und je wichtiger einem das Gegenüber und sein Weiterkommen ist, je eher kann/muss man auch unangenehme Dinge auf den Tisch bringen.
    Eine Freunschaft, die ihren Namen verdient, besteht niemals nur aus Schmeichelei, während eine mehr oder weniger distanzierte Geschäfts-"Bekanntschaft" schon ganz anderen Gesetzen gehorcht.
    Wenn mir jemand relativ gleichgültig ist, ist mir auch letztlich egal, ob er auf meine Ratschläge hört oder nicht.
    Bei echten Herzensfreunden versuche ich natürlich Alles, sie vor "Unheil" zu warnen . Am Ende muss aber jeder seinen eigenen Weg gehen und du kannst einen erwachsenen Mann nciht an der Hand nehmen.
    So weh es manchmal tut, Menschen Fehler machen zu sehen, muss man sie doch gehen lassen, denn ihre Erfahrungen müsen sie letztlich selbst machen.
    Allerdings wûrde ich, insbesodnere, wenn ich gefragt werde, mit meiner Meinung -so wie du- niemals hinterm Berg halten.

    Jemandem, der mch um Rat fragt, nur um des leiben Friedens willen Honig um den Mund schmieren, finde ich feige und verantwortungslos.

    Von daher sehe ich dein beschriebenes Vorgehen auch als gut und richtig an.
    Wie hart oder sanft das formuliert wird/werden muss , hängt dann von den Empfindlichkeiten des Anderen bzw. Deiner Menschenkenntnis ab.

    Mir fiel zu dem Thema sofort auch ein Gespräch mit meinem Korrepetititor ein, das ich mal vor längerer Zeit hatte.
    Er hat eine junge hochbegabte Sängerin in zwei Konzerten begleitet, die sich bei einer falschen Lehrerin schon mit 27 Jahren ihre absolut vielversprechende Stimme zu quasi Wobbel gesungen hat.
    Ich habe ihn gefragt, warum er sie nicht deutlich darauf hingewisen habe und eine bessere Lehrerin empfohlen hat, wie er das bei seinen diversen Schülern in der Korrepetition immer tut.

    Er hat gesagt, sie habe mit ihm von gleich zu gleich diese Konzerte gemacht und da habe er kein Recht, ihr Vorschriften zu machen, während seine Korrep-Schüler ihn bezahlen, um etwas zu lernen und da sei es seine Pflicht, Fehler anzusprechen.
    Finde ich eine interssante Ansicht, über die man natürlich kontrovers diskutieren kann.

    Allerdings konzertiert er nun auch nicht mehr mit der besagten Sängerin. ......
    Als (Konzert-)Pianist musst Du auch hinschauen, wen Du in öffentlichen Konzerten begleiten willst und mit wem Du nur vorbereitend arbeiten willst .
    Es geht da ja auch um Dein eigenes künstlerisches Image.
    Bon courage!

    Melusine



    Re: Vertrauen

    Aricia - 03.12.2008, 20:25


    Vielen, vielen Dank für eure Antworten!!! Mein Bass ist fertig studierter ausgebildeter Opernsänger - aber allein vom Diplom bekommt man ja kein Engagement. Einen Studienplatz zu bekommen und 5 oder 6 Jahre zu studieren und dann eine Diplomprüfung zu singen ist das eine, aber danach auch engagiert zu werden ist eben noch was anderes.
    Das Problem mit ihm ist, dass er ja von sehr vielen Seiten feed-back bekommt, wenn er z. B. Theatern oder Agenturen vorsingt. Und zu diesem feed-back fragt er jedes mal mich, damit ich ihm ein feed-back zum feed-back gebe. Das ist ihm unglaublich wichtig. Nur meinen Rat, wenigstens mal probehalber einem dieser 3 Lehrer vorzusingen, den ignoriert er vollkommen. Was er so an feed-back zu hören bekommt ist durchaus sehr unterschiedlich:
    1 - er ist kein Bass, sondern irgendwas zwischen Bassbariton und Kavalierbariton, ihm fehlen die technischen Möglichkeiten in die Höhe zu kommen
    2 - er ist Bassbuffo und ihm fehlt die Leichtigkeit und Beweglichkeit in der Stimme
    3 - er ist wirklich seriöser Bass, aber sein Klang öffnet sich nicht richtig, weil er zu sehr forciert und dadurch zu eng singt und so unter seinen klanglichen Möglichkeiten bleibt. Deswegen hat er auch nach hohen Tönen Probleme mit der Tiefe.

    Grob gesagt sind das die 3 Haupttendenzen, die er immer wieder hört. Sie widersprechen sich, nur eines kann stimmen, aber alle unterstellen ihm technische Defizite. Und die bemerke ich auch. Ich kann nur nicht sagen, was konkret zu tun ist.

    Küsschen
    eure Aricia



    Re: Vertrauen

    Aricia - 18.12.2008, 21:50


    Da ich zur Zeit nicht in Deutschland bin versuche ich die ganzen Dinge mit etwas Abstand zu sehen. Ich glaube, im Januar werde ich mit ihm dann mal ein ernstes Gespräch führen und ihm wirklich ein Ultimatum setzen: Entweder er singt mindestens einem meiner 3 Empfehlungen vor beziehungsweise er sucht sich statt dessen selber jemand anderes aus - das wäre auch ok, Hauptsache es ist ein Pädagoge, der auch engagierte Profis betreut und selber auf der Bühne gestanden hat und nicht so ein komischer Guru. Oder ich werde ihm nicht mehr mit meinem Rat zur Verfügung stehen. Ich werde ihn dann noch begleiten, wenn er uns einen Auftritt organisiert oder mit ihm eine Arie einstudieren, aber ich werde mir nicht mehr anhören, was Herr Müller und Frau Meyer beim Vorsingen gesagt habe, ob oder was davon zutrifft, ob nicht doch Herr Schulz oder Frau Schmidt beim vorletzten Vorsingen Recht hatten, ob die Partie des Silva in Ernani für ihn zu hoch oder zu dramatisch ist, ob er besser Philipp oder Fiesco vorsingen soll, ob er das Vorsingen mit Sarastro oder Fiesco beginnen soll, ob er etwas leichteres wie Leporello auch dabei haben soll oder ob er sich lieber nur auf seriöse Partien konzentrieren soll.

    Versteht ihr, um ihn mit Silva zu beraten hab ich mir extra den Klavierauszug geholt und 3 verschiedene Aufnahmen der ganzen Oper angehört - über Nacht, um ihm dann am nächsten Tag eine fundierte Meinung sagen zu können. Aber letztendlich ist es egal ob Philipp oder Silva, er muss sich technisch verbessern, nur dann hat er eine Chance.

    Und wenn das das Ende unserer Zusammenarbeit sein sollte, dann wäre das sehr traurig, aber ich will mir auch nicht dauernd ausgenutzt vorkommen.
    Gerade gestern rief er mich an, ob ich nicht im Internet etwas für ihn recherchieren könnte - obwohl ich ihm gesagt habe, dass ich bis Januar weg bin und nur sehr sporadischen Internetzugang haben werde. Es ist ja so praktisch, eine Blöde zu haben, die das alles macht, dann braucht er sich nicht mal selber einen Computer zu kaufen.

    Alles Liebe und euch allen frohe Weihnachten

    Aricia



    Re: Vertrauen

    Uralt - 19.12.2008, 11:05


    Aricia hat folgendes geschrieben:
    Es ist ja so praktisch, eine Blöde zu haben, die das alles macht, dann braucht er sich nicht mal selber einen Computer zu kaufen.
    Aricia

    1. Computer muß man gar nicht kaufen, mittlerweile gibts ja schon in (fast) jedem Dorf ein Internetcafé.

    2. Wenn Du Dich als "die Blöde" dabei fühlst, warum tust du es ?
    Wenn Du nicht einfach "Nein" sagen kannst, sag doch, Du habest keine Zeit und gut ist.

    Grüße von
    Uralt



    Re: Vertrauen

    Belkanta - 20.12.2008, 07:21


    Hallo Aricia,

    wenn ich das alles hier so durchlese, bekomme ich immer mehr den Eindruck, dass du sehr ausgenutzt wirst. Und genau das kenne ich sehr gut! Das passiert mir nicht mehr so sehr wie früher und ich zwinge mich, da härter zu werden, abzulehnen und mich abzuwenden. Sonst geht etwas zu sehr auf meine persönlichen Kosten und es macht die Seele kaputt.

    Vielleicht helfen dir meine Worte, um in der ganzen Angelegenheit die richtige Linie zu finden, das wünsche ich dir. Denke an dich, stehe zu dir und überlege dir, was dir verloren geht, wenn du in Zukunft energisch verneinst.

    Ich wünsche dir den für dich richtigen, besten Weg.

    Viele Grüße
    Belkanta



    Re: Vertrauen

    Eponine - 21.12.2008, 16:39


    Hier ist schon viel Wichtiges gesagt worden, und ich moechte daher auch nur noch mal unterstreichen: Zum "Ausnutzen" gehoeren immer Zwei: Der, der ausnutzt und der, der sich ausnutzen laesst. Ich weiss selbst, dass es manchmal schwer ist, "Nein" zu sagen, es ist aber wichtig.

    Wenn Du selbst, liebe Aricia, nicht "Nein" sagst und foermlich Angst davor hast, jemandem auf die Fuesse zu treten, hoert das nie auf. Ein Schritt in die richtige Richtung waere daher, Dich selbst mal ganz emotionslos (schwierig, ich weiss) zu fragen: Was kann als Schlimmstes passieren, wenn ich das naechste Mal sage: "Nein!" oder "Ich bin zu ... nicht mehr bereit"?
    Und wenn dieser "schlimmste Fall" eintritt - was geht Dir dabei verloren, und waere das ein massives Problem fuer Dich? Wahrscheinlich gar nicht mal ...

    Ich kannte mal jemanden, die regte sich immer fuerchterlich darueber auf, dass die Tochter staendig die Enkelkinder bei ihr "ablud", obwohl es ihr nicht gut ging und sie auch mal Zeit fuer sich selbst brauchte. Sie sagte es allen, nur nicht der Tochter selbst, weil sie der gegenueber nicht "Nein" sagen konnte (wenn Familie involviert ist, ist das ja auch noch mal doppelt so schwer und hat ganz andere emotionale Dimensionen). Man hatte geradezu den Eindruck, sie hoffte darauf, dass jemand anders das Problem fuer sie loeste. Das passierte aber nicht, und "Nein" sagen musste sie ganz alleine.

    Was ich damit sagen will: Du hast doch im Prinzip nichts zu verlieren. Wenn Du weiter so machst, frisst Dich das innerlich auf, man merkt ja, dass Du Dich darueber aergerst. Das Ultimatum, das Du Dir selbst und ihm setzen moechtest, waere sicher ein guter Anfang, und ich wuerde es nicht weiter vor mir herschieben an Deiner Stelle, das belastet die Beziehung zwischen Euch nur zusaetzlich. Im Zweifelsfall besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende ...



    Re: Vertrauen

    Aricia - 26.12.2008, 21:32


    Vielen Dank für Eure Antworten!!! Das gibt mir sehr viel Kraft. Ich bin jetzt überzeugt davon, dass es richtig ist, ihm im Januar das Ultimatum zu stellen. (Erst im Januar deshalb, weil ich z. Z. nicht in Deutschland bin und das nicht per Telefon machen will - das hat jetzt nichts mit Aufschieben zu tun).

    Alles Liebe und einen guten Rutsch,

    Aricia



    Re: Vertrauen

    Aricia - 10.01.2009, 11:17


    Hallo!!! Euch allen ein frohes neues Jahr!!!!!
    Jetzt bin ich in Deutschland zurück und nächste Woche hab ich mich schon mit meinem Sänger verabredet um mit ihm ernsthaft über besagtes Thema zu reden.

    Küsschen,
    Eure Aricia



    Re: Vertrauen

    Belkanta - 10.01.2009, 12:03


    Hallo Aricia,

    dir und euch allen wünsche ich auch ein frohes Neues Jahr!

    Das finde ich sehr gut, dass du etwas unternehmen wirst. Ich wünsche dir den Erfolg, den du möchtest.

    Viele Grüße
    Belkanta



    Re: Vertrauen

    Aricia - 15.01.2009, 12:49


    Hallo!
    Gestern war es soweit, ich hab mich mict meinem Sänger getroffen und mit ihm das längst überfällige Gespräch geführt. Er ist aus allen Wolken gefallen. Aber mal der Reihe nach. Ich fasse mal kurz zusammen, warum er von seinem Gesangslehrer-Guru so überzeugt ist. Er meint, dass es eine alte italienische Schule gab (die der Belcanto-Zeit) und danach eine neuere, die des Verismo. Mit Caruso sei die eigentliche Tradition des Belcanto gestorben, danach war kräftiges Brüllen der Spitzentöne in voller Bruststimme wichtiger als der Farbenreichtum der Belcantosänger. Sein Guru hat während seines Gesangsstudiums gemerkt, dass so wie es ihm beigebrcht wird das nicht die autentische Art Belcanto zu singen ist. Also hat er sein Gesangsstudium beendet und sich dem Studium der alten Schriften der alten italienischen Maestri des 16. und 17. Jahrhunderts gewidmet. So hat er sich dann autodidaktisch nur mit Hilfe der alten Bücher die wahre unverfälschte Technik des alten Belcanto angeeignet. Und jetzt hat er sich ganz dem Unterrichten gewidmet, um das an junge Sänger weiterzugeben.
    Und den Sch... glaubt er wirklich!!!!!
    Für mich ist sein Guru ein Versager, der nie auf einer Bühne gestanden hat und der es noch nicht einmal gepackt hat, sein Studium erfolgreich zu absolvieren.
    Ich hab nun klipp und klar gesagt, dass ich nicht mehr meine Arbeitskraft in seine Karriere investieren werde, wenn er nicht den Lehrer wechselt. Wenn er will, kann er jederzeit zu mir kommen und mir eine Stunde bezahlen, dann werde ich mit ihm eine Stunde Unterricht gegen Bezahlung machen, aber nicht mehr. Und ich werde auch nur etwas zu musikalischen "Mathematik" sagen, d. h. wo er schleppt, oder mit der Intonation unsicher ist usw. Ich werde auf keinen Fall mehr etwas zur Interpretation oder musikalischen Gestaltung sagen. Was soll ich denn groß an der Phrasierung arbeiten, wenn er einfach ein unausgeglichenes Material hat, weil die Technik nicht stimmt. Dann können wir noch so sehr versuchen, eine Linie schön zu phrasieren, es wird trotzdem unausgeglichen klingen. Man kann nur legato singen wenn das Material legato-fähig ist.
    Er war total konstaniert und meinte immer nur: "Und ich dachte, du glaubst an mich." Ich versuchte ihm zu sagen, dass ich immer noch an ihn glaube, weil er super musikalisch ist, eine tolle Ausstrahlung hat und ein super Darsteller ist. Aber schaffen kann er es nur, wenn er sich stimmtechnisch verbessert.
    Ich hab ihm dann noch mal besagte 3 Lehrer vorgeschlagen. Irgendwie wäre mir am liebsten, wenn er zu Nr 1 ginge. Der ist ihm aber zu "deutsch". Aber hallo!!!! Wenn er irgendetwas gut macht, dann deutsche Arien. Z. B. hab ich ihn schon mindestens 10 mal bei irgendwelchen Mucken mit van Bet begelitet ("O sancta Justitia"), und jedesmal kann ich kaum Klavier spielen, weil ich mich totlache, so witzig macht er das. Und wenn das tiefe fis mal gut kommt (meistens ist es etwas kläglich) ist Sarastro auch eine seiner besten Arien. Während bei Philipp oder Fiesco seine Unfähigkeit legato und Phrase zu singen leider voll durchkommt. Seine Stärken liegen also im Deutschen, aber er meint ja, er sei ein italienischer Belcanto-Bass, und Lehrer Nr 1 sei ihm zu "deutsch". Leherer Nr 2 hat er auf einer CD, da singt er German in Pikovaya Dama (Tschaikowskij), und er findet ihn schlecht. Gut, bleibt nur noch Nr 3, der hat ihm aber nicht genug Karriere gemacht. Ich dachte nur aber hallo!!!! Ich glaub mein Pferd kotzt!!!! Er geht zu jemandem, der noch nicht mal ein Studium beendet hat, nie auf der Bühne gestanden hat, aber jemand der 2 Dutzend Partien wie Rigoletto und Scarpia gesungen hat ist ihm zu schlecht, nur weil es Schwerin und Braunschweig und so war und nicht Staatsoper Berlin oder Wien!!!!! Dann geh doch zu Lehrer Nr 1, der hat da überall gesungen, und an der MET auch! Aber nein, der ist ja zu deutsch!!!
    Dann hab ich gesagt, er solle sich selber umschauen, es gibt bestimmt noch viel mehr fähige Lehrer, zur Not außerhalb Berlins. Ich bin Pianistin, ich bin nicht Sängerin, ich kenne nur die 3, die von denen ich weiß, dass sie wirklich Profis unterrichten und auch schon Sänger aus echten Krisen herausgebracht haben. Aber es gibt 100 pro noch andere.
    Ich hab ihm vorgeschlagen, er solle mal Meisterkurse machen, und wenn er meint, so eine italienische Stimme zu haben, dann hab ich ihm Roberto Scandiuzzi vorgeschlagen. Der gibt häufig Meisterkurse, ist Italiener und Bass. Dann meinte er, Scandiuzzi sei der Prototyp der modernen italienischen Schule, und er wolle doch Belcanto-Technik singen. Zum Schluss hat er mir noch jede Menge alter Schellckplatten vorgespielt die alle vor dem ersten Weltkrieg aufgenommen wurden. Ganz ehrlich, ich hab nur Rauschen und Knacken gehört, dass das jetzt eine andere Schule wäre als das, was in den 20er und 30er Jahren aufgenommen wurde konnte ich nicht erkennen.
    Nun gut, ich glaube, er wird sein Leben lang von dem idealen Belcanto-Klang träumen, und dabei schlechter und schlechter singen und nie auf der Bühne stehen. Er wird demnächst 30, das ist für einen Bass ok, aber wenn er die nächsten Jahre auch verplempert, ist bald für alles zu alt. So hab ich ihm das auch ins Gesicht gesagt. Da war er dann doch etwas schockiert. Aber so ist es leider: Als er vor 3 Jahren die Hochschule abgeschlossen hat, waren alle immer nur begeistert. So jung, so musikalisch, so ein Darsteller, so ein Material!!! Aber seitdem ist er älter geworden und hat sich gesanglich eher verschlechtert.
    Am Ende hat er dann eingewilligt, doch mal eine Probestunde bei Lehrer Nr 3 zu nehmen.
    Hoffentlich tut er es nicht nur mir zu Liebe, sondern um wirklich etwas zu ändern.

    Uff, ich hab's hinter mich gebracht.

    Dank Euch allen für Eure Unterstützung
    Küsschen
    Aricia



    Re: Vertrauen

    aricia1 - 15.01.2009, 14:03


    Änderung:
    ich hab meinen alten account als Aricia wieder, daher wird aricia1 gelöscht!!!

    Küsschen Aricia



    Re: Vertrauen

    Andreas - 15.01.2009, 15:03


    Hallo Aricia,

    dein Account hat sich beim Umstellen deaktiviert.

    Ich habe deinen Account Aricia wieder freigeschaltet.

    Lieber Gruss
    Andreas


    PS.: Bei Problemen mit dem Forum wendet Euch doch bitte direkt an mich. Danke!



    Re: Vertrauen

    gioachino - 15.01.2009, 17:23


    Liebe Aricia,

    unglaublich, was Du da berichtest ! Dein ja wohl hoch begabter Herr Bassist hat sich offenbar völlig verrannt. Aus diesem Parcours muss er selbst heraus finden, glaube ich. Als hätten die bedeutendsten Belcanto - Bassisten der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, beide keine Italiener und nicht in Italien unterwiesen, Franz Crass und Samuel Ramey,
    keine Ahnung vom raren Stimmfach des Basso Cantante !
    Die drei entscheidenden Kriterien des so genannten Belcanto sind Legato, Messa di Voce und Vokalausgleich. Diese Tugenden zu vermitteln, muss man kein Italiener sein ( siehe oben ).
    Kompliment für Deine deutliche Konfrontation !

    Ciao. Gioachino :big_applaus



    Re: Vertrauen

    Aricia - 18.01.2009, 15:07


    Hallo! Ich hab meinen alzenaccount zurück - vielen Dank!!!
    Gioachino, Du sagst es!!! Aber seiner Meinung nach haben ja nicht einmal mehr die Italiener Ahnung vom Belcanto, Caruso und der Verismo haben sie verdorben! Nur sein Guru hat die Ahnung (welcher übrigens kein Italiener ist) weil er die alten Bücher gelesen hat und sie als einziger richtig interpretiert.

    Küsschen
    Aricia



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